VwGH 96/15/0207

VwGH96/15/020722.9.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S Gesellschaft m.b.H. in A, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft, 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 6. August 1996, Zlen. B 130-10/94 und B St2-10/96, betreffend Körperschaftsteuer für das Jahr 1990 und für das Jahr 1992, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §12 Abs3;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2;
EStG 1988 §12 Abs3;
EStG 1988 §6 Z1;
EStG 1988 §6 Z2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 25.900,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegenstand des Unternehmens der beschwerdeführenden GmbH ist die Verarbeitung von Holz, Metall, Kunststoffen und sonstigen Materialien, weiters die Beteiligung an gleichartigen Unternehmen sowie der Betrieb aller Geschäfte, die dem Unternehmen zweckdienlich sind.

Die Beschwerdeführerin führte einen aus einer im Jahr 1989 durchgeführten Beteiligungsveräußerung stammenden Buchgewinn in Höhe von S 7,249.999,-- einer Übertragungsrücklage nach § 12 EStG 1988 zu. Nachdem ein Teilbetrag noch im selben Jahr auf Wertpapiere übertragen wurde, ist die Rücklage per

31. Dezember 1989 mit S 6,788.930,-- zu Buche gestanden.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 11. September 1990 wurde die S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH mit einem Stammkapital von S 6,501.000,-- gegründet. Die Beschwerdeführerin übernahm an dieser Gesellschaft eine Stammeinlage von S 6,500.000,-- und verwendete hiefür die genannte Rücklage. Gegenstand des Unternehmens der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH war das Halten und Verwalten von Beteiligungen, die Übernahme von Geschäftsführungen an Unternehmungen sowie die Übernahme von Vermögensverwaltungen, die Beteiligung an anderen Unternehmungen und die Vermietung und Verpachtung von beweglichen und unbeweglichen Wirtschaftsgütern. Laut Gesellschaftsvertrag war die Dauer der Gesellschaft unbestimmt. Das erste Geschäftsjahr begann mit der handelsgerichtlichen Registrierung und endete mit dem darauf folgenden 31. Oktober dieses Jahres. Die folgenden Geschäftsjahre beginnen jeweils mit dem 1. November eines jeden Jahres und enden mit dem 31. Oktober des darauf folgenden Jahres. Die Eintragung in das Handelsregister erfolgte am 17. Oktober 1990.

Mit Notariatsakt vom 9. Jänner 1991 wurde die

S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH als übertragende Gesellschaft durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes mit allen Rechten und Pflichten, unter Verzicht auf die Liquidation, mit der Beschwerdeführerin als übernehmende Gesellschaft, unter Anwendung des Art. I des Strukturverbesserungsgesetzes, BGBl. Nr. 69/1969, unter Zugrundelegung des Jahresabschlusses der übertragenden Gesellschaft zum 31. Oktober 1990 verschmolzen. Als Stichtag der Verschmelzung der beiden Gesellschaften wurde der 1. November 1990 festgesetzt. Der hiebei entstandene Buchgewinn in Höhe von

S 6,354.561,-- ist einer Rücklage gemäß § 1 Abs. 3 StruktVG zugeführt worden.

Im Zuge einer im Jahr 1993 bei der Beschwerdeführerin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde dieser Sachverhalt festgestellt. Die Prüfer vertraten die Ansicht, die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH könne nicht als zum Anlagevermögen gehörend angesehen werden, weil das Merkmal der dauerhaften Widmung für den Betrieb fehle. Zudem sei die Verwendung der Übertragungsrücklage nach § 12 EStG 1988 zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem die Beteiligung infolge der Verschmelzung nicht mehr bestanden habe. Die Übertragung sei daher für 1990 rückgängig zu machen und die Rücklage samt Zuschlag im Jahr 1992 steuerpflichtig aufzulösen.

Das Finanzamt folgte dieser Rechtsansicht und erließ u.a. entsprechende Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 1990 und 1992.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufungen und begehrte die Entscheidung darüber durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz unter Verzicht auf eine Berufungsvorentscheidung, falls das Finanzamt den Anträgen nicht vollinhaltlich stattgeben könne. In der Sache wurde der von den Prüfern festgestellte Sachverhalt als richtig anerkannt und ergänzend Folgendes ausgeführt: Die Geschäftsleitung habe die Absicht verfolgt, die im Jahr 1990 aus dem Verkauf einer Beteiligung zugeflossenen erheblichen Finanzmittel wieder in eine oder mehrere Beteiligungen zu reinvestieren. Nach entsprechenden Vorbereitungen sei es zur Gründung der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH gekommen, welche als Holding-Gesellschaft die angestrebten Unternehmensbeteiligungen verwalten sollte. Zur Übertragung auf die Anschaffungskosten dieser Holding Beteiligung sei von Vornherein die im Jahr 1989 gebildete Rücklage gemäß § 12 EStG 1988 bestimmt gewesen. Zum Jahreswechsel 1990/1991 habe sich aber die Einstellung des Eigentümers der Beschwerdeführerin zu weiteren Industriebeteiligungen grundsätzlich geändert. Während bis dahin Investitionen und Beteiligungen im Bereich der holzverarbeitenden Industrie gesucht und gefördert worden seien, sei es damals bei der Beschwerdeführerin zu einem Meinungsumschwung gekommen. Die weitere Expansion in Industriebeteiligungen jeder Art sei untersagt und die Geschäftsführung angewiesen worden, sich nach dieser Vorgabe zu richten. Die errichtete S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH habe daher ihren Zweck nicht mehr erfüllen können und sei mit Verschmelzungsvertrag vom 9. Jänner in die Beschwerdeführerin aufgenommen worden.

Aus der bei der Errichtung der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH verfolgten Absicht und nach den auch für das Einkommensteuerrecht maßgeblichen Bestimmungen des HGB sei abzuleiten, dass die Beteiligung als Anlagevermögen erworben worden sei. Da auch die Übertragung der Rücklage nach § 12 EStG 1988 zu Recht erfolgt sei, habe die steuerpflichtige Auflösung der Rücklage samt Zuschlag im Jahre 1992 zu entfallen.

In der von der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde vom Vertreter der Beschwerdeführerin auf die Frage, wann der Beschluss des (Mehrheits-)Anteilseigner, jegliche weitere Investitionen in Industriebeteiligungen zu unterlassen, gefasst worden sei, vorgetragen, ein solcher Beschluss ergehe formlos und werde darüber kein Protokoll geführt. Über den genauen Zeitpunkt des Beschlusses sei der damalige Geschäftsführer, Dipl.-Ing. H. als Zeuge zu befragen.

Mit den nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden wurde der Berufung hinsichtlich der Verwendung der genannten Rücklage keine Folge gegeben. In der Begründung des Bescheides betreffend Körperschaftsteuer 1992 wurde auf den Bescheid betreffend Körperschaftsteuer 1990 verwiesen. Darin führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens aus, für die Inanspruchnahme der Übertragung stiller Rücklagen gemäß § 12 EStG 1988 sei von entscheidender Bedeutung, ob die neu angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen gehörten. Da das Steuerrecht dafür keine Definition enthalte, sei auf handelsrechtliche Bestimmungen zurückzugreifen. Das Rechnungslegungsgesetz sei erstmals auf Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 1991 beginnen, anzuwenden. Es sei daher ein Rückgriff auf das Aktiengesetz zu nehmen. § 131 Abs. 4 leg. cit. bestimme, dass beim Anlagevermögen nur die aktiven Posten auszuweisen seien, die am Abschlussstichtag bestimmt sind, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Entscheidend für die Zugehörigkeit von Wirtschaftsgütern zum Anlagevermögen sei somit die Konkretisierung des Zeitelementes ("dauernd") und des Widmungselementes ("... bestimmt sind"). Der Verwaltungsgerichtshof gehe in diesem Zusammenhang von einer funktionalen Betrachtungsweise aus. Demnach komme es bei der Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen darauf an, in welchem Verhältnis die objektive Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes zum bestimmungsgemäßen Einsatz im Betrieb stehe. Die Feststellung der objektiven Nutzungsdauer des Wirtschaftsgutes "Beteiligung" bereite zwar mitunter Schwierigkeiten, weil eine Beteiligung keinem technischen oder wirtschaftlichen Verschleiß im klassischen Sinn unterliege. Es könne aber die Dauer der tatsächlichen Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen zur Einteilung herangezogen werden. Nach der Rechtsprechung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 1953, 1786/51) könnten Wirtschaftsgüter, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich auf einen Zeitraum von nicht mehr als einem (Wirtschafts-)Jahr erstrecke, nach der für die Gesetzesauslegung maßgebenden Auffassung des Verkehrs nicht zum Anlagevermögen gerechnet werden. Ab dem Geltungsbereich des Rechnungslegungsgesetzes habe sich keine wesentliche Änderung ergeben. Nach § 198 Abs. 2 HGB seien beim Anlagevermögen die Gegenstände auszuweisen, die bestimmt seien, dauernd dem Geschäftsbetrieb zu dienen. Das Gesetz stelle vor allem auf die Zweckbestimmung ab. Es sei dabei in erster Linie auf objektive Kriterien abzustellen. Die Beachtung der subjektiven Widmung könne insbesondere bei nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenständen eine Rolle spielen, jedenfalls dann, wenn die objektive Funktionsbestimmung nicht sicher möglich sei (Hinweis auf Hirschler/Sulz, in FJ 1993, 83). Bei Gegenständen des Finanzanlagevermögens sei auf Grund der unternehmenstypischen Funktion eine Zuordnung häufig nicht möglich. In solchen Zweifelsfällen sei die dokumentierte Absicht, die Gegenstände langfristig zu behalten, für die Zuordnung ausschlaggebend. Für die zeitliche Abgrenzung lasse sich aus § 227 HGB der Hinweis entnehmen, dass bei einer dokumentierten Behaltedauer von mindestens fünf Jahren der Ausweis als Anlagevermögen geboten sei. Bei einer kürzeren Behaltedauer sei bei Gegenständen des Finanzanlagevermögens eine Zuordnung zum Anlagevermögen dann vertretbar, wenn die dokumentierte Behalteabsicht ein Geschäftsjahr übersteige.

Ähnlich wie beim Anlagevermögen seien auch Anhaltspunkte für eine Definition von Beteiligungen im Abgabenrecht nicht "sehr weit verbreitet". Eine dem § 8 Abs. 1 Z. 1 KWG ähnliche Bestimmung finde sich auch in § 131 AktG. Erst § 228 HGB (i.d.F. des Rechnungslegungsgesetzes) enthalte eine Definition. Im Handels- bzw. im Bilanzrecht werde der Beteiligungsbegriff mit einem umfänglichen und einem zeitlichen Element versehen. Erst eine gewisse Beteiligungsquantität könne ein gewisses Grundmaß an Herrschaftsrechten vermitteln und erst eine gewisse Dauerhaftigkeit des Engagement spreche für eine Beteiligung. Das Abgabenrecht habe sich dem Zeitelement angeschlossen. Anteile an einem anderen Unternehmen gehörten zum Anlagevermögen des Beteiligten, wenn sie nicht nur vorübergehend den Betrieb des Beteiligten zu dienen vermögen. Als wesentliche Kennzeichnung einer Beteiligung seien daher die Beteiligungsabsicht und die Dauerbesitzabsicht zu erwähnen. Zuordnungshilfe biete § 131 Abs. 1 Aktiengesetz selbst durch die Bestimmung, dass im Zweifel Aktien oder Anteile einer Kapitalgesellschaft dann als Beteiligung im Sinne der Position A II 7, also als Anlagevermögen gelten, wenn deren Nennbetrag insgesamt den vierten Teil des Nennkapitals der Gesellschaft, an der die Beteiligung besteht, erreichen. Es handle sich dabei aber nur um eine widerlegbare Vermutung des Vorhandenseins einer Beteiligung und deren Zugehörigkeit zum Anlagevermögen. Entscheidend sei letztlich, ob die mit einer auf Dauer gerichteten Kapitalanlage verbundenen Zwecke (wirtschaftlicher Einfluss und langfristiger Kapitalnutzen) angestrebt werden, oder ob für den Anteilserwerb und den Anteilsbesitz die Erwartungen von kurzfristigen Wertsteigerungen der eingesetzten Substanz und/oder Gründe der Steuerersparnis überwögen.

Aus dem zeitlichen Ablauf im Beschwerdefall ergebe sich klar, dass die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der

S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH nicht als zum Anlagevermögen gehörend und daher auch nicht als Beteiligung im Sinne des Handelsrechtes und damit auch des Steuerrechtes anzusehen sei. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit sei bei einem Bestand von nur knapp eineinhalb Monaten, gerechnet ab Gesellschaftsvertrag, bzw. von zwei Wochen ab Handelsregistereintragung, sicher nicht erfüllt. Ebenso wenig sei auch davon auszugehen, dass die Beteiligung von Anfang an dazu bestimmt gewesen sei, dem eigenen Betrieb zu dienen, denn aus den vorliegenden Akten gehe hervor, dass nicht erst mit 9. Jänner 1991 der Entschluss zur Verschmelzung getroffen worden sei, sondern zumindest bereits am 19. Dezember 1990 festgestanden sei, weil mit diesem Datum die "Verschmelzungsbilanz zum 31. Oktober 1990" zusammen mit der "Bilanz vom 31. Oktober 1990" und der "G und V Rechnung" unterfertigt worden sei. Als weiteres Indiz dafür, dass die Beteiligung nicht für lange Zeit vorgesehen gewesen sei, sei die Wahl des Bilanzstichtages der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH zu erkennen, der so festgelegt worden sei, dass die Verschmelzung so schnell wie möglich habe durchgeführt werden können. Festzuhalten sei auch, dass die S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH keinerlei wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne des Gesellschaftsvertrages während ihres Bestandes entfaltet habe und außer den Gründungskosten keine weiteren Ausgaben angefallen seien. Die steuerliche Nichtanerkennung der Übertragung der § 12 EStG-Rücklage sei daher zu Recht erfolgt.

Selbst wenn die von der Beschwerdeführerin eingegangene Beteiligung ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darstelle, sei der Berufung aus dem Blickwinkel des § 22 BAO ein Erfolg zu versagen. Denke man sich im gegenständlichen Fall die Abgabenersparnis weg, so stelle sich der eingeschlagene Weg als völlig sinnwidrig und jeder Lebenserfahrung widersprechend dar. Kein wirtschaftlich vernünftig denkender Kaufmann nehme den finanziellen Aufwand für eine Gründung einer Kapitalgesellschaft auf sich - hier immerhin S 166.350,17 - um die Gesellschaft nach nur eineinhalb Monaten ab Vertragserrichtung bzw. nach 15 Tagen ab Registereintragung durch Verschmelzung aus dem Wirtschaftsleben ausscheiden zu lassen. Mit den Berufungsausführungen, die Einstellung des Eigentümers zu weiteren Industriebeteiligungen habe sich grundsätzlich geändert, könne ein außersteuerlicher Grund für die in Rede stehende Vorgangsweise nicht dargetan werden. Bereits am 19. Dezember 1990, also schon vor dem Verschmelzungsvertrag und auch vor dem Gesellschafterbeschluss vom 9. Jänner 1991 sei eine "Verschmelzungsbilanz" erstellt worden. Auch ein Blick auf die Bilanzposition "Beteiligungen" der Beschwerdeführerin zeige ein deutliches Bild. Es seien folgende Positionen ausgewiesen:

1981, 1982 und 1983 je S 161.200,--, 1984 und 1985 je S 201,--, 1986 und 1987 je S 790.201,--, 1988 S 250.202,-- und 1989 und 1990 je S 201,--. Auf Grund dieser Entwicklung, sowie aus der Wahl des Bilanzstichtages und des Verschmelzungsstichtages komme die belangte Behörde in freier Beweiswürdigung zu dem Schluss, dass sich die Einstellung des Eigentümers im Zusammenhang mit Beteiligungen nicht erst zum Jahreswechsel 1990/1991 geändert habe, schon beträchtlich früher, nämlich im Laufe des Jahres 1988, als der Bilanzansatz um über S 500.000,-- verringert worden sei und in den Folgejahren nur mehr eine vernachlässigbare Größe dargestellt habe. Dass die vorhandenen drei Beteiligungen der Beschwerdeführerin im Ausmaß von S 201,-- einen derart gewaltigen Verwaltungsaufwand verursacht hätten, der es notwendig gemacht hätte, eine GmbH mit einem Stammkapital vom S 6,5 Mio. und Gründungskosten von über S 160.000,-- zu gründen, sei nicht ernstlich anzunehmen, lasse sich aus den Akten nicht entnehmen, und werde auch von der Beschwerdeführerin nicht behauptet. Ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass es der Beschwerdeführerin lediglich darum gegangen sei, die Versteuerung der Rücklage zu verhindern, sei auch daraus zu ersehen, dass die Beschwerdeführerin nahezu den gesamten, der Rücklage zugeführten Betrag in Höhe von S 6,788.130,--, der aus dem Jahr 1989 stammte und aus einem Buchgewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung resultiere, im Ausmaß von S 6,500.999,-- zur Gründung der Vermögensverwaltungs GmbH verwendet habe, obwohl, vor allem im Hinblick auf die Geschäftstätigkeit dieser Gesellschaft, das gesetzlich vorgeschriebene Mindeststammkapital nur S 500.000,-- betragen müsse.

Auf diesen Sachverhalt sei auch der Tatbestand des sog. "Mantelkaufes" im Sinne des § 8 Abs. 4 Z. 2 KStG analog anzuwenden, wonach ein Verlustabzug ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zustehe, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse nicht mehr gegeben sei. Wenn diese Änderung zum Zwecke der Sanierung des Steuerpflichtigen mit dem Ziel der Erhaltung eines wesentlichen Teiles betrieblicher Arbeitsplätze erfolge, so sei ein Verlustabzug weiterhin anzuerkennen. Ein solcher Verdacht eines Manteltatbestandes sei dann nicht von der Hand zu weisen, wenn lediglich ein so genannter "besenreiner" Betrieb, das ist ein solcher ohne Weiterführung von Ware, Lieferanten, Personal und Einrichtung, übernommen bzw. verschmolzen werde. Die dem Grunde nach große Reichweite des Mantelkaufes werde durch die Ausnahmeregelung des letzten Satzes der Z. 3 positiv abgegrenzt. Voraussetzung für diese Ausnahmeregelung sei, dass bis zum Gesellschafterwechsel eine betriebliche Struktur im Wesentlichen unverändert vorhanden sei und ein wesentlicher Teil der mit der bisherigen Struktur verbundenen Arbeitsplätze in geänderter Struktur erhalten bleibe. Die Anwendung der Ausnahmeregelung scheitere schon daran, weil die S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH über keinerlei betriebliche Struktur verfügt habe. Sie habe weder Personal noch ein Büro mit dazugehörender Infrastruktur, ja nicht einmal ein Anzeichen irgendeiner wirtschaftlichen Tätigkeit aufgewiesen, sodass auch keine Arbeitsplätze zu erhalten gewesen wären. Im Beschwerdefall bestehe der Unterschied zum Mantelkauf nach dem KStG lediglich darin, dass es nicht allein um die Verwertung des Verlustvortrages der übertragenden Körperschaft durch die übernehmende Körperschaft gehe, sondern zusätzlich auch um die Umwandlung einer Rücklage nach § 12 EStG 1988 in eine Rücklage gemäß § 1 Abs. 3 StruktVG. Es sei im vorliegenden Fall lediglich der "Mantel" einer "besenreinen" GmbH gegründet worden, um die Versteuerung einer Rücklage nach § 12 EStG zu verhindern und den aus der Gründung resultierenden Verlust zu verwerten. Dieser Vorgang sei nicht anzuerkennen gewesen.

Gegen diese Bescheide richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, sie kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde geht davon aus, dass die Beteiligung der Beschwerdeführerin an der S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH nicht als zum Anlagevermögen gehörend anzusehen sei. Sie stützte sich hiebei auf die Dauer der

S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH und nahm darüber hinaus an, es sei nicht davon auszugehen, dass die Beteiligung der Beschwerdeführerin von Anfang an dazu bestimmt gewesen sei, dem eigenen Betrieb zu dienen.

Dieser Beurteilung kann nicht beigetreten werden. Stille Rücklagen können gemäß § 12 Abs. 3 EStG 1988 (in der Stammfassung) auf Beteiligungen übertragen werden, wenn die stillen Reserven aus einem anderen unkörperlichen Wirtschaftsgut stammen und die Beteiligung zum Anlagevermögen gehört und darüber hinaus die Geschäftsleitung oder der Sitz des Beteiligungsunternehmens im Inland liegt. Anteile an einer GmbH. stellen jedenfalls eine Beteiligung in diesem Sinne dar (Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 12, Tz 38).

Für die Frage der Zuordnung eines Wirtschaftsgutes zum Anlage- oder Umlaufvermögen kommt es - wie die belangte Behörde zutreffend hervorhebt - entscheidend darauf an, ob es dazu bestimmt ist, dauernd dem Geschäftsbetrieb des Unternehmens zu dienen. Es kommt somit auf die Zweckbestimmung des Vermögensgegenstandes an. Diese Zweckbestimmung wird häufig bereits aus der objektiven Eigenschaft des Vermögensgegenstandes, aus der Natur des Gegenstandes, aus der tatsächlichen Nutzung und aus dem Geschäftszweig des Unternehmens abzuleiten sein. Wenn aber eine solche objektive Funktionsbestimmung nicht mit Sicherheit möglich ist, ist die subjektive Widmung als letztlich entscheidendes Abgrenzungskriterium heranzuziehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Beteiligung. Die belangte Behörde verneinte die beschriebene Zweckbestimmung unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 1953, 1786/51, lediglich auf Grund der Dauer der Beteiligung. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass Wirtschaftsgüter, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß (Hervorhebung nicht im Original) auf einen Zeitraum von nicht mehr als einem Jahr erstreckt, nicht zum Anlagevermögen gerechnet werden können. Die im zitierten Erkenntnis vertretene Meinung lässt sich aber - wie die Beschwerdeführerin mit Recht hervorhebt - nicht auf den Fall ihrer Beteiligung übertragen, weil in der Regel Beteiligungen an einer GmbH nicht kurzfristig eingegangen werden. Dazu kommt, dass die Beschwerdeführerin laut Gesellschaftsvertrag auf unbestimmte Dauer gegründet wurde und die Beteiligung an gleichartigen Unternehmen zum Gegenstand ihres Unternehmens gehört. Aber auch die S. Vermögensverwaltungs- und Beteiligungs GmbH wurde laut ihrem Gesellschaftsvertrag auf unbestimmte Dauer gegründet. Angesichts dieser Gesellschaftsverträge und der behaupteten Änderung des Unternehmensgegenstandes durch die Anteilseigner ist es nicht zulässig, allein auf Grund der Dauer der Beteiligung die behauptete Zweckbestimmung der Beteiligung zu negieren. Gerade in einem solchen Fall ist die subjektive Widmung bereits im Zeitpunkt des Erwerbes der Beteiligung entscheidend. Dazu hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, sodass der Sachverhalt ergänzungsbedürftig ist. Die belangte Behörde wird daher im fortgesetzten Verfahren vor allem dem von der Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zu entsprechen haben.

Die belangte Behörde vertritt darüber hinaus die Auffassung, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Beteiligung ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens darstellt, könne die gewählte Vorgangsweise gemäß § 22 BAO nicht steuerlich anerkannt werden. Die im Laufe des Verfahrens zu Tage getretenen außersteuerlichen Motive der Reinvestition der durch den Beteiligungsverkauf zugeflossenen Geldmittel und der Änderung des Unternehmensgegenstandes der Beschwerdeführerin wurden im Wege der freien Beweiswürdigung negiert. Die Änderung der Einstellung des Eigentümers der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Beteiligung nahm die belangte Behörde nicht erst wie behauptet zum Jahreswechsel 1990/1991 an, sondern bereits als im Laufe des Jahres 1988 eingetreten. Hiebei stützte sich die belangte Behörde darauf, dass in der Bilanzposition "Beteiligungen" diese im Jahr 1989 nur mit S 201,-- und im Jahr davor mit einem wesentlich höheren Betrag ausgewiesen wurden. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass bereits in den Jahren 1984 und 1985 nach den Feststellungen der belangten Behörde die Beteiligungen mit einem derart niedrigen Wert ausgewiesen wurden. Die Bewertung der Beteiligungen in den einzelnen Jahren für sich allein lässt daher entgegen der belangten Behörde nicht auf eine Änderung der Einstellung des Eigentümers schließen. Die Einstellung des Eigentümers ist ein subjektives Element, auf dessen Vorhandensein zwar aus den nach außen in Erscheinung tretenden Verhalten geschlossen werden kann. Hiebei sind jedoch alle sonstigen Umstände entsprechend zu berücksichtigen. Feststellungen dazu hat die belangte Behörde, obwohl ein entsprechendes Beweisanbot (vergleiche die obigen Ausführungen zur Beweisaufnahme) gestellt wurde, nicht getroffen. Aus dem festgestellten objektiven Geschehen lässt sich jedoch die Missbrauchsabsicht noch nicht abschließend beurteilen.

Da es die belangte Behörde ungeachtet der ihr auferlegten Verpflichtung unterlassen hat, die wesentlichen Feststellungen zu treffen, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften behaftet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung einer Verhandlung, die die Beschwerdeführerin verlangt hat, konnte der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG absehen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. September 2000

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