Normen
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §10 Abs2;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 17. März 1999 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 4. Mai 1998 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer seit 14. August 1992 an einer näher bezeichneten Anschrift in Wien polizeilich gemeldet sei. Dieser Umstand sei auch auf Grund der vorliegenden Aktenlage bzw. seiner eigenen Angaben unbestritten. Weiters treffe keine der zitierten gesetzlichen Bestimmungen des rechtmäßigen Aufenthalts auf den Beschwerdeführer zu.
Die öffentliche Ordnung werde schwer wiegend beeinträchtigt, wenn einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, sich unerlaubt nach Österreich begeben bzw. dort aufhielten, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 18. Jänner 1999 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, zu seinem unerlaubten, gesetzwidrigen Aufenthalt im Bundesgebiet innerhalb gesetzter Frist Stellung zu nehmen. Es habe jedoch keine Stellungnahme seinerseits zu diesem Schreiben gegeben. Die unbestrittene Tatsache, dass der Beschwerdeführer sich wissentlich "illegal" im Bundesgebiet aufhalte, stelle eine Gefährdung für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gemäß § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 dar, vor allem wegen einer möglichen Beispielswirkung seines Verhaltens im Bezug auf andere Fremde. Nach vorliegenden Unterlagen sei lediglich ersichtlich, dass er 1992 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich eingereist sei und bisher illegal hier verblieben sei.
Es habe in Anbetracht des Umstandes eine Abwägung der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen zu erfolgen. Dieser Abwägung sei zu entnehmen, dass den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen absolute Priorität habe eingeräumt werden müssen, da die Bekämpfung der illegalen Einwanderung bzw. des illegalen Aufenthaltes nicht nur im Interesse der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens sowie im weiteren Sinn der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung relevant sei. Der illegale Aufenthalt des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet gefährde nicht nur die öffentlichen Interessen an der Möglichkeit der behördlichen Steuerung des Fremdenwesens, sonder führe bereits zu eines gravierenden Beeinträchtigung dieser Interessen.
Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK sei die Verweigerung des Aufenthaltstitels, sofern damit in das Privat- und Familienleben des Antragstellers eingegriffen würde, nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele notwendig sei. Bei dieser Abwägung sei auf die Dauer des Aufenthaltes und die Integration des Antragstellers bzw. seiner Familienangehörigen Bedacht zu nehmen.
Es könne unter den gegebenen Umständen keinesfalls eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden, da nach der vorstehenden Abwägung die belangte Behörde zur Ansicht gelange, dass die öffentlichen Interessen zur Erreichung der im Art. 8 EMRK genannten Ziele höher zu bewerten seien als die nachteiligen Folgen der Verweigerung einer Niederlassungsbewilligung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer tritt der Annahme der belangten Behörde, er sei "1992 unter Umgehung der Grenzkontrolle" in das Bundesgebiet eingereist und halte sich seither unrechtmäßig in Österreich auf, nicht entgegen.
Wie die Erläuterungen zum FrG 1997 zeigen, war es beabsichtigt, in § 10 Abs. 2 FrG 1997 die bisherigen Versagungsgründe wegen Gefährdung öffentlicher Interessen sprachlich adaptiert zusammenzufassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2000, Zlen. 98/19/0188). § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 entspricht dem § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG 1992.
Zu diesem Versagungsgrund hat der Verwaltungsgerichtshof (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Oktober 197, Zl. 96/19/2429) ausgesprochen, dass ein längerdauernder unrechtmäßiger Aufenthalt eines Fremden im Bundesgebiet die Annahme rechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung gefährden, wenn dieser Fremde bisher weder über einen gewöhnlichen Sichtvermerk noch über eine Aufenthaltsbewilligung verfügte. Diese Judikatur ist auch auf § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 anwendbar, sofern der Fremde auch nicht über einen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz 1997 verfügte. Dass dem Beschwerdeführer derartige Berechtigungen erteilt worden wären, wird weder in der Beschwerde behauptet, noch ergeben sich dafür Anhaltspunkte aus dem Akteninhalt.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung kann der von der belangten Behörde getroffenen Gefährdungsprognose nicht entgegengetreten werden. Der Annahme, der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers werde die öffentliche Ordnung gefährden, steht auch - entgegen der von der Beschwerde vertretenen Ansicht - nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer während seines langjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet "keine tatsächliche Gefährdung" herbeigeführt habe und auch keinerlei strafrechtliche oder verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen aufweise. Ebenso wenig ist aus den vom Beschwerdeführer zitierten Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes der Rechtssatz abzuleiten, dass jedenfalls ein schwer wiegender Verstoß gegen die österreichischer Rechtsordnung vorliegen müsse, um die obgenannte Gefährdungsprognose treffen zu können. Dass "mangels Publizität des unrechtmäßigen Aufenthaltes" des Beschwerdeführers nicht von einer schlechten Beispielswirkung auf andere Fremde gesprochen werden könne, ist - unabhängig davon, ob dies zutrifft - nach dem Vorgesagten gleichfalls nicht von Belang.
Die belangte Behörde ging daher zu Recht vom Vorliegen des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 aus.
Die Beschwerde bringt weiters vor, die belangte Behörde habe bei Ausübung des ihr durch § 8 Abs. 3 FrG 1997 eingeräumten Ermessens außer Acht gelassen, dass dieses nicht nur auf dessen Ziffer 2 beschränkt sei, sondern der Behörde auch die "Berücksichtigung des Ermessenspielraumes der Ziffern 1 und 3" auferlegt sei. Die belangte Behörde habe keine Abwägung der engen Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich vorgenommen. Die belangte Behörde habe dem Beschwerdeführer keine als schwer zu betrachtenden Delikte im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 zur Last legen können, sodass aus diesem Grunde bei der Interessenabwägung der (angeblich) angeführten nennenswerten Interessen den privaten Interessen Priorität einzuräumen gewesen wäre. Der angefochtene Bescheid weise daher auch eine unzutreffende Interessenabwägung iSd Art. 8 MRK auf.
Diesen Ausführungen ist Nachstehendes entgegenzuhalten:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 14. Mai 1999, Zl. 97/19/0651, mit näherer Begründung ausgeführt hat, ist der Ausdruck "kann" in § 10 Abs. 2 FrG 1997 dahingehend zu verstehen, dass die Behörde bei Anwendung eines der dort angeführten Versagungsgründe zu prüfen hat, ob ein durch diese Anwendung allenfalls erfolgter Eingriff in ein durch Art. 8 MRK geschütztes Recht des Antragstellers aus den in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründen gerechtfertigt ist. Dabei handelt es sich im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde nicht um eine Ermessensentscheidung (vgl. auch dazu das bereits zitierte Erkenntnis vom 25. Februar 2000).
Auf Grund des lange dauernden unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers wäre vorliegendenfalls der Eingriff in ein gedachtes, durch Art. 8 MRK geschütztes Recht desselben auf Einwanderung unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der öffentlichen Ordnung und dem damit verbundenen Recht des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Damit erweist sich aber der vom Beschwerdeführer gerügte Feststellungsmangel nicht als relevant.
Der Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 war daher im Falle des Beschwerdeführers wirksam. Die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 8 Abs. 1 FrG 1997 erwies sich folglich als unzulässig. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine persönlichen Interessen an einer Niederlassung in Österreich vermag daher auch unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 3 FrG 1997 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil eine Ermessensentscheidung unter Heranziehung der in dieser Bestimmung umschriebenen Kriterien auf Grund des Wirksamwerdens des Versagungsgrundes des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997 gar nicht in Betracht kam (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 1999, Zl. 98/19/0271).
Nach dem Vorgesagten ist auch der Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe es unterlassen, ihre Entscheidung ausreichend zu begründen, indem sie ohne jegliche Begründung davon ausgegangen sei, dass die Interessenabwägung zu Lasten des Beschwerdeführers erfolge, der Boden entzogen.
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer das ihm angeblich zukommende Aufenthaltsrecht auf Grund des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation zwischen der EWG und der Türkei (im Folgenden: ARB). Daraus ergebe sich, dass "der Anwendungsbereich des Fremdengesetzes 1997 auf den Antrag des Beschwerdeführers auf Niederlassungsbewilligung Anwendung hätte finden" müssen, weil er auf Grund unmittelbar anwendbarer Rechtsakte der europäischen Union als integrierter Bestandteil der Gemeinschaftsrechtsordnung Niederlassungsfreiheit genieße.
Insoweit sich der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen auf Art. 6 Abs. 1 ARB beruft (die Anwendung anderer Bestimmungen dieses Rechtsaktes kommen sachverhaltsbezogen nicht in Betracht), ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:
Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausgeführt hat, ist unter "ordnungsgemäßer" Beschäftigung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB nur eine solche zu verstehen, die im Einklang mit den ausländerbeschäftigungsrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates steht. Verfügte aber ein türkischer Staatsangehöriger zu dem Zeitpunkt, in welchem durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union (1. Jänner 1995) der genannte Assoziationsratsbeschluss für ihn hätte wirksam werden können (und auch in der Folge) nicht über eine Aufenthaltsberechtigung und war er daher auch nicht im oben aufgezeigten Sinn ordnungsgemäß beschäftigt, so kommt ihm ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB nicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. November 1998, Zlen. 97/19/1616, 1617, mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung).
Nach den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid verfügte der Beschwerdeführer jedoch noch nie über eine Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich.
Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 8. September 2000
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