Normen
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §916;
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AngG §23 Abs1;
ASVG §11 Abs3 lita;
ASVG §4 Abs2;
ABGB §914;
ABGB §915;
ABGB §916;
AlVG 1977 §12 Abs3 lita;
AlVG 1977 §25 Abs1;
AngG §23 Abs1;
ASVG §11 Abs3 lita;
ASVG §4 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte am 20. Dezember 1990 beim Arbeitsamt Wels Arbeitslosengeld; er legte dem Arbeitsamt eine Arbeitsbescheinigung des Dienstgebers (M. BauGmbH) vom 19. Dezember 1990 vor, wonach das seit 10. September 1990 dauernde Dienstverhältnis als Angestellter am 19. Dezember 1990 durch Lösung im beiderseitigen Einverständnis geendet habe. In der Folge erhielt der Beschwerdeführer vom 20. Dezember 1990 bis 3. März 1991 Arbeitslosengeld.
Am 17. Dezember 1991 beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Er legte eine Arbeitsbescheinigung des (selben) Dienstgebers vom 17. Dezember 1991 vor, wonach das seit 4. März 1991 dauernde Dienstverhältnis als Angestellter am 16. Dezember 1991 durch Kündigung durch den Dienstgeber geendet habe; auf Grund dieses Antrages erhielt der Beschwerdeführer vom 17. Dezember 1991 bis 29. Februar 1992 Arbeitslosengeld.
Auf Grund eines weiteren Antrages beim Arbeitsamt am 1. Dezember 1992 erhielt der Beschwerdeführer Arbeitslosengeld vom 1. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993. Laut vorliegender Arbeitsbescheinigung des Dienstgebers sei auch diesmal das Dienstverhältnis, welches vom 2. März 1992 bis 30. November 1992 angedauert habe, durch Kündigung durch den Dienstgeber gelöst worden.
Am 17. Dezember 1993, geltend für 20. Dezember 1993, beantragte der Beschwerdeführer neuerlich die Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Gemäß vorliegender Arbeitsbescheinigung sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 1. März 1993 bis 19. Dezember 1993 als Polier bei der M. BauGmbH beschäftigt gewesen; das Dienstverhältnis habe durch Lösung im beiderseitigen Einverständnis geendet. Der Beschwerdeführer erhielt daraufhin Arbeitslosengeld vom 20. Dezember 1993 bis 28. Februar 1994.
Am 11. April 1994 stellte der Beschwerdeführer - im Anschluss an die Eröffnung des Konkurses über die M. Bau GmbH - beim Arbeitsamt den Antrag auf Insolvenzausfallgeld für seinen Anspruch auf Abfertigung unter Zugrundelegung eines durchgehenden Beschäftigungszeitraumes vom 1. September 1990 bis 19. Dezember 1993 in Höhe von S 74.471,40 netto. Unter Punkt 9. des Antragsformulars erklärte er, er sei bei seinem Arbeitgeber als Angestellter von September 1990 bis 19. Dezember 1993 beschäftigt gewesen. Der Beschwerdeführer legte im Zuge der Antragstellung einen Dienstvertrag vor, welcher folgenden Inhalt aufwies (Unterstreichung nicht im Original):
"Sie werden im Angestelltenverhältnis mit folgender Entlohnung aufgenommen:
P2 nach dem 12. Dienstjahr .............S 24.885,-- zuzüglich erhalten Sie eine Baustellenzulage von S 91,65 pro Arbeitstag. Es wird Ihnen eine hauptsächliche (mind. 8 Monate im Jahr) Beschäftigung im engeren Bereich zugesichert, das heißt in dem tägliche Heimfahrt möglich ist.
Sollte sich in den Wintermonaten eine von der Firma angeordnete Unterbrechung bis zu drei Monaten ergeben, so gilt dies nicht als Dienstvertragsunterbrechung.
Es wird eine beiderseitige Kündigungsfrist von 2 Monaten vereinbart. Sie sind verpflichtet sämtliche Provisionen, Sachzuwendungen usw., die Sie im Rahmen des Dienstverhältnisses von Subunternehmerfirmen erhalten, an den Dienstgeber weiterzuleiten.
Für sämtliche anderen Grundlagen des Dienstverhältnisses gilt der Kollektivvertrag für Angestellte im Baugewerbe."
Am 27. Oktober 1994, vom Arbeitsmarktservice Wels niederschriftlich dazu befragt, gab der Beschwerdeführer an, jedes Jahr, seit er bei der M. BauGmbH beschäftigt sei, in der Zeit von Juli bis ca. Mitte August und auch an Einzeltagen seinen gesamten Urlaubsanspruch konsumiert zu haben. Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung seien nie zur Auszahlung gekommen. Die Sonderzahlungen (Weihnachts- und Urlaubsgeld) seien anlässlich jeder Beendigung zur Auszahlung gekommen. Die Initiative für die Lösung des Dienstverhältnisses im beiderseitigen Einverständnis sei immer vom Dienstgeber ausgegangen.
Mit Schreiben vom 23. November 1994 gab der Beschwerdeführer dem Arbeitsmarktservice bekannt, dass er in den Zeiten der Unterbrechung des Dienstverhältnisses in den Jahren 1990 bis 1993 von der M. BauGmbH weder Sachbezüge noch Geldleistungen bekommen habe. Er habe sich im Auftrag der Firmenleitung immer sofort beim Arbeitsmarktservice gemeldet und ein Einstellungsschreiben beigelegt, dass er jeweils im März kommenden Jahres wieder aufgenommen werde. Es habe sich jeweils immer um eine Unterbrechung von ca. drei Monaten gehandelt. Es sei zwischen ihm und der M. BauGmbH ein schriftliches Abkommen getroffen worden, nach welchem eine nicht länger als drei Monate dauernde Unterbrechung des Dienstverhältnisses nicht als Dienstunterbrechung angesehen, sondern als durchgehend gewertet werde. Diese Vereinbarung sei wegen seiner Abfertigung getroffen worden.
Mit Bescheid vom 19. Dezember 1994 widerrief das Arbeitsmarktservice Wels gemäß § 24 Abs. 2 AlVG den Bezug des Arbeitslosengeldes für die Zeiträume vom 20. Dezember 1990 bis 3. März 1991, 17. Dezember 1991 bis 29. Februar 1992 und 1. Dezember 1992 bis 28. Februar 1993 und verpflichtete den Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von S 96.978,--. Begründend wurde ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer während der angegebenen Zeiträume in einem aufrechten Dienstverhältnis befunden habe und daher der genannte Überbezug entstanden sei.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, die Behörde habe sich bei ihrer Entscheidung offenbar auf den zwischen dem Beschwerdeführer und der M. BauGmbH geschlossenen Dienstvertrag gestützt, wonach eine von der Gesellschaft angeordnete Unterbrechung in den Wintermonaten bis zu drei Monaten nicht als Dienstvertragsunterbrechung gelte. Die Absicht der Vertragsparteien hinsichtlich dieser Bestimmung sei gewesen, dadurch klarzustellen, dass trotz der Unterbrechung des Dienstverhältnisses bis zu drei Monaten allfällige Abfertigungsansprüche des Beschwerdeführers vertraglich aufrecht blieben. Die Vertragsparteien hätten nicht vereinbart, dass der Beschwerdeführer für nur ca. neun bis zehn Monate im Jahr eine Arbeitsleistung zu erbringen habe sowie nur in derselben entlohnt werde und sich in den restlichen Wochen des Jahres trotzdem in einem aufrechten Dienstverhältnis zur M. BauGmbH befinden solle. Bei der jeweiligen Beendigung des Dienstverhältnisses im November bzw. Dezember sei zur Gänze abgerechnet, das heiße sämtliche Sonderzahlungen seien aliquot berechnet und ausgezahlt worden. Allfällige noch vorhandene Urlaubstage seien nicht "mitgenommen" worden, sondern es sei eine tatsächliche Beendigung des Dienstverhältnisses erfolgt. Das jeweils von der M. BauGmbH ausgestellte Wiedereinstellungsschreiben hätte lediglich eine Absichtserklärung dargestellt, es sei daraus kein Anspruch ableitbar gewesen, dass der Beschwerdeführer mit Sicherheit wieder eingestellt werde. Dieses Schreiben sei jedesmal vom Beschwerdeführer beim Antrag auf Bezug des Arbeitslosengeldes dem Arbeitsmarktservice vorgelegt worden. Man könne ihm daher nicht vorwerfen, durch unwahre Angaben oder Verschweigung maßgebender Tatsachen den Arbeitslosengeldbezug herbeigeführt zu haben. Der Beschwerdeführer habe nicht erkannt bzw. habe nicht erkennen müssen, dass ihm die Leistungen nicht oder nicht in dieser Höhe gebührten, vielmehr habe er diese zu Recht bezogen. Bei richtiger Beurteilung des gesamten Sachverhaltes hätte das Arbeitsmarktservice erkennen müssen, dass in den vom Arbeitsmarktservice angeführten Zeiträumen eine Unterbrechung des Dienstverhältnisses vorgelegen sei und die erfolgten Unterbrechungen des Dienstverhältnisses lediglich für die Abfertigungsansprüche des Beschwerdeführers nicht als Dienstvertragsunterbrechungen gelten sollten. Es liege eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor, da die erstinstanzliche Behörde diese Umstände keiner näheren Überprüfung unterzogen habe.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid. Begründend wurde ausgeführt, dass eine den gesetzlichen Abfertigungsanspruch des Arbeitnehmers gemäß § 2 Abs. 1 des Arbeiterabfertigungsgesetzes in Verbindung mit § 23 des Angestelltengesetzes begründende Zusammenrechnung von Dienstzeiten zu erfolgen habe, wenn diese nahezu lückenlos aufeinander folgten. Dies geschehe nach den Regeln für Kettenarbeitsverhältnisse, sofern wegen der besonders kurzen Unterbrechungszeit die Annahme eines "unmittelbar vorausgegangenen Dienstverhältnisses" nahe liege und deutliche Hinweise auf einen gewollten inneren Zusammenhang zwischen beiden (oder allen) Arbeitsverhältnissen bestünden. Im gegenständlichen Fall sei nicht nur der Unterbrechungszeitraum kurz, sondern auch der gewollte Zusammenhang der Arbeitsverhältnisse offenkundig, da der Beschwerdeführer nur wegen eines vorübergehenden (immer wieder auftretenden) Arbeitsmangels gekündigt worden sei, die Kündigungserklärung für den Fall neuerlichen Bedarfs ein Wiedereinstellungsversprechen enthalten habe und er vor und nach der Freisetzung dieselbe Arbeit verrichtet habe. Laut Aussage des ehemaligen Geschäftsführers der M. BauGmbH wäre dem Beschwerdeführer bei Ende des Dienstverhältnisses auch gleichzeitig gesagt worden, dass dieses wieder am ersten Montag im März beginnen würde. Ein Anspruch auf Wiedereinstellung hätte nicht bestanden. Die Abrechnung der Entgeltansprüche zum jeweiligen "Ende" des Dienstverhältnisses stehe nach Ansicht der belangten Behörde der Annahme eines echten Karenzierungs- oder Aussetzungsvertrages nicht entgegen, weil sie gerade typisch für solche Vereinbarungen sei, um den Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung zu wahren. Trotz formeller Beendigung des Dienstverhältnisses könne daher sehr wohl die vorübergehende Suspendierung der beiderseitigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis beabsichtigt gewesen sein. Da im vorliegenden Fall in den Wintermonaten nur eine Karenzierung des Dienstverhältnisses (Entfall der Arbeits- und Entgeltpflicht) vorgelegen sei, sei das Arbeitslosengeld mangels Vorliegens von Arbeitslosigkeit zu widerrufen gewesen. Durch das Verschweigen maßgebender Tatsachen - der vom Beschwerdeführer im IESG-Verfahren vorgelegte Dienstvertrag sei bei der jeweiligen Antragstellung auf Arbeitslosengeld nicht vorgelegt worden, da dieser bei den relevanten Antragstellungen im Leistungsakt nicht aufscheine - habe der Beschwerdeführer einen Rückforderungstatbestand nach § 25 Abs. 1 AlVG verwirklicht. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Z. 1 AlVG in der hier zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer (u.a.) arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.
Gemäß § 12 Abs. 1 AlVG ist arbeitslos, wer nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine neue Beschäftigung gefunden hat.
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist ausschließlich die Frage strittig, ob die Zeiten der Nichtbeschäftigung des Beschwerdeführers echte Unterbrechungs- oder Karenzierungszeiten waren. Bei der Lösung der demnach entscheidenden privatrechtlichen Vorfrage kommt es auf den nach den §§ 914 ff ABGB zu ermittelnden Inhalt der - gegebenenfalls - zwischen den Arbeitsvertragspartnern abgeschlossenen Vereinbarung an (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Oktober 1992, Zl. 92/08/0047, sowie die Entscheidung des OGH vom 17. März 1999, 9 ObA 25/99p).
Der Beschwerdeführer hat in diesem Zusammenhang stets behauptet, die oben wiedergegebene Vertragsklausel sei dahin zu verstehen, dass dann, wenn eine Unterbrechung bis drei Monaten angeordnet bzw. vereinbart würde, nur hinsichtlich seines Abfertigungsanspruches von einem durchgehenden Dienstverhältnis auszugehen sei.
Die belangte Behörde hat sich mit dieser Behauptung des Beschwerdeführers nicht auseinander gesetzt. Sie hat für ihre Auffassung, es läge eine Karenzierung vor, vielmehr ins Treffen geführt, dass die strittigen Unterbrechungszeiten abfertigungsrechtlich wegen ihrer Kürze ohnedies einzurechnen gewesen seien und der innere Zusammenhang der Arbeitsverhältnisse gegen eine Unterbrechung spreche. Die Abrechnung der Entgeltansprüche zum jeweiligen "Ende" des Dienstverhältnisses stehe der Annahme eines echten Karenzierungsvertrages nicht entgegen.
Damit ist die belangte Behörde allerdings nicht im Recht:
Zunächst kann eine Unterbrechung bis zu drei Monaten nicht als so kurz beurteilt werden, dass noch von einem einheitlichen Dienstverhältnis gesprochen werden könnte (vgl. z.B. OGH vom 17. Februar 1987, 14 Ob A 23/87). Aus der konsequenten Abrechnung der Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis zu jedem Saisonende sowie der Auszahlung der aliquoten Sonderzahlungen lässt sich andererseits nach der Rechtsprechung im Rahmen der gebotenen Gesamtbeurteilung der Erklärungswert gewinnen, dass das jeweilige Dienstverhältnis beendet und nicht bloß karenziert werden sollte. Demgegenüber spräche nicht einmal die Nichtauszahlung einer schon gebührenden Abfertigung eindeutig für eine Karenzierung, da bei saisonalen Arbeitsverhältnissen wegen der regelmäßigen Unterbrechung und somit Nichterreichung der Dreijahresfrist des § 23 Abs. 1 AngG ein Abfertigungsanspruch kraft Gesetzes oftmals gar nicht entsteht (vgl. dazu die Entscheidungen des OGH vom 15. Mai 1996, 9 Ob A 105/95, vom 25. Juni 1998, 8 Ob A 58/98g, und vom 17. März 1999, 9 Ob A 25/99p).
Wäre die oben wiedergegebene Vertragsklausel daher so zu verstehen, wie der Beschwerdeführer behauptet hat, so spräche dies auch unter Berücksichtigung der übrigen Umstände für eine echte Unterbrechung des Dienstverhältnisses.
Aufgrund dieser Erwägungen belastete die belangte Behörde ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 26. Jänner 2000
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