Normen
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §62a Abs1 Z27;
BauO Wr §86;
BauRallg;
BauO Wr §60 Abs1 litb;
BauO Wr §62a Abs1 Z27;
BauO Wr §86;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hat ohne Baubewilligung auf dem Grundstück Nr. 383, EZ 2264, KG Groß Jedlersdorf, an der Baulinie zur Jedlersdorfer Straße 6 Plakatwände mit einer Höhe von je 2,80 m und einer Länge zwischen 5,50 m bis 10,50 m aufgestellt. Diesbezüglich fand am 29. August 1997 eine Verhandlung an Ort und Stelle statt, bei der die Beschwerdeführerin erklärte, dass die Plakatwände nicht bewilligungspflichtig seien, weil sie keine Einfriedung darstellten. Der Vertreter der Magistratsabteilung 19 führte aus, dass die Plakatwände eine Störung des örtlichen Stadtbildes bildeten.
Mit Bescheid vom 18. September 1997 trug der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, der Beschwerdeführerin auf, binnen einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides die auf der gegenständlichen Liegenschaft ohne baubehördliche Bewilligung errichteten 6 Plakatwände zu beseitigen. Es liege keine Baubewilligung vor, Bewilligungsfreiheit im Sinne des § 62a Abs. 1 Z. 27 BauO für Wien sei nicht gegeben.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass die Plakatwände keine Einfriedung darstellten und das Ortsbild nicht gestört würde.
Mit dem Vorlagebericht legte die erstinstanzliche Behörde zwei Polaroidfotos vor, aus denen sich Abstände von mehreren Metern zwischen den einzelnen Plakatwänden entnehmen lassen; ob diese Abstände in irgendeiner Weise ausgefüllt sind, lässt sich den Fotos allerdings nicht eindeutig entnehmen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die gegenständlichen Baulichkeiten seien gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BauO für Wien bewilligungspflichtig; zur Errichtung der Plakatwände sei ein wesentliches Maß technischer Kenntnisse erforderlich. Die Befreiungsbestimmung des § 62a Abs. 1 Z. 27 BauO für Wien greife nicht, weil die Plakatwände eine Einfriedung darstellten. Aus dem Lageplan und aus den beigeschlossenen Lichtbildern ergäbe sich, dass die Plakatwände an der Front zur Jedlersdorfer Straße errichtet worden seien und als Einfriedung Verwendung fänden. Eine Plakatwand, die an der Baulinie errichtet werde, sei als Einfriedung zu qualifizieren.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, derzufolge sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht verletzt erachtet, 6 Plakatwände an der gegenständlichen Grundstücksgrenze ohne Baubewilligung aufstellen zu dürfen. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 60 Abs. 1 lit. b BauO für Wien (im Folgenden in der Fassung LGBl. Nr. 42/1996; BO) ist, soweit nicht die §§ 62, 62a oder 70a zur Anwendung kommen, für folgende Bauvorhaben die Bewilligung der Behörde zu erwirken:
"Die Errichtung aller sonstigen baulichen Anlagen über und unter der Erde, zu deren Herstellung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich ist, die mit dem Boden in eine kraftschlüssige Verbindung gebracht werden und wegen ihrer Beschaffenheit geeignet sind, öffentliche Rücksichten zu berühren. Öffentliche Rücksichten werden jedenfalls berührt, wenn Einfriedungen gegen öffentliche Verkehrsflächen, Friedhöfe und Grundflächen für öffentliche Zwecke errichtet werden."
Schon auf Grund der Größe der Plakatwände kann kein Zweifel daran bestehen, dass eine grundsätzliche Bewilligungspflicht gegeben ist. Die Beschwerdeführerin beruft sich aber auf den Befreiungstatbestand des § 62a Abs. 1 Z. 27 BO, wonach Plakatwände bis zu einer Höhe von 3,50 m, soweit sie keine Einfriedungen darstellen, sowie Litfasssäulen, beides außerhalb von Schutzzonen, weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen. Die gegenständlichen Plakatwände erreichen die in der Ausnahmebestimmung genannte Höhe von 3,50 m nicht, sodass es allein auf die Beantwortung der Frage ankommt, ob sie eine Einfriedung darstellen. Dies hat die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren verneint, in der Beschwerde bringt sie vor, dass sich an der langen Front des Grundstückes zur Jedlersdorfer Straße einzelne Plakatwände und dazwischenliegende Leerräume abwechseln; die Länge der Plakatwände und die Länge der Zwischenräume sei etwa gleich. Wegen der Zwischenräume sei die Annahme einer Einfriedung ausgeschlossen.
Das Gesetz definiert nicht - auch nicht in der die Einfriedung regelnden Bestimmung des § 86 BO - was eine Einfriedung ist; nach dem Bauwörterbuch von Frommhold-Gareiß ist eine Einfriedung ein Abschluss und Schutz eines Grundstückes als Zaun (Latten-Drahtzaun usw.), Mauer, Hecke usw.; die belangte Behörde verweist in der Gegenschrift auf ein Wörterbuch, wonach unter einer Einfriedung das Umgeben eines Grundstückes mit einer Mauer, einer Hecke oder ähnlichem zu verstehen sei. Nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Februar 1995, Zl. 94/06/0246, ist unter einer Einfriedung eine Einrichtung zu verstehen, die ein Grundstück einfrieden, d.h. schützend umgeben soll.
Daraus folgt aber - jedenfalls was die Begrenzung einer Liegenschaft gegenüber einer öffentlich zugänglichen Verkehrsfläche betrifft -, dass bei einer Einfriedung die grundsätzliche Eignung gegeben sein muss, die Liegenschaft nach außen abzuschließen.
Die belangte Behörde hat dazu festgestellt, sowohl der im Akt er liegende Lageplan als auch die beigeschlossenen Lichtbilder
der gegenständlichen Plakatwände zeigten eindeutig, dass diese an der Front zur Jedlersdorferstraße errichtet wurden und als Einfriedung Verwendung fänden. Der im Akt erliegende Lageplan enthält nur eine durchgehende Einzeichnung mit einem Rotstift an der Grundstücksgrenze; irgendeine Differenzierung nach den vorhandenen Plakatwänden ist dort nicht vorhanden. Dass die Fotos hinsichtlich der Zwischenräume nicht aufschlussreich sind, wurde bereits oben festgehalten. Die Beschwerdeführerin stellte ihrerseits die Sachbehauptung auf, dass die Zwischenräume etwa gleich lang seien wie die Plakatwände selbst.
Um der oben beschriebenen Funktion einer Einfriedung gerecht zu werden, ist es entscheidend, ob die Zwischenräume zwischen den Plakatwänden durch andere Arten einer Einfriedung (Zäune, Hecken etc.) ausgefüllt sind. Ist das der Fall, so sind die Plakatwände als Teil einer Einfriedung von der geltend gemachten Ausnahmebestimmung nicht erfasst. Bestehen tatsächlich Durchgänge erheblichen Ausmaßes, so kann von einer Einfriedung im beschriebenen Sinne keine Rede mehr sein. Bezüglich dieser Zwischenräume bedarf der Sachverhalt somit in einem wesentlichen Punkt einer Ergänzung, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 30. Jänner 2001
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