VwGH 97/15/0193

VwGH97/15/019327.1.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerden 1. des FB, 2. des FB und 3. des FB, des FB und der CE als eingeantwortete Erben nach AB, in S, alle vertreten durch Dr. Michael Graff und Dr. Michael Brand, Rechtsanwälte in Wien I, Gonzagagasse 15, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Salzburg vom 9. September 1997, Zlen. 68-GA3 BK-03/93 (Erstbeschwerdeführer), 66-GA3 BK-03/93 (Zweitbeschwerdeführer), und 67-GA3 BK-03/93 (Drittbeschwerdeführer), jeweils betreffend Einkommensteuer 1988, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1972 §19;
EStG 1972 §30;
EStG 1972 §31 Abs1;
EStG 1988 §19;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §31 Abs7;
EStG 1988 §6 Z14;
StruktVG 1969 §8 Abs5;
EStG 1972 §19;
EStG 1972 §30;
EStG 1972 §31 Abs1;
EStG 1988 §19;
EStG 1988 §30;
EStG 1988 §31 Abs7;
EStG 1988 §6 Z14;
StruktVG 1969 §8 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Erst-, der Zweit- und die Drittbeschwerdeführer haben dem Bund jeweils Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11. August 1987 errichteten der Erst- und der Zweitbeschwerdeführer sowie die Rechtsvorgängerin der Drittbeschwerdeführer (im Folgenden: Gesellschafter) die N GmbH. Die Gesellschafter übernahmen das Stammkapital in Höhe von insgesamt 4,450.000 S und brachten in Anrechnung auf ihre Stammeinlagen das bisher von ihnen betriebene Unternehmen der B KG unter Inanspruchnahme der Begünstigungen des Art. III StruktVG in die N GmbH ein. Eine im Jahr 1992 durchgeführte abgabenbehördliche Prüfung traf hinsichtlich "Sonstige Einkünfte bei den Gesellschaftern" für das Jahr 1988 folgende Feststellungen (Tz 1 der Betriebsprüfungsberichte vom Juli 1992; Anm.: An der im Folgenden erwähnten B Beteiligungs-GmbH waren wiederum die Gesellschafter beteiligt):

"Mit Notariatsakt vom 27. Dez. 1987 traten die Gesellschafter der N GmbH Stammeinlagen an die Fa. B Beteiligungs-GmbH zum Nennwert ab, und zwar:

N GmbH Abtretung Fa. B

Anteil Stammkap. Beteiligungs-GesmbH

(Zweitbeschwerdeführer) 2,382.000,-- 2,382.000,--

(Rechtsvorgängerin der

Drittbeschwerdeführer) 1,607.000,-- 1,607.000,--

(Erstbeschwerdeführer) 461.000,-- 451.000,--

Gesamt 4,450.000,-- 4,440.000,--

============ ============

Der diesem Abtretungsvertrag zugrunde gelegte Preis, und zwar der Nennwert, stellt keinen unter Fremden üblichen Verkaufspreis dar. Der von der Betriebsprüfung nach dem Wiener Verfahren ermittelte gemeine Wert der Anteile an der Fa. N GmbH zum 1.1.1988 beträgt S 234,-- je S 100,-- des Stammkapitals und wurde als Verkaufspreis angesetzt.

In der Differenz zwischen Abtretungspreis (Nennwert) und tatsächlichem Wert der Anteile (gemeiner Wert) liegt eine verdeckte Einlage in der Fa. B Beteiligungs-GmbH vor.

Diese verdeckte Einlage zählt daher einerseits zu den Anschaffungskosten für die Anteile an der Fa. B Beteiligungs-GmbH und erhöht andererseits den Veräußerungserlös.

Steuerlich kommt es somit zu einer Realisierung der stillen Reserven in Höhe der Differenz der seinerzeitigen Anschaffungskosten der N GmbH (Einbringung gem. Art. III d. StruktVG) und dem tatsächlichen Wert der veräußerten Anteile.

Nach § 8 Abs. 5 StruktVG ist unabhängig von der Höhe der Beteiligung eine Veräußerung dieser Beteiligung als Veräußerungserlös einer wesentlichen Beteiligung i.S.d. § 31 EStG 1972 anzusehen."

Gegen die auf der Grundlage dieser Feststellungen ergangenen Abgabenbescheide (sonstige Einkünfte für den Erstbeschwerdeführer in Höhe von 506.510 S, für den Zweitbeschwerdeführer von 3,091.880

S und die Rechtsvorgängerin der Drittbeschwerdeführer von 2,053.380

S) erhoben die Gesellschafter Berufung, wobei sie die Zulässigkeit

der vorgenommenen Besteuerung dem Grunde nach bekämpften, die Wertansätze der Höhe nach aber unbestritten ließen. Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde den Berufungen keine Folge. Sie nahm dabei vor allem Bezug auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1994, 94/15/0036, das einen gleich gelagerten Fall betroffen habe.

In den Beschwerden erachten sich die Beschwerdeführer im "Recht auf gesetzmäßige Vorschreibung der Einkommensteuer 1988 (Nichtannahme eines steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnes infolge 'verdeckter Einlage')" verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

Nach der Sondervorschrift des § 8 Abs. 5 StruktVG sollte die Besteuerung nach § 31 EStG 1972 auch bei einer Veräußerung von durch eine Sacheinlage gemäß Abs. 1 leg.cit. erworbenen Gesellschaftsanteilen - unter gegenüber § 31 EStG 1972 erweiterten Voraussetzungen - Platz greifen. Bereits in dem auch von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis vom 5. Oktober 1994, 94/15/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass für eine derartige Besteuerung im Sinne des § 31 Abs. 1 EStG 1972 zur Bestimmung des maßgeblichen Veräußerungserlöses eine Prüfung nach Fremdvergleichsgrundsätzen in Betracht kommt. Ebenso wie im damals entschiedenen Beschwerdefall entsprach der Abtretungspreis im vorliegenden Beschwerdefall - unbestritten - nicht dem unter Fremden üblichen Verkaufspreis, sodass der belangten Behörde auch in den vorliegenden Beschwerdefällen nicht vorgeworfen werden kann, sie hätte zu Unrecht den durch die Betriebsprüfer ermittelten Verkehrswert der betroffenen Geschäftsanteile bei der Berechnung der sonstigen Einkünfte angesetzt. In dem zitierten Erkenntnis hat sich der Gerichtshof auch mit der nunmehr in der Beschwerde wiederum relevierten Frage der Verwirklichung des Veräußerungstatbestandes durch eine verdeckte Einlage auseinander gesetzt. Das Beschwerdevorbringen veranlasst den Verwaltungsgerichtshof nicht zu einem Abgehen von der im Vorerkenntnis diesbezüglich dargelegten Rechtsansicht.

Die Beschwerdeführer vertreten im Wesentlichen die Ansicht, durch die im EStG 1988 enthaltene Regelung des § 31 Abs. 7 i.V.m.

§ 6 Z. 14 leg.cit. sei eine Änderung der Rechtslage eingetreten. Nunmehr sei ein Leistungsaustausch in Folge verdeckter Einlagen gesetzlich normiert, eine Übertragung dieser "Fiktion" auf die Rechtslage des EStG 1972 sei unzulässig.

Unter Bezugnahme auf einschlägige Literaturstellen hat der Verwaltungsgerichtshof im Vorerkenntnis bei vergleichbarer Beschwerdeargumentation den Standpunkt vertreten, dass auch unter dem Regime des EStG 1972 die zu einem Unterpreis vorgenommene Übertragung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft durch den Beteiligten an eine andere Kapitalgesellschaft, bei welcher der Übertragende ebenfalls beteiligt ist, eine verdeckte Einlage darstellt. Diese bewirkt mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte eine Wertsteigerung der bestehenden Gesellschaftsrechte, wobei der Veräußerer im Gegenzug für die Übertragung des Anteiles neben dem (den Verkehrswert nicht erreichenden) Kaufpreis einen Vorteil in der Wertsteigerung seiner Gesellschaftsrechte an der erwerbenden Kapitalgesellschaft erlangt (vgl. auch Beiser, Einbringung einer Beteiligung in eine Kapitalgesellschaft zu einem unangemessen niedrigen Kaufpreis, ÖStZ 1987, 151). Ebenso wie unter dem Geltungsbereich des § 31 Abs. 7 i. V.m. § 6 Z. 14 EStG 1988 liegt ein Austauschverhältnis vor. Der Anteilsinhaber lässt sich die Werterhöhung den gemeinen Wert der Einlage "kosten". Die Werterhöhung ist das definitive "Entgelt" (Gegenwert), das der Anteilsinhaber für seine Einlage erhält. Im Eintritt der Werterhöhung ist ein Zufluss eines Sachwertes im Sinne des § 19 EStG zu erblicken (vgl. Bauer/Quantschnigg, Körperschaftsteuergesetz, Tz 13 zu § 8, mwN). In Höhe des gemeinen Wertes der hingegebenen Gesellschaftsanteile erfolgt eine Erhöhung der Anschaffungskosten der Gesellschaftsanteile an der erwerbenden Gesellschaft, sodass insoweit auch keine doppelte Besteuerung der Veräußerung der Beteiligung an der B Beteiligungs-GmbH, nämlich laut Replik zur Gegenschrift "einerseits von der belangten Behörde gefordert im Zuge der verdeckten Einlage, und ein zweites Mal bei der Veräußerung der Beteiligung der aufnehmenden Gesellschaft" eintritt. Dass sich aus dem Urteil des BFH vom 27. Juli 1988, BStBl 1989 II 271, zu der in Rede stehenden Besteuerung nach § 31 Abs. 1 EStG 1972 ("Einkünfte aus der Veräußerung eines Anteiles an einer Kapitalgesellschaft") keine andere Beurteilung ergibt, wurde ebenfalls im Vorerkenntnis ausgeführt (der Zufluss im Sinne des § 19 EStG ist - wie erwähnt - in der eingetretenen Vermögensvermehrung zu sehen).

Die Beschwerden erweisen sich damit insgesamt als unbegründet. Sie waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Jänner 2000

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte