Normen
ARB1/80 Art7;
AuslBG §1 Abs3;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
ARB1/80 Art7;
AuslBG §1 Abs3;
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin (eine türkische Staatsangehörige) stellte am 26. August 1996 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg den folgenden mit 23. August 1996 datierten Antrag:
"Es wolle mittels Bescheid festgestellt werden, dass Frau M S, geboren 8.1.1975, türkische Staatsangehörige, Schalkham 10, 5202 Neumarkt/Wallersee, seit mindestens drei Jahren einen ordnungsgemäßen Wohnsitz im Sinne des Assoziationsabkommens, Beschluss Nr. 1/80, Art. 7 des Assoziationsabkommens zwischen der EWG und der Türkei, hat und sie somit das Recht hat, vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorranges, sich auf jedes Stellenangebot in Österreich zu bewerben, weil sie im Jahre 1992 die Genehmigung erhalten hatte, zu ihrem Vater, Herrn R S, einem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedsstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmer, zu ziehen."
Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg hat am 26. September 1996 einen Bescheid mit folgendem Spruch erlassen:
"Feststellung
gemäß Art. 7 Abs. 1 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19.9.1980 über die Entwicklung der Assoziation.
Nach Prüfung ihres Antrages vom 23. August 1996 wird festgestellt, dass die türkische Staatsangehörige S M, geboren 8. Jänner 1975, die in Art. 7 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses 1/1980 des Assoziationsrates vom 19. September 1990
genannten Voraussetzungen nicht erfüllt und damit in Österreich keinen freien Zugang zu jeder von ihr gewählten unselbstständigen Beschäftigung hat."
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie stellte darin den Antrag, den erstinstanzlichen Bescheid aufzuheben und dahingehend abzuändern, dass ihrem Feststellungsantrag stattgegeben werde.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 16. Dezember 1996 wurde "die Berufung vom 15. Oktober 1996 gegen den Feststellungsbescheid der regionalen Geschäftsstelle Salzburg vom 26.9.1996" gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses 1/80 "abgelehnt."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich (erkennbar nach ihrem gesamten Vorbringen) durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erlassung des von ihr beantragten Feststellungsbescheides verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Entgegen der im angefochtenen Bescheid gegebenen Darstellung der belangten Behörde hat die Behörde erster Instanz nach dem Inhalt ihres Bescheidspruches den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23. August 1996 nicht (förmlich) "abgelehnt", sondern "geprüft". Einen bescheidmäßigen Abspruch (etwa in Form einer Ab- oder Zurückweisung dieses Antrages) über den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag hat die Behörde erster Instanz unterlassen. Stattdessen hat die Behörde erster Instanz ("nach Prüfung des Antrages") vielmehr eine bescheidmäßige Feststellung getroffen, die von der Beschwerdeführerin nicht beantragt worden war. Damit hat die Behörde erster Instanz in unzulässiger Weise aber eine Entscheidung getroffen, die über die durch den Antrag festgelegte "Sache" des Verwaltungsverfahrens hinausging. Ein Feststellungsbescheid, wie er von der Behörde erster Instanz tatsächlich erlassen wurde, hätte eines entsprechenden Parteiantrages bedurft und durfte nicht von Amts wegen erlassen werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 96/09/0297).
Dadurch, dass die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage, weil dem ohne entsprechenden Antrag in erster Instanz erlassenen Bescheid schon aus diesem Grund die materiell-rechtliche Grundlage für seine Erlassung fehlte (vgl. hiezu auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage 1998, Seite 334, E 24 wiedergegebene hg. Judikatur), den mit Berufung angefochtenen erstinstanzlichen Bescheid bestätigte, wurde die Beschwerdeführerin in ihren Rechten (hier: auf Sachentscheidung über ihren Antrag) verletzt. Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Im fortgesetzten Verfahren wird - vor Auseinandersetzung mit anderen tatbestandlichen Voraussetzungen - zu prüfen (bzw. von der Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nachzuweisen) sein, ob die Beschwerdeführerin im Sinn des Einleitungssatzes von Art. 7 des Assoziationsratsbeschlusses Nr. 1/80 die Genehmigung erhalten hat, zu dem von ihr als Bezugsperson bezeichneten türkischen Arbeitnehmer zu ziehen (vgl. zu dieser Genehmigung die hg. Erkenntnisse vom 15. April 1998, Zl. 96/09/0383, vom 29. September 1998, Zl. 97/09/0332, und vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0179).
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. Jänner 2000
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