Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Auf Grund der Beschwerde und der mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheide steht folgender Sachverhalt fest:
Die nunmehrigen Beschwerdeführer, bei welchen es sich um drei minderjährige Kinder und deren Mutter handelt, alle Staatsangehörige der Bundesrepublik Jugoslawien, reisten am 22. Mai 1999 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und beantragten am 25. Mai 1999 Asyl. Am 8. Juni 1999 wurde die Erstbeschwerdeführerin niederschriftlich einvernommen, wobei sie zur Fluchtroute insgesamt Folgendes angab:
"Ich bin mit meinen drei Kindern geflüchtet und alles was ich sage, gilt natürlich auch für meine drei Kinder. Wir flüchteten zuerst nach Albanien, wo wir am 01.05.1999 eintrafen. Wir flüchteten zu Fuß und auf Traktoren. Ich wurde mit den Kindern nach Vlora gebracht, wo wir etwa zwei Wochen waren. Dann brachte uns ein Schlepper mit einem schnellen Motorboot nach Italien. Die Einreise erfolgte illegal etwas außerhalb von Brindisi. Ich ging dann mit meinen Kindern zu Fuß Richtung Brindisi, wobei wir nach etwa zwei oder drei Kilometern von der italienischen Polizei aufgegriffen und nach Lecce in ein Flüchtlingslager gebracht wurden. Wir wurden dort registriert. Ich habe in Italien nicht um Asyl angesucht, da die italienischen Behörden mir gesagt habe, dass ich einen Asylantrag auch in einem anderen Staat stellen kann, wenn ich dort Verwandte habe. Da mein Gatte und mein Bruder hier in Österreich leben, wollte ich nach Österreich. Ich fuhr dann mit einem Autobus nach Rom und über Florenz und Mailand direkt nach Graz. Als Beweis lege ich meine Zugfahrkarte vor. Im Zug erfolgten keine Kontrollen."
Die Behörde erster Instanz stellte für die Republik Österreich an das italienische Innenministerium mit Schreiben vom 17. August 1999 das Ersuchen um Übernahme der Beschwerdeführer zwecks Prüfung ihrer Asylanträge im Hinblick auf die Zuständigkeit Italiens nach Art. 6 des Übereinkommens über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrages, BGBl. III Nr. 165/1997 - DÜ, auf welches Schreiben hin sich Italien mit Antwortschreiben vom 12. Jänner 2000 bereit erklärte, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen und ihre Asylanträge zu prüfen.
Die Behörde erster Instanz wies daraufhin mit Bescheid vom 10. Februar 2000 die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (i.d.F. BGBl. I Nr. 4/1999) - AsylG, als unzulässig zurück, weil Italien gemäß Art. 8 DÜ zur Prüfung der Asylanträge der Beschwerdeführer zuständig sei. Die Beschwerdeführer wurden aus dem Bundesgebiet nach Italien ausgewiesen.
In der dagegen erhobenen Berufung brachten die Beschwerdeführer vor, es seien die Voraussetzungen des Art. 8 iVm Art. 10 DÜ nicht erfüllt, sie hätten in Italien keinen Asylantrag gestellt und es liege keine Übernahmserklärung Italiens vor. Weiters sei das Verfahren mangelhaft, da sie zur "angeblichen Zustimmungserklärung" Italiens keine Stellungnahme abgeben konnten. Weiters wurde auf § 15 AsylG verwiesen, da ihrem Ehemann bzw. Vater eine bis 24. Juli 2000 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden sei und es eine unbillige Härte wäre, die Familie zu trennen. "In diesem Zusammenhang" wurde auf die "Entscheidung" (richtig: den Beschluss) vom 16. Dezember 1999, Zl. 97/21/0136, hingewiesen.
Mit den nunmehr angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen mit der Begründung ab, dass die Beschwerdeführer weder einen Familienangehörigen hätten, dem in einem EU-Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden sei, noch über ein Visum oder über eine Aufenthaltserlaubnis eines Vertragsstaates verfügten. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG, welche Bestimmung der Asylbehörde kein Ermessen im Sinne des Art. 130 Abs. 2 B-VG einräume, handle es sich bei der völkervertraglich ausbedungenen Zuständigkeit eines anderen Staates um eine negative Prozessvoraussetzung hinsichtlich des Asylverfahrens in Österreich, wobei die Kriterien betreffend die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages in Art. 4 bis Art. 8 DÜ normiert seien. Gemäß Art. 8 DÜ bestehe im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit Italiens zur Prüfung der Asylanträge, welches Land zugestimmt habe, seiner Rücknahmeverpflichtung gemäß § 10 Abs. 1 lit. c DÜ nachzukommen, weshalb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 AsylG erfüllt seien. Ein Asylwerber habe gemäß DÜ kein subjektives Recht auf Durchführung eines Asylverfahrens in einem bestimmten Staat und es gehe das DÜ davon aus, dass Asylanträge von Familienmitgliedern auch von verschiedenen Vertragsstaaten geprüft werden können. Eine Familienzusammenführung finde im Rahmen des DÜ grundsätzlich nicht statt. Die Asylanträge der Beschwerdeführer seien daher von Italien zu prüfen, welches Land sich wie alle Mitgliedstaaten des DÜ verpflichtet habe, jeden Asylantrag entsprechend der GFK zu prüfen. Da über den Asylantrag des Ehegatten bzw. Vaters der Beschwerdeführer mit Bescheid vom 29. Jänner 1999 rechtskräftig negativ entschieden worden sei und diesem lediglich ein Aufenthaltsrecht im Rahmen des Refoulementschutzes bis 24. Juli 2000 gewährt worden sei, sei Art. 4 DÜ nicht anwendbar.
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die Beschwerdeführer führen aus, es seien die Voraussetzungen des Art. 8 iVm Art. 10 DÜ nicht erfüllt und bekämpfen die "Feststellung", in Italien einen Asylantrag gestellt zu haben, welchen Italien prüfen müsse. Auch liege keine Übernahmserklärung Italiens vor. Weiters wird darauf verwiesen, dass ihrem Ehemann bzw. Vater Flüchtlingseigenschaft zukomme und ihre Abschiebung nach Italien eine unbillige Härte darstellen würde. Auf § 15 AsylG werde verwiesen. Auch habe die belangte Behörde Art. 3 Abs. 4 DÜ und Art. 9 DÜ sowie die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Dezember 1999, Zl. 97/21/0136, nicht berücksichtigt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 4 Abs. 1 AsylG bestimmt, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn der Fremde in einem Staat, mit dem kein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages anwendbar ist, Schutz vor Verfolgung finden kann.
Gemäß § 4 Abs. 4 AsylG ist der Schutz in einem sicheren Drittstaat unbeachtlich, wenn 1. die Asylwerber EWR-Bürger sind oder 2. den Eltern minderjähriger, unverheirateter Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde oder 3. den Ehegatten oder minderjährigen Kindern der Asylwerber in Österreich Asyl gewährt wurde.
§ 5 Abs. 1 und Abs. 3 AsylG lauten:
"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Asylantrag ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat das Bundesasylamt auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Ein solcher Bescheid ist mit einer Ausweisung zu verbinden.
...
(3) Eine Ausweisung gemäß Abs. 1 und 2 gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat."
Die Beschwerdeführer ziehen nicht in Zweifel, dass das DÜ ein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages und Italien Vertragspartei dieses Abkommens ist. Auch bestreiten die Beschwerdeführer nicht, dass sie auf dem Landwege aus Italien nach Österreich eingereist sind. Weiters bestehen keine Zweifel dahingehend, dass Österreich im Sinne des Art. 11 Abs. 1 DÜ innerhalb der Frist von sechs Monaten nach Einreichung der Asylanträge das Übernahmeersuchen an Italien gestellt hat.
Insoweit die Beschwerdeführer eine Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens dahingehend geltend machen, die belangte Behörde habe zu Unrecht angenommen, die Beschwerdeführer hätten in Italien einen Asylantrag gestellt und es habe sich Italien bereit erklärt, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen und ihre Asylanträge zu prüfen, ist auf die im Akt erliegenden Schreiben vom 17. August 1999 sowie die Antwort des italienischen Innenministeriums vom 12. Jänner 2000 zu verweisen, woraus sich die Richtigkeit der von der erstinstanzlichen - durch diesen Vorhalt im erstinstanzlichen Bescheid wurde auch Parteiengehör eingeräumt - sowie der belangten Behörde getroffenen Feststellung ergibt, dass sich Italien bereiterklärt hat, die Beschwerdeführer einreisen zu lassen und ihre Asylanträge zu prüfen. Dass die Beschwerdeführer in Italien einen Asylantrag gestellt hätten, wurde seitens der im Verwaltungsverfahren mit dem zugrundeliegenden Akt befassten Behörden weder "festgestellt", noch bedarf es angesichts der Rechtslage einer derartigen Antragstellung, woran auch eine Stellungnahme seitens der Beschwerdeführer nichts zu ändern vermocht hätte.
Zum Thema, ob und welche subjektiven öffentlichen Rechte aus § 5 AsylG bzw. aus dem DÜ entstehen, verweist der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0419.
Insoweit die Beschwerdeführer implizit auf § 5 Abs. 3 AsylG 1997 Bezug nehmen, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 99/01/0428, verwiesen.
Dem Vorbringen der Beschwerdeführer betreffend § 4 Abs. 4 AsylG ist zu entgegnen, dass - wie die belangte Behörde in ihrem angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt hat - dem Ehegatten und Vater der Beschwerdeführer in Österreich kein Asyl gewährt worden ist, weshalb sich ein weiteres Eingehen auf die von den Beschwerdeführern angestellten Überlegungen erübrigt. Denn das dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer eingeräumte Aufenthaltsrecht ist nicht mit dem Tatbestandsmerkmal "Asylgewährung" gleichzustellen.
Insoweit die Beschwerdeführer geltend machen, ihre Abschiebung nach Italien stelle eine unbillige Härte dar und würde zu einer Trennung der Familie führen, ist auf den Zweck der Genfer Flüchtlingskonvention, auf deren wesentlichen Bestimmungen das Asylverfahren aufbaut, sowie des zu seiner Umsetzung geschlossenen DÜ zu verweisen, nämlich den Schutz vor Verfolgung im ersten sicheren Staat, den ein Flüchtling erreichte, nicht jedoch die Familienzusammenführung (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2000, Zl. 99/01/0424).
Die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 AsylG kommt deshalb nicht in Betracht, weil nicht gemäß § 8 AsylG festgestellt worden ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat unzulässig sei (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Mai 1999, Zl. 98/01/0365). Dass dem Ehegatten bzw. Vater der Beschwerdeführer eine derartige befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden ist, steht diesem Ergebnis nicht entgegen.
Insoweit die Beschwerdeführer letztendlich auf den hg. Beschluss vom 16. Dezember 1999, Zl. 97/21/0136, verweisen, scheitert dessen Berücksichtigung im vorliegenden Fall bereits daran, dass die Beschwerdeführer erst nach dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, jedoch vor allem daran, dass sie in Italien Schutz vor Verfolgung finden können.
Steht - wie im gegenständlichen Fall - die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrages durch Italien fest, ist die Zurückweisung der Asylanträge gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 1997 berechtigt.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 52 Abs. 1 VwGG, iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. September 2000
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