Normen
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt (Land) Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 12 - Sozialamt, vom 5. August 1999 wurde dem im Jahre 1955 geborenen Beschwerdeführer, der mit zwei minderjährigen Söhnen im gemeinsamen Haushalt lebt, für die Zeit vom 12. Juli bis 10. August 1999 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) in der Höhe von S 5.983,-- zuerkannt. Dieser Betrag wurde auf die Weise errechnet, dass einem Richtsatz von S 9.089,-- und der Miete im Betrag von S 3.030,95 als Bedarf zwei Einkommen in der Höhe von insgesamt S 4.642,--, die Alimente für einen der beiden Söhne in der Höhe von S 660,-- sowie ein "SB" von S 835,-- gegenübergestellt und abgezogen wurden.
In seiner dagegen erhobenen Berufung bekämpfte der Beschwerdeführer den Abzug eines Selbstbehaltes von S 835,-- sowie des Unterhaltsbeitrages für einen Sohn in der Höhe von S 660,--.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen und der Erstbescheid vom 5. August 1999 bestätigt.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, dass von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen wird; sie beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging in der Begründung des angefochtenen Bescheides zunächst auf die Berücksichtigung des Unterhaltsanspruches von S 660,-- ein und begründete, warum ihrer Auffassung nach dieser Betrag unabhängig davon, ob er dem Familieneinkommen tatsächlich zufließt, diesem hinzuzurechnen ist. Der Beschwerdeführer verfolgt diesen Aspekt in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht weiter, sondern schließt diesbezüglich eine Prüfung durch die Formulierung des Beschwerdepunktes, der sich ausschließlich auf den Selbstbehalt von S 835,-- bezieht, aus.
Im Übrigen führt die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass dem Beschwerdeführer bei richtiger Berechnung der Geldaushilfe nicht ein Richtsatz von S 9.089,--, sondern lediglich ein solcher in Höhe von S 7.904,-- (nämlich S 4.800,-- - richtig wohl S 4.894,-- -für den Beschwerdeführer als Hauptunterstützten zuzüglich zweimal S 1.505,-- für die mitunterstützten Söhne) zustehen würde. Der nach § 13 Abs. 4 WSHG erhöhte Richtsatz sei aber durch den durchschnittlichen Mietbedarf in der Höhe von S 835,-- zu vermindern. Der dem Beschwerdeführer zuerkannte Betrag sei immer noch um S 350,-- höher als bei richtiger Berechnung. Da nicht davon ausgegangen werden könne, dass er mit seiner Berufung seinen Sozialhilfeanspruch habe vermindern wollen, sei die Berufung unter Bestätigung des Erstbescheides abgewiesen worden.
§ 13 Abs. 1 bis 4 WSHG lauten:
"(1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.
(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen: 1. Richtsatz für den Alleinunterstützten, 2. Richtsatz für den Hauptunterstützten, 3. Richtsatz für den Mitunterstützten. Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfesuchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfesuchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfesuchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für einen Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen.
(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, daß er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.
(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfesuchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. Bei der Bemessung der Höhe der Geldleistung sind jedenfalls Einkünfte, die dem Hilfesuchenden im Rahmen einer Beschäftigungstherapie oder einer sonstigen individuellen therapeutischen Betreuungsmaßnahme als Leistungsanreiz zufließen (therapeutisches Taschengeld), bis zur eineinhalbfachen Höhe des Taschengeldes gemäß § 13 Abs. 9 nicht anzurechnen."
Die belangte Behörde ging im vorliegenden Fall davon aus, dass § 13 Abs. 4 erster Satz WSHG anzuwenden sei und hat den Richtsatz nach § 13 Abs.1 bis 3 WSHG überschritten. Sie hat einen nicht näher begründeten Betrag von S 1.185,-- dem Richtsatz laut Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe LGBl. Nr. 13/1973 in der für das Jahr 1999 maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 62/1998 hinzugerechnet, aber den in § 4 Abs. 4 dieser Verordnung normierten durchschnittlichen Mietbedarf in Höhe von S 835,-- wieder abgezogen. Die Verordnung sieht eine Berücksichtigung dieses Betrages aber nur für den Fall vor, dass der Sozialhilfebezieher unter § 4 der Verordnung fällt, also ein Dauersozialhilfebezieher, der das 65. Lebensjahr überschritten hat, oder für mindestens ein halbes Jahr erwerbsunfähig ist. Der Beschwerdeführer ist Jahrgang 1955 und bezog ein Erwerbseinkommen; er fällt also nicht unter diese Bestimmung. Der Abzug des Betrages von S 835,-- unter dem Titel "durchschnittlicher Mietbedarf" entspricht damit nicht der Rechtslage.
Nach § 13 Abs. 4 WSHG ist die Richtsatzerhöhung nach dem (tatsächlichen) erhöhten Bedarf zu bemessen. Die Bemessung ist im vorliegenden Fall nicht nachvollziehbar. Das einzige erkennbare Element dieser Bemessung ist rechtswidrig. Dass eine solche Bemessung überhaupt nicht hätte stattfinden dürfen, wird nicht gesagt. Damit ist der gesamte angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit behaftet, und zwar mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil jegliche Begründung dafür fehlt, warum (im Ergebnis) eine Erhöhung um gerade nur S 350,-- stattgefunden hat.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juni 2000
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