Normen
BAO §93 Abs2;
EStG §106 Abs3;
EStG §33 Abs4 Z1;
EStG §34 Abs7 Z3;
EStG §34 Abs7 Z4;
BAO §93 Abs2;
EStG §106 Abs3;
EStG §33 Abs4 Z1;
EStG §34 Abs7 Z3;
EStG §34 Abs7 Z4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde samt Beschwerdeergänzung und angefochtenem Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer ist unbeschränkt steuerpflichtig. Er ist österreichischer Staatsbürger und lebt mit Mag. B, einem ungarischen Staatsbürger, in gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaft.
Die österreichische Aufenthaltsbehörde erteilte Mag. B eine Aufenthaltsbewilligung in Österreich zum Zweck der Fortsetzung der langjährigen Lebensgemeinschaft. Im Hinblick auf die nur auf den privaten Aufenthalt abgestellte Aufenthaltsbewilligung konnte Mag. B in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nachgehen.
Weil Mag. B keine eigene Einkünfte erzielte, leistete ihm der Beschwerdeführer im Streitjahr 1996 unter dem Titel Unterhalt Zahlungen von 96.000 S. In der Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung 1996 beantragte der Beschwerdeführer, diese Zahlungen als außergewöhnliche Belastung gemäß § 34 EStG 1988 anzuerkennen.
Das Finanzamt entsprach im Einkommensteuerbescheid 1996 diesem Antrag nicht und führte begründend aus, Aufwendungen für den laufenden Unterhalt stellten keine außergewöhnlichen Belastung dar.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die besondere Konstellation seines Falles ergebe sich einerseits aus der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, andererseits aus der Drittstaatsangehörigkeit des Lebensgefährten Mag. B. Aus diesem Grund könnten die Unterhaltszahlungen nicht der Beschränkung des § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 unterliegen. Die aus der Unterhaltszahlung resultierende Belastung sei außergewöhnlich und zwangsläufig, sie beeinträchtige wesentlich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Der Beschwerdeführer sei de facto Alleinverdiener, könne aber den Alleinverdienerabsetzbetrag nicht erhalten, weil in Österreich die Eintragung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft am Standesamt und damit die Erlangung einer ehegleichen Rechtswirkung nicht vorgesehen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer lebe in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft, die nicht die Voraussetzungen einer "anerkannten Ehe" erfülle und daher auch nicht die Wirkungen einer Ehe hervorrufen könne. Bloße Lebensgemeinschaften seien faktisch jederzeit von den Beteiligten auflösbar. Damit sei die Unterhaltslast nicht zwangsläufig erwachen. Auch seien gemäß § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 Unterhaltszahlungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt würden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellten. Unter die Einschränkung des § 34 Abs. 7 EStG 1988 fielen nicht nur Leistungen des gesetzlichen Unterhalts, sondern auch Unterhaltsleistungen aus sittlichen Gründen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, 90/13/0062).
Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 28. September 1999, B 1046/99, die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde unter Hinweis auf die Unbedenklichkeit einer Anknüpfung an das Familienrecht ab und trat sie gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.
Über die in der Folge ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt vor, gemäß § 34 Abs. 3 EStG 1988 erwachse eine Belastung dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen könne. Im Beschwerdefall gehe es um die sittliche Verpflichtung. Der Verwaltungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 16. Jänner 1991, 90/13/0062, zu einer verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaft ausgesprochen, um die entsprechenden Beziehungen den für die Ehe typischen Treue- und Beistandspflichten gleichhalten zu können, müsse sich die Lebensgemeinschaft bereits auf Dauer gerade in Situationen, welche Treue und gegenseitige Beistandsleistung erforderten, derart bewährt haben, wie dies bei einer Ehe der Fall sein solle. Mit diesem Erkenntnis habe der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass auch in (freiwilligen) Lebensgemeinschaften zwangsläufige Belastungen möglich seien.
Der belangten Behörde sei bekannt gewesen, dass im Streitjahr 1996 bereits eine langjährige Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und Mag. B bestanden habe. Der Beschwerdeführer habe zudem ausdrücklich auf die Gleichgeschlechtlichkeit der Lebensgemeinschaft und die Drittstaatsangehörigkeit des Lebensgefährten hingewiesen. Die belangte Behörde habe dennoch Feststellungen über die Gleichwertigkeit der Lebensgemeinschaft mit den in einer Ehe bestehenden Treue- und Beistandspflichten unterlassen.
Im Beschwerdefall sei auch die Drittstaatsangehörigkeit des Lebensgefährten Mag. B von Bedeutung. Nach den Regelungen des Fremdengesetzes benötige der Lebensgefährte einen Aufenthaltstitel. Dieser für private Zwecke erteilte Aufenthaltstitel lasse aber nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz die Aufnahme einer (unselbstständigen) Erwerbstätigkeit nicht zu. Es scheide auch eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Die Unterhaltsleistung des Beschwerdeführers sei nicht bloß Sache der privaten Lebensführung. Homosexuelle Menschen entfalteten ihre Identität, ihr Wesen und ihre Persönlichkeit nämlich in einer gleichgeschlechtlichen zwischenmenschlichen Beziehung. Die Liebes- und Freundschaftsbeziehung des Beschwerdeführers sei nach dem österreichischen Familienrecht nicht durch Eintragung am Standesamt "sanierbar". Die Nichtgewährung des Unterhalts würde im gegenständlichen Fall zum Wegfall der Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung führen, sodass der langjährige Lebenspartner des Beschwerdeführers Österreich verlassen müsste.
Unterhaltspflichtige und nicht unterhaltspflichtige Personen dürften nicht gleich behandelt werden. Der Beschwerdeführer könne sich der außergewöhnlichen Belastung nicht entziehen. Die herrschende moralische Auffassung sei einem ständigen Wechsel unterworfen. Nicht zuletzt zahlreiche Aktivitäten der EU zur Vermeidung von Ungleichbehandlung auf Grund sexueller Orientierung wiesen in Richtung eines Abbaues der Ungleichbehandlung von verschieden- und gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften.
Gehe man im Beschwerdefall von einer zwangsläufigen Unterhaltspflicht aus, sei zu prüfen, ob der Abs. 7 des § 34 EStG 1988 ihrer steuerlichen Berücksichtigung entgegenstehe.
Die Z. 3 dieser Bestimmung normiere, dass Unterhaltsleistungen an
den (Ehe)Partner durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten
seien und daher nicht als außergewöhnliche Belastung Anerkennung
fänden. Gemäß der Z. 4 des Abs. 7 seien Unterhaltsleistungen nur
insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt
würden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine
außergewöhnliche Belastung darstellen würden. Nach dem Gesetz sei
daher zu prüfen, ob auch für den unterhaltsberechtigten Mag. B,
wäre er der Steuerpflichtige, die Unterhaltsleistung eine
außergewöhnliche Belastung wäre. Da der Lebensgefährte des
Beschwerdeführers ungarischer Staatsbürger und nach dem
Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht zur Erwerbstätigkeit in
Österreich berechtigt sei, stehe - im Gegensatz zur Mehrzahl der
Lebensgemeinschaften in Österreich - nicht beiden Partnern die
Möglichkeit der Einkunftserzielung offen. Daraus folge, dass
fiktive Unterhaltsleistungen des Unterhaltsberechtigten an einen
gleichgeschlechtlichen Drittstaatsangehörigen eine außergewöhnliche
Belastung darstellten. Deshalb würden die vom Beschwerdeführer
tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen nicht durch
§ 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 vom Abzug ausgeschlossen.
Diesem Beschwerdevorbringen ist zu erwidern:
§ 106 Abs. 3 EStG 1988 lautet:
"(Ehe)Partner ist eine Person, mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind (Abs. 1) in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt."
Gemäß § 34 Abs. 7 Z. 3 EStG 1988 sind Unterhaltsleistungen an den (Ehe)Partner iSd § 106 Abs. 3 BAO durch den Alleinverdienerabsetzbetrag abgegolten.
Gemäß § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 steht der Alleinverdienerabsetzbetrag von 5.000 S pro Jahr unter weiteren Voraussetzungen einem verheirateten Steuerpflichtigen zu, aber auch einem Steuerpflichtigen mit mindestens einem Kind
iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988, der mehr als sechs Monate mit einer unbeschränkt steuerpflichtigen Person in einer anderen Partnerschaft lebt.
Im gegenständlichen Fall kann dahingestellt bleiben, ob der in § 106 Abs. 3 EStG 1988 verwendete Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" bzw. jener der "anderen Partnerschaft" in § 33 Abs. 4 Z. 1 EStG 1988 auf eine bestimmte sexuelle Orientierung abstellt (vgl. hiezu Doralt, RdW 1998, 159). Der Alleinverdienerabsetzbetrag ist nämlich - abgesehen vom Fall der Ehe - vom Vorhandensein eines Kindes iSd § 106 Abs. 1 EStG 1988 abhängig, setzt also im Wesentlichen voraus, dass die "eheähnliche Gemeinschaft" bzw. die "andere Partnerschaft" ein Kind aufzieht. Dass diese Voraussetzung im gegenständlichen Fall erfüllt wäre, wird in der Beschwerde nicht behauptet.
§ 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 lautet:
"Darüber hinaus sind Unterhaltsleistungen nur insoweit abzugsfähig, als sie zur Deckung von Aufwendungen gewährt werden, die beim Unterhaltsberechtigten selbst eine außergewöhnliche Belastung darstellen würden ..."
Nach dem Beschwerdevorbringen betreffen die Zahlungen, die der Beschwerdeführer als außergewöhnliche Belastung anerkannt wissen will, laufenden Unterhalt. Selbst wenn im Beschwerdefall nach den im Erkenntnis 90/13/0062 dargestellten Grundsätzen eine sittliche Pflicht zur Unterhaltsleistung gegeben wäre, könnte dies nicht zur Anerkennung einer außergewöhnlichen Belastung führen. Der steuerlichen Berücksichtigung des laufenden Unterhalts steht nämlich § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 entgegen. Die genannte Norm schließt den Abzug der laufenden Unterhaltszahlungen an Unterhaltsberechtigte aus (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1998, 94/15/0028), wobei es nicht darauf ankommt, ob bzw. aus welchen Gründen der Unterhaltsberechtigte daran gehindert ist, erwerbstätig zu sein (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 94/15/0028 sowie das hg. Erkenntnis vom 23. Mai 1999, 98/14/0133). Soweit aber die genannte Norm der steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltszahlungen an zivilrechtlich Unterhaltsberechtigte entgegensteht, muss dies - dies ergibt sich aus einem Größenschluss - auch für Unterhaltszahlungen gelten, die nicht in Erfüllung einer zivilrechtlichen Pflicht erbracht werden.
Die Beschwerde zeigt zutreffend auf, dass - eine Verpflichtung zur Unterhaltsleistung vorausgesetzt, aber unabhängig von der Nichtabzugsfähigkeit des laufenden Unterhaltes - im Grunde des § 34 Abs. 7 Z. 4 EStG 1988 zu prüfen wäre, ob bei Mag. B eine außergewöhnliche Belastung vorläge. Sie verfällt sodann aber einem Rechtsirrtum, wenn sie für relevant hält, ob bei Mag. B fiktive Unterhaltsleistungen an einen gleichgeschlechtlichen Drittstaatsangehörigen eine außergewöhnliche Belastung darstellten. Das Gesetz stellt nicht auf fiktive Aufwendungen ab, sondern auf tatsächliche Aufwendungen für einen in der Person des Unterhaltsberechtigten gegebenen Belastungsfall. Bei dem Inhalt, welchen die Beschwerde der zitierten Gesetzesbestimmung beimisst, wären die Verhältnisse eines Unterhaltspflichtigen auf den jeweiligen Unterhaltsempfänger zu projizieren; hätte die Norm diesen Inhalt, wäre es unverständlich, warum überhaupt auf die Verhältnisse beim Unterhaltsempfänger abzustellen ist.
Soweit die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe unter Verletzung von Verfahrensvorschriften keine Feststellungen über die Zwangsläufigkeit der Unterhaltsleistung getroffen und angenommen, der Beschwerdeführer könne sich der Unterhaltspflicht entziehen, während aber in Wahrheit eine zwangsläufige Unterhaltspflicht bestehe, wird übersehen, dass auch außergewöhnliche und zwangsläufige Unterhaltszahlungen nur nach Maßgabe des § 34 Abs. 7 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung Berücksichtigung finden können. Das Beschwerdevorbringen kann daher keinen relevanten Verfahrensfehler aufzeigen.
Der Beschwerdeführer verweist abschließend darauf, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides entgegen der Bestimmung des § 57 (gemeint: 59) Abs 1 AVG keine Anführung der angewendeten Gesetzesstelle enthält. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, dass das Verfahren vor der belangten Behörde nicht durch das AVG, sondern durch die BAO geregelt wird. Die BAO normiert keine Pflicht zur Bezeichnung der angewendeten Gesetzesbestimmungen im Spruch des Abgabenbescheides (vgl. Ritz, BAO-Kommentar2, § 93 Tz 9).
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 28. März 2000
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