VwGH 99/15/0118

VwGH99/15/011825.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des W S in B, vertreten durch Dr. Eugen Amann, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Rathausstraße 35a, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 16. Februar 1999, RV 407/1-V5/98, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (Rückzahlungsantrag), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
BAO §245;
BAO §308 Abs1;
BAO §309a;
VwRallg;
ABGB §1002;
BAO §245;
BAO §308 Abs1;
BAO §309a;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stellte am 30. September 1998 beim Finanzamt den Antrag auf Rückzahlung des Guthabens auf seinem Abgabenkonto.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 1998, der dem Steuerberater Dipl.Vw. FK am 8. Oktober 1998 zugestellt wurde, wies das Finanzamt den Antrag ab und führte zur Begründung aus, dass das Abgabenkonto kein Guthaben aufweise.

Am 17. November 1998 berief der Beschwerdeführer. Zugleich stellte er für den Fall der Fristversäumnis einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, welchen er damit begründete, dass ihm der Bescheid betreffend die Abweisung des Rückzahlungsantrages erst am 13. November 1998 zur Kenntnis gelangt sei.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Bescheid vom 18. November 1998 als verspätet zurück. Ebenfalls mit Bescheid vom 18. November 1998 wies es den Wiedereinsetzungsantrag ab, weil kein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis vorgelegen sei. Dipl.Vw. FK sei Zustellvollmacht erteilt gewesen. Das Vollmachtsverhältnis sei erst nach Zustellung des Bescheides betreffend die Abweisung des Rückzahlungsantrages per Niederschrift am Finanzamt vom 10. November 1998 beendet worden. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung seien nicht gegeben.

Gegen diesen Abweisungsbescheid brachte der Beschwerdeführer Berufung ein. Er habe erst am 13. November 1998 anlässlich einer Akteneinsicht Kenntnis über die Abweisung des Rückzahlungsantrages erhalten. Dipl.Vw. FK habe durch die Zurückhaltung des Bescheides die ihm mit Vollmacht vom 30. April 1993 eingeräumte Befugnis überschritten. Die Vollmacht sei nämlich nicht dafür vorgesehen gewesen, dem Beschwerdeführer einen ihn betreffenden Bescheid vorzuenthalten. Es sei somit eine unzulässige Zustellung erfolgt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Dipl.Vw. FK sei vom Beschwerdeführer ausdrücklich zum Empfang von Schriftstücken bevollmächtigt gewesen. Der Beschwerdeführer habe die Vollmacht erst am 10. November 1998 widerrufen. Die Zustellung an Dipl.Vw. FK sei daher ordnungsgemäß. Ein Wiedereinsetzungsgrund wäre nur gegeben, wenn die Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis von der Zustellung keine Kenntnis erlangt hätte, wobei der Partei keine auffallende Sorglosigkeit an der Unkenntnis zur Last gelegt werden dürfte. Nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers habe Dipl.Vw. FK auftragswidrig gehandelt und ihm den Bescheid vorenthalten. Das Verschulden des Parteienvertreters an der Fristversäumung sei aber dem Verschulden der Partei gleichzuhalten. Auch das Untätigbleiben des Vertreters sei unmittelbar dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Es sei nicht entscheidend, ob der Vertreter den Beschwerdeführer verständigt habe. Dass aber der Vertreter an der Erhebung einer Berufung gehindert gewesen wäre, werde vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien daher nicht erfüllt.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

In der Beschwerde wird vorgebracht, der Bescheid betreffend die Abweisung des Rückzahlungsantrages sei nicht wirksam zugestellt worden. Zwar sei Dipl.Vw. FK Zustellvollmacht erteilt worden, der Beschwerdeführer habe den Rückzahlungsantrag aber persönlich gestellt. Zudem liege kein Zustellnachweis über die Zustellung an Dipl.Vw. FK vor und sei auch aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich, ob die Zustellung erfolgt sei.

Diesem Vorbringen ist zu entgegen, dass die Verfügung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO wegen Versäumung der Berufungsfrist jedenfalls ausgeschlossen wäre, wenn der erstinstanzliche Bescheid gar nicht erlassen wäre. Läge keine Fristversäumung vor, so wäre der Wiedereinsetzungsantrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen. Der Antragsteller wird aber nicht in seinen Rechten verletzt, wenn sein Antrag in einem solchen Fall nicht zurückgewiesen, sondern abgewiesen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Februar 1998, 96/16/0072).

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, für den Fall der wirksamen Zustellung sei davon auszugehen, dass er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Berufungsfrist gehindert gewesen sei, weil ihm der Bescheid nicht zur Kenntnis gelangt sei. Im Übrigen gehe die belangte Behörde von einem Verschulden des Parteienvertreters aus, ohne geprüft zu haben, ob die Benachrichtigung aus dessen Verschulden oder aus einem Versehen des Kanzleipersonals unterblieben sei.

Das Wesen der Zustellvollmacht liegt darin, dass die behördliche Erledigung durch die Bekanntgabe an den Bevollmächtigten wirksam wird, ohne dass es einer Benachrichtigung des Vollmachtgebers bedarf. Der Vertreter hätte ohne Benachrichtigung des Beschwerdeführers (rechtzeitig) Berufung erheben können, weshalb im Unterbleiben der Benachrichtigung grundsätzlich kein Hindernis für die Wahrung der Berufungsfrist gelegen ist.

Wenn allerdings durch Vereinbarungen im Innenverhältnis die Wahrung der Frist von der Benachrichtigung abhängig ist und der Vertreter auftragswidrig die Benachrichtigung unterlassen hat, so ist - wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zu Recht ausführt - entscheidend, dass das Verschulden des Vertreters dem Verschulden des Vertretenen gleichzuhalten ist (vgl. die hg. Entscheidung vom 10. September 1998, 98/15/0130) und das auftragswidrige Verhalten als solches ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden beinhaltet. Besondere Umstände, die gegen ein solches Verschulden sprechen würden, sind nicht dargetan worden.

Dem Beschwerdevorbringen betreffend ein allfälliges Versehen des Kanzleipersonals ist zu entgegnen, dass es Sache des Wiedereinsetzungswerbers ist, das Vorliegen der Wiedereinsetzungsvoraussetzungen im Verwaltungsverfahren zu behaupten und glaubhaft zu machen. Dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren ein Vorbringen betreffend das Versehen des Kanzleipersonals erstattet hätte, behauptet er nicht. Aus dem durch BGBl. I 28/1999 eingeführten § 309a BAO ergibt sich nicht, dass die Behörde nach Abs. 2 dieser Bestimmung einen Mängelbehebungsauftrag zu erlassen hätte, wenn der Wiedereinsetzungsantrag Ausführungen enthält, mit denen der Art nach den in Abs. 1 der Bestimmung angeführten Voraussetzungen eines Wiedereinsetzungsantrages entsprochen wird. Im Verwaltungsverfahren hat der Beschwerdeführer hinsichtlich des Tatbestandes des § 309a Abs. 1 lit. c BAO Ausführungen dahingehend gemacht, dass ihm Dipl.Vw. FK den Bescheid vorenthalten habe.

Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt ist, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. November 1999

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