Normen
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
UStG 1972 §20;
UStG 1972 §21;
FinStrG §33 Abs1;
FinStrG §33 Abs2 lita;
UStG 1972 §20;
UStG 1972 §21;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Abspruch über die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in dessen Schuldspruch nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Punkt 1 des Schuldspruches), in dessen Schuldspruch nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich der Jahressteuererklärungen betreffend Umsatzsteuer für 1991 und 1992 (Punkt 3 des Schuldspruches), in dessen Strafausspruch und in dessen Kostenspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben;
im Übrigen, somit in der Bekämpfung des angefochtenen Bescheides in seinem Abspruch über die Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses in dessen Schuldspruch nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (Punkt 2 des Schuldspruches) sowie in dessen Schuldspruch nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG hinsichtlich der Jahressteuererklärungen betreffend Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1991 und 1992 (Punkt 3 des Schuldspruches), wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war zunächst Geschäftsführer der im Jahre 1985 gegründeten F. Gesellschaft m.b.H. und ab Mitte des Jahres 1986 ihr Prokurist. Einem von der belangten Behörde vorgelegten verwaltungsbehördlichen Vorstrafakt kann entnommen werden, dass vom Verteidiger des Beschwerdeführers im seinerzeitigen Finanzstrafverfahren sowohl für den Beschwerdeführer als auch für den seit Jahresmitte 1986 amtierenden Geschäftsführer der F. GmbH niederschriftlich zu Protokoll gegeben worden war, dass der Beschwerdeführer für die abgabenrechtlichen Belange der Gesellschaft als Prokurist zuständig sei, während der bestellte Geschäftsführer diese Funktion nur "formell" ausübe. Zahlungen an das Finanzamt würden durch den Beschwerdeführer veranlasst, welcher auch am Firmenkonto zeichnungsberechtigt sei.
Dem Körperschaftsteuerakt der F. Gesellschaft m.b.H kann entnommen werden, dass in den am 27. Mai 1993 und am 7. Oktober 1994 dieser Gesellschaft gegenüber erlassenen Umsatzsteuerbescheiden für die Jahre 1991 bis 1993 die Bemessungsgrundlagen mangels Abgabe von Steuererklärungen im Schätzungswege ermittelt worden waren.
Mit einem nach zweimaligem unentschuldigten Fernbleiben des Beschwerdeführers von der Verhandlung ergangenen Straferkenntnis des Spruchsenates vom 28. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, im Bereiche des Finanzamtes für Körperschaften in Wien als faktischer Geschäftsführer in Wahrnehmung der steuerlichen Agenden der F. Gesellschaft m.b.H vorsätzlich
1.) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 Umsatzsteuergesetz 1972 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Umsatzsteuern bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten zu haben, und zwar für die Monate August, September, November und Dezember 1990, Februar, April und Mai 1991, Juni und November 1991, März bis Dezember 1992 sowie Februar und Mai bis Dezember 1993 mit näher genannten Verkürzungsbeträgen,
2.) Abgaben, die selbst zu berechnen sind, nämlich Lohnabgaben, nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. die Höhe der geschuldeten Beträge bekannt gegeben zu haben und zwar Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für die Monate Jänner, März, Juni bis September und Dezember 1991, März bis August 1992, Jänner bis Juni, August und November 1993 sowie Lohnsummensteuer für die Monate Jänner bis Juli 1993,
3.) durch die nicht bzw. nicht fristgerechte Abgabe der Jahressteuererklärungen betreffend Umsatzsteuer, Körperschaft- und Gewerbesteuer für 1991 und 1992 eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht verletzt zu haben.
Der Beschwerdeführer habe zu 1.) das Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, zu 2.) das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG und zu 3.) das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 51 Abs. 1 lit. a leg. cit. begangen, wofür er zu einer Geldstrafe in der Höhe von S 250.000,-- (im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 50 Tagen) verurteilt wurde.
In der Begründung dieses Straferkenntnisses ist zu lesen, dass der Beschwerdeführer seit der Gründung des Unternehmens bis zur Konkurseröffnung am 18. März 1994 als allein zeichnungsberechtigter Prokurist fungiert habe, während als formeller Geschäftsführer X.Y. aufgeschienen sei. Der Beschwerdeführer sei für die abgabenrechtlichen Belange des Unternehmens verantwortlich gewesen, insbesondere sei es seine Aufgabe gewesen, für die Abfuhr der monatlichen Abgaben an das Finanzamt Sorge zu tragen. Bis 1992 seien die Umsatzsteuervoranmeldungen durch das Unternehmen selbst errechnet und abgegeben worden. Obwohl der Beschwerdeführer die gesetzlichen Termine gekannt habe, habe er es vorsätzlich unterlassen, die im Spruch genannten Voranmeldungen rechtzeitig abzugeben; die dadurch bewirkten Abgabenverkürzungen habe er für gewiss gehalten, weil die Vorgangsweise, trotz bereits erfolgter Bestrafung weiterhin nur sporadisch und über lange Zeiträume überhaupt keine Umsatzsteuervoranmeldungen abzugeben und die Lohnabgaben nicht rechtzeitig zu melden, nur mit Wissen einer dadurch bewirkten Abgabenverkürzung denkbar sei. Der festgestellten Sachverhalt gründe sich auf den Akteninhalt, eine Stellungnahme des Beschwerdeführers zum Tatvorwurf liege nicht vor; die Schätzungen des Finanzamtes seien unbedenklich, weil sie sich an den Ergebnissen der Vormonate orientiert hätten und ohnedies moderat ausgefallen seien.
In seiner gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, am Erscheinen zur letzten der vom Spruchsenat durchgeführten Verhandlungen krankheitshalber verhindert gewesen zu sein. Er habe deshalb auch weitere Beweismittel nicht vorlegen können, welche dargelegt hätten, dass er der ihm zur Last gelegten Delikte nicht schuldig sei und dass die Höhe der ausgesprochenen Strafe in keinerlei Bezug zur Schuld und seiner finanziellen Situation stehe. Ab April 1992 sei er für die F. GmbH "nicht mehr voll tätig" gewesen, weil er zu dieser Zeit beruflich in Georgien gewesen und nur sporadisch nach Wien zurück gekommen sei, was ihm die finanzamtliche Abwicklung aus terminlichen Gründen unmöglich gemacht habe. Ab Sommer 1993 sei er wieder in Österreich gewesen, habe sich aber "total vom Geschäft zurückgezogen und erst nach dem Abgehen der zweiten Einzelprokuristin" am 31. Dezember 1993 noch zu retten versucht, was zu retten sei, aber leider zu spät. Durch seine Scheidung und den damit verbundenen Zusammenbruch der F. GmbH habe er alles verloren, sei nunmehr in zweiter Ehe verheiratet und habe zwei minderjährige Kinder zu versorgen. Die ihm zur Last gelegten Tatbestände seien nicht im gesamten Umfang erfüllt.
Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat, zu welcher der Beschwerdeführer trotz ausgewiesener Ladung ebenso nicht erschienen war, wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wies die belangte Behörde zunächst darauf hin, dass der Beschwerdeführer seine Behauptung, er habe krankheitshalber zur Verhandlung vor dem Spruchsenat nicht erscheinen können, nicht belegt habe. Die Tendenz des Beschwerdeführers, zu Verhandlungen nicht zu erscheinen, habe sich auch im Berufungsverfahren herausgestellt. Der Einwand, er habe wegen Ortsabwesenheit von April 1992 bis Sommer 1993 zufolge Aufenthaltes in Georgien seinen Aufgaben nicht nachkommen können, verfange nicht, weil den Akten nämlich entnommen werden könne, dass der Beschwerdeführer auch während dieser Zeit dem Finanzamt gegenüber als Vertreter der F. Gesellschaft m.b.H aufgetreten sei und keine andere Person seine Aufgaben übernommen habe. Wenn der Beschwerdeführer im Bewusstsein, als faktischer Geschäftsführer den abgabenrechtlichen Verpflichtungen nachkommen zu müssen, sich um keinerlei Vertretungsregelung bemüht habe, zeige er damit deutlich, dass er zur Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen nicht willens gewesen sei. Da ihm bewusst gewesen sei, dass niemand anderer seine Verpflichtungen übernehmen würde, treffe ihn auch der Vorwurf zu Recht, im Bewusstsein gehandelt zu haben, dass sein Fehlverhalten zu Verkürzungen in Ansehung der Umsatzsteuervorauszahlungen führen würde. Dass der Beschwerdeführer derartige Verkürzungen in Bezug auf die lohnabhängigen Abgaben bedacht und sich mit ihrem Eintritt abgefunden habe, könne angesichts der vom Spruchsenat festgestellten Vorgangsweise nicht zweifelhaft sein. Für die vorsätzliche Unterlassung der Einbringung von Steuererklärungen gelte gleiches. Mit dem Vorbringen zur Strafberufung habe der Beschwerdeführer keinen ausreichend konkretisierten Sachverhalt vorgetragen und es insbesondere unterlassen, sein derzeitiges Einkommen bekannt zu geben. Dass der Beschwerdeführer durch die über ihn verhängte Geldstrafe stärker belastet wäre als ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger, sei nicht zu erkennen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
In der Beschwerde wird geltend gemacht, der von der belangten Behörde zugrunde gelegte strafbestimmende Wertbetrag sei unrichtig oder zumindest nicht nachvollziehbar, weil unerfindlich sei, auf welcher Basis die Schätzungen vorgenommen worden seien. Die Schätzungen ließen den Umstand der Konkurseröffnung im Jahre 1994 sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers außer Acht, seit April 1992 für die Gesellschaft nicht mehr voll tätig gewesen zu sein.
Was die Behauptung des Beschwerdeführers, seit April 1992 für die F. Gesellschaft m.b.H "nicht mehr voll tätig" gewesen zu sein, mit der Richtigkeit der strafbestimmenden Wertbeträge als solcher zu tun haben kann, ist nicht einsichtig. Im Übrigen verstößt das auf die Schätzungen bezogene Beschwerdevorbringen zur Gänze gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot. Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid nach dem Bild der Aktenlage zutreffend wahrgenommene Neigung des Beschwerdeführers, finanzstrafbehördliche Verhandlungstermine unbesucht zu lassen, war eine für die Zwecke seiner Rechtsverteidigung denkbar ungünstige Strategie. Beraubte sich der Beschwerdeführer doch auf diese Weise selbst der Möglichkeit, dem gegen ihn sprechenden Bild der Aktenlage zu seinen Gunsten tauglich entgegen zu treten. Dies gilt nicht bloß für den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aus dem Grunde des Neuerungsverbotes unbeachtlichen Einwand einer Unrichtigkeit der strafbestimmenden Wertbeträge, sondern in gleicher Weise auch für seinen in der Beschwerde unternommenen Versuch, der finanzstrafbehördlichen Verantwortlichkeit durch Hinweise auf eine gegebenenfalls geänderte Aufgabenverteilung innerhalb der Gesellschaft zu entgehen. Auch zu diesem Punkt nämlich hatte der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren mangels Auftretens in den mündlichen Verhandlungen nichts vortragen können, während sein Berufungsvorbringen allein nicht dazu angetan war, nähere Nachforschungen der belangten Behörde zur Frage erforderlich erscheinen zu lassen, ob sich an der innergesellschaftlichen Kompetenz des Beschwerdeführers zur Wahrnehmung der abgabenrechtlichen Angelegenheiten der Gesellschaft nicht etwas geänderte habe. Da der Beschwerdeführer auch in seiner Berufung nicht vorgetragen hatte, während der Zeit seines Auslandsaufenthaltes die bislang ihm oblegenen abgabenrechtlichen Angelegenheit der Gesellschaft jemand anderem übertragen zu haben, kann die von der belangten Behörde getroffene Feststellung offenkundigen Desinteresses des Beschwerdeführers an der Erfüllung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen der Gesellschaft nicht als Akt unschlüssiger Beweiswürdigung erkannt werden.
Der angefochtene Bescheid ist allerdings deswegen inhaltlich rechtswidrig, weil die belangte Behörde im Umfang des aufrechterhaltenen Schuldvorwurfes nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG eine Prüfung der Frage verabsäumt hat, ob der Beschwerdeführer mit der festgestellten Vorgangsweise nicht ohnehin das Tatbild des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 FinStrG verwirklicht hat, was im gegebenen Zusammenhang auch für die Gesetzmäßigkeit der Fassung des Schuldspruches nach § 51 Abs. 1 lit. a FinStrG nicht ohne Einfluss bleiben konnte. Wie der Verwaltungsgerichtshof nämlich bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn einer Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 leg. cit. wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für den selben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch die nach § 33 Abs. 1 leg. cit. durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. November 1997, 95/13/0040, m.w.N.). Für die Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sind klare und eindeutige Feststellungen erforderlich, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (siehe das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1993, 93/13/0055). An solchen Feststellungen fehlt es im angefochtenen Bescheid.
Da die belangte Behörde insoweit die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid im spruchgemäßen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, während die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 28. Juni 2000
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