VwGH 98/17/0212

VwGH98/17/021226.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der N-GmbH, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 25. Mai 1998, Zl. IIIa-221/118, betreffend Kanalbenützungsgebühren Jänner bis Juni 1997 (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Nenzing, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AbgVG Vlbg 1984 §27 Abs3 lita;
AbgVG Vlbg 1984 §74;
BAO §177;
BAO §93 Abs3 lita;
KanalO Nenzing 1992 §14;
KanalO Nenzing 1992 §15 Abs5;
KanalO Nenzing 1992 §15;
AbgVG Vlbg 1984 §27 Abs3 lita;
AbgVG Vlbg 1984 §74;
BAO §177;
BAO §93 Abs3 lita;
KanalO Nenzing 1992 §14;
KanalO Nenzing 1992 §15 Abs5;
KanalO Nenzing 1992 §15;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit zwei Erledigungen vom 19. Juni 1997 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde der Beschwerdeführerin für den Zeitraum erstes Vierteljahr 1997 für die Objekte "Büro-Abwasserzähler" und "Abw.-Messanlage" von einer Bemessungsgrundlage von 22 m3 bzw. 76.342 m3 die Kanalbenützungsgebühr in der Höhe von S 381,15 bzw. S 1,322.625,15 vor.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin "Berufung" und beantragte die "Neufestsetzung" der Kanalbenützungsgebühr unter Anwendung des § 15 Abs. 5 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde.

Mit weiteren Erledigungen vom 13. August 1997 bzw. 1. September 1997 wurden der Beschwerdeführerin für den Zeitraum zweites Vierteljahr 1997 für dieselben Objekte die Kanalbenützungsgebühren in gleicher Höhe wie im ersten Vierteljahr vorgeschrieben. Auch dagegen erhob die Beschwerdeführerin "Berufung" und beantragte die "Neufestsetzung".

Mit Bescheid vom 29. Oktober 1997 wies die Abgabenkommission der mitbeteiligten Marktgemeinde die genannten Berufungen als unbegründet ab und bestätigte die "Bescheide des Bürgermeisters vom 19.06.1997 und 13.08.1997". Dies mit der Begründung, seitens der mitbeteiligten Marktgemeinde sei im Zuge des Ermittlungsverfahrens ein entsprechendes Gutachten des Landeswasserbauamtes eingeholt worden. In der Stellungnahme dieser Landesdienststelle sei klar festgestellt worden, dass die Betriebsabwässer der Beschwerdeführerin gegenüber einem häuslichen Abwasser eine wesentlich höhere organische Fracht aufwiesen. Ferner würden die Abwässer der Beschwerdeführerin infolge der hohen organischen Konzentration die Betriebskosten bei der Abwasserreinigungsanlage des Abwasserverbandes nicht verringern, sondern erhöhen. Die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mengenrabatts nach § 15 Abs. 5 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde seien daher nicht gegeben.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid vom 29. Oktober 1997 erhobenen Vorstellung keine Folge. In der Begründung heißt es, bei einer Verringerung der (faktischen) Betriebskosten sei gerade auf die organische Fracht des Schmutzwassers, somit auf dessen "Qualität" Bedacht zu nehmen, da diese Fracht nachhaltig die anfallenden Betriebskosten beeinflusse. Auf Grund der Feststellungen der Vorstellungsbehörde, die im Wesentlichen auf den schlüssigen Gutachten des Landeswasserbauamtes und eines Ingenieurbüros inklusive der Analysezeugnisse eines Labors beruhten, sei eine Verringerung der auf eine Mengeneinheit des Schmutzwassers entfallenden Betriebskosten der bestehenden Abwasserreinigungsanlage auszuschließen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Verringerung der Kanalbenützungsgebühr nach § 15 Abs. 5 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühren haben gemäß § 15 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde bei einer anfallenden Schmutzwassermenge von 50.001 und mehr Kubikmetern 30 % außer Betracht zu bleiben, wenn diese ein solches Ausmaß erreicht, dass sie geeignet ist, die auf eine Mengeneinheit des Schmutzwassers entfallenden Betriebskosten der bestehenden Abwasserreinigungsanlage zu verringern.

Die Kanalbenützungsgebühr nach §§ 14 und 15 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde ist jeweils für ein Jahr zu bemessen. Bei der Prüfung der Voraussetzungen für die Verringerung der Kanalbenützungsgebühren nach § 15 Abs. 5 Kanalordnung der mitbeteiligten Marktgemeinde ist daher die gesamte Schmutzwassermenge des Jahres und nicht bloß die jeweilige vierteljährliche Schmutzwassermenge gesondert anzusetzen.

Die belangte Behörde ging jedoch bei ihren Berechnungen jeweils von einem Zeitraum von drei Monaten und nicht von der Schmutzwassermenge eines Jahres aus. Damit verkannte sie die Rechtslage und belastete den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Für das weitere Verfahren ist zu beachten, dass die auf eine Mengeneinheit des Schmutzwassers entfallenden Betriebskosten und die Eignung der über ein bestimmtes Ausmaß hinausgehenden Schmutzwassermenge zur Verringerung der Betriebskosten jeweils jahresbezogen im Bescheid schlüssig und nachvollziehbar festzustellen sind. Dabei hat die Begründung des Bescheides auf alle eingeholten und vorgelegten Gutachten inhaltlich einzugehen; die Begründung des Bescheides darf sich nur auf solche Gutachten stützen, die ihre Feststellungen schlüssig und nachvollziehbar treffen, also auch das zur Lösung erforderliche Zahlenmaterial offen legen.

Im Übrigen wird bemerkt, dass die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an die Beschwerdeführerin ergangene erstinstanzliche Bescheide angenommen haben, auf denen das weitere Verfahren aufbaut. Nach den vorgelegten Akten, in denen sich nur Teilablichtungen der Ausfertigungen der Erledigungen der Behörde erster Instanz befinden, steht die Bescheideigenschaft dieser Erledigungen jedoch nicht fest. Die belangte Behörde wird daher auch zu überprüfen haben, ob im Beschwerdeverfahren überhaupt erstinstanzliche Bescheide oder nur Mitteilungen nach § 82 Abs. 4 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz an die Beschwerdeführerin ergangen sind.

Aus den oben angeführten Erwägungen war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 26. April 1999

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