Normen
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
BauO Wr §129 Abs2;
BauO Wr §129 Abs4;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37/18, wurden betreffend das Haus Hofstattgasse 14 im 18. Wr. Gemeindebezirk gegenüber der Beschwerdeführerin als Eigentümerin dieses Bauwerkes folgende Bauaufträge erlassen:
"Der Magistrat erteilt gemäß § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien der Eigentümerin der Baulichkeit auf der im Betreff genannten Liegenschaft nachstehenden Auftrag:
1) Die Außenwände und Zwischenwände der im Parterre liegenden Wohnungen Tür 2 und Tür 4 sind wirksam trockenlegen zu lassen.
2) Die Verputzschäden in den zuvor unter Punkt 1) genannten Wohnungen sind in geeigneter Weise zu beheben.
3) In der Wohnung Tür 2 sind die äußeren Fensterflügel der Küche instandzusetzen.
4) Die Verputzschäden im Kabinett der Wohnung Nr. 5 sind in geeigneter Weise zu beseitigen.
Die Maßnahmen nach Punkt 1) - 4) sind binnen 10 Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durchzuführen."
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 19. Oktober 1999 wurde über die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wie folgt entschieden:
"Gemäß § 66 Abs. 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG) wird der im Punkt 1) des angefochtenen Bescheides enthaltene Auftrag, die Außenwände und Zwischenwände der im Parterre liegenden Wohnung Tür 4 wirksam trockenlegen zu lassen, behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG wird die Erfüllungsfrist für die Aufträge Punkt 2 bis Punkt 4 mit zwölf Monaten ab Rechtskraft des Bescheides festgesetzt; im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass der Auftrag Punkt 1) lautet wie folgt:
'1) Die grundfeuchten Mauern des Kabinettes (stirnseitige und rechtsseitige Umfassungsmauer), des Wohnzimmers (fensterseitige Umfassungsmauer) und des Schlafzimmers (fensterseitige Umfassungsmauer) der im Parterre liegenden Wohnung Tür Nr. 2 sind wirksam trockenlegen zu lassen.'"
Soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich, wurde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausgeführt, Wohnung Top Nr. 2 liege im Parterre und sei unterkellert; sie werde von einer erwachsenen Person und zwei Kleinkindern bewohnt. Im Kabinett nächst der Küche weise die Wohnung an der stirnseitigen und rechtsseitigen Umfassungsmauer eine aufsteigende Grundfeuchtigkeit bis zu einer Höhe von 90 cm auf. An der fensterseitigen Umfassungsmauer im Wohnzimmer sei ebenfalls eine durchgehende aufsteigende Grundfeuchtigkeit bis zu 30 cm festgestellt worden. Die fensterseitige Umfassungsmauer im Schlafzimmer strahle Kälte ab, obwohl der Raum als gut beheizt bezeichnet werden könne. Auf Grund der zum Zeitpunkt der Erhebung am 24. März 1999 wahrgenommenen aufsteigenden Grundfeuchtigkeit könne diese Wohnung als gesundheitsschädlich bezeichnet werden. Die fensterseitige Umfassungsmauer im Schlafzimmer weise ebenfalls eine aufsteigende Grundfeuchtigkeit bis zu einer Höhe von 1 m auf. Sämtliche Wände, die von aufsteigender Grundfeuchtigkeit befallen seien, zeigten grobe Verputzschäden. Die äußeren Fensterflügel der Küche seien schadhaft, schlössen nicht mehr dicht und ließen sich nicht leicht öffnen. Die Beschwerdeführerin habe in ihrer Berufung die festgestellte Feuchtigkeit an den angeführten Mauern sowie die Verputzschäden und die Schäden an den äußeren Fensterflügeln in der Küche der Wohnung Top Nr. 2 nicht bestritten. Unbestritten sei auch geblieben, dass die Verputzschäden und die Schäden an den äußeren Fensterflügeln Baugebrechen im Sinne der Bauordnung für Wien darstellten. Zum Vorbringen in der Berufung, bei der festgestellten Feuchtigkeit in der Wohnung Top Nr. 2 handle es sich um kein Baugebrechen, habe der von der Berufungsbehörde beigezogene bautechnische Amtssachverständige in seinem Gutachten ausgeführt:
"Es handelt sich aus folgenden Gründen um aufsteigende Grundfeuchtigkeit:
Die Feuchtigkeit ist sichtbar von der Fußbodenoberkante aus aufsteigend, in den betroffenen Räumen ist die Außenwand bis zu einer Höhe von ca. 1 m durchfeuchtet.
Wenn bei Trennwänden die Nässe auf beiden Verputzflächen sichtbar ist, kann es sich nur um aufsteigende Grundfeuchtigkeit handeln.
Es handelt sich aus folgenden Gründen nicht um "falsches Wohnverhalten":
Ist die Luft bereits mit Wasser gesättigt und kann die Feuchtigkeit nicht mehr verdunsten, so schlägt sich die Feuchtigkeit besonders an den kühlen Stellen in der Wohnung in Form von Wasser nieder; besonders in den oberen Raumecken rund um das Fenster, in den Glasscheiben und an anderen exponierten Bauteilen.
Ein solches Wohnverhalten konnte bei den diversen Erhebungen und der Augenscheinsverhandlung nicht festgestellt werden.
Würden die durchfeuchteten Zwischen- und Außenwände nicht wirksam trockengelegt, hätte dies zur Folge, dass der Innen- und Außenverputz sich vom Mauerwerk löst und der Verputz würde unweigerlich abfallen. Dadurch kann eine Gefahr für das Leben, die Gesundheit oder die körperliche Sicherheit von Menschen herbeigeführt oder vergrößert werden. Die Beseitigung des Baugebrechens liegt daher im öffentlichen Interesse.
..."
Die Beschwerdeführerin sei diesen Ausführungen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Die von ihr in ihrer Äußerung vorgelegten gutachtlichen Stellungnahmen enthielten in keiner Weise eine Aussage darüber, dass die anlässlich der Ortsaugenscheinsverhandlung am 24. März 1999 festgestellte Mauerfeuchtigkeit nicht auf aufsteigende Grundfeuchtigkeit zurückzuführen wäre. Für die Qualifikation eines Schadens als Baugebrechen sei grundsätzlich ohne Bedeutung, worauf die Feuchtigkeit zurückzuführen ist. Für die Beurteilung, ob eine Wohnung gesundheitsschädlich sei, sei nicht von Bedeutung, ob Gesundheitsschäden tatsächlich eingetreten sind, sondern ob die objektiven Merkmale gegeben sind, die dafür sprechen, dass eine Gesundheitsschädigung auftreten könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem Recht auf Unterbleiben unnötiger und existenzgefährdender Bauaufträge verletzt". Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Baubehörden stützen den der Beschwerdeführerin erteilten Bauauftrag auf § 129 Abs. 2 und 4 der Bauordnung für Wien. Nach dieser Gesetzesstelle hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass die Gebäude und die baulichen Anlagen (Gärten, Hofanlagen, Einfriedungen und dgl.) in gutem, der Baubewilligung und den Vorschriften dieser Bauordnung entsprechendem Zustand erhalten werden. Gemäß Abs. 4 dieser Gesetzesstelle hat die Behörde nötigenfalls den Eigentümer (Miteigentümer) zur Behebung von Baugebrechen unter Gewährung einer angemessenen Frist zu verhalten; sie verfügt die aus öffentlichen Rücksichten notwendige Beseitigung von Baugebrechen und ordnet die erforderlichen Sicherungsmaßnahmen an.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein Baugebrechen dann vor, wenn sich der Zustand der Baulichkeit derart verschlechtert, dass dadurch öffentliche Interessen berührt werden. Als Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, die ein Einschreiten der Baubehörde rechtfertigt, sind die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit und die gröbliche Störung der architektonischen Schönheit des Stadtbildes anzusehen. Insbesonders hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass als Baugebrechen, dessen Beseitigung dem Hauseigentümer aufgetragen werden kann, auch eine gesundheitsschädliche Wanddurchfeuchtung anzusehen ist. Darauf, ob das Auftreten der Feuchtigkeit auf eine nicht ausreichende Isolierung anlässlich der Erbauung des Hauses oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist, kommt es dabei nicht an (vgl. hiezu die bei Geuder-Hauer, Wiener Bauvorschriften, 3. Auflage, S. 555 ff, zu § 129 BO wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass der Amtssachverständige in seinem Gutachten ohne Zuhilfenahme technischer Geräte eine vorliegende aufsteigende Grundfeuchtigkeit festgestellt habe. Auch der Sachverständige aus dem Gesundheitswesen spreche von einer Gesundheitsgefährdung, ohne technische Hilfsmittel zu benutzen. Die Beschwerdeführerin habe die Durchführung einer Feuchtigkeitsmessung begehrt. Eine Restfeuchte müsse bestimmt werden, um überhaupt eine Aussage darüber treffen zu können, inwieweit eine Schimmelbildung denkbar sei. Bei der Wohnung Top Nr. 2 sei im Jahre 1996 eine Vertikaldurchtrennung der Mauer erfolgt. Dem Sachverständigen hätte bekannt sein müssen, dass es unmittelbar über der Feuchtigkeitssperre zu einer vorläufigen Feuchtigkeitskonzentration kommen könne. Das Ergebnis der Trockenlegung im Jahre 1996 erfülle die Voraussetzungen der ÖNORM B 3355.
Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Beschwerdeführerin von den fachkundigen und schlüssigen Ausführungen des von der belangten Behörde beigezogenen Sachverständigen. Auch mit ihrem Hinweis auf das Schreiben der T & T Ziviltechniker Ges.m.b.H. vom 20. Juli 1999, auf welches die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausdrücklich Bezug genommen hat, ergibt sich nichts Gegenteiliges. Vielmehr wird in diesem Schreiben ebenfalls auf auftretende Feuchtigkeitsbelastungen Bezug genommen, welche offensichtlich auf eine nicht hundertprozentig wirksame Feuchtigkeitshorizontalsperre zurückzuführen sind. Der Amtssachverständige hat schlüssig begründet ausgeführt, warum im Beschwerdefall von einer aufsteigenden Grundfeuchtigkeit auszugehen ist. Weiterer Beweisaufnahmen bedurfte es daher nicht. Wenn die Beschwerdeführerin auf eine bereits durchgeführte Trockenlegung im Jahre 1996 hinweist, ist hiezu auszuführen, dass bei ordnungsgemäßer Durchführung einer Trockenlegung Baugebrechen der von der belangten Behörde festgestellten Art nicht auftreten dürften.
Der Amtssachverständige hat in seinem Gutachten auch näher begründet ausgeführt, warum die herabfallenden Verputzteile zu beseitigen und die festgestellten Verputzschäden im öffentlichen Interesse zu beheben sind. Die Behauptung, diese Ausführungen seien für die Beschwerdeführerin überraschend gewesen, widerspricht der Aktenlage, weil dieses Gutachten der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden ist und sie in ihrer Stellungnahme hiezu keine Ausführungen gemacht hat.
Steht fest, dass Feuchtigkeitsschäden der hier zu beurteilenden Art vorliegen, vermag der Verwaltungsgerichtshof keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zu erkennen, wenn die belangte Behörde - gestützt auf ein begründetes Gutachten eines medizinischen Sachverständigen - zum Schluss gekommen ist, dass gesundheitsschädliche Baugebrechen vorliegen, weil es darauf ankommt, dass eine Gesundheitsschädigung auftreten kann. Ob die Gesundheitsschäden bereits tatsächlich eingetreten sind, ist hiebei nicht von Bedeutung.
Wenn schließlich die Beschwerdeführerin ausführt, der festgestellte Feuchtigkeitsgehalt entspreche dem Baualter des Gebäudes, ist ihr zu entgegnen, dass es für die Feststellung, es liege eine gesundheitsschädliche Wanddurchfeuchtung und damit ein Baugebrechen vor, nicht darauf ankommt, ob das Auftreten der Feuchtigkeit auf eine nicht ausreichende Isolierung anlässlich der Erbauung des Hauses oder auf andere Ursachen zurückzuführen ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Oktober 1964, Slg. Nr. 6467/A).
Die Beschwerdeführerin vermag daher insgesamt eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 26. April 2000
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