VwGH 97/14/0147

VwGH97/14/014727.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der Dr. Maria Theresia Unterlercher, Rechtsanwältin in 6600 Reutte, Schmiedgasse 7, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des C W in B, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat II) vom 8. September 1997, Zl. RV/153-07/11/97, betreffend Umsatzsteuer für 1995, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1994 §3 Abs1;
UStG 1994 §3;
UStG 1994 §3 Abs1;
UStG 1994 §3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Rechtsanwältin ist Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen eines ehemaligen auf dem Gebiet der Kanal- und Schneeräumung sowie der Tankreinigung tätigen Unternehmers (Gemeinschuldner). In den Jahren 1992 und 1993 kaufte der Gemeinschuldner zwei Lastkraftwagen. Für die Finanzierung nahm er Kredite der R-Bank in der Form in Anspruch, dass die Bank bei den Lieferfirmen den Kaufpreis eingelöst hat und damit die Kaufpreisforderung samt allen Nebenrechten, insbesondere dem vorbehaltenen Eigentum, auf die Bank überging. Der Gemeinschuldner gab gegenüber der Bank weiters die Erklärung ab, dass er für den Fall der Verwertung des Sicherungsgutes durch die Bank mit der Abrechnung mittels Gutschrift einverstanden sei.

Nachdem mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 5. April 1995 über das Vermögen des Gemeinschuldners der Konkurs eröffnet worden war, verkaufte die Bank die beiden LKW mit Kaufverträgen vom 14. bzw. 20. April 1995. Der Verkaufserlös wurde dem Kreditkonto des Gemeinschuldners gutgeschrieben.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde auch der aus dem Verkauf dieser beiden LKW erzielte Erlös in Höhe von S 1,480.000,-- in die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer des Gemeinschuldners miteinbezogen. Werde ein Sicherungsgut durch den Sicherungsnehmer veräußert, lägen zwei Lieferungen vor. Der Käufer liefere an die Bank, diese an den Dritten. Der Einwand, die Bank sei eigenmächtig vorgegangen, stehe dem nicht entgegen. Der Gemeinschuldner habe vielmehr bereits im Zuge der Kreditgewährung einer allfälligen Verwertung des Sicherungsgutes durch die Bank ausdrücklich zugestimmt und für diesen Fall eine Abrechnung im eigenen Namen mittels Gutschrift über die Lieferung des Sicherungsgutes von ihm an die Bank vereinbart. Der Annahme einer Lieferung des Gemeinschuldners an die Bank stehe die behauptete mangelnde Mitwirkung des Masseverwalters nicht entgegen. Als Vorbehaltseigentümerin habe die Bank im Konkurs ein Aussonderungsrecht gehabt. Aussonderungsansprüche seien unmittelbar gegenüber dem Masseverwalter geltend zu machen, der sie anerkennen oder bestreiten könne. Die Verwertung der LKW durch die Bank sei dem Masseverwalter nachträglich am 25. April 1995 zur Kenntnis gebracht worden. Durch die unterbliebene Bestreitung der Ansprüche und die Vorgangsweise der Bank, die sich auf ihre Stellung als Vorbehaltseigentümerin berufen habe, erscheine der Einwand, der Verkauf der LKW durch die Bank sei "außerhalb des Konkursverfahrens und ohne Kenntnis und Mitwirkung des Masseverwalters" erfolgt, entkräftet. Schließlich habe auch die Beschwerdeführerin eingeräumt, dass eine stillschweigende Billigung des Verkaufes durch die Bank erfolgt sei, weil dadurch eine optimale Verwertung der LKW habe erreicht werden können.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin vertritt - gestützt auf das hg. Erkenntnis vom 16. März 1987, 85/15/0329 - die Ansicht, es liege kein Umsatz zwischen ihr und der Bank vor.

Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Die Verfügungsmacht über den Gegenstand kann von dem Unternehmer selbst oder in dessen Auftrag durch einen Dritten verschafft werden.

Damit eine Lieferung zustande kommt, muss der Unternehmer den Abnehmer befähigen, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen. Der Inhalt dieser Verfügungsbefähigung wird vom Gesetz nicht näher erläutert. Die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums ist für die Lieferung nicht erforderlich. Der Verkauf eines Gegenstandes unter Eigentumsvorbehalt des Lieferanten stellt daher umsatzsteuerlich bereits eine Lieferung dar, weil der Lieferant dem Abnehmer trotz des Eigentumsvorbehaltes umsatzsteuerlich die Verfügungsgewalt über den Gegenstand der Lieferung verschafft (vgl. Kranich-Siegl-Waba, UStG 1972, § 3 Anm. 30 und 32).

In den von der R-Bank und dem Vorbehaltskäufer (Gemeinschuldner) sowie den Vorbehaltsverkäufern unterfertigten Geschäftspapieren vom 26. Jänner 1994 bzw. 16. Februar 1994 findet sich folgende Textstelle:

"....Ich bin/Wir sind Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes 1972; das Sicherungsgut gehört zu meinem/unserem Betriebsvermögen.

Für den Fall der Verwertung des Sicherungsgutes durch Sie bin ich/sind wir damit einverstanden, daß Sie mit mir/uns im eigenen Namen mittels Gutschrift über die Lieferung des Sicherungsgutes von mir/uns an Sie abrechnen."

Auf Grund dieser Vereinbarung ist mit der Geltendmachung des Eigentumsvorbehaltes die Befähigung, im eigenen Namen über die LKW zu verfügen, von der Beschwerdeführerin übertragen worden. Damit hat umsatzsteuerrechtlich eine Lieferung der LKW an die Bank stattgefunden.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen überzeugen die Beschwerdeausführungen, es liege keine Lieferung der Konkursmasse vor, nicht. Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, es sei davon auszugehen, dass der Sicherungsnehmer mit dem Verfall nicht auch die wirtschaftliche Substanz des Gegenstandes erhalte. Vielmehr sei der Sicherungsnehmer auch nach dem Verfall in seiner Verfügungsmacht insoweit eingeschränkt, als er nicht frei über den Gegenstand disponieren, sondern ihn nur im Interesse des Sicherungsgebers verwerten könne. Analog zum Fall der Zwangsversteigerung liege daher nur eine Einmallieferung zwischen Sicherungsgeber und Erwerber vor. Mit diesem Vorbringen übersieht die Beschwerdeführerin, dass im Beschwerdefall der von ihr vertretenen Konkursmasse die Stellung als Sicherungsgeber zugekommen ist und demnach auch bei dieser Sichtweise Umsätze der Konkursmasse vorliegen würden.

Die Beschwerdeführerin wendet weiters ein, hätte der Masseverwalter die Fahrzeuge veräußert und den Nettoerlös dem Kreditinstitut ausgefolgt, wäre nur einmal Umsatzsteuer angefallen. Dieses Vorbringen zeigt keine systemwidrige Belastung der Konkursmasse mit Umsatzsteuer auf, lässt es doch die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges durch die Bank sowie den Umstand außer Betracht, dass der Gemeinschuldner auch in diesem Fall mit Umsatzsteuer belastet wäre.

Aus den angeführten Gründen vermag der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung des vorliegenden Beschwerdefalles nicht mehr von den gegenteiligen Überlegungen in dem zum UStG 1972 ergangenen hg. Erkenntnis vom 16. März 1987, 85/15/0329, auszugehen.

Die Beschwerde war demnach gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Juni 2000

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