VwGH 98/11/0149

VwGH98/11/014927.5.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, in der Beschwerdesache der Ärztekammer für Kärnten, vertreten durch Dr. Walter Brunner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, Villacher Straße 1A/VII, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 22. April 1998, Zl. 14-Ges-585/1/98, betreffend krankenanstaltenrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Dr. O in W, vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in Wien I, Stock-im-Eisen-Platz 3), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs2 lita;
KAG OÖ 1976 §3a Abs2 impl;
KAO Krnt 1992 §8 Abs2 lita idF 1995/086;
B-VG Art140 Abs1;
KAG 1957 §3 Abs2 lita;
KAG OÖ 1976 §3a Abs2 impl;
KAO Krnt 1992 §8 Abs2 lita idF 1995/086;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei gemäß § 5 Abs. 2 der Kärntner Krankenanstaltenordnung 1992 (K-KAO) die Bewilligung zur Errichtung einer Privatkrankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums für medizinisch-chemische Labordiagnostik, Diagnostik allergischer Krankheiten, immunologisch-serologischer und mikrobiologischer Untersuchungen und Humangenetik an einem näher bezeichneten Standort in Klagenfurt unter Vorschreibung einer Vielzahl von Bedingungen und Auflagen erteilt (der in der selben Bescheidausfertigung enthaltene auf das Arbeitnehmerschutzgesetz gestützte Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten betreffend die Bewilligung zum Betrieb dieser Krankenanstalt ist nicht Gegenstand der vorliegenden Beschwerde).

In ihrer auf Art. 131 Abs. 2 B-VG und § 10 Abs. 2 K-KAO gestützten Beschwerde wendet sich die beschwerdeführende Partei gegen die Bejahung des Bedarfes an einer Krankenanstalt wie der verfahrensgegenständlichen, macht Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und beantragt die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und die Anregung ausspricht, beim Verfassungsgerichtshof Bestimmungen der K-KAO über die Bedarfsfrage anzufechten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Bewilligung zur Errichtung einer Krankenanstalt setzt unter anderem voraus, dass ein Bedarf im Sinne des § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO 1992, LGBl. Nr. 2/1993 in der Fassung LGBl. Nr. 86/1995, gegeben ist. Nach dieser Bestimmung hat die Bedarfsprüfung nach dem angegebenen Anstaltszweck und dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot öffentlicher, privater gemeinnütziger und sonstiger Krankenanstalten mit Kassenverträgen sowie bei Errichtung einer Krankenanstalt in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums auch im Hinblick auf das Versorgungsangebot durch niedergelassene Kassenvertragsärzte, kasseneigene Einrichtungen und Vertragseinrichtungen der Kassen zu erfolgen.

Die unterstrichenen Wörter im § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO fußen auf der Grundsatzbestimmung des § 3 Abs. 2 lit. a des Krankenanstaltengesetzes und decken sich vollständig mit der dort enthaltenen entsprechenden Wendung. Die belangte Behörde hat im Sinne des § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO den Bedarf nach dem gegenständlichen Ambulatorium geprüft und - entgegen dem einen solchen Bedarf bestreitenden Vorbringen der beschwerdeführenden Partei - bejaht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10. März 1999, G 64,65/98, in einem Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der in Rede stehenden Wendung im § 3 Abs. 2 lit. a des Krankenanstaltengesetzes sowie der im § 3a Abs. 2 O.ö KAG in der Fassung LGBl. Nr. 61/1994 enthaltenen, mit der im Spruch genannten Wendung im § 8 Abs. 2 lit. a K-KAO wortgleichen Wendung zu Recht erkannt, dass diese Bestimmungen nicht verfassungswidrig sind. Der Verwaltungsgerichtshof geht daher von deren verfassungsrechtlicher Unbedenklichkeit aus und sieht sich nicht veranlasst, der Anregung der mitbeteiligten Partei auf Stellung eines entsprechenden Gesetzesprüfungsantrages beim Verfassungsgerichtshof Folge zu leisten.

Die belangte Behörde hat zur Bedarfsfrage ein

Ermittlungsverfahren durchgeführt, in dem sie eine Reihe von

Stellungnahmen einholte. Von den in § 10 Abs. 2 K-KAO genannten, im

vorliegenden Verwaltungsverfahren mit Parteistellung ausgestatteten

Einrichtungen (Wirtschaftskammer Kärnten, einige

Sozialversicherungsträger - konkret die Krnt. GKK, die

Versicherungsanstalt öff. Bediensteter, die

Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft, die

Sozialversicherungsanstalt der Bauern und die Versicherungsanstalt

Österreichischer Eisenbahnen - sowie die beschwerdeführende

Partei) bejahte den Bedarf nur die Wirtschaftskammer; ausser der beschwerdeführenden Partei verneinten die GKK, die BVA und die SVA der Gewerbl. Wirtschaft ausdrücklich den zu prüfenden Bedarf.

Die belangte Behörde holte eine Reihe von weiteren - im Gesetz nicht vorgesehenen Äusserungen zur Bedarfsfrage ein, nämlich des Landessanitätsrates sowie der Medizinischen Direktionen der Landeskrankenhäuser Klagenfurt und Villach. Von diesen äusserten sich der Landessanitätsrat ("auf den ersten Blick") "neutral", das LKH Klagenfurt positiv und das LKH Villach negativ.

Nach Wiedergabe des Inhaltes dieser Stellungnahmen folgt in der Begründung des angefochtenen Bescheides eine Auseinandersetzung mit den Stellungnahmen des LKH Villach und der beschwerdeführenden Partei, die dahingehend gewürdigt werden, dass sie eine negative Beurteilung der Bedarfsfrage nicht zu tragen vermöchten, sowie des Landessanitätsrates, der sich bei richtiger Deutung des Inhaltes seiner Stellungnahme positiv geäussert habe. Nach einer Aussage zu der sich aus dem Krankenanstaltenfinanzierungssystem ergebenden Wahrscheinlichkeit des Rückganges der Erbringung von Laborleistungen durch Ambulatorien öffentlicher Krankenanstalten erfolgt die Feststellung, dass "der Bedarf für das gegenständliche Vorhaben als gegeben anzusehen ist".

Diese Aussage ist nicht schlüssig. Soweit nur vom Wortlaut der eingeholten Stellungnahmen ausgegangen wird, erscheint eine Bejahung der Bedarfsfrage als ausgeschlossen. Die positive Stellungnahme der Wirtschaftskammer ist ohne jegliche Begründung, dem Landessanitätsrat wird vom Gesetz lediglich in Ansehung der sanitären Aufsicht ein Anhörungsrecht eingeräumt, abgesehen davon hat er sich - was von der belangten Behörde als Bejahung des Bedarfes angesehen wird - dafür ausgesprochen, dass es mehr niedergelassene Laborfachärzte geben sollte.

Geht man über den bloßen Tenor der eingeholten Stellungnahmen hinaus und berücksichtigt auch deren Inhalt, so wird durchgehend die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen der klassischen Labormedizin, vor allem durch die niedergelassenen Ärzte, bejaht. Nur hinsichtlich zweier Spezialgebiete , der zytogenetischen und der molekulargenetischen Untersuchungen, gebe es in Kärnten keine damit befassten Stellen oder Einrichtungen. Das Material für solche Untersuchungen werde an in anderen Bundesländern gelegene Einrichtungen versendet (insbesondere nach Wien, Graz und Innsbruck, also offenbar an Universitätskliniken).

Selbst wenn man davon ausgeht, dass ein Bedarf im Sinne der K-KAO daran anzunehmen wäre, dass auch solche Untersuchungen in Kärnten durchgeführt werden können, würde dies nicht die Annahme decken, es bestehe ein Bedarf darüberhinaus auch an einem weiteren Angebot allgemeiner Labordienstleistungen und es könne eine Bewilligung zur Errichtung eines Ambulatoriums mit einem umfassenden Leistungsangebot wie dem von der mitbeteiligten Partei angestrebten erteilt werden.

Da die belangte Behörde die Bedarfsfrage auf Grund der Ergebnisse des von ihr durchgeführten Ermittlungsverfahrens unrichtig beurteilt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Das Begehren der beschwerdeführenden Partei auf Zuspruch von Aufwandersatz war gemäß § 47 Abs. 4 VwGG abzuweisen.

Wien, am 27. Mai 1999

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