Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. November 1998 wurde der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 30. Jänner 1997 illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe am 4. Februar 1997 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid vom 10. März 1997 abgewiesen worden sei. Eine dagegen eingebrachte Berufung sei wegen Verspätung zurückgewiesen und der gleichzeitig gestellte Wiedereinsetzungsantrag abgewiesen worden. Dagegen sei Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben worden. Im gesamten Verfahren sei dem Beschwerdeführer eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zugekommen. Am 19. April 1998 habe der Beschwerdeführer einen zweiten Asylantrag und am 17. Juli 1998 einen Antrag auf Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gestellt. Diese sei ihm jedoch bis dato nicht erteilt worden.
Da der Beschwerdeführer seit seiner Einreise weder im Besitz eines Aufenthaltstitels nach dem Fremdengesetz gewesen sei noch ihm die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 1 AsylG zugekommen sei (der Beschwerdeführer sei weder über einen Flugplatz noch direkt aus seinem Herkunftsstaat nach Österreich eingereist) und ihm eine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2 AsylG ebenfalls nicht zuerkannt worden sei, sei sein Aufenthalt in Österreich zur Gänze unrechtmäßig. An dieser Feststellung habe auch das Berufungsvorbringen nichts ändern können. Der Beschwerdeführer übersehe, dass die Zuerkennung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 Abs. 2 AsylG nur unter den dort genannten Voraussetzungen überhaupt möglich sei. Ob diese Voraussetzungen im Fall des Beschwerdeführers gegeben seien, hätten die Asylbehörden aus eigenem zu prüfen. Für die belangte Behörde sei lediglich die Frage entscheidungsrelevant, ob eine solche Aufenthaltsberechtigung tatsächlich zuerkannt worden sei. Die belangte Behörde sehe es daher als erwiesen an, dass der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig gewesen sei.
Dieses Fehlverhalten beeinträchtige die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass sich die Ausweisung des Beschwerdeführers - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise. Dieser Beurteilung der Sachlage sei angesichts der Bestimmung des § 21 Abs. 1 AsylG auch nicht der Hinweis des Beschwerdeführers auf sein noch anhängiges (erstes) Asylverfahren entgegengestanden. Der Beschwerdeführer sei seit etwa einem Jahr und neun Monaten unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Nach der Aktenlage bestünden keinerlei familiäre Bindungen zum Bundesgebiet. Angesichts dieser Umstände sei von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers nicht auszugehen gewesen. Es habe daher keiner Prüfung bedurft, ob die Ausweisung zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Es lägen auch sonst keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vor. Angesichts der durch den unrechtmäßigen Aufenthalt bewirkten gravierenden Verletzung des aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften habe die belangte Behörde auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens von der Erlassung der Ausweisung Abstand nehmen können.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seinen (nach Abweisung seines ersten Asylantrages gestellten) neuerlichen Antrag auf Gewährung von Asyl ist - im Ergebnis - zielführend.
2. Die belangte Behörde hat auf dem Boden ihrer Feststellungen, dass der Beschwerdeführer am 19. April 1998 einen zweiten Asylantrag und am 17. Juli 1998 einen Antrag auf Erteilung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gestellt habe, die ihm jedoch bis dato nicht erteilt worden sei, die Auffassung vertreten, für sie sei lediglich die tatsächliche Zuerkennung einer solchen Aufenthaltsberechtigung durch die Asylbehörden entscheidungsrelevant. Sie sehe es demnach als erwiesen an, dass der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet unrechtmäßig gewesen sei.
Diese Überlegungen verkennen die Tragweite des § 19 Asylgesetz 1997 über die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, welche Bestimmung auf den Beschwerdeführer - er gilt ab Einbringung seines (zweiten) Asylantrages gemäß § 1 Z. 3 Asylgesetz 1997 (wieder) als Asylwerber - anwendbar ist. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2000, Zl. 99/21/0266) ist aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 Asylgesetz 1997 und aus dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung erkennbar verfolgten Zweck der Schluss zu ziehen, dass auch unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des 2. Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereisten Asylwerbern eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung gewährt werden soll, außer es liegt eine Entscheidung darüber vor, dass der Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist.
Im vorliegenden Fall wurde der zweite Asylantrag des - laut angefochtenem Bescheid "illegal" in das Bundesgebiet eingereisten -
Beschwerdeführers bisher weder als unzulässig zurückgewiesen (§§ 4 und 5 Asylgesetz 1997) noch als offensichtlich unbegründet abgewiesen (§ 6 leg. cit.). Die belangte Behörde hätte daher nach der obzitierten Rechtsprechung in Anbetracht des noch nicht erledigten zweiten Asylantrages des Beschwerdeführers bei Übung des ihr im Rahmen des § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach dieser Bestimmung nicht im Sinn des Gesetzes liegt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 1. August 2000, Zl. 98/21/0372).
Nach dem Gesagten war der vorliegende Bescheid - ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, dass neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Ersatz weiterer Kosten unter dem Titel von Umsatzsteuer nicht vorgesehen ist.
Wien, am 30. November 2000
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