Normen
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §37;
EMRK Art8;
FrG 1997 §10 Abs2 Z1;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §34 Abs1 Z1;
FrG 1997 §34 Abs1 Z2;
FrG 1997 §37;
EMRK Art8;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 4. Februar 2000 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 iVm §§ 35 und 37 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr 75, ausgewiesen.
Dem Beschwerdeführer sei erstmals eine Aufenthaltsbewilligung mit einer Gültigkeitsdauer vom 27. Juni 1997 bis 14. August 1998 zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner in Österreich lebenden, türkischen Ehegattin erteilt worden. Zuletzt habe er über eine Niederlassungsbewilligung für den selben Zweck mit einer Gültigkeitsdauer bis 6. November 1999 verfügt. Am 9. September 1999 habe er um die Verlängerung dieser Niederlassungsbewilligung angesucht und als Zweck die unselbstständige Erwerbstätigkeit angegeben. Dieses Verfahren sei anhängig.
Der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels stehe der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG entgegen, weil der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Mittel zu seinem Unterhalt verfüge. Der in der Berufung vorgebrachte Umstand, dass er von einer in Österreich ansässigen Familie "freie Kost und Logis" erhalte, zeige, dass der Beschwerdeführer nicht über ausreichende eigene Mittel zum Unterhalt verfüge. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer von 28. Dezember 1998 bis 15. Mai 1999 als Küchenhelfer gearbeitet habe, stehe gegenüber, dass er seither nicht mehr erlaubt beschäftigt sei und über kein Einkommen verfüge. Mehrere Anträge auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Beschwerdeführer seien abgelehnt worden.
Der Beschwerdeführer halte sich seit 1997 erlaubt im Bundesgebiet auf. Seine Ehe sei am 24. September 1999 rechtskräftig geschieden worden. Familiäre Bindungen im Bundesgebiet habe der Beschwerdeführer nicht. Das 1998 geborene Kind seiner geschiedenen Gattin stamme nicht von ihm. Er lebe bei Verwandten seiner geschiedenen Gattin, welche ihm "freie Kost und Logis" gewährten.
Die Ausweisung sei daher mit einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers mache die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Wahrung des wirtschaftlichen Wohles des Landes, Verhinderung strafbarer Handlungen) dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig. Die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet wögen höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung der Ausweisung, weshalb diese Maßnahme auch im Grund des § 37 Abs. 2 zulässig sei. Maßgebend für die Interessenabwägung gemäß § 37 FrG sei nur das in Österreich geführte Privat- und Familienleben. Durch die Ausweisung werde nicht angeordnet, wohin der Fremde auszureisen habe oder allenfalls abgeschoben werde. Aus dem vorgebrachten Umstand, dass der Beschwerdeführer Vollwaise sei und in der Türkei "vor dem Nichts" stehe, könne er daher nichts gewinnen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn "ersatzlos zu beheben".
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Da sich der Beschwerdeführer während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels im Bundesgebiet aufhält, kann er gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 FrG mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund entgegensteht.
Gemäß § 10 Abs. 2 FrG kann die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2 leg. cit.) insbesondere versagt werden, wenn (Z. 1) der Fremde nicht über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder nicht über ausreichende eigene Mittel zu seinem Unterhalt oder - bei der Erteilung eines Einreise- oder befristeten Aufenthaltstitels - für die Wiederausreise verfügt.
1.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, keiner Beschäftigung nachzugehen und über kein eigenes Einkommen zu verfügen.
Die dem Beschwerdeführer nach dessen Vorbringen im Verwaltungsverfahren von einer in Österreich lebenden Familie gewährte "freie Kost und Logis" ist nicht geeignet, ausreichende eigene Unterhaltsmittel darzutun, weil zum einen diese Leistung nur auf freiwilliger Basis beruht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 99/18/0222) und zum anderen zur Deckung des Unterhaltes auch Bedürfnisse, die über "Kost und Logis" hinausgehen, zu befriedigen sind.
Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 10 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.
Daran können auch die in der Beschwerde vorgebrachten Umstände nichts ändern, dass der Beschwerdeführer im Scheidungsverfahren - in dem er nach Ausweis der Verwaltungsakten auf jeglichen Unterhaltsanspruch gegenüber seiner Gattin, auch für den Fall der Not und der Krankheit, verzichtet hat - nicht vertreten gewesen und nicht darauf hingewiesen worden sei, "sich durch die Unterwerfung im Scheidungsverfahren die Basis des Aufenthaltsrechtes in Österreich" zu nehmen.
1.3. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist in Fällen, in denen - wie vorliegend (siehe unten 2.) - eine Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 37 leg. cit. durchzuführen ist, eine zusätzliche Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK im Rahmen der Beurteilung des Vorliegens eines Versagungsgrundes nicht erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2000, Zl. 99/18/0457, mwN).
2. Der Beschwerdeführer befindet sich seit Juni 1997 erlaubt in Österreich, wobei ihm die Aufenthaltsberechtigungen jeweils nur zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Gattin, von der er nunmehr wieder geschieden ist, erteilt worden sind. Er hat keine Familienangehörigen im Inland. Berufstätig war er nur in der Zeit vom 28. Dezember 1998 bis 15. Mai 1999.
Den auf Grund dieser Umstände insgesamt nur gering ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Inland steht die aus der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers und der damit verbundenen Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung resultierende Beeinträchtigung öffentlicher Interessen gegenüber. Von daher begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die Erlassung der Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 FrG), keinen Bedenken.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, auf Grund des Erdbebens in der Türkei im Jahr 1999 sämtliche Angehörige und die Wohnmöglichkeit verloren zu haben, ist ihm zu entgegnen, dass von § 37 FrG nur das in Österreich geführte Privat- und Familienleben geschützt, nicht jedoch die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs gewährleistet wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/18/0435).
3. Die Erlassung der Ausweisung erweist sich somit als frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 21. September 2000
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