VwGH 98/11/0261

VwGH98/11/026127.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des Dr. G in R, vertreten durch Dr. Klaus Maleschitz, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Hietzinger Hauptstraße 22, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 16. September 1998, Zl. GS 4-20/R-8/15-98, betreffend Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums, zu Recht erkannt:

Normen

KAG NÖ 1974 §5 Abs3;
KAG NÖ 1974 §8 Abs1 lita;
KAG NÖ 1974 §5 Abs3;
KAG NÖ 1974 §8 Abs1 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines niedergelassenen Arztes für Allgemeinmedizin, vom 19. Dezember 1996 auf Erteilung der sanitätsbehördlichen Bewilligung zur Errichtung und zum Betrieb eines selbständigen Ambulatoriums für Phlebologie, Proktologie und Lasertherapie an einem näher bezeichneten Standort in R gemäß § 5 Abs. 2, 3 und 4 des Niederösterreichischen Krankenanstaltengesetzes 1974, LGBl. 9440-12, mangels Bestehens eines Bedarfes abgewiesen.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 8 Abs. 1 lit. a NÖ KAG 1974 ist die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt zu erteilen, wenn nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem in Aussicht genommenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen ... ein Bedarf gegeben ist. Der Bedarf ist gemäß § 5 Abs. 3 NÖ KAG 1974 nach den im Einzugsgebiet und in dessen Umgebung vorhandenen Krankenanstalten, deren Belagsmöglichkeit und Entfernung zu der zu errichtenden Anstalt sowie nach den allenfalls vorhandenen Aufzeichnungen über die Häufigkeit der in Frage kommenden Krankheitsfälle, bei Ambulatorien auch nach den in der Umgebung des Standortes des zu errichtenden Ambulatoriums niedergelassenen Ärzten zu beurteilen. Gemäß § 5 Abs. 4 leg. cit. ist hinsichtlich des Bedarfes eine Stellungnahme der gesetzlichen Interessensvertretung privater Krankenanstalten, des NÖ Gesundheits- und Sozialfonds,..., der Rechtsträger nächstgelegener öffentlicher Krankenanstalten und betroffener Sozialversicherungsträger, sofern sie für das Einzugsgebiet der beantragten Krankenanstalt nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften zuständig sind, insbesondere des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger, bei selbständigen Ambulatorien auch der Ärztekammer für NÖ ... einzuholen. Ferner ist eine Stellungnahme des Landessanitätsrates und der Gemeinde, in der die Krankenanstalt errichtet werden soll, einzuholen.

Der Beschwerdeführer umschrieb in seinem Antrag vom 19. Dezember 1996 das von ihm in Aussicht genommene Leistungsangebot wie folgt: "Phlebologie (moderne Form der Verödung von Krampfadern und Besenreisern), Proktologie (schmerzfreie Verödung von Hämorrhoiden und Setzen von Gummibandligaturen), Lasertherapie (Pigment-Rubinlaser zur Entfernung von Pigmenten aus oberflächlichen Hautschichten, in weiterer Folge dann CO2-Laser)".

Die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers erfolgte im Hinblick darauf, dass die vom Beschwerdeführer "geplanten Leistungen von den umliegenden Krankenanstalten bzw. von den niedergelassenen praktischen Ärzten bzw. Fachärzten angeboten werden". Die Annahme gründet sich auf ein Ermittlungsverfahren, in dem zahlreiche Stellungnahmen eingeholt worden waren.

Soweit im Ermittlungsverfahren auf das Leistungsangebot öffentlicher Krankenhäuser abgestellt wurde, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach der medizinischen Betreuung in Anstaltsambulatorien gegenüber der sogenannten extramuralen medizinischen Versorgung der Bevölkerung grundsätzlich subsidiärer Charakter zukommt; dieser Umstand verbietet es, bei der Beurteilung des Bedarfes nach medizinischen Leistungen im Bereich der sogenannten Tageschirurgie privater erwerbswirtschaftlich geführter Ambulatorien die Kapazitäten von Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten heranzuziehen und im Hinblick darauf den Bedarf zu verneinen; die Frage des Bedarfes ist ausschließlich an Hand der die in Rede stehenden Leistungen erbringenden privaten Krankenanstalten und niedergelassenen Ärzte zu beurteilen (vgl. § 43 Abs. 1 lit. c NÖ KAG 1974 sowie das dazu ergangene Erkenntnis vom 24. März 1999, Zl. 99/11/0053). Es kommt damit im vorliegenden Beschwerdefall darauf an, ob ein Bedarf an den vom Beschwerdeführer in Aussicht genommenen Leistungen auch ungeachtet des bestehenden Angebotes seitens niedergelassener Kassenvertragsärzte, kasseneigener Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu bejahen ist oder nicht.

Die belangte Behörde verneinte dies unter Berufung auf eine Reihe von Stellungnahmen, die sie im Zuge ihres Ermittlungsverfahrens zur Bedarfsfrage eingeholt hatte. In diesen Stellungnahmen ist zum Teil die Rede davon, dass Leistungen, wie sie der Beschwerdeführer anbieten will, bei den niedergelassenen Ärzten angeboten würden (so die Ärztekammer für Niederösterreich) bzw. ausreichend Vertragsärzte und Vertragseinrichtungen zur Verfügung stünden (so der Hauptverband der Sozialversicherungsträger). Daneben ist in einigen Äußerungen öffentlicher Krankenanstalten davon die Rede, dass niedergelassene Ärzte in der Lage wären, die in Rede stehenden Leistungen zu erbringen.

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsverfahren - konkret in seiner im Zuge der Gewährung des Parteiengehörs abgegebenen Stellungnahme vom 2. Oktober 1997 - speziell in Bezug auf die Äußerung der Ärztekammer für Niederösterreich in Abrede gestellt, dass die von ihm durchgeführten Leistungen tatsächlich von niedergelassenen Ärzten angeboten würden.

Die belangte Behörde ist dieser Bestreitung nicht weiter nachgegangen. Sie hat vielmehr den Bedarf mit einem pauschalen Hinweis auf die von ihr eingeholten Stellungnahmen verneint. Diese Vorgangsweise setzt den Verwaltungsgerichtshof außerstande, die Annahme der belangten Behörde auf ihre Schlüssigkeit zu überprüfen, die im Einzugsgebiet niedergelassene Ärzteschaft würde die Leistungen in einem der Nachfrage entsprechenden Ausmaß anbieten. Der Umstand, dass die Ärzte (und zwar auch solche für Allgemeinmedizin) zur Erbringung der Leistungen berechtigt sind, sagt zur Beurteilung der Bedarfsfrage nichts aus. Entscheidend ist, ob sie auch in der Lage und Willens sind, die Leistungen zu erbringen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere darauf hingewiesen, dass die Ärztekammer für Niederösterreich die ihr von der belangten Behörde ausdrücklich gestellte Frage, "welche Ärzte die angeführten Therapien durchführen", mit Schreiben vom 15. Mai 1997 mit einer Aufzählung der im Bezirk Horn niedergelassenen Fachärzte für Chirurgie und Dermatologie sowie von drei an der Anschrift des Beschwerdeführers niedergelassenen Wahlärzten beantwortete, auf die Frage der tatsächlichen Durchführung dieser Behandlungen aber nicht eingegangen ist.

Das Ermittlungsverfahren ist in einem entscheidenden Punkt mangelhaft geblieben. Das hat zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG zu führen.

Im fortgesetzten Verfahren wird sich die belangte Behörde auch damit auseinander zu setzen haben, welche Bedeutung im Lichte der Bestimmungen des § 23 Ärztegesetz (über Ordinations- und Apparategemeinschaften) und des § 2 Abs. 1 Z. 7 NÖ KAG 1974 (betreffend Definition des Begriffes Ambulatorium) dem Umstand zukommt, dass offenbar schon derzeit ein entsprechendes Behandlungsangebot von Seiten des Beschwerdeführers und an seiner Anschrift niedergelassener Wahlärzte besteht.

Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der Schriftsatzaufwand in der zitierten Verordnung mit S 12.500,-- pauschaliert und die Umsatzsteuer in diesem Betrag enthalten ist.

Wien, am 27. Mai 1999

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