VwGH 2000/05/0119

VwGH2000/05/011924.10.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde des Dr. Christoph Kerres in Wien, vertreten durch Kerres & Diwok, Rechtsanwälte in Wien I, Stubenring 18, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 25. April 2000, Zl. RU1-V-99208/00, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. Kurt Tuchacek und. Dr. Andreas Tuchacek in Hinterbrühl, beide vertreten durch Dr. Georg Karasek, Rechtsanwalt in Wien I, Ebendorferstraße 3, 2. Marktgemeinde Hinterbrühl, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1996 §6 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des Grundstückes Nr. 713/9, EZ 1404, KG Hinterbrühl, das unmittelbar an das Grundstück Nr. 713/8, EZ 1403, der erstmitbeteiligten Bauwerber grenzt.

Mit Ansuchen vom 15. Dezember 1998, eingelangt bei der mitbeteiligten Marktgemeinde am 28. Dezember 1998, beantragten die Erstmitbeteiligten die Erteilung der Baubewilligung für ein Zweifamilienhaus mit Garagen auf ihrem Grundstück. Zu der über dieses Bauvorhaben für den 4. März 1999 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde der Beschwerdeführer als Anrainer geladen; schon vor der Verhandlung brachte er Einwendungen gegen das Bauvorhaben insbesondere betreffend die Gebäudehöhe, die bebaute Fläche, den Abstand und die Dimension der Garage ein.

In der Verhandlung vom 4. März 1999 wurde das Bauvorhaben auf Grund des Einreichplanes vom 16. Februar 1999 erörtert, die vorgebrachten Einwendungen wurden ausführlich besprochen, worauf die Pläne mit folgenden Korrekturen versehen wurden: Der Dachvorsprung wurde mit maximal 0,6 m kotiert, der seitliche Bauwich zur Liegenschaft Nr. 713/9 wurde mit 5,5 m im Plan ausgewiesen, der seitliche Bauwich zur Liegenschaft Nr. 713/7 wurde mit einer Kote von 5,95 m (an der engsten Stelle von 5,20 m) ausgewiesen. Der Beschwerdeführer stellte an den Amtsachverständigen die Frage, ob durch die von ihm gewünschte und vom Bauwerber zugestandene Verschiebung in Richtung Süden um 0,5 m irgendwelche negativen Auswirkungen auf die Hangfestigkeit, wie Rutschgefahr, entstehen könnten. Dazu erklärte der Amtssachverständige, die Verschiebung des Objektes um 0,5 m bewirke hinsichtlich des Geländeeinschnittes eine derartig geringe Abweichung zur ursprünglich vorgesehenen Geländekorrektur, dass sich diese keinesfalls auf die Bodenstabilität auswirken könne. Grundsätzlich obliege es der bauausführenden Firma, bei dem Aushub alle erforderlichen Pölzungsmaßnahmen zu treffen und auch die Oberflächenwässer so abzuführen, dass die Standsicherheit des Geländes bestehen bleibe. Die Erstmitbeteiligten sagten zu, ungeachtet der vom Amtssachverständigen dargestellten Situation bereit zu sein, die vom Anrainervertreter gewünschte Verschiebung des Standortes einschließlich der damit möglicherweise verbundenen Höhensituation in einem korrigierten Plan darzustellen. Der Verhandlungsleiter erklärte, dass dieser so korrigierte Plan Grundlage der Baubewilligung sein werde. Der Amtsachverständige erklärte, auf Grund der Zeitknappheit die vorgebrachten Einwendungen in einem gesonderten Schreiben gutachtlich zu behandeln. Am 9. März 1999 legten die Bauwerber geänderte Pläne vor, in welchen der Abstand des Gebäudes zur Liegenschaftsgrenze des Beschwerdeführers mit 5,5 m kotiert ist.

Der Amtsachverständige führte in seinem Gutachten vom 15. März 1999 aus, es lägen bereits im Sinne des Ergebnisses der Verhandlung vom 4. März 1999 geänderte Pläne vor, in diesen sei der Bauwich zur nördlichen Grundgrenze (Grundstück Nr. 713/9 des Beschwerdeführers) mit 5,5 m und ein Dachvorsprung von 0,6 m eingezeichnet. Die Geländedarstellung zeige eindeutig, dass an den Grundgrenzen keine Geländeveränderungen vorgesehen seien. Nach Ausführungen zur Gebäudehöhe und zum Dachvorsprung stellte dieser Sachverständige zu einem Einwand des Beschwerdeführers betreffend den Bauwich fest, es treffe nicht zu, dass der Abstand zum Grundstück des Beschwerdeführers nur 4 m betrage, schon in dem der Verhandlung vom 4. März 1999 zu Grunde liegenden Plan sei ein Abstand von 5 m ausgewiesen gewesen, dieser sei auf Grund des Verhandlungsverlaufes auf 5,5 m geändert worden. In dem nunmehr vorliegenden korrigierten Plan sei ebenfalls ein Abstand von 5,5 m zum Nachbargrundstück Nr. 713/9 enthalten. Bei einem Bauwich von 5,5 m seien die Bebauungsvorschriften eingehalten. Hinsichtlich der Höhenschichtenlinien führte der Sachverständige aus, der Ortsbildsachverständige habe bereits zu dem diesbezüglichen Vorbringen des Beschwerdeführers Stellung genommen und zum Ausdruck gebracht, dass die vorgesehenen Geländeveränderungen eindeutig in den Plänen sichtbar gemacht seien.

Der geänderte Plan wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, worauf er sich mit Eingabe vom 16. März 1999 dahin äußerte, dass sich durch die nunmehr erfolgte Vergrößerung des Bauwichs zu seinem Grundstück das gesamte Bauwerk um weitere 50 cm in Richtung Süden verschiebe. Dadurch resultiere natürlich vorgegeben durch den Verlauf des Geländes auch eine Änderung der ursprünglich geplanten Veränderung des Geländes. Durch diese umfangreiche Veränderung sei aber die Standsicherheit seines im Norden oberhalb des Bauplatzes angrenzenden Grundstückes gefährdet. Insbesondere seien Hangrutschungen zu befürchten, die darüber hinaus auch die Standsicherheit seines Hauses gefährden würden. Es werde eine neue Bauverhandlung anzuberaumen, ein Sachverständiger für Bausachen zuzuziehen, sowie ein statisches Gutachten hinsichtlich der geplanten Veränderungen des Geländes zu erstellen sein.

Mit einer gutachtlichen Stellungnahme vom 8. April 1999 nahm der bautechnische Sachverständige zu den Einwendungen des Beschwerdeführers bezüglich der Gebäudehöhe, der Bebauungsdichte, der Garage, der Stützmauern und Bepflanzung neuerlich Stellung und führte weiters aus, die Plankorrektur beinhalte eine Vergrößerung des Bauwichs zur Nachbarliegenschaft Parzelle Nr. 713/9 von 4 m auf 5,5 m. In diesem Bereich sei eine Niveauabsenkung mit einer Höhe von 1,1 m vorgesehen, um einen ebenen Hauszugang zu ermöglichen. Durch die Aufbringung einer Pflasterung ergebe sich ein Geländesprung von 0,9 m. Dieser Geländesprung werde zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von 4,4 m aufweisen. Bei der ursprünglichen Einreichung sei der gleiche Geländesprung vorgesehen gewesen, der Abstand zur Nachbargrundgrenze hätte jedoch nur 2,0 m betragen. Wegen der geänderten Ausführung des Baues gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Geländeveränderung befürchte der Beschwerdeführer umfangreiche Veränderungen des Geländes und in der Folge Hangrutschungen sowie eine Beeinträchtigung der Standsicherheit seines Hauses. Das Wohnhaus des Beschwerdeführers weise zum geplanten Bauvorhaben einen Abstand von 18 m auf. Das Gelände weise in diesem Bereich eine leichte Hanglage auf. Rutschungserscheinungen oder Gefährdungen dieser Art seien bisher nicht aufgetreten und seien auch durch die geplanten Geländeveränderungen nicht zu erwarten. Auf Grund des geringen Umfanges der Geländekorrektur erscheine die Einholung eines statischen Gutachtens entbehrlich. Umfangreichere Geländeveränderungen als ursprünglich vorgesehen seien nicht erkennbar. Eine Beeinträchtigung der Standsicherheit des Nachbarobjektes auf Grund umfangreicherer Geländeveränderungen könne daher ausgeschlossen werden.

Mit Bescheid vom 8. April 1999 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde den Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung, welcher der am 9. März 1999 eingereichte Plan zu Grunde lag. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer als Anrainer zugestellt, die gutachtliche Stellungnahme vom 8. April 1999 wurde dem Bescheid beigelegt. Auf Grund der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung des Beschwerdeführers hat die mitbeteiligte Marktgemeinde ein bautechnisches Gutachten betreffend das gegenständliche Bauvorhaben eingeholt.

In seiner Stellungnahme vom 13. Juli 1999 setzte sich das Gebietsbauamt V-Mödling mit dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers hinsichtlich der Garage, der Bebauungsdichte und der Gebäudehöhe auseinander. Weiters wurde ausgeführt, dass im südlichen Bereich das gegenständliche Gelände um ca. 0,5 m angeschüttet werde, um eine ebene Terrasse gestalten zu können. Der genehmigte Bescheid beziehe sich auf einen Abstand des Bauwerkes von 5,5 m zur nördlichen Grundgrenze (das ist die Grundgrenze des Beschwerdeführers).

Eine Kopie des bautechnischen Gutachtens wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht und ihm die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

Mit Schriftsatz vom 23. September 1999 erstattete der Beschwerdeführer Ausführungen zur Beeinträchtigung des Ortsbildes durch die Garage und allgemeine Ortsbildfragen.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 1999 hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. April 2000 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die Erstmitbeteiligten haben in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Standsicherheit seines Bauwerkes nach § 6 Abs. 2 Z. 2 Nö BO 1996 (richtig wohl: Z. 1) sowie in seinem Recht auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens und ordnungsgemäße Bescheidbegründung sowie auf ein mängelfreies Verwaltungsverfahren unter Einhaltung der Normen der Niederösterreichischen Bauordnung verletzt.

Schon in seiner gutachtlichen Stellungnahme vom 8. April 1999 hat sich der Amtssachverständige auf eine Vergrößerung des Abstandes des Gebäudes zur Liegenschaft des Beschwerdeführers auf 5,5 m bezogen und ausgeführt, dass sich in diesem Bereich eine Niveauabsenkung mit einer Höhe von 1,10 m ergebe, die durch Aufbringung einer Pflasterung einen Geländesprung von 0,9 m ergebe. Dieser Geländesprung weise zur Nachbargrundgrenze einen Abstand von 4,4 m auf, das Gebäude des Beschwerdeführers weise zum geplanten Bauvorhaben einen Abstand von 18 m auf. Das Gelände weise in diesem Bereich eine leichte Hanglage auf, Rutschungserscheinungen oder Gefährdungen dieser Art seien bisher nicht aufgetreten und auch durch die geplanten Geländeveränderungen nicht zu erwarten. Diese gutachtliche Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer nachweislich zur Kenntnis gebracht, er hat sich in seiner Berufung auf diese Stellungnahme bezogen. Da sich sowohl diese gutachtliche Stellungnahme als auch der Baubewilligungsbescheid auf einen Abstand von 5,5 m beziehen und auf Grund der gutachtlichen Stellungnahme des Amtssachverständigen davon auszugehen ist, dass infolge der nur leichten Hanglange und des Abstandes von 18 m zwischen dem Gebäude des Beschwerdeführers und jenem der Mitbeteiligten Rutschungserscheinungen oder Gefährdungen durch die geplante Geländeveränderung nicht zu erwarten seien, und der Beschwerdeführer diesen Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist, durfte die Berufungsbehörde ohne Rechtsirrtum dieses Gutachten der Entscheidung zu Grunde legen und die beantragte Baubewilligung erteilen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen liegt auch keine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Bescheides insofern vor, als die belangte Behörde zu Unrecht von einer in der Verhandlung vorgenommenen geringfügigen Projektsänderung durch Verschiebung des Bauvorhabens in Richtung

Süden um nur 0,5 m ausgegangen sei: Bei der ursprünglichen Einreichung war ein Abstand zur Liegenschaftsgrenze des Beschwerdeführers von nur 4 m vorgesehen, in der Verhandlung vom 4. März 1999 lag ein Plan vor, in dem der Abstand zur Grundgrenze des Beschwerdeführers mit 5 m ausgewiesen war. Auf Wunsch des Beschwerdeführers wurde eine weitere Verschiebung um 0,5 m vorgenommen, die in dem dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde liegenden, am 9. März 1999 eingereichten Plan auch ausgewiesen ist.

Da die verfahrensrechtlichen Ansprüche der Nachbarn nicht weitergehen als ihre materiellen Rechte (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. November 1974, Slg. Nr. 8713/A, sowie vom 8. November 1976, Slg. Nr. 9170/A), erweist sich die Beschwerde zur Gänze als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Mit der Erledigung der Beschwerde ist der Antrag, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gegenstandslos geworden.

Wien, am 24. Oktober 2000

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