VwGH 98/11/0095

VwGH98/11/009512.4.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Dr. D in Wien, vertreten durch Lansky & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Rotenturmstraße 29/9, gegen den Bescheid des (im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien I, Gonzagagasse 9, vertretenen) Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 5. Februar 1998, B 19/98, betreffend Fondsbeitrag für 1997, zu Recht erkannt:

Normen

ÄrzteG 1984 §75 Abs6;
ÄrzteG 1984 §75 Abs7;
ÄrzteG 1984 §82;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn1 Abs2;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn1 Abs3;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn4;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
ÄrzteG 1984 §75 Abs6;
ÄrzteG 1984 §75 Abs7;
ÄrzteG 1984 §82;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn1 Abs2;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn1 Abs3;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995 Art1 Abschn4;
BeitragsO Wohlfahrtsfonds ÄrzteK Wr 1995;
B-VG Art139 Abs1;
B-VG Art18 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Ärztekammer für Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 23. Dezember 1997 setzte der Verwaltungsausschuss des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien gegenüber der Beschwerdeführerin - die mit Bescheid vom 27. Juni 1997 von der Beitragspflicht ab 1. Mai 1997 befreit worden war - den Fondsbeitrag für 1997 gemäß Art. I Abschnitt I der Beitragsordnung mit S 24.901,68 fest. Ferner wurde in diesem Bescheid ausgesprochen, dass auf diesen Betrag für das Jahr 1997 insgesamt S 22.153,40 an vorläufigen Beiträgen entrichtet worden seien, sodass ein Beitragsrückstand von S 2.748,28 bestehe.

In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, dass die Beitragsbemessungsgrundlage auf Basis des Jahres 1994 wie folgt ermittelt worden sei:

Gehalt S 480.528,-- abzüglich Werbungskosten S 58.480,26 zuzüglich Fondsbeitrag S 50.768,10 = S 472.815,84. Der Beitragssatz betrage 15,8 % der Bemessungsgrundlage und werde für vier Monate verrechnet.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde machte die Beschwerdeführerin geltend, dass die Beiträge nach § 75 Abs. 6 Ärztegesetz 1984 - ÄrzteG zufolge § 75 Abs. 7 leg. cit. von den Dienstgebern einzubehalten und abzuführen seien, weshalb eine Festsetzung darüber hinausgehender Beiträge nicht in Betracht komme. Außerdem sei die Hinzurechnung des Fondsbeitrages gesetzwidrig, weil eine derartige Hinzurechnung im ÄrzteG nicht vorgesehen sei. Der Bescheid enthalte zudem keine Leistungsfrist.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerde ab und bestätigte den Erstbescheid. In der Begründung führte sie aus, die in der Beitragsordnung vorgesehene Hinzurechnung entrichteter Fondsbeiträge sei nicht gesetzwidrig.

§ 75 Abs. 6 ÄrzteG stehe dem nicht entgegen. Eine Zahlungsfrist sei nicht mehr aufzunehmen gewesen, weil der Beitragsrückstand von der Beschwerdeführerin bereits am 5. September 1997 beglichen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 75 Abs. 6 ÄrzteG dient bei Festsetzung des Beitrages für Kammerangehörige, die den ärztlichen Beruf ausschließlich in einem Dienstverhältnis ausüben, als Bemessungsgrundlage jedenfalls der monatliche Bruttogrundgehalt. Zu diesem gehören nicht die Beihilfen, Zulagen und Zuschläge im Sinne des § 68 EStG 1972 und die sonstigen Bezüge nach § 67 EStG 1972.

Gemäß § 75 Abs. 7 leg. cit. sind die Beiträge nach Abs. 6 vom Dienstgeber einzubehalten und spätestens bis zum 15. Tag nach Ablauf des Kalendermonates an die zuständige Ärztekammer abzuführen.

Gemäß Art. I Abschnitt I Abs. 1 der Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (in der Fassung der Kundmachung im "Wiener Arzt 3a/1995" vom März 1995) beträgt der Fondsbeitrag 15,8 v.H. der Bemessungsgrundlage.

Nach Abs. 2 besteht bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben (einschließlich der Teilnehmer an zahnärztlichen Lehrgängen), die Bemessungsgrundlage aus dem jährlichen Bruttogrundgehalt abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. Hiezu kommen Einkünfte (Anteile) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung. Ferner sind die entrichteten Fondsbeiträge hinzuzurechnen.

Die Beschwerdeführerin meint, die zuletzt genannte Bestimmung der Beitragsordnung verstoße gegen § 75 Abs. 6 ÄrzteG. Diese Gesetzesstelle enthalte keine Bestimmung, die die Hinzurechnung der entrichteten Fondsbeiträge bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gestatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hält die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der genannten Bestimmung der Beitragsordnung für unbegründet und sieht sich daher zu der von der Beschwerdeführerin angeregten Antragstellung gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG nicht veranlasst. § 76 Abs. 6 ÄrzteG enthält keine abschließende Regelung über die Berechnung der Bemessungsgrundlage für den Fondsbeitrag von Ärzten, die ihren Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben. Die Vorschriften über die Aufbringung der Mittel sind vielmehr Inhalt der gemäß § 82 ÄrzteG zu erlassenden Satzung bzw. Beitragsordnung. Die Beschwerdeführerin ist in ihrer Argumentation außerdem insofern nicht konsequent, als sie sich nicht gegen den Abzug der anteiligen Werbungskosten vom Bruttogrundgehalt wendet, obwohl auch dieser Abzug in § 75 Abs. 6 ÄrzteG nicht vorgesehen ist. Enthielte § 75 Abs. 6 leg. cit. tatsächlich eine abschließende Regelung über die Bemessungsgrundlage, wäre dies für die Beschwerdeführerin nachteilig, weil ihr dann der Abzug der anteiligen Werbungskosten, die höher sind als der hinzugerechnete Fondsbeitrag, verwehrt wäre.

Die "Hinzurechnungsregeln" des Art. I Abschnitt I Abs. 2 letzter Satz der Beitragsordnung (für Ärzte, die ihren Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben) und Abs. 3 letzter Satz (für die übrigen Fondsmitglieder) sind auch nicht gleichheitswidrig (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 25. August 1998, Zl. 97/11/0304), sodass auch unter diesem Gesichtspunkt kein Grund für eine Antragstellung nach Art. 139 Abs. 1 B-VG besteht. Die Bestimmungen der Beitragsordnung über die Bemessungsgrundlage lassen einerseits den Abzug von Betriebsausgaben bzw. anteiligen Werbungskosten zu und sehen andererseits die Hinzurechnung der entrichteten Fondsbeiträge vor, die gemäß § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. b bzw. § 16 Abs. 1 Z. 4 lit. e EStG 1988 zu den Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten zählen. Diese Regelung kann nicht als unsachlich angesehen werden.

Die Auffassung der Beschwerdeführerin, dass gegenüber Ärzten, die ihren Beruf ausschließlich in einem Dienstverhältnis ausüben, die bescheidmäßige Festsetzung ihrer Beiträge zum Wohlfahrtsfonds zufolge § 75 Abs. 7 ÄrzteG überflüssig und daher unzulässig sei, ist verfehlt, weil - wie oben bereits dargelegt wurde - § 75 Abs. 6 und 7 leg. cit. keine abschließende Regelung betreffend die Beiträge dieser Ärzte darstellen. Gegen die Bestimmungen des Art. I Abschnitt IV der Beitragsordnung, die die vom Dienstgeber einbehaltenen und abgeführten Beträge als vorläufige Beiträge behandeln und die endgültige Festsetzung auf Basis der Verhältnisse des drittvorangegangenen Jahres vorsehen, bestehen daher gleichfalls keine Bedenken hinsichtlich ihrer Gesetzmäßigkeit.

Das Fehlen einer Leistungsfrist im angefochtenen Bescheid verletzt keine Rechte der Beschwerdeführerin, weil der Beitragsrückstand mit der Rechtskraft des angefochtenen Bescheides fällig war. Aus der Aktenlage folgt zudem, dass die Zahlung des Rückstandes ohnedies nicht vorzunehmen ist, sondern dass der Rückstand zur Aufrechnung gegen den (höheren) Anspruch der Beschwerdeführerin auf Rückzahlung von Fondsbeiträgen verwendet wird.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde auf die Höhe des hinzugerechneten Fondsbeitrages komme.

Die belangte Behörde hat darauf in ihrer Gegenschrift erwidert, dass sich dieser Betrag aus den im Jahr 1994 erfolgten Einzahlungen für den vorläufigen Fondsbeitrag, den Einzahlungen für Krankenunterstützung und die Todesfallbeihilfe ergebe.

Daraus folgt, dass der von der belangten Behörde zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage unter dem Titel "Fondsbeitrag" hinzugerechnete Betrag in rechtswidriger Weise überhöht berücksichtigt wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem oben zitierten Erkenntnis vom 25. August 1998, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, ausgeführt hat, entspricht die Hinzurechnung der Beiträge für die Todesfallbeihilfe und für die Krankenunterstützung nicht der Beitragsordnung. Nur der in der Beitragsordnung als Fondsbeitrag bezeichnete Betrag darf demnach gemäß Art. I Abschnitt I Abs. 2 letzter Satz zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage hinzugerechnet werden. Die belangte Behörde hat somit ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb dieser Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Ergänzend sei bemerkt, dass der Ausgang des Verordnungsprüfungsverfahrens hinsichtlich der Prüfungsbeschlüsse des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1999, B 457/97-10, und vom 4. März 1999, B 2333/97-6, für den vorliegenden Beschwerdefall ohne Bedeutung ist. Selbst wenn die durch diese Beschlüsse in Prüfung gezogenen, nach der Kundmachung im "Wiener Arzt 3a/1995" vom März 1995 erlassenen Bestimmungen der Beitragsordnung nicht gehörig kundgemacht wurden und daher vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beachten wären, würde sich am Ergebnis nichts ändern, weil die für die Festsetzung des Fondsbeitrages der Beschwerdeführerin für 1997 maßgebenden Bestimmungen inhaltsgleich bereits in der im "Wiener Arzt 3a/1995" vom März 1995 kundgemachten Fassung enthalten waren. Hinsichtlich dieser Fassung hat der Verfassungsgerichtshof in den beiden zitierten Prüfungsbeschlüssen keine Zweifel an ihrer gehörigen Kundmachung geäußert.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr.416/1994.

Wien, am 12. April 1999

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte