Normen
AsylG 1997 §4 Abs2;
AsylG 1997 §5 Abs1;
AsylG 1997 §5 Abs3 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §5 Abs3;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs1;
AsylG 1997 §4 Abs2;
AsylG 1997 §5 Abs1;
AsylG 1997 §5 Abs3 idF 1999/I/004;
AsylG 1997 §5 Abs3;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art140 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und des mit ihr vorgelegten angefochtenen Bescheides steht folgender Sachverhalt fest:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Mazedonien, der am 3. April 1999 illegal in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 28. April 1999 die Gewährung von Asyl. Er wurde am 6. Mai 1999 niederschriftlich einvernommen. Er gab zu seiner Fluchtroute an:
"Als nun der Krieg in Jugoslawien anfing, bin ich mit einem Bus nach Serbien gefahren. Dort wurde ich aus dem Bus geholt und musste ich 1000,-- DM an die serbischen Polizisten bezahlen. Dies angeblich deshalb, weil ich keinen Einreisestempel in meinem Pass hatte. Ich bin mit einem Reiseautobus über Tovarnik nach Vukovar, Kroatien, weitergefahren. Die Grenze nach Kroatien konnte ich legal beim Grenzübergang Tovarnik überschreiten, da ich für Kroatien und für Slowenien kein Visum brauchte. Ich fuhr weiter mit einem weiteren Bus nach Zagreb und von dort nach einem Aufenthalt von ca. 6-7 Tagen mit einem Freund, (...) über den Grenzübergang Celje nach Slowenien, Ljubljana. Von Ljubljana fuhr ich mit einem normalen Reisebus in die Grenzstadt Goriza. (...)
Ein Albaner hat mir in der Folge gezeigt, wie ich illegal nach Italien einreisen kann. Ich ging über Bahngleise und befand mich in der Folge in Italien. Ich ging zum Bahnhof und fuhr mit dem Zug über Udine nach Mailand. In Mailand hielt ich mich ca. 2-3 Stunden auf und wollte eigentlich einen Freund besuchen. Da ich diesen nicht fand, fuhr ich mit dem Zug nach Venedig. Ich wollte dort eigentlich auch einen mazedonischen Freund finden. Ich schlief am Bahnhof. Nachdem ich meinen Freund nicht fand, fuhr ich mit dem Zug über Udine und Tarvisio nach Wien. An der Grenze zu Österreich wurde ich nicht kontrolliert. Als Beweis lege ich meinen Reisepass und mehrere Zugkarten, die meinen Reiseweg belegen, vor."
Der Beschwerdeführer beantragte keinen Sichtvermerk für ein Land der Europäischen Union - EU, keinem Familienangehörigen kommt die Flüchtlingseigenschaft in einem EU-Mitgliedstaat zu.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 7. September 1999 wurde der Asylantrag gemäß § 5 Abs. 1 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 4/1999 - AsylG, als unzulässig zurückgewiesen und festgestellt, dass für die Prüfung des Asylantrages gemäß Art. 6 des Übereinkommens über die Bestimmung des zuständigen Staates für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften gestellten Asylantrages (Übereinkommen von Dublin, BGBl. III Nr. 165/1997 - DÜ) Italien zuständig sei. Zugleich wurde die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet ausgesprochen.
Die belangte Behörde wies mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers ab.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 Abs. 1 AsylG bestimmt, dass ein Asylantrag unzulässig ist, wenn der Fremde in einem Staat, mit dem kein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages anwendbar ist, Schutz vor Verfolgung finden kann.
§ 5 AsylG lautet:
"(1) Ein nicht gemäß § 4 erledigter Asylantrag ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich zur Prüfung des Asylantrages zuständig ist. Mit dem Zurückweisungsbescheid hat das Bundesasylamt auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Ein solcher Bescheid ist mit einer Ausweisung zu verbinden.
(2) ...
(3) Eine Ausweisung gemäß Abs. 1 und 2 gilt stets auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den bezeichneten Staat."
Der Beschwerdeführer zieht nicht in Zweifel, dass das DÜ ein Vertrag über die Bestimmung der Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages und Italien Vertragspartei dieses Abkommens ist. Der Beschwerdeführer bestätigt mit seinem Beschwerdevorbringen ausdrücklich das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen gemäß Art. 6 DÜ, nämlich dass er aus einem Drittstaat illegal nach Italien eingereist ist und seinen Asylantrag in Österreich noch im selben Monat nach seiner Einreise in das Bundesgebiet gestellt hat.
Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, dass Österreich im Sinne des Art. 11 DÜ innerhalb der Frist von sechs Monaten nach der Einreichung des Asylantrages Italien ersucht hat, den Asylbewerber aufzunehmen und sich das italienische Innenministerium mit Schreiben vom 2. September 1999 bereit erklärt hat, den Beschwerdeführer zurückzunehmen und seinen Asylantrag in Italien zu prüfen.
Der Beschwerdeführer fasst sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren in jenen Teilen, die er auch in der Beschwerde aufrecht erhält, folgendermaßen zusammen:
"Die italienische zentrale Asylbehörde verfolgt bei der Behandlung von Asylanträgen eine sehr restriktive Praxis. Der Bf. ist über den Drittstaat Slowenien nach Italien eingereist. Auch das italienische Asylrecht kenne das Konzept des sicheren Drittstaates. Der Bf. müsse daher damit rechnen, dass sein Asylantrag in Italien allein schon deshalb abgelehnt wird, weil er vorher in Slowenien aufhältig gewesen ist.
Deshalb ist für den Bf. von besonderer Bedeutung und Wichtigkeit, dass er in Italien auf Grund des Non-Refoulement-Prinzips Verfolgungssicherheit finden und Schutz vor Weiterabschiebung erlangen kann.
Genau dies ist jedoch für ihn in Italien auf Grund der dortigen Rechtsordnung und rechtlich-faktischen Gegebenheiten nicht gewährleistet.
Die italienische Rechtsordnung kennt kein dem § 75 Abs. 1 FRG oder den Bestimmungen des § 8 AsylG vergleichbares Recht für Fremde, die konkrete Entscheidung einer Verwaltungsbehörde oder eines Gerichtes über die Unzulässigkeit einer Weiterabschiebung wegen des Refoulement-Prinzips zu begehren.
Zwar ist auch im italienischen materiellen Recht verankert, dass kein Ausländer aus dem italienischen Staatsgebiet in ein Land ausgewiesen werden darf, wo er oder sie Verfolgung ausgesetzt sein könnte, aus Gründen der Rasse, des Geschlechts, der Sprache, der Staatsangehörigkeit, der Religion, der politischen Meinung oder der persönlichen oder sozialen Verhältnisse. Dieses Schutzrecht ist jedoch dem in Art. 3 EMRK und Art. 33 Z 1 GFK verankerten, materiellen Non-Refoulement-Recht nicht gleichwertig und adäquat.
Aktualisiert kann dieses in der italienischen Rechtsordnung verankerte, materielle Recht vor refoulementwidrigen Ausweisungen geschützt zu werden, nur dadurch werden, dass die zentrale italienische Kommission für die Anerkennung der Flüchtlinge in ihrem asylantragsabweisenden Bescheid gleichzeitig ausspricht, dass die Ausweisung in einen bestimmten Staat unzulässig sei. Hiebei handelt es sich jedoch lediglich um eine Empfehlung an die Polizeibehörden.
In den wenigen Fällen, in welchen diese in Rede stehenden Schutzbestimmungen bisher angewendet worden sind, ist die Frage offengeblieben, welche aufenthaltsrechtlichen Konsequenzen ein derartiger Ausspruch in einem Asylbescheid hat.
Im Gesetz selbst ist dies nicht geregelt. Das Innenministerium betrachtet einen derartigen Ausspruch bloß als Empfehlung an die Polizeibehörde, wobei es sodann Sache des Ausländers sei, dafür Sorge zu tragen, in ein drittes 'risikofreies' Land ausreisen zu können. Der Staatsrat (oberste Verwaltungsgerichtsinstanz) hat zwar in einer Entscheidung ausgesprochen, dass es der Verwaltung obliegen würde, in einem solchen Fall die Aufnahme des Betreffenden in einem Drittland zu erwirken. Nach wie vor ungeklärt ist jedoch, ob die tatsächliche Unmöglichkeit der Ausreise in ein Drittland den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsgenehmigung zur Folge hat.
Aus all dem leitet der Bf. ab, in Italien keinen Refoulement-Schutz finden zu können, sondern dort vor Weiterabschiebung nach Mazedonien oder in einen Drittstaat (in concreto nach Slowenien) bedroht zu sein."
Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass auch in einem Verfahren gemäß § 5 Abs. 1 AsylG eine Prüfung zu erfolgen habe, ob der Asylwerber in dem "Dublin-Drittstaat" Refoulement-Schutz im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG genießen würde.
Mit diesem Vorbringen führt der Beschwerdeführer die Beschwerde nicht zum Erfolg.
§ 5 Abs. 3 AsylG sieht seit der Novelle BGBl. I Nr. 4/1999 die unwiderlegliche Vermutung vor, dass eine Ausweisung nach § 5 AsylG ausnahmslos auch als Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den als nach dem DÜ gemäß § 5 AsylG als zuständig bezeichneten Staat gilt.
Die Erläuterungen (1494 Blg NR 20. GP, 3) führen hiezu aus:
"Die durch die Änderung des Asylgesetzes, BGBl. I Nr. 4/1999, erfolgte Anfügung des Abs. 3 dient der Klarstellung, dass nicht nur ein anderer Staat für die Prüfung eines Asylantrages zuständig ist, sondern es auch rechtlich zulässig ist, den Fremden dorthin zurückzuweisen, zurückzuschieben oder abzuschieben. Diese Bestimmung geht davon aus, dass derartige Verträge nur mit den Staaten abgeschlossen werden, die sich innerstaatlich denselben Verpflichtungen unterwerfen, wie sie für Österreich in § 57 FrG festgelegt sind."
Einzige Rechtsbedingung für diese unwiderlegliche Vermutung ist, dass gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz AsylG (ebenso wie gemäß Abs. 2 leg. cit., der im gegenständlichen Fall nicht zur Anwendung gelangt) ein Staat als "zuständig festgestellt" wurde.
Daher bleibt nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, welcher durch die Erläuterungen erhärtet wird, im Verfahren gemäß § 5 Abs. 1 kein Raum für die Prüfung, ob in dem als zuständig für die Prüfung des Asylantrages gemäß vertraglicher Verpflichtung festgestellten Staat für den Asylwerber tatsächlich "Refoulement-Schutz im Sinne des § 4 Abs. 2 AsylG" vorliege.
Zuzugestehen ist dem Beschwerdeführer zwar, dass das Recht auf Schutz vor Abschiebung in einen nicht-refoulement-sicheren Drittstaat auch dann zum Tragen kommen muss, wenn dieser Drittstaat gleichzeitig ein Vertragsstaat nach dem DÜ ist. Hätte Österreich mit einem Staat dieses DÜ abgeschlossen, in welchem kein Refoulement-Schutz bestünde, so wäre möglicherweise eine Verfassungswidrigkeit des § 5 Abs. 1 gegeben. Raum für die vom Beschwerdeführer geforderte "verfassungskonforme Interpretation" in dem von ihm vorgebrachten Sinne besteht angesichts des oben näher erläuterten Wortlauts des § 5 AsylG, insbesondere seines Abs. 3, nicht. Die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Behauptung, dass Italien keinen ausreichenden Schutz vor Refoulement gewähre, ist allerdings so wenig konkret, dass für den Verwaltungsgerichtshof eine tatsächliche Verletzung des Refoulement-Verbotes durch Italien nicht zu erkennen ist. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, die Aufhebung des § 5 AsylG beim Verfassungsgerichtshof zu beantragen.
Des Weiteren bringt der Beschwerdeführer vor, er habe zulässigerweise rechtzeitig einen Antrag gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997, BGBl. I Nr. 75/1997 idF
BGBl. I Nr. 158/1998 - FrG, gestellt, weshalb von der Asylbehörde zu prüfen gewesen wäre, ob der Beschwerdeführer in Italien einen effektiven Schutz vor Abschiebung in seinen Herkunftsstaat Mazedonien, und zwar auch im Wege über andere Staaten, habe. Auch dieses Argument führt die Beschwerde nicht zum Erfolg. Denn gemäß § 75 Abs. 1 FrG hat die Behörde (das ist gemäß § 88 Abs. 1 FrG die Bezirksverwaltungsbehörde bzw. im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese) mit Bescheid festzustellen, ob stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser Fremde in einem von ihm bezeichneten Staat gemäß § 57 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht ist. Dies gilt nicht, insoweit über die Frage der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat die Entscheidung einer Asylbehörde vorliegt oder diese festgestellt hat, dass für den Fremden in einem Drittstaat Schutz vor Verfolgung besteht. Nach den Erläuterungen (vgl. 685 Blg NR 20. GP, 82) ist der zweite Satz des § 75 Abs. 1 FrG nicht im Sinne des Beschwerdeführers dahingehend zu verstehen, dass eine Zuständigkeitsverschiebung von der Fremdenbehörde an die Asylbehörde erfolgt wäre, sondern es wurde die negative Prozessvoraussetzung der entschiedenen Sache in jenen Fällen normiert, in denen "das Bundesasylamt gemäß § 8 des Asylgesetzes 1997 damit betraut" ist, "von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist". In einem solchen Fall hat die Fremdenpolizeibehörde den Antrag gemäß § 75 FrG als unzulässig zurückzuweisen.
Es kann im gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, ob auch eine im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 AsylG ergangene Ausweisung die Rechtswirkung der entschiedenen Sache für einen Antrag nach § 75 FrG entfaltet (wobei insbesondere auf Art. 13 EMRK Bedacht zu nehmen ist), weil im Verfahren nach § 5 AsylG jedenfalls schon mangels Zuständigkeit der Asylbehörden über einen solchen Antrag von diesen keine Entscheidung zu treffen ist, ein Bescheid einer Fremdenbehörde aber hier nicht zu beurteilen ist.
Bereits der Inhalt der Beschwerde läßt erkennen, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Damit erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 22. Dezember 1999
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