Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §58 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z2;
WaffV 02te 1998 §4 Abs4;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §58 Abs4;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z1;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z2;
WaffV 02te 1998 §4 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 8 Abs. 6 Z 1 und § 25 Abs. 3 des Waffengesetzes 1996, BGBl. I Nr. 12/1997 (im Folgenden: WaffG) ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die dem Beschwerdeführer am 17. September 1973 von der Bundespolizeidirektion Innsbruck ausgestellte Waffenbesitzkarte Nr. 032228 entzogen.
Die belangte Behörde begründete dies damit, dass sich der Beschwerdeführer anlässlich einer behördlichen Überprüfung am Sonntag, dem 4. Oktober 1998 um ca. 10.00 Uhr mit den Worten "ich weiß nicht, wo sich diese befindet, und zudem geht das Euch nichts an" geweigert habe, dem einschreitenden Beamten die Waffenbesitzkarte vorzuweisen. Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, er sei deshalb seit ca. 15 bis 20 Jahren nicht mehr im Besitz dieser Waffenbesitzkarte, weil er diese der Bundespolizeidirektion Innsbruck retourniert habe, schenkte die belangte Behörde unter Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer dies bei der Überprüfung nicht angegeben habe und sich die Karte nicht im Akt befinde, keinen Glauben, sie ging jedoch in ihren Feststellungen davon aus, dass der Beschwerdeführer genehmigungspflichtige Schusswaffen weder besitze noch je besessen habe.
In rechtlicher Hinsicht vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der Beschwerdeführer sei im Sinne des § 8 Abs. 6 Z 1 WaffG nicht (mehr) verlässlich, weil er dem einschreitenden Beamten auf dessen Aufforderung hin die Waffenbesitzkarte nicht vorgezeigt habe. Sie verwies in der Begründung des angefochtenen Bescheides auch auf § 58 Abs. 4 WaffG, wonach eine Waffenbesitzkarte von der Behörde zu entziehen sei, wenn der Berechtigte für den weiteren Besitz keine Rechtfertigung im Sinne des § 22 WaffG vorbringe. Der Beschwerdeführer habe ausdrücklich angegeben, keine Waffenbesitzkarte zu benötigen und auch nie benötigt zu haben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstellung einer Gegenschrift verzichtet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 4 der am 12. September 1998 in Kraft getretenen
2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung (2. WaffV), BGBl. II Nr. 313/1998, lautet (Hervorhebung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Überprüfung der Verwahrung
§ 4. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind ermächtigt, den Inhaber einer Waffe, die nur auf Grund einer nach dem Waffengesetz 1996 ausgestellten Urkunde besessen oder geführt werden darf, aufzufordern, deren sichere Verwahrung darzutun, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, dass der Betroffene die Waffe unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (§ 3 Abs. 2) sicher verwahrt.
(2) Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben von einem Verdacht nicht sicherer Verwahrung einer Waffe, die nur auf Grund einer nach dem Waffengesetz 1996 ausgestellten Urkunde besessen oder geführt werden darf, die Behörde zu verständigen.
(3) Im Zuge der Prüfung der Verlässlichkeit (§ 25 WaffG) ist von der Behörde jedenfalls eine Überprüfung der sicheren Verwahrung des aktuellen Besitzstandes anzuordnen. Die Überprüfung ist von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes vorzunehmen; diese haben dem Betroffenen die Anordnung der Behörde vorzuweisen.
(4) Die Überprüfung ist von den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes an einem Werktag (Montag bis Samstag) zwischen 7 und 20 Uhr vorzunehmen. Außerhalb dieser Zeiten ist eine Überprüfung nur zulässig, wenn entweder die ausdrückliche Zustimmung des Betroffenen vorliegt oder die Überprüfung anderenfalls aus in der Person des Betroffenen gelegenen Gründen in absehbarer Zeit nicht möglich wäre. Die Überprüfung ist ohne jegliche nicht unumgänglich nötige Belästigung oder Störung des Betroffenen vorzunehmen."
§ 8 Abs. 1 und Abs. 6 WaffG lauten:
"(1) Ein Mensch ist verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
- 1. Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
- 2. mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
...
(6) Schließlich gilt ein Mensch als nicht verlässlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sacherhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anlässlich der Überprüfung seiner Verlässlichkeit weigert, der Behörde
1. Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen;
2. die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, dass er die Waffen sicher verwahrt."
§ 4 Abs. 4 2. WaffV gilt nicht nur für die Überprüfung der Verwahrung von Waffen im Sinne des § 8 Abs. 6 Z 2 WaffG, sondern kraft Größenschlusses auch für die Aufforderung, die zu den Waffen gehörigen Urkunden gemäß § 8 Abs. 6 Z 1 WaffG vorzuweisen. Die Organe der Bundespolizeidirektion Innsbruck waren daher grundsätzlich nicht befugt, an einem Sonntag die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers zu prüfen, sodass die berechtigte Weigerung, der Überprüfungsaufforderung nachzukommen, keine Unverlässlichkeit im Sinne des § 8 Abs. 6 WaffG nach sich ziehen kann. Umstände, die ausnahmsweise eine Überprüfung außerhalb der in der zitierten Verordnung genannten Zeiträume ermöglicht hätten (Zustimmung des Betroffenen; sonstige Unmöglichkeit), wurden nicht festgestellt. Schon aus diesem Grund hat die belangte Behörde ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.
Das zusätzliche Begründungselement des angefochtenen Bescheides, wonach eine Waffenbesitzkarte, für deren weiteren Besitz keine Rechtfertigung vorgebracht wurde, gemäß § 58 Abs. 4 WaffG zu entziehen sei, gehört nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides, der die Entziehung der Waffenbesitzkarte ausdrücklich nur auf § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 Abs. 6 Z 1 WaffG stützt, nicht zum Verfahrensgegenstand (vgl. zur Bedeutung der im Spruch des Bescheides genannten Gesetzesstelle für die Bestimmung des Berufungsgegenstandes das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1999, Zl. 98/20/0337). Auf das Vorbringen der Beschwerde, dass der Entzug der Waffenbesitzkarte nur zulässig sei, wenn eine Aufforderung zur Rechtfertigung an den Betroffenen ergangen sei, sowie zum weiteren Aspekt des Überschreitens des im erstinstanzlichen Bescheid behandelten Verfahrensgegenstandes ist daher nicht einzugehen.
Soweit der Beschwerdeführer bemängelte, ihm sei eine gar nicht mehr in seinem Besitz befindliche, bereits vor ca. 15 bis 20 Jahren an die Bundespolizeidirektion Innsbruck retournierte Waffenbesitzkarte entzogen worden, ist ihm jedoch entgegenzuhalten, dass nach der Aktenlage eine (freiwillige) Rückgabe der waffenrechtlichen Urkunde an die Behörde (Zurücklegung) nicht erfolgt ist. Der Beschwerdeführer vermag sich nur auf seine erst in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobene gegenteilige Behauptung zu berufen. Darüber hinaus habe er nach seinem Vorbringen in der Beschwerde hilfsweise eine Verlustanzeige über die Waffenbesitzkarte abgegeben, um weiteren Schwierigkeiten zu entgehen. In Ermangelung sonstiger Nachweise über die Zurücklegung der Waffenbesitzkarte kann der belangten Behörde somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie ihren Bescheid auf eine nach wie vor gültige Waffenbesitzkarte gründete.
Im Zusammenhang mit der von der belangten Behörde angenommenen Rechtsfolge der Weigerung, die Karte vorzuweisen, wäre freilich noch zu erwägen, ob die Weigerung, eine Urkunde vorzuweisen, mangels Besitzes einer Waffe für sich allein überhaupt den herangezogenen Tatbestand ("Waffen samt den zugehörigen Urkunden") erfüllt und - vor allem - ob eine "Weigerung" vorliegt, wenn der Betroffene die Urkunde - sei es auch aus einem anderen als dem behaupteten Grund - nicht mehr besitzt. Hierauf braucht im vorliegenden Fall wegen des für die Überprüfung gewählten Zeitpunktes aber nicht näher eingegangen zu werden.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzugeben.
Einen Kostenersatz sieht das Gesetz in diesem Fall nicht vor.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 4. Mai 2000
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