VwGH 98/08/0118

VwGH98/08/011823.2.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des K in H, vertreten durch Dr. Christoph Brenner und Dr. Alexander Riel, Rechtsanwälte in 3500 Krems, Utzstraße 7, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 16. März 1998, Zl. LGS NÖ/JUR/12181/1998, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Normen

AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;
GmbHG §15;
AlVG 1977 §12 Abs1;
AlVG 1977 §24 Abs2;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AlVG 1977 §46;
GmbHG §15;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes für den Beschwerdeführer vom 1. Mai 1997 bis 31. Oktober 1997 widerrufen und das unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld zurückgefordert.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach auszugsweiser Zitierung der angewendeten Gesetzesbestimmungen und Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, der Beschwerdeführer habe am 30. April 1997 bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice den Antrag auf Zuerkennung des Arbeitslosengeldes gestellt. In diesem Antrag habe er als Beruf "Geschäftsführer" angegeben. Die Frage 4. des Antrages, in welchem nach einer derzeitigen Beschäftigung gefragt werde, wobei bei Art der Tätigkeit im Klammerausdruck u.a. auch Geschäftsführer angeführt ist, sei vom Beschwerdeführer verneint worden. Aus der vorgelegten Arbeitsbescheinigung vom 6. Mai 1997 gehe hervor, dass der Beschwerdeführer vom 30. Dezember 1993 bis 30. April 1997 bei der SBZ-Schulbedarfhandelsges.m.b.H. beschäftigt gewesen sei. Eine Berufsbezeichnung sei in dieser Arbeitsbescheinigung nicht enthalten.

Eine Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger vom 6. Mai 1997 habe zunächst ergeben, dass der Beschwerdeführer unmittelbar im Anschluss an die Beendigung des Vollbeschäftigungsverhältnisses bei der genannten

Gesellschaft m.b.H. (beim selben Dienstgeber) ab 1. Mai 1997 als geringfügig beschäftigt gemeldet sei. In einer am 12. Mai 1997 neuerlich durchgeführten Anfrage sei dieses geringfügige Dienstverhältnis nicht mehr aufgeschienen, sondern lediglich das Ende des Vollbeschäftigungsverhältnisses mit 30. April 1997. Aus diesem Grunde sei dem Beschwerdeführer das Arbeitslosengeld ab 1. Mai 1997 zuerkannt und zur Anweisung gebracht worden. In weiterer Folge seien bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice monatlich im Nachhinein Arbeitsbescheinigungen eingelangt, wonach der Beschwerdeführer ab 2. Juni 1997 laufend als Geschäftsführer bei der SBZ-Schulbedarfhandelsges.m.b.H. einer geringfügig entlohnten Beschäftigung nachgehe. Eine Anfrage an die Versicherungsdatei des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger am 11. November 1997 habe ergeben, dass ab 2. Juni 1997 "strittige Versicherungszeichen" gespeichert seien. Aus dem eingeholten Firmenbuchauszug sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer die SBZ-Schulbedarfhandelsges.m.b.H. seit 13. November 1987 selbstständig vertrete. Darüber hinaus sei er an diesem Unternehmen mit einer Stammeinlage beteiligt. Weiters sei die Ehefrau des Beschwerdeführers und G.S. an diesem Unternehmen beteiligt. Die Auszahlung des Arbeitslosengeldes sei mit 1. November 1997 eingestellt worden.

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, primäre Voraussetzung für den Anspruch auf Arbeitslosengeld sei die Arbeitslosigkeit. Diese setze die Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG voraus. Durch die Bestellung zum Geschäftsführer würden die körperschaftsrechtlichen Funktionen des Geschäftsführers mit den damit verbundenen Rechten und Pflichten begründet. Der Anstellungsvertrag regle die zusätzlich, rein schuldrechtlichen Beziehung im Innenverhältnis zur Gesellschaft. Grundsätzlich hätten das Anstellungs- und Organverhältnis ein und dieselbe Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers zum Gegenstand. Aus diesen Gründen bewirke die bloße Beendigung des Anstellungsverhältnisses mit 30. April 1997 alleine nicht die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 93/08/0138). Der Beschwerdeführer sei daher im genannten Zeitraum nicht arbeitslos gewesen und sei die Zuerkennung des Arbeitslosengeldes zu widerrufen gewesen.

Zur Rückforderung sei auszuführen, dass die Behörde erst durch die Angabe im Antragsformular in die Lage versetzt werde, zu prüfen, ob ein Anspruch besteht. Da der Beschwerdeführer in seinem Antrag vom 30. April 1997 die im Punkt 4 angeführte Frage nach einer derzeitigen Beschäftigung, wobei beispielshaft auch "Geschäftsführer" angeführt sei, verneint habe, liege der Tatbestand der Verschweigung maßgebender Tatsachen vor. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer auf der ersten Seite des Antrages bei Beruf "Geschäftsführer" angegeben habe, könne daran nichts ändern.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Soweit in der Beschwerde die Ausführungen im Bescheid der Behörde erster Instanz bekämpft werden, ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass der Bescheid der Behörde erster Instanz nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sein kann und auch nicht ist. Auf diese Ausführungen ist daher nicht weiter einzugehen.

Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde vor, sie habe im angefochtenen Bescheid verschwiegen, warum eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im konkreten Fall nicht vorliegen solle.

Damit verkennt der Beschwerdeführer aus folgenden Gründen die Ausführungen der belangten Behörde im Rahmen ihrer rechtlichen Erwägungen (Seite 3/5):

Der Beschwerdeführer bezeichnet zwar die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Rechtsansicht, "dass die bloße Beendigung des Angestelltenverhältnisses mit 30. April 1997 alleine nicht die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG bewirken kann", als "zutreffend"; versteht dies aber, wie die übrigen Beschwerdeausführungen erweisen, - in offensichtlicher Vermengung der beiden zu unterscheidenden Tatbestandsmerkmale des § 12 Abs. 1 AlVG - dahin, dass dies nur dann gelte, wenn nach der Beendigung des Angestelltenverhältnisses ein Tatbestand des § 12 Abs. 3 AlVG vorliege. Die bloße "Innehabung einer handelsrechtlichen Vertretungsbefugnis ohne selbstständigen Entgeltanspruch hieraus und auch ohne dass Entgelt tatsächlich auf Grund dieser Stellung bezahlt wird," lasse "noch kein Beschäftigungsverhältnis vorliegen" und - im Sinne der Beschwerdeausführungen zu ergänzen - reiche daher für den Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Dem ist nicht beizupflichten. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 30. Mai 1995, 93/08/0138, und seither in ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1998, 98/08/0181, und vom 16. Februar 1999, 96/08/0171) ausgeführt hat, setzt die "Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses" im Sinne des § 12 Abs. 1 AlVG jedenfalls voraus, dass der Vertrag und die beiderseitigen Hauptpflichten aus dem versicherungspflichtigen, anwartschaftsbegründeten Beschäftigungsverhältnis erloschen sind. Der Umstand allein, dass das Anstellungsverhältnis eines Geschäftsführers bei Fortdauer seiner Organstellung endet, bedeutet noch keinen Entfall der Hauptleistungspflicht des Geschäftsführers, gleichgültig, ob er für seine Geschäftsführertätigkeit weiterhin Entgelt erhält oder nicht. Auf die nähere Begründung der angeführten Erkenntnisse wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

Der Beschwerdeführer meint jedoch (sich insoweit gegen den Ausspruch über die Rückforderung wendend), im vorliegenden Fall könne nicht von einem Verschweigen maßgebender Tatsachen durch das Ausfüllen des Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosigkeit ausgegangen werden. Er habe völlig richtig und unter Berücksichtigung seiner handelsrechtlichen Stellung bei der SBZ Schulbedarfhandelsges.m.b.H. auf Seite 1 des Antrages seinen Beruf mit "Geschäftsführer" bezeichnet und auf die Frage 4 (derzeitige Beschäftigung) wahrheitsgemäß verneint, weil er zu diesem Zeitpunkt in keinem Beschäftigungsverhältnis gestanden sei.

Auch damit kann der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzeigen. Anders als der Beschwerdeführer meint, ist in den jeweiligen Antragsformularen in der betreffenden Rubrik nicht nach einem Anstellungsverhältnis bzw. nach einer bestimmten Rechtsform, in der ein Beschäftigungsverhältnis ausgeübt wird, gefragt, sondern nach der "Beschäftigung"; als Beispiel ist die Tätigkeit des Geschäftsführers ausdrücklich erwähnt. Die Qualifikation der Beschäftigung ist in diesem Zusammenhang vor allem deshalb ohne Belang, weil eine Beschäftigung als Geschäftsführer - ohne in einem Anstellungsverhältnis zu stehen - nicht nur - wie im Beschwerdefall - für die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis, in dem die Anwartschaft erworben wurde, zur Gänze gelöst ist, sondern auch für die Frage, ob aus dieser Tätigkeit ein der Anspruchsberechtigung allenfalls entgegenstehendes Einkommen erzielt wird, bedeutsam sein kann. Die belangte Behörde hat zu Recht hervorgehoben, dass die Angaben im Antragsformular die Behörde in die Lage versetzen sollen, ihrerseits zu beurteilen, ob ein Anspruch besteht. Das Risiko eines Rechtsirrtums, aus dem heraus ein Arbeitsloser meint, die darin gestellten Fragen nicht vollständig oder richtig beantworten zu müssen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1996, 96/08/0134, und vom 16. Februar 1999, 98/08/0111) von ihm zu tragen. Wenn daher eine solche Tätigkeit - wenn auch auf Grund einer unrichtigen Rechtsauffassung für ihre Relevanz für den Anspruch - verschwiegen wird, um sich erst später als anspruchsschädlich herauszustellen, dann ist dieses Verschweigen dem Antragsteller als verschuldet zuzurechnen.

Der Rückforderungsanspruch gemäß § 25 Abs. 1 AlVG wurde von der belangten Behörde daher ebenfalls zu Recht bejaht.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Februar 2000

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