VwGH 99/13/0244

VwGH99/13/024420.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Schärf, über die Beschwerde des A C in W, vertreten durch Dr. Thomas Ebner, Rechtsanwalt in Wien I, Biberstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 23. September 1999, GZ RV/215-07/99, betreffend Sicherstellung, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §232 Abs1;
BAO §289 Abs2;
BAO §232 Abs1;
BAO §289 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

In den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten erliegt ein von einer Wirtschaftstreuhandgesellschaft namens der N. GmbH eingebrachtes, als Selbstanzeige bezeichnetes Schriftstück vom 21. Juli 1995, wonach die N. GmbH am 12. Oktober 1990 vom Beschwerdeführer das Gastronomieunternehmen in Wien, W-Straße 1, um S 6,000.000,-- erworben habe. Tatsächlich seien dem Beschwerdeführer neben dem genannten Betrag als weiterer Kaufpreis ein Betrag von S 9,000.000,-- bar übergeben worden.

In den Akten erliegt weiters eine mehrseitige, auf die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens Bezug nehmende "Stellungnahme" des Beschwerdeführers vom 11. Juli 1997. Darin wird ausgeführt, als Kaufpreis des Gastronomiebetriebes sei mit Ernst N. ein Betrag von S 9,000.000,-- vereinbart gewesen. Der Beschwerdeführer habe den Vorschlag des Ernst N., einen Teilbetrag von S 3,000.000,-- "schwarz" zu zahlen, angenommen. Nach detaillierter Darstellung verschiedener Vorgänge im Zusammenhang mit der Unternehmensveräußerung wurde vom Beschwerdeführer zusammenfassend bestritten, die vereinbarte Schwarzzahlung von S 3,000.000,-- überhaupt von Ernst N. erhalten zu haben.

Am 19. August 1997 wurde an den Beschwerdeführer ein Sicherstellungsauftrag zur Sicherung von Umsatz- und Einkommensteuer in Höhe von zusammen S 3,375.408,-- erlassen. In der Begründung wurde wörtlich ausgeführt:

Im Jahre 1990 wurde der Betrieb (Restaurant) in Wien, W.- Straße 1 an die N GmbH offiziell um S 6 Millionen verkauft. Eine vom FA Köst übermittelte Kontrollmitteilung zeigte jedoch einen anderen Sachverhalt, nämlich dass der tatsächliche Kaufpreis um S 9 Millionen höher gewesen sein soll (=S 15 Millionen). Im Rahmen des von der Betriebsprüfung geführten Ermittlungsverfahrens (Gutachten der Bank und Überweisungsbelege) wurde festgestellt, dass der Kaufpreis in Höhe von S 15 Millionen sehr wohl geflossen und der Tatbestand der Abgabenverkürzung gegeben ist.

Der Abgabepflichtige bestreitet jedoch, diesen Mehrbetrag erhalten zu haben. In diesem Verhalten ist die beharrliche Vernachlässigung abgabenrechtlicher Pflichten (Offenlegungs- und Wahrheitspflicht) zu erblicken. Dies rechtfertigt die Annahme, dass sich der Abgabepflichtige auch der Entrichtung der noch festzusetzenden Abgaben zu entziehen trachtet und damit die Einbringung wesentlich erschwert ist.

In einer von der Abgabenbehörde am 12. September 1997 aufgenommenen Niederschrift gab Brigitte N, Geschäftsführerin der N. GmbH an, dass der Beschwerdeführer neben dem "offiziellen" Kaufpreis von S 6,000.000,-- einen weiteren Betrag von S 9,000.000,-- erhalten habe. Sie schilderte in der Niederschrift die näheren Umstände der Übergabe dieses Bargeldbetrages von S 9,000.000,--.

In einer Niederschrift vom 5. Februar 1998 gab Bernhard G, damals Angestellter der B Bank, unter anderem an, dass Ernst N. am 12. Oktober 1990 der Betrag von S 9,000.000,-- in Form von Barschecks ausgehändigt worden sei. Außerdem seien am 15. Oktober 1990 S 6,000.000,-- an den Vertragserrichter Dr. W. überwiesen worden.

In der Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag wurde vom Vertreter des Beschwerdeführers ausgeführt, es handle sich um einen vorerst in einem Betriebsprüfungsverfahren zu klärenden Verdacht der Abgabenverkürzung. Die Abgabenbehörde habe nicht geprüft, ob es tatsächlich Gründe gibt, die die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe erwarten ließen. Die Abgabenbehörde habe die Vermögenslage des Beschwerdeführers nicht geprüft.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Als besondere Umstände, die eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgaben befürchten ließen, wurden von der belangten Behörde der Verdacht der Abgabenhinterziehung, die kurz nach Beginn der Betriebsprüfung am 11. Februar 1997 erfolgte Vormerkung des Eigentumsrechtes der Kinder und der Ehegattin des Beschwerdeführers bzw die Vormerkung der Rangordnung für die Veräußerung bis 17. Februar 1998 durch den Beschwerdeführer auf sämtlichen seiner Liegenschaften angeführt. Überdies seien außer diesen Liegenschaften keine weiteren Vermögenswerte des Beschwerdeführers bekannt gewesen. Der Beschwerdeführer habe am 31. August 1995 die Vermietungstätigkeit beendet. In der am 28. April 1997 eingereichten Einnahmen-Ausgaben-Rechnung seien Bankverbindlichkeiten zum 31. Dezember 1995 in Höhe von S 2,634.316,-- ausgewiesen worden. Die Einkünfte des Beschwerdeführers hätten für 1995 einen Verlust von S 13.752,-- ergeben. Auf der vom Beschwerdeführer angeführten Liegenschaft D-Gasse 25b sei ein Pfandrecht zur Sicherstellung in Höhe von S 620.015,11 vorgemerkt gewesen. Im Antrag auf Bewilligung der Exekution zur Sicherstellung durch Pfandrechtsvormerkung (vom Februar 1997) sei von der betreibenden Partei ausgeführt, anläßlich der Streitverhandlungen habe der Beschwerdeführer mehrfach erklärt, er werde sich nach Afrika begeben und seinen Wohnsitz in Österreich auflösen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach ständiger Rechtsprechung hat sich das Verfahren über eine Berufung gegen einen Sicherstellungsauftrag iS des § 232 BAO auf die Überprüfung der Frage zu beschränken, ob die im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet wurde, dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren oder nicht (vgl zB das hg Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, 95/13/0147 mwH).

Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit ausschließlich, dass sich die belangte Behörde "größtenteils auf angebliche Tatbestände" gestützt habe, die nur nach dem Zeitpunkt der Erlassung des Sicherstellungsauftrages verwirklicht worden sein konnten. Dieses Vorbringen ist unrichtig: Die von der belangten Behörde als Umstände, die eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgaben befürchten ließen, angeführten (und durch entsprechende Urkunden belegten) Sachverhalte - Vormerkung des Eigentumsrechtes von Angehörigen, Vormerkung der Rangordnung, hohe Schulden gegenüber Banken, Erklärungen über eine Auswanderungsabsicht - waren zur Gänze bereits vor der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages gesetzt, wie der Begründung des angefochtenen Bescheides eindeutig zu entnehmen ist.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften darauf hinweist, dass die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid mit einer anderen Begründung als die Abgabenbehörde erster Instanz aufrecht erhalten habe, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Abgabenbehörde zweiter Instanz gemäß § 289 Abs. 2 BAO berechtigt ist, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen. Dies gilt auch hinsichtlich eines angefochtenen Sicherstellungsauftrages; entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers hat sich die Berufungsbehörde in einem solchen Verfahren nicht darauf zu beschränken, ob die von der Abgabenbehörde erster Instanz herangezogenen Umstände zutreffen bzw für eine Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung kausal sind. Sie hat vielmehr auf Grund der - allerdings bereits im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gegebenen - Sachlage ohne Rücksicht darauf zu entscheiden, ob die Abgabenbehörde erster Instanz diesen vorliegenden Sachverhalt zur Begründung ihres Bescheides herangezogen hat oder nicht.

In der von der belangten Behörde vorgenommenen Änderung der Begründung ist überdies keine wesentliche Verletzung des Parteiengehörs zu erblicken, da die von der belangten Behörde als maßgeblich erachteten Umstände aus vom Beschwerdeführer veranlassten Urkunden ersichtlich waren. Auch die Auswanderungsabsicht war in einem dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gelangten Schriftsatz eines Streitgegners enthalten. Der Vorwurf, der Beschwerdeführer trachte sich der Entrichtung der Abgaben zu entziehen, wurde ihm bereits im erstinstanzlichen Bescheid gemacht. Schließlich hat der Beschwerdeführer, der die Richtigkeit der von der belangten Behörde herangezogenen Umstände nicht bestreitet, nicht dargestellt, zu welchem anders lautenden Bescheid die belangte Behörde auf Grund einer Mitteilung über die von ihr beabsichtigte Bescheidbegründung hätte gelangen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 20. Dezember 2000

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