Normen
EStG 1988 §37 Abs2 Z3;
EStG 1988 §37;
EStG 1988 §37 Abs2 Z3;
EStG 1988 §37;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Universitätsprofessor und seit dem Jahre 1991 Leiter des H.-instituts. In der Einkommensteuererklärung für 1993 beantragte er die Steuerbegünstigung nach § 37 EStG für einen Übergangsgewinn in Höhe von S 2,865.835,--.
Im Bericht über eine abgabenbehördliche Prüfung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer erbringe als Leiter des H.-instituts Leistungen gegenüber Spitälern, Wasserwerken, Gemeinden, Krankenkassen etc. Vor dem Jahre 1991 sei der Beschwerdeführer selbst nur Subunternehmer gewesen und habe als solcher Leistungen für seinen Vorgänger erbracht. Die Struktur des Unternehmens habe sich im Jahre 1991 geändert, als er die Leitung des H.-instituts übernahm. Seit diesem Jahr trete der Beschwerdeführer als Institutsvorstand gegenüber der Krankenkasse, mit der er seit diesem Zeitpunkt einen Vertrag habe, gegenüber Gemeinden, Wasserwerken und den anderen Kunden als Unternehmer, der nach dem Universitätsorganisationsgesetz selbst Rechnungen ausstellen dürfe, auf. Ihm nachgeordnet seien neben dem H.-institut, das für ihn Leistungen erbringe, diverse Subunternehmer.
Weiters wurde im Prüfungsbericht ausgeführt, beim Übergang von der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG auf jene nach § 4 Abs 1 EStG seien Anzahlungen in Höhe von S 2,562.399,21 enthalten. Diese Anzahlung sei am 22. Dezember 1992 in Höhe von S 3,100.000,-- an das H.-institut geleistet worden und bis zum 31. Dezember 1992 um S 537.600,79 berichtigt worden. Die Anzahlung sei in den Monaten Jänner bis Mai 1993 aufgelöst worden. Der Übergangsgewinn beziehe sich im Wesentlichen auf diese Anzahlung sowie auf Forderungen, die auf der für einen Freiberufler typischen Leistungsverrechnung des vierten Quartals und der erst im Folgejahr erfolgten Bezahlung beruhten. Der Übergangsgewinn sei somit nicht das Ergebnis einer mehrjährigen Tätigkeit, sodass das Merkmal der Außerordentlichkeit nicht gegeben sei.
Nach einer Wiederaufnahme des Verfahrens erließ das Finanzamt dem Prüfungsbericht folgend einen berichtigten Einkommensteuerbescheid für 1993.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wurde unter anderem die Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 37 EStG auf den Übergangsgewinn beantragt. In der Begründung wurde ausgeführt, das H.-institut erbringe die Leistungen gegenüber dem Beschwerdeführer und dieser verrechne die vom Institut "zugekauften" Leistungen an Spitäler, Wasserwerke, Gemeinden, Krankenkassen etc. Er sei nämlich als Hochschullehrer (und nicht als Institutsvorstand) berechtigt, Privatgutachten zu erstellen. Dies habe er auch schon vor dem Ausscheiden seines Vorgängers, wenn auch in geringerem Maße praktiziert. Im H.-institut sei Ende 1992 ein Geldbedarf für die Anschaffung und Bevorratung von Arzneimitteln und Geräten gegeben gewesen. Da die Budgetgestaltung der Spitäler unbeweglich und langsam sei, habe sich der Beschwerdeführer bereit erklärt, durch Leistung einer Vorauszahlung diese Ausgaben noch im Jahre 1992 zu ermöglichen. Der Beschwerdeführer sei seit dem Jahre 1976 als Facharzt tätig gewesen. Die Kassenhonorare seien zur Gänze an das Institut abgeführt worden, da der Hauptverband der Sozialversicherungsträger Verträge nur mit natürlichen Personen abschließe. Die Kassenhonorare seien daher nur Durchläufer gewesen. Der Beschwerdeführer habe allerdings seine ärztliche Tätigkeit seit 1991 durch Übernahme von Aufträgen für Gutachten wesentlich erweitern können.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung hinsichtlich der Anwendung des begünstigten Steuersatzes keine Folge gegeben. Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, es sei im Streitfall eine Zusammenballung von Einkünften, die in mehreren Wirtschaftsperioden zu erfassen gewesen wären, nicht gegeben. Das (für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes nach § 37 EStG erforderliche) Merkmal der Außerordentlichkeit liege daher nicht vor. Weiters war die belangte Behörde der Meinung, dass die Gewinnermittlungsart vom Beschwerdeführer vor dem Wechsel nicht durch sieben Jahre beibehalten worden sei. Mit der Übernahme der Leitung des H.-instituts sei eine Änderung der Unternehmensstruktur eingetreten. Auch wenn der Beschwerdeführer bereits früher als Facharzt, als Universitätsprofessor und auch als Gutachter tätig gewesen sei, habe diese Art der Tätigkeit einen anderen Aufgabenbereich betroffen. Auch die gutachterliche Tätigkeit sei auf einer anderen Basis ausgeübt worden. Es sei daher von einer Wesensänderung der Tätigkeit auszugehen. Der Beschwerdeführer habe die Anzahlung an das Institut nur in seiner Eigenschaft als Institutsvorstand geleistet. Zu Zahlungen dieser Art wäre es sicher nicht gekommen, wenn der Beschwerdeführer "einfacher" Mitarbeiter gewesen wäre. Es sei auch in den Vorjahren eine solche Anzahlung nicht erfolgt. Es liege daher eine seit mehr als sieben Jahren ausgeübte gleichgelagerte Tätigkeit nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 37 Abs 2 Z 3 EStG 1988 in der für 1993 geltenden Fassung sind außerordentliche Einkünfte - für die sich nach Abs 1 dieser Gesetzesstelle der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssteuersatzes ermäßigt - Gewinne, die infolge eines Wechsels der Gewinnermittlungsart entstehen, wenn der Steuerpflichtige überdies im Falle eines freiwilligen Wechsels die Gewinnermittlungsart mindestens sieben Jahre beibehalten hat.
Im jüngst ergangenen Erkenntnis vom 2. Februar 2000, Zl 98/13/0164 - auf dessen Entscheidungsgründe im Sinne des § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird - , hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 37 EStG 1988 in der hier maßgeblichen Fassung die Auffassung vertreten, dass die "Außerordentlichkeit" der begünstigten Einkünfte - in Anlehnung an die Rechtsprechung über den Zweck der Vorgängerbestimmungen - durch die Festlegung von Sperrfristen im Gesetz selbst abschließend geregelt wurde. Dass der Gesetzgeber über die im EStG 1988 die Außerordentlichkeit durch diese Sperrfristen definierenden Voraussetzungen des ermäßigten Steuersatzes hinaus im Bereich der Besteuerung eines Übergangsgewinnes noch weitere Umstände in dem von der belangten Behörde gemeinten Sinne verwirklicht wissen wolle, könne dem Gesetz nicht entnommen werden. Insbesondere komme es nicht darauf an, dass es im Übergangszeitpunkt zu einer Zusammenballung von Forderungen aus mehreren Jahren gekommen sein müsse. Auch sei nicht von Bedeutung, wann die im Übergangszeitpunkt bestandenen Forderungen beglichen worden sind. Da die belangte Behörde demgegenüber den begünstigten Steuersatz deswegen nicht zugebilligt hat, weil ihrer Auffassung nach im Beschwerdefall eine Zusammenballung von Einkünften, die in mehreren Wirtschaftsperioden zu erfassen gewesen wären, nicht vorlag, hat sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
Die belangte Behörde vertrat im Beschwerdefall weiters die Auffassung, die Voraussetzung für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes sei deswegen nicht erfüllt, weil die Gewinnermittlungsart nicht mindestens sieben Jahre beibehalten worden sei. Vielmehr sei (mit der Übernahme des Vorstandspostens des H.-instituts im Jahre 1991) eine Änderung der Unternehmensstruktur eingetreten und es sei daher von einer Wesensänderung der Tätigkeit auszugehen. Auch wenn der Beschwerdeführer bereits früher als Facharzt, Universitätsprofessor und als Gutachter tätig gewesen sei, so habe diese Art der Tätigkeit einen anderen Aufgabenbereich betroffen. Die gutachterliche Tätigkeit sei vordem auf einer anderen Basis, nämlich als Privatgutachter oder als Subunternehmer für den ehemaligen Institutsleiter ausgeübt worden.
Die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen reichen aber nicht aus, um im Zeitpunkt der Übernahme der Institutsleitung durch den Beschwerdeführer tatsächlich die Beendigung der bisherigen Tätigkeit als Gutachter und die Aufnahme einer neuen Tätigkeit als von der bisherigen Tätigkeit zu unterscheidenden Betrieb annehmen zu können. Insbesondere liegen keine eindeutigen Feststellungen darüber vor, welcher Personenkreis vor und nach der Übernahme der Institutsleitung tatsächlich als Auftraggeber des Beschwerdeführers aufgetreten ist. Die bloße Änderung der Unternehmensstruktur, wie sie die umfängliche Ausweitung der Tätigkeit nach sich zog, bedeutet dabei noch nicht, dass ein neuer Betrieb begründet worden ist. Mit der Unterlassung diesbezüglicher Feststellungen hat die belangte Behörde aber Verfahrensvorschriften verletzt, bei deren Einhaltung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.
Da die inhaltliche Rechtswidrigkeit gegenüber der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Aus verfahrensökonomischen Gründen wird für das fortgesetzte Verfahren darauf hingewiesen, dass die (den Bescheidspruch an sich nicht tragenden) Ausführungen des angefochtenen Bescheides über die am 22. Dezember 1992 geleistete Anzahlung nicht deutlich erkennen lassen, ob die belangte Behörde hinsichtlich dieses Betrages die Zugehörigkeit zum notwendigen Betriebsvermögen des Beschwerdeführers annahm oder nicht, zumal in der Berufung diese Zahlung nur mit Finanzbedarf des Institutes, nicht aber mit den Erfordernissen der gutachterlichen Tätigkeit begründet wurde.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 2000
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