VwGH 98/18/0303

VwGH98/18/030321.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde der D D, (geb. 10.9.1970), in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Eisserer, Rechtsanwalt in 1180 Wien, Jörgerstraße 14, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 10. August 1998, Zl. SD 391/98, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §33;
FrG 1997 §34;
AufG 1992;
FrG 1997 §23 Abs1;
FrG 1997 §33;
FrG 1997 §34;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 10. August 1998 wurde die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Die Beschwerdeführerin sei im Mai 1991 sichtsvermerksfrei nach Österreich gekommen und habe im Juli 1991 nach Vorlage einer Verpflichtungserklärung einen Sichtvermerk bis Jänner 1992 erhalten. Nach einem illegalen Aufenthalt von einem Monat und Bestrafung habe sie dann wieder nach Vorlage einer Verpflichtungserklärung einen Sichtvermerk bis Juli 1992 erhalten. Der darauf folgende Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet bis Mai 1993 sei illegal gewesen, sie sei mit S 2.000,-- wegen unerlaubten Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden. Anschließend habe die Beschwerdeführerin einen Sichtvermerk bis 10. Dezember 1993 und eine Aufenthaltsbewilligung mit dem Zweck "unselbstständiger Erwerb" bis 11. Dezember 1994 erhalten.

Ein erst dreieinhalb Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der zuletzt genannten Aufenthaltsbewilligung gestellter Verlängerungsantrag - die Beschwerdeführerin habe damals keine Beschäftigungsbewilligung besessen - sei in beiden Instanzen, zuletzt vom Bundesminister für Inneres mit Bescheid vom 20. Juli 1995, abgewiesen worden. Wegen illegalen Aufenthalts in der Dauer von mehr als neun Monaten sei die Beschwerdeführerin im September 1995 mit S 2.000,-- rechtskräftig bestraft worden. Im März 1996 habe die Beschwerdeführerin einen jugoslawischen Staatsangehörigen mit Aufenthaltsberechtigung und Beschäftigungsbewilligung in Österreich geheiratet und habe so anschließend einen "Inlands-Erstantrag" stellen können. Dieser Antrag sei vom Landeshauptmann für Wien mit Bescheid vom 19. September 1996 abgewiesen worden, weil die Beschwerdeführerin im Jahr 1995 acht Monate lang einer unselbstständigen Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung nachgegangen sei, und sich seit eineinhalb Jahren unerlaubt im Bundesgebiet aufgehalten habe. Die Beschwerdeführerin sei aber ungeachtet des bereits im Jahr 1996 eingeleiteten Ausweisungsverfahrens im Bundesgebiet geblieben und habe im August 1997 neuerlich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt.

Nachdem bereits in den Jahren 1993 bzw. 1996 Anzeigen wegen vorsätzlicher Körperverletzung bzw. Ladendiebstahls gegen die Beschwerdeführerin erstattet worden seien, sei diese am 20. Oktober 1997 vom Bezirksgericht Fünfhaus wegen vorsätzlicher Körperverletzung und versuchten Diebstahls in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 60 Tagsätzen rechtskräftig verurteilt worden. Die Beschwerdeführerin befinde sich unbestrittenermaßen seit dreieinhalb Jahren illegal im Bundesgebiet und habe das Bundesgebiet trotz Bestrafung, trotz abweisender Bescheide und des längst eingeleiteten Ausweisungsverfahrens nicht verlassen. Gegen sie könne daher gemäß § 33 Abs. 1 FrG die Ausweisung verfügt werden, sofern dem nicht § 37 FrG oder Bestimmungen über die Aufenthaltsverfestigung entgegenstünden.

Mit der Ausweisung sei zweifellos ein Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin verbunden, weil sie seit längerer Zeit im Bundesgebiet lebe und auch ihr Ehegatte, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, und das gemeinsame zweieinhalbjährige Kind im Bundesgebiet aufhältig seien. Der Eingriff im Sinn des § 37 Abs 1 FrG sei aber angesichts des langen beharrlichen rechtswidrigen Aufenthaltes und unter Berücksichtigung mehrerer strafbarer Handlungen, derentwegen die Beschwerdeführerin verurteilt worden sei, dringend geboten, und die belangte Behörde habe sich auch im Rahmen des Ermessens nicht dazu entschließen können, der Berufung Folge zu geben.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Unstrittig ist, dass die Beschwerdeführerin im August 1997 - als sie nicht im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung war - einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hat.

Da die Beschwerdeführerin auf dem Boden der Feststellungen im angefochtenen Bescheid nach Ablauf der ihr erteilten Aufenthaltsbewilligung im Bundesgebiet niedergelassen blieb (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. März 1999, Zlen. 98/19/0195, 0196), ist das Verfahren über ihren Antrag vom August 1997 - ungeachtet ihres rechtswidrigen Aufenthaltes - als solches auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 99/18/0450). Die Ausweisung von Fremden, die sich während eines Verfahrens zur Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels - gleichgültig ob rechtmäßig oder unrechtmäßig - im Bundesgebiet aufhalten, ist aber abschließend in § 34 FrG geregelt, weshalb die Ausweisung solcher Personen gemäß § 33 leg. cit. nicht in Betracht kommt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2000, Zl. 99/18/0436). Die von der belangten Behörde auf diese Bestimmung gestützte Ausweisung entspricht daher nicht der Rechtslage.

2. Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. September 2000

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