VwGH 99/03/0318

VwGH99/03/031826.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des H E in B, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid der Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom 18. Februar 1999, zusammengefasst mit einem Bescheid des Einzelmitgliedes in einer gemeinsamen Ausfertigung, Zlen. UVS-3/10.455/11-1999, UVS-28/10.097/10-1999, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;
Verwendungsrichtlinien Atemalkoholanalysegeräte BMI 1990;
AVG §52;
StVO 1960 §5 Abs1;
Verwendungsrichtlinien Atemalkoholanalysegeräte BMI 1990;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid der Kammer wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 15.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) bestraft, weil er am 15. Mai 1998 um 0.45 Uhr einen nach dem Kennzeichen bestimmten Pkw an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Bürmoos in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand "(0,81 mg/l)" gelenkt habe. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass beim Beschwerdeführer um 00.50 Uhr und 00.52 Uhr Atemluftuntersuchungen mit einem Alkomaten durchgeführt worden seien, die einen Atemluftalkoholgehalt von 0,81 mg/l ergeben hätten. Der Beschwerdeführer habe innerhalb von 15 Minuten vor der ersten Alkomatmessung keinen Alkohol konsumiert. Hinsichtlich des von ihm vorgebrachten Umstandes, dass er "während der Fahrt" (also knapp vor der Anhaltung um 00.45 Uhr) eine Zigarette geraucht habe, sei festzuhalten, dass nach den schlüssigen Ausführungen des beigezogenen ärztlichen Sachverständigen in Anbetracht der spezifischen Messmethode des Alkomaten eine Beeinflussung des Messergebnisses durch Zigarettenrauch nicht möglich gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid der Kammer erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 728/99, ab und trat sie mit dem weiteren Beschluss vom 23. Juli 1999 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 (in der Fassung der 19. Novelle, BGBl. Nr. 518/1994) gilt bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8%o) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.

Gemäß § 5 Abs. 3 leg. cit. ist die Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mit einem Gerät vorzunehmen, dass den Alkoholgehalt der Atemluft misst und entsprechend anzeigt (Alkomat).

Im Beschwerdefall wurde die Untersuchung der Atemluft des Beschwerdeführers mit einem von der Siemens AG hergestellten Atemalkoholmessgerät der Bauart M52052/A15 gemessen. Diese Geräte wurden vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen mit der Zulassung Zl. 41 483/90 vom 27. Juni 1990 ausnahmsweise und probeweise zur Eichung zugelassen. Gemäß Abschnitt F Z. 5 dieser Zulassung ist das Messgerät laut den in der Betriebsanleitung festgelegten Bestimmungen zu bedienen und zu verwenden. Abschnitt G Z. 1 lautet:

"Eine Bestimmung der Atemalkoholkonzentration ist nur dann zulässig, wenn sichergestellt ist, dass die Testperson in einer Zeitspanne von mindestens 15 Minuten keine Flüssigkeiten, Nahrungs- oder Genussmittel, Medikamente oder dergleichen zu sich genommen hat."

Nach der Betriebsanleitung der Siemens AG für den ALCOMAT 52052/A15 (abgedruckt in Messiner, StVO9, 1399 ff), ist immer sicherzustellen, dass der Proband 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung vom Exekutivorgan beobachtet wird. In dieser Zeit darf der Proband keine Speisen, Getränke oder Medikamente zu sich nehmen. Auch die Verwendung von Mundsprays oder Rauchen sind zu unterbinden (Punkt 3.1 lit. d letzter Absatz). In Punkt 4.1.3 (Durchführung der Atemalkoholbestimmung - Bedienungsablauf) heißt es:

"3. Proband 15 Minuten vom Anhaltezeitpunkt beobachten, keine Nahrungs- oder Getränkeaufnahme, Mundsprays, Medikamente, Rauchen usw.

Atmung beobachten, Hyperventilation (Hechelatmung) unterbinden."

Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. die Erkenntnisse vom 25. Juni 1999, Zl. 99/02/0074, und vom 26. Mai 1999, Zl. 96/03/0056, und viele andere) ist für das Zustandekommen eines gültigen, nicht verfälschten Messergebnisses die Einhaltung der Betriebsanleitung des Messgerätes erforderlich. Dies bedeutet allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht, dass der Proband auf jeden Fall während des Zeitraumes von 15 Minuten vor Beginn der ersten Messung vom Exekutivorgan beobachtet werden muss; maßgebend ist vielmehr, dass er während dieser Zeit die in der Zulassung durch das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen und in der Betriebsanleitung angeführten Handlungen, die zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könnten, unterlässt. Ob die Erfüllung dieser Voraussetzung im Wege der Beobachtung des Probanden durch das Exekutivorgan sichergestellt wird oder aus anderen verlässlichen Erkenntnisquellen abgeleitet werden kann, ist nicht entscheidend.

Im Beschwerdefall behauptete der Beschwerdeführer, innerhalb der Wartefrist von 15 Minuten, nämlich unmittelbar vor Antritt der nur wenige 100 m langen Fahrt mit dem Pkw, in einer Imbissstube Alkohol konsumiert zu haben, und berief sich diesbezüglich unter anderem auf die Vernehmung des Zeugen Hermann Demel. Die belangte Behörde nahm von der Vernehmung dieses Zeugen Abstand und führte in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass zwei vom Beschwerdeführer benannte Entlastungszeugen angegeben hätten, dass der Beschwerdeführer zumindest 10 - 15 Minuten vor Verlassen der Imbissstube nichts mehr getrunken habe. Überdies ergebe sich aus der glaubwürdigen Aussage des Meldungslegers, dass der Beschwerdeführer anlässlich der Amtshandlung das Trinkende mit 00.30 Uhr angegeben habe. Für die belangte Behörde bestünden keinerlei Gründe, an den glaubwürdigen Angaben der einvernommenen Zeugen zu zweifeln. Diese Begründung enthält keine taugliche Rechtfertigung für die Abstandnahme von der Vernehmung des vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen Hermann Demel. Dem auf die Vernehmung dieses Zeugen gerichteten Beweisantrag ist nicht von vornherein die Eignung abzusprechen, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern. Zur Gewinnung eines vollständigen und verlässlichen Bildes vom maßgeblichen Sachverhalt hätte es daher auch der Vernehmung dieses Zeugen bedurft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 97/03/0379).

Was das vom Beschwerdeführer behauptete Rauchen während der Wartezeit von 15 Minuten anlangt, so ging die belangte Behörde auf Grund des von ihr eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens davon aus, dass eine Verfälschung des Messergebnisses durch das vom Beschwerdeführer behauptete Rauchen einer Zigarette nicht möglich gewesen sei. Dem liegt die hg. Rechtsprechung zugrunde, dass auch bei Nichteinhaltung der erforderlichen Wartefrist das Zustandekommen eines gültigen Messergebnisses angenommen werden kann, wenn diese Annahme aus fachlichen Gründen zulässig ist (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse). Für letzteres bietet jedoch das von der belangten Behörde herangezogene medizinische Sachverständigengutachten keine zureichende Grundlage. Der Sachverständige kam zum Ergebnis, dass, "da es sich beim Alkomaten um eine Messung in Form der Infrarotabsortionsspektrumetrie handle, wobei die Atemluft bei einer charakteristischen Wellenlänge von 9,4 Mikrometer gemessen wird und bei dieser Wellenlänge nur von Ethylalkohol eine

Abschwächung erfolgt, ... eine Beeinflussung von anderen Stoffen,

die nicht dem Ethylakohol entsprechen, nicht anzunehmen" sei. Eine Beeinflussung durch Rauchen wäre dann denkbar, wenn Rauch direkt in das Gerät eingeblasen werde, da dadurch vor allem durch die Schwebeteilchen eine optische Messung nicht mehr möglich wäre. Nach dieser offenbar ausschließlich auf medizinische Sicht gestützten Beurteilung hat Rauchen innerhalb der Wartefrist nur dann Einfluss auf den Messvorgang, wenn der Rauch direkt in das Gerät geblasen wird, wodurch "eine optische Messung nicht mehr möglich wäre", es also überhaupt zu keinem Messergebnis kommen kann. Damit wird jedoch negiert, dass Rauchen auch zu einer Verfälschung des Messergebnisses führen könne. Dieses Ergebnis steht aber in Widerspruch zur Betriebsanleitung, liefert es doch keinen Grund dafür, das Rauchen während der Wartefrist generell zu unterbinden. Zur verlässlichen Abklärung der Frage des Einflusses des vom Beschwerdeführer behaupteten Rauchens während der Wartefrist auf das im Beschwerdefall erzielte Messergebnis hätte es daher auch der Beiziehung eines messtechnischen Sachverständigen (wie etwa in dem dem hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1995, Zl. 95/02/0490, zugrundeliegenden Beschwerdefall) bedurft.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Dem Beschwerdeführer gebührt auch der Ersatz der von ihm entrichteten Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. Juli 1999, Zl. 99/16/0182).

Wien, am 26. Jänner 2000

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