VwGH 99/05/0076

VwGH99/05/007631.8.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Bürgermeisters der Marktgemeinde Nußdorf-Debant, vertreten durch Dr. Michael Goller, Rechtsanwalt in Innsbruck, Edith-Stein-Weg 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Februar 1999, Zl. Ib-1329/6-1999, betreffend Reklamationsverfahren nach § 17 Meldegesetz (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. Thomas Kranebitter in Nußdorf-Debant, Graf-Leonhard-Straße 27, 2. Bürgermeister der Stadtgemeinde Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

JN §66 Abs1 impl;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;
MeldeG 1991 §17 Abs3;
VwRallg;
JN §66 Abs1 impl;
MeldeG 1991 §1 Abs7;
MeldeG 1991 §17 Abs1;
MeldeG 1991 §17 Abs2 Z2;
MeldeG 1991 §17 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 13. Juni 1975 geborene Erstmitbeteiligte hat seinen Hauptwohnsitz (§ 23 Abs. 1 Meldegesetz 1991, BGBl. Nr. 9/1992 idF BGBl. Nr. 352/1995) in Nußdorf-Debant, Graf-Leonhard-Straße 27 gemeldet. Mit Beginn seines Studiums bezog er am Studienort in Innsbruck Jesuitenkolleg Sillgasse 6 eine Wohnung. Die diesbezügliche Anmeldung erfolgte am 4. Oktober 1993 mit der Mitteilung, dass es sich hiebei nicht um einen ordentlichen Wohnsitz im Sinne des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, handelt.

Im Zuge eines beim Stadtmagistrat Innsbruck vom Erstmitbeteiligten gestellten Antrages auf Wohnkostenbeihilfe gab der Erstmitbeteiligte am 16. November 1998 gegenüber dieser Behörde folgende Stellungnahme ab:

"... Für die Beibehaltung meines Hauptwohnsitzes in Osttirol ist für mich meine politische Willensbildung maßgeblich. Betreffend den Nebenwohnsitz möchte ich anführen, dass derzeit sicherlich aufgrund meines Studiums bzw. meines Freundeskreises der Mittelpunkt meiner Lebensinteressen in Innsbruck zu suchen ist. Auf keinen Fall möchte ich eine Ummeldung vornehmen, da ich im Sommer 1999 mein Studium beenden werde - und um etwaigen beruflichen Nachteilen vorzubeugen - derzeit noch nicht angeben kann, wo ich meinen zukünftigen Arbeitsplatz finden werde. ..."

Der zweitmitbeteiligte Bürgermeister beantragte hierauf bei der belangten Behörde am 9. Dezember 1998 die Einleitung eines Reklamationsverfahrens gemäß § 17 Abs. 2 Meldegesetz 1991 unter Hinweis auf die Aussage des Erstmitbeteiligten vom 16. November 1998.

Über Aufforderung gab der Beschwerdeführer hiezu am 7. Jänner 1999 folgende Stellungnahme ab:

"...

Im elterlichen Wohnhaus hat (Erstmitbeteiligter) sein eigenes eingerichtetes Zimmer, er kommt jedes Wochenende nach Hause und fährt in der Regel am Sonntag abends oder Montag früh wieder auf seinen Studienort (derzeit leistet er den Zivildienst beim Roten Kreuz) nach Innsbruck zurück, wo er nach Ableistung des Zivildienstes für das Doktorat weiterstudiert.

Auch in der Ferienzeit (Weihnachts-, Semester-, Oster-, Pfingst- und Sommerferien) hält er sich fast ausschließlich in Nußdorf-Debant auf.

Außerdem nimmt (Erstmitbeteiligter) am politischen Leben teil; er ist Gemeinderats-Ersatzmitglied auf der "ÖVP-Bürgermeisterliste". Als solcher nimmt er vielfach auch an den allmonatlichen Gemeinderats-Klubsitzungen teil und bringt seine Vorschläge und Anregungen für die politische Gemeindearbeit vor allem als Jugendvertreter ein. Zudem nimmt er auch am kulturellen und pfarrlichen Geschehen als Mitglied des Kirchenchores aktiv teil.

(Erstmitbeteiligter) begehrt selbst aufgrund obiger Tatsachen und Umstände die Belassung seines Hauptwohnsitzes zumindest bis Studiumsende in seiner Heimatgemeinde Nußdorf-Debant!

Es besteht sohin überhaupt kein Zweifel, dass der Hauptwohnsitz und sohin der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen von (Erstmitbeteiligter) seine Heimatgemeinde Nußdorf-Debant ist."

Der Erstmitbeteiligte führte in seiner Stellungnahme an die belangte Behörde vom 8. Februar 1999 aus:

"...

Im Zuge meines Antrages auf Wohnkostenbeihilfe ... habe ich bereits angeführt, dass ich mich zur Zeit v.a. aufgrund meines Studiums hauptsächlich in Innsbruck aufhalte. Da jeder Student primär an seinem Studienort verweilt und somit auch dort seinen Mittelpunkt der Lebensbeziehungen hat (zumindest vorübergehend), müsste die Stadtgemeinde Innsbruck für jeden Studenten ein Reklamationsverfahren einleiten. Da ich mein Doktoratstudium vorläufig im Jahr 2000 beenden werde und ich z. Zeit noch nicht weiß, wo ich mich endgültig niederlassen werde (kann?!), möchte ich auch weiterhin - zumindest bis zum Ende meines Studiums - meinen Hauptwohnsitz in Nußdorf-Debant beibehalten.

Ich habe ebenfalls im Zuge des obgenannten Antrages angegeben, dass für die Beibehaltung meines Hauptwohnsitzes in Nußdorf-Debant meine politische Willensbildung maßgeblich ist. Diesbezüglich hat bereits der Bürgermeister meiner Heimatgemeinde, ..., interveniert.

..."

Der zweitmitbeteiligte Bürgermeister verwies in einer Stellungnahme vom 3. Februar 1999 auf die Äußerungen des Erstmitbeteiligten, wonach der Mittelpunkt seiner Lebensinteressen derzeit sicherlich aufgrund seines Studiums bzw. Freundeskreises in Innsbruck zu suchen sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 15. Februar 1999 wurde dem Antrag des zweitmitbeteiligten Bürgermeisters Folge gegeben und der Hauptwohnsitz des Erstmitbeteiligten in Nußdorf-Debant aufgehoben. Der Erstmitbeteiligte wurde angewiesen, die für seinen nunmehrigen Hauptwohnsitz erforderliche Ummeldung binnen einem Monat vorzunehmen. In der Begründung wurde hiezu ausgeführt, im Reklamationsverfahren werde ausschließlich die "Mittelpunktqualität" des gemeldeten Hauptwohnsitzes geprüft. Es gehe daher nicht um die Frage, wo der Bürger tatsächlich seinen Hauptwohnsitz habe, sondern nur darum, ob er dort, wo er ihn gemeldet habe, einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen habe. Das Beweisthema sei im Reklamationsverfahren somit zwingend vorgeschrieben. Habe ein Mensch mehrere Wohnsitze, so komme es für die Beurteilung des Mittelpunktes der Lebensbeziehungen auf eine Gesamtschau an, die sich aus der Betrachtung des beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Umfeldes eines Menschen ergebe. Dabei sei es durchaus möglich, dass am Hauptwohnsitz wenige oder gar keine Lebensbeziehungen einer bestimmten Kategorie (beruflich, wirtschaftlich, gesellschaftlich) bestünden. Beweismittel im Ermittlungsverfahren sei das Parteivorbringen, wobei den Äußerungen des Betroffenen besonderes Gewicht zukomme. Ihm obliege es darzulegen, welche Umstände dafür maßgeblich seien, dass an der betreffenden Unterkunft der Mittelpunkt der Lebensbeziehungen bestehe. Der Erstmitbeteiligte habe hinsichtlich des Mittelpunktes seiner Lebensbeziehungen in seinen Stellungnahmen vom 14. November 1998 und vom 8. Februar 1999 ausgeführt, dass derzeit aufgrund seines Studiums bzw. seines Freundeskreises der Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Innsbruck zu suchen sei. Die belangte Behörde gelange daher unter Zugrundelegung des Parteienvorbringens zu dem Ergebnis, dass der Erstmitbeteiligte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Innsbruck, Sillgasse 6, habe. Eine allfällige spätere Hauptwohnsitznahme in Nußdorf-Debant sei bei Änderung der Umstände jederzeit möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich in dem Recht "auf ordnungsgemäße Durchführung des Reklamationsverfahrens" verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Gerügt wird insbesonders, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid lediglich die beiden Äußerungen des Erstmitbeteiligten der Entscheidung zugrunde gelegt und eine Gesamtbetrachtung der Lebenssituation des Erstmitbeteiligten verabsäumt habe.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall anzuwendenden maßgeblichen

Rechtsvorschriften des Meldegesetzes 1991, BGBl. Nr. 9/1992 idF

BGBl. Nr. 352/1995, haben folgenden Wortlaut:

"Begriffsbestimmungen

§ 1.

...

(6) Ein Wohnsitz eines Menschen ist an einer Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, dort bis auf weiteres einen Anknüpfungspunkt von Lebensbeziehungen zu haben.

(7) Der Hauptwohnsitz eines Menschen ist an jener Unterkunft begründet, an der er sich in der erweislichen oder aus den Umständen hervorgehenden Absicht niedergelassen hat, diese zum Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen zu machen; trifft diese sachliche Voraussetzung bei einer Gesamtbetrachtung der beruflichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebensbeziehungen eines Menschen auf mehrere Wohnsitze zu, so hat er jenen als Hauptwohnsitz zu bezeichnen, zu dem er das überwiegende Naheverhältnis hat.

...

Reklamationsverfahren

§ 17. (1) Der Landeshauptmann führt über Antrag (Abs. 2) ein Reklamationsverfahren durch und entscheidet darüber, ob ein Mensch, der in einer Gemeinde seines Landes mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, dort weiterhin den Hauptwohnsitz hat. ...

(2) Das Reklamationsverfahren wird über Antrag des Bürgermeisters

1. der Gemeinde, in der ein Mensch mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, oder

2. einer Gemeinde, in der ein Mensch zwar nicht mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, aber einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat,

geführt. In diesem Verfahren sind der Betroffene, der Antragsteller und der Bürgermeister der Gemeinde, in der der Betroffene mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, Partei.

(3) Die Entscheidung wird aufgrund des Vorbringens der Parteien getroffen, die zur Mitwirkung in besonderem Maße verpflichtet sind; die Bürgermeister dürfen hiebei jedoch nur Tatsachen geltend machen, die sie in Vollziehung eines Bundes- oder Landesgesetzes ermittelt haben und die keinem Übermittlungsverbot unterliegen. Bestehen aufgrund dieser Vorbringen Zweifel darüber, ob der Betroffene in einer bestimmten Gemeinde (Abs. 2 Z. 1 oder 2) einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, so kann zum Ermittlungsergebnis eine Stellungnahme des Österreichischen Statistischen Zentralamtes eingeholt werden.

(4) Wird der Hauptwohnsitz des Betroffenen aufgehoben, so ist diesem in dem Bescheid außerdem aufzutragen, binnen einem Monat bei der für seinen nunmehrigen Hauptwohnsitz zuständigen Meldebehörde die erforderliche Meldung vorzunehmen; dies gilt nicht, wenn Grund zur Annahme besteht, der Betroffene habe im Inland keinen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen. Gegen den Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig.

(5) Der Bescheid ist nach Eintritt der Rechtskraft den für die beiden Gemeinden zuständigen Meldebehörden mitzuteilen. Die für die Unterkunft gemäß Abs. 2 Z. 1 zuständige Meldebehörde hat allenfalls aufgrund des Bescheides ihr Melderegister mit dem Datum der Rechtskraft des Bescheides zu berichtigen.

(6) Gegen den Bescheid können die Bürgermeister, die im Verfahren Parteistellung hatten, Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

...

Inkrafttreten der Übergangsbestimmungen

§ 23. (1) Meldungen nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1972, BGBl. Nr. 30/1973, gelten als Meldungen im Sinne dieses Bundesgesetzes ... Wohnungen, die bisher als ordentlicher Wohnsitz gemeldet waren, sind nunmehr als Hauptwohnsitz gemeldet, es sei denn, der Betroffene hätte mehrere ordentliche Wohnsitze gemeldet. Wird in solchen Fällen der Betroffene an einem ordentlichen Wohnsitz in der Wählerevidenz geführt, so gilt dieser als sein Hauptwohnsitz, sonst ist dies der zuletzt begründete ordentliche Wohnsitz.

..."

Das elterliche Wohnhaus in Nußdorf-Debant, Graf-Leonhard-Straße 27, war offensichtlich als ordentlicher Wohnsitz des Beschwerdeführers nach dem Meldegesetz 1972, BGBl. Nr. 30/1973, gemeldet. Aufgrund der Übergangsbestimmungen des § 23 Abs. 1 Meldegesetz 1991 ist diese Wohnung nunmehr als Hauptwohnsitz gemeldet.

In einem Reklamationsverfahren nach § 17 Abs. 1 Meldegesetz 1991 ist von der Behörde darüber zu entscheiden, "ob ein Mensch, der in einer Gemeinde seines Landes mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, dort weiterhin den Hauptwohnsitz hat"; im Reklamationsverfahren nach § 17 Meldegesetz 1991 wird also ausschließlich die Wohnsitzqualität des gemeldeten Hauptwohnsitzes geprüft (vgl. hiezu Czeppan-Szirba, Das österreichische Melderecht, Seite 137, sowie den Durchführungserlass des Bundesministeriums für Inneres vom 28. Dezember 1994, Zl 11.000/91-II/13/94, abgedruckt bei Czeppan-Szirba, a.a.O., Seite 198 f).

Das Reklamationsverfahren nach § 17 Meldegesetz 1991 kann gemäß Abs. 2 Z. 2 dieser Gesetzesstelle auch über Antrag des Bürgermeisters einer Gemeinde, in der ein Mensch zwar nicht mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, aber einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat, geführt werden. Der Bürgermeister der Stadt Innsbruck stützte seine Antragslegitimation auf diese Gesetzesstelle. Die belangte Behörde geht aufgrund des Vorbringens des Beschwerdeführers offensichtlich davon aus, dass der Erstmitbeteiligte einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in der Stadt Innsbruck hat und der Beschwerdeführer daher berechtigt war, den Antrag nach § 17 Abs. 2 Meldegesetz 1991 zu stellen.

Ob der Erstmitbeteiligte einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in der Stadt Innsbruck hat und daher der Bürgermeister der Stadt Innsbruck im Beschwerdefall im Sinne des § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz 1991 antragslegitimiert ist, kann aber aufgrund des Vorbringens der Parteien (vgl. § 17 Abs. 3 Meldegesetz 1991) derzeit nicht beurteilt werden, weil es bei Beurteilung des Tatbestandsmerkmales "Mittelpunkt der Lebensbeziehungen" auf eine Gesamtschau ankommt, bei welcher - wie auch den Erläuterungen der Regierungsvorlage zur Meldegesetznovelle, BGBl. Nr. 505/1994 (GP XVIII RV 1334), zu entnehmen ist - vor allem folgende Bestimmungskriterien maßgeblich sind: Aufenthaltsdauer, Lage des Arbeitsplatzes und der Ausbildungsstätte, Ausgangspunkt des Weges zum Arbeitsplatz und zur Ausbildungsstätte, Wohnsitz der übrigen, insbesondere der minderjährigen Familienangehörigen und der Ort, an dem sie ihrer Erwerbstätigkeit nachgehen, ausgebildet werden oder die Schule und den Kindergarten besuchen, Funktionen in öffentlichen und privaten Körperschaften. Durchaus möglich ist, dass am Hauptwohnsitz - und damit beim Mittelpunkt der Lebensbeziehungen - wenige oder gar keine beruflichen Lebensbeziehungen bestehen.

Da die Antragslegitimation nach § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz 1991 an dem materiell-rechtlichen Kriterium "Mittelpunkt der Lebensbeziehungen" des Betroffenen hängt, kann das eigentliche Reklamationsverfahren nach § 17 leg. cit. erst eingeleitet werden, wenn feststeht, dass der Betroffene in der Gemeinde des antragstellenden Bürgermeisters tatsächlich einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat (vgl. hiezu auch den Durchführungserlass des Bundesministeriums für Inneres vom 28. Dezember 1994, abgedruckt bei Czeppan-Szirba, a.a.O., Seite 199). Dies ist unter Beachtung der Verfahrensgrundsätze nach § 17 Abs. 3 Meldegesetz 1991 zu klären; im Zweifelsfalle kann zum Ermittlungsergebnis auch eine Stellungnahme des Österreichischen Statistischen Zentralamtes von der Behörde eingeholt werden. Im Verfahren nach § 17 Abs. 3 Meldegesetz 1991 kommt den Äußerungen des Betroffenen besonderes Gewicht zu. Ihm obliegt es darzulegen, welche Umstände dafür maßgeblich sind, dass er an der betreffenden Unterkunft einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen hat.

Die belangte Behörde hat zwar die Stellungnahme des Erstmitbeteiligten vom 8. Februar 1999 ihrer rechtlichen Schlussfolgerung, er hätte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Innsbruck, herangezogen. Aus dieser Stellungnahme ergeben sich jedoch noch keine für die Beurteilung des Tatbestandsmerkmales "Mittelpunkt der Lebensinteressen" hinreichenden Kriterien, die dem Erfordernis einer Gesamtschau im oben aufgezeigten Sinn entsprächen. In seiner Stellungnahme führt der Erstmitbeteiligte nämlich nur aus, dass er sich derzeit vor allem "aufgrund meines Studiums hauptsächlich in Innsbruck aufhalte". Die übrigen Ausführungen in dieser Stellungnahme sind kein Tatsachen- sondern ein Rechtsvorbringen; die im Reklamationsverfahren zu prüfende Rechtsfrage, ob der Erstmitbeteiligte weiterhin in Nußdorf-Debant einen Hauptwohnsitz hat, ist jedoch von der belangten Behörde zu klären. Die vom Stadtmagistrat Innsbruck aufgenommene Niederschrift vom 16. November 1998 wiederum ist für die Beurteilung der Frage, ob der Erstmitbeteiligte einen Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen in Innsbruck hat, schon deshalb von untergeordneter Bedeutung, weil die dort festgehaltene Aussage des Erstmitbeteiligten anlässlich eines Verfahrens betreffend die Zuerkennung einer "Wohnkostenbeihilfe nach dem Zivildienstgesetz" abgelegt worden ist, und bei dieser Amtshandlung nicht geklärt werden sollte, wo der Erstmitbeteiligte den Mittelpunkt seiner Lebensbeziehungen im Sinne des Meldegesetzes 1991 hat. Um dies festzustellen, bedarf es daher einer Ergänzung des Ermittlungsverfahrens durch die belangte Behörde, insbesondere durch ergänzende Befragung des Erstmitbeteiligten, wobei die Behörde insbesondere die für das Tatbestandsmerkmal "Mittelpunkt der Lebensbeziehungen" maßgeblichen - oben demonstrativ wiedergegebenen - Bestimmungskriterien durch eingehende Befragung des Betroffenen zu erforschen hat. Erst dann kann beurteilt werden, ob der Bürgermeister der Stadt Innsbruck im Beschwerdefall antragslegitimiert im Sinne des § 17 Abs. 2 Z. 2 Meldegesetz 1991 ist.

Da die belangte Behörde dies verkannte und eine Entscheidung in der Sache ohne Klärung der Frage der Antragslegitimation des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck getroffen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Bejahung der Antragslegitimation des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck enthebt die belangte Behörde in der Folge nicht von der Verpflichtung, das eigentliche Verfahren nach § 17 Meldegesetz 1991 einzuleiten und darüber zu entscheiden, ob der Erstmitbeteiligte, der in der Gemeinde Nußdorf-Debant mit Hauptwohnsitz angemeldet ist, dort weiterhin den Hauptwohnsitz hat. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es Fälle geben kann, in denen der Betroffene sowohl über mehrere Wohnsitze als auch an mehreren dieser Wohnsitze über Mittelpunkte der Lebensbeziehungen verfügen kann.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 31. August 1999

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