VwGH 2000/05/0205

VwGH2000/05/020519.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Anna und des Ing. Friedrich Eisler in Bad Pirawarth, beide vertreten durch Dr. Josef Wegrostek, Rechtsanwalt in Wien I, Domgasse 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. Juli 2000, Zl. RU1-V-00049/00, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Bad Pirawarth, vertreten durch Dr. Leopold Boyer, Rechtsanwalt in Zistersdorf, Hauptstraße 25), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §33 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauRallg;
LStG NÖ 1999 §15 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs1;
BauO NÖ 1996 §33 Abs2;
BauRallg;
LStG NÖ 1999 §15 Abs1;

 

Spruch:

Hinsichtlich des Auftrages, die Kellerröhre zu sanieren, wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen; im Übrigen wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 5. Dezember 1996 wurden das Presshaus und der Keller der Beschwerdeführer auf dem Grundstück Nr. 3250, KG Kollnbrunn, von der Baubehörde besichtigt. Anlässlich dieser Besichtigung wurde festgestellt, dass der hintere Bereich des Kellerhalses unter der dort oben befindlichen befestigten Zufahrt einer Gemeindestraße liegt. Im letzten Drittel des Kellers waren einige Erdbrocken aus dem Gewölbe abgebröckelt.

Anlässlich einer behördlichen Überprüfung am 15. September 1999 wurde festgehalten, dass diese Überprüfung auf Grund der beim Kellerbauwerk aufgetretenen Baugebrechen, die bereits in einem Gutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen ausführlich dokumentiert worden seien, erforderlich sei. Durch die nach wie vor vorhandenen Baugebrechen sei ein Teilbereich der darüber liegenden Fahrbahn unbenützbar und es sei dieser Bereich auch seitens der Gemeinde für die Benützung durch Fahrzeuge gesperrt worden. Der hintere Kellerbereich sei im Bereich der ehemaligen Dampfröhre eingebrochen und es habe sich ein Schüttkegel von einem Durchmesser von ca. 2,5 m und einer Höhe von ca. 1,5 m im Einsturzbereich gebildet. Nach oben hin verjünge sich der Einsturzkegel und reiche bis an die darüber liegende Fahrbahnoberkante, wobei sich diese Verjüngung ab einem Durchmesser von ca. 50 cm wiederum im oberen Bereich auf ca. 1 m ausweite. Im oberen Bereich befinde sich die Einsturzöffnung unmittelbar neben dem Asphaltrand bzw. im Bereich der ehemaligen Dampfröhre, von welcher nur mehr teilweise die Ziegelschlichtungen vorhanden seien. Der weitere Teil der ehemaligen Dampfröhre sowie bereits bituminöse Asphaltteile seien in dem hinteren Schüttbereich abgestürzt. Durch diesen Einsturz seien der Bestand bzw. der weitere Bestand der darüber befindlichen Fahrbahnfläche (unmittelbar angrenzend) und der darüber befindlichen Einfriedungsmauer des H.E. gefährdet. Auf Grund des derzeitigen Schadensbildes könne ein weiterer Einsturz durch verschiedenste Einflüsse wie Unwetter, Erschütterungen, Verlust der Standfestigkeit etc. nicht ausgeschlossen werden. Es sei daher in erster Linie die Öffnung neben der Fahrbahn vor weiterem Eindringen von Oberflächenwässern zu schützen. In weiterer Folge sei gemäß § 33 der Nö. BO der Eigentümer des Bauwerkes aufzufordern, dieses Baugebrechen innerhalb einer angemessenen Frist zu beheben.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Partei vom 20. Oktober 1999 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 33 Abs. 2 der Nö. Bauordnung 1996 auf Grund der besonderen Überprüfung des Presshauses samt Keller der baupolizeiliche Auftrag erteilt, die im Überprüfungsprotokoll (Niederschrift vom 15. September 1999) angeführten Baugebrechen (Einsturz des rückwärtigen Kellerbereiches) bis längstens 30. April 2000 zu beheben. Die Niederschrift vom 15. September 1999 bildet einen Bestandteil des Bescheides. Sollte eine gleichartige Behebung des Schadens im Sinne des ursprünglich genehmigten Umfanges des Bauwerkes nicht möglich sein, so sei ein Sanierungskonzept bis 31. Jänner 2000 vorzulegen. Gleichzeitig wurde den Beschwerdeführern ein Betrag von S 3.368,-- an Verfahrenskosten vorgeschrieben.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer unter anderem vor, dass die Kellerröhre kein Bauwerk sei, sondern im eingestürzten Bereich nur eine Lehmröhre darstelle, die bereits seit 120 Jahren bestehe, überdies sei der Schaden der Kellerröhre infolge des Schwerverkehrs auf der darüber liegenden Straße entstanden.

Während des Berufungsverfahrens holten die Beschwerdeführer einen Kostenvoranschlag des Bauunternehmens M. vom 21. Jänner 2000 ein, wonach neben Arbeiten für die Herstellung des Gewölbes auch die Auffüllung des Hohlraumes auf der Straße neben der Dampfröhre mit Magerbeton vorgesehen war.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 3. April 2000 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. Juli 2000 der Vorstellung insoweit Folge gegeben, als den Beschwerdeführern Kosten vorgeschrieben worden waren; im Übrigen wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen.

Gegen jenen Teil, mit dem die Vorstellung der Beschwerdeführer abgewiesen wurde, richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Niederschrift vom 15. September 1999, die einen Bestandteil des Bescheides des Bürgermeisters vom 20. Oktober 1999 bildet und damit den Umfang des Bauauftrages umschreibt, ist sowohl der Schaden an der Straße als auch jener im Bereich der Kellerröhre beschrieben. Der Gegenstand des den Beschwerdeführern erteilten baupolizeilichen Auftrages ist somit nicht ausreichend konkretisiert, da, wie noch dargelegt wird, weder der Bescheid des Bürgermeisters noch jener des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde eine Umschreibung des erteilten Auftrages vornimmt.

Gemäß § 33 Abs. 1 der Nö. BauO 1996 hat der Eigentümer eines Bauwerks dafür zu sorgen, dass dieses in einem der Bewilligung oder der Anzeige entsprechenden Zustand ausgeführt und erhalten wird. Er hat Baugebrechen, durch welche die Standsicherheit, die äußere Gestaltung, der Brandschutz, die Sicherheit von Personen und Sachen beeinträchtigt werden oder zu unzumutbaren Belästigungen führen können, zu beheben. Kommt der Eigentümer eines Bauwerks seiner Verpflichtung nach Abs. 1 nicht nach, so hat gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung die Baubehörde nach Überprüfung des Bauwerks, unter Gewährung einer angemessenen Frist, die Behebung des Baugebrechens zu verfügen.

In der Beschwerde wird nicht mehr bestritten, dass es sich bei der Kellerröhre um ein Bauwerk im Sinne des § 4 Z. 3 Nö. BauO handelt. Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken dahingehend, dass es sich bei dieser Röhre um ein Bauwerk im Sinne der genannten Bestimmung handelt, liegt doch ein Objekt vor, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen - insbesondere an statischen Kenntnissen - erfordert, da jedenfalls im Bereich der Dampfröhre auch ein Ziegelmauerwerk errichtet war.

Es wird auch das Vorliegen des Gebrechens nicht bestritten.

Vorgebracht wird hingegen, dass es sich bei dem gegenständlichen Einsturz um einen Schaden an der Gemeindestraße bzw. einem zur Gemeindestraße gehörenden Bereich handle, und, da keine anders lautende Vereinbarung getroffen worden sei, daher richtigerweise auszusprechen gewesen wäre, dass die Pflicht zur Beseitigung des Gebrechens ohne Rücksicht auf die Frage des Verschuldens oder der Verursacherin die Halterin der Straße, nämlich die mitbeteiligte Marktgemeinde, und nicht die Beschwerdeführer treffe.

Diesem Vorbringen kommt Berechtigung zu:

Wie der Verwaltungsgerichthof wiederholt ausgesprochen hat, ist für die Qualifikation eines Baugebrechens die Ursache grundsätzlich ohne Bedeutung, es kommt auf die Frage des Verschuldens oder der Verursachung nicht an (vgl. die auch von der Behörde erster Instanz zitierten hg. Erkenntnisse, die in Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 5. Auflage, S. 240 Mitte, angeführt sind). Der Beschwerdefall gibt keine Veranlassung von dieser Rechtsansicht abzugehen.

Soweit das Baugebrechen den Bereich der Kellerröhre betrifft, deren Eigentümer die Beschwerdeführer sind, sind diese gemäß § 33 Abs. 2 Nö. BO 1996 verpflichtet, das festgestellte Baugebrechen, nämlich den Einsturz des Gewölbes, zu beheben und das Gewölbe wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen.

Soweit mit dem baubehördlichen Auftrag die Instandsetzung des Gewölbes aufgetragen wurde, sind daher die Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt.

Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass die Beschwerdeführer auch Eigentümer der über dem Kellerbereich verlaufenden Straße sind. Vielmehr handelt es sich bei dieser Straße um eine Gemeindestraße.

Gemäß § 15 Abs. 1 des Nö. Straßengesetzes 1999 hat die Kosten des Baues (einschließlich des Grunderwerbes), der Erhaltung (einschließlich des Winterdienstes) und Verwaltung einer Straße, soferne in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, keine anders lautende Vereinbarung getroffen wird und kein Dritter auf Grund eines Rechtstitels zur Kostentragung verpflichtet ist, der Straßenerhalter zu tragen.

Da es im Verfahren gemäß § 33 Nö. BauO unerheblich ist, auf welche Umstände der Einsturz des Kellergewölbes und das Einsinken der Straße in diesem Bereich zurückzuführen ist und wen allenfalls ein Verschulden am Einsturz trifft, würde weder das Nö. Straßengesetz 1999 noch die Nö. BauO 1996 eine Rechtsgrundlage dafür bieten, den Beschwerdeführern auch die Sanierung der Gemeindestraße im gegenständlichen Bereich aufzutragen. Im Bauauftragsverfahren wird konkret darzulegen sein, wie weit auf Grund der sachenrechtlichen Gegebenheiten die Instandsetzungsverpflichtung der Beschwerdeführer reicht.

Da die belangte Behörde nicht erkannte, dass der Bauauftrag nicht ausreichend konkretisiert ist, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb der Bescheid hinsichtlich des Auftrages, die Straße zu sanieren, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Wien, am 19. Dezember 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte