VwGH 98/10/0375

VwGH98/10/037515.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter , im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, in der Beschwerdesache des Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 9. Dezember 1997, Zl. Vs 196/94, betreffend Widerruf der Bestellung zum Amtsverteidiger, den Beschluß gefaßt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art49 Abs1;
RAO 1868 §16 Abs5 idF 1997/I/140;
StPO 1975 §41 Abs3 idF 1983/383;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
WGNov 1997 Art32 Abs1 lita;
B-VG Art140 Abs7;
B-VG Art49 Abs1;
RAO 1868 §16 Abs5 idF 1997/I/140;
StPO 1975 §41 Abs3 idF 1983/383;
VerfGG 1953 §87 Abs2;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §34 Abs1;
WGNov 1997 Art32 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 7. Jänner 1994 wurde dem Beschuldigten SG ein Amtsverteidiger gemäß § 41 Abs. 3 StPO beigegeben. Mit Bescheid der Abteilung III des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 12. Jänner 1994 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 45 Abs. 1 RAO zum Amtsverteidiger für den Beschuldigten bestellt. Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid des Plenums des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien vom 8. Februar 1994 keine Folge gegeben.

Aus Anlaß einer gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "Hat das Gericht die Beigebung eines Rechtsanwaltes beschlossen oder" sowie das Wort "solche" im § 45 Abs. 1 der Rechtsanwaltsordnung idF des BG BGBl. Nr. 383/1983 als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß die Aufhebung mit Ablauf des 30. November in Kraft trete und frühere Gesetzesbestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten (Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, G 127/96,

G 129/96 = Slg. Nr. 14.703/1996).

Mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, B 535/94, hob der Verfassungsgerichtshof den oben erwähnten Bescheid des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) vom 8. Februar 1994 wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes auf.

Mit dem angefochtenen (Ersatz-)Bescheid vom 9. Dezember 1997 widerrief der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer Wien (Plenum) die mit Bescheid der Abteilung III des Ausschusses vom 12. Jänner 1994 erfolgte Bestellung des Beschwerdeführers zum Amtsverteidiger. Begründend wurde dargelegt, mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei die Rechtsgrundlage für die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Amtsverteidiger beseitigt und der über die Vorstellung des Beschwerdeführers ergangene Bescheid aufgehoben worden. Da es sich beim Beschwerdefall um einen Anlaßfall handle, fehle die Rechtsgrundlage für die Bestellung des Beschwerdeführers zum Amtsverteidiger, die daher zu widerrufen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 29. September 1998, B 248/98, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer-der ausdrücklichen Bezeichnung des Beschwerdepunktes zufolge-"im Recht auf angemessene Entlohnung eines nach § 41 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigers sowie auf Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens" verletzt. In den Beschwerdegründen wird insbesondere dargelegt, die belangte Behörde wäre verpflichtet gewesen, "der vom Verfassungsgerichtshof unzweideutig geforderten und vom Gesetzgeber in Art. III der Erweiterten Wertgrenzennovelle (BGBl. I Nr. 140/1997) umgesetzten Rechtsauffassung dahingehend Rechnung zu tragen, als mir meine frustrierte Amtsverteidigertätigkeit in der Verfahrenshilfe-unter Berücksichtigung der nunmehr geltenden Rechtslage nach Feststellung der Uneinbringlichkeit meiner Honorarforderung (§ 16 Abs. 5 RAO in der geltenden Fassung) anzurechnen gewesen wäre.

Zur Erhebung einer Parteibeschwerde ist nach Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG legitimiert, wer behauptet, durch den Bescheid in seinen subjektiven Rechten verletzt zu sein. Die Behauptung der Verletzung eines eigenen subjektiven Rechts begründet die Prozeßlegitimation dann, wenn eine solche Verletzung möglich ist (vgl. zB den hg. Beschluß vom 26.Jänner 1998, Zl. 97/10/0247).

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG hat die Beschwerde die bestimmte Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt), zu enthalten.

Durch den Beschwerdepunkt wird der Prozeßgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gebunden ist. Wird der Beschwerdepunkt unmißverständlich ausgeführt, so ist er einer hievon abweichenden Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Beschwerde nicht zugänglich. Von der bestimmten Bezeichnung des Rechtes, in dem der Beschwerdeführer verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkt; § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG), zu unterscheiden und mit ihm nicht zu verwechseln sind die Beschwerdegründe (§ 28 Abs. 1 Z. 5 leg. cit.) und die Aufhebungstatbestände des § 42 Abs. 2 leg. cit. (vgl. hiezu den Beschluß vom 6. Mai 1996, Zl. 96/10/0014, und die dort angeführte Vorjudikatur).

Die behauptete Verletzung des Rechtes auf "Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens" stellt keine Bezeichnung des Beschwerdepunktes dar, weil damit nicht dargetan wird, in welchen subjektiven Rechten der Beschwerdeführer nach dem Inhalt des bescheidmäßigen Abspruches verletzt sein soll (vgl. z.B. den Beschluß vom 2. Juni 1998, Zl. 96/01/0265).

Im Hinblick auf die oben wiedergegebene Bezeichnung des Beschwerdepunktes hängt die Berechtigung zur Beschwerde somit davon ab, ob eine Verletzung im allein wirksam geltend gemachten Recht auf "angemessene Entlohnung eines nach § 41 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigers" durch den angefochtenen Bescheid in Betracht kommt.

Dies ist nicht der Fall; denn mit dem angefochtenen, die Bestellung des Beschwerdeführers zum Amtsverteidiger widerrufenden Bescheid wird nicht über die Frage einer Entlohnung des Beschwerdeführers für dessen (bereits abgeschlossene) Tätigkeit als Amtsverteidiger abgesprochen. Der angefochtene Bescheid konnte daher nach dem Inhalt seines Abspruches den Beschwerdeführer nicht im geltend gemachten Recht verletzen. Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Zur Anregung des Beschwerdeführers, gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG einen Antrag auf Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 49 Abs. 1 letzter Satz VwGG idF BGBl I Nr.88/1997 beim Verfassungsgerichtshof zu stellen, wird bemerkt, daß die zuletzt zitierte, den Ersatz des Schriftsatzaufwandes regelnde Vorschrift im vorliegenden Verfahren nicht anzuwenden ist. Dem Beschwerdeführer gebührt schon deshalb kein Aufwandersatz, weil er nicht obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG ist.

Ergänzend ist zu bemerken, daß die - allein als Rechtsgrundlage eines Anspruches des gemäß § 41 Abs. 3 StPO bestellten Amtsverteidigers an die Rechtsanwaltskammer auf Entlohnung in Betracht kommende - Regelung des § 16 Abs. 5 RAO am 1. Dezember 1997 in Kraft getreten ist

(vgl. Art. XXXII Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 140/1997); eine Rückwirkungsanordnung enthält das Gesetz nicht. Die in Rede stehende Tätigkeit als Amtsverteidiger wurde vor dem Beginn des zeitlichen Bedingungsbereiches des Gesetzes ausgeübt und abgeschlossen. Aus dem Umstand, daß es sich um einen Anlaßfall der Aufhebung des § 41 Abs. 3 StPO handelte, ergibt sich im Hinblick auf Art. 140 Abs. 7 B-VG, daß die aufgehobene, die Grundlage für die Beigebung eines Rechtsanwaltes als Amtsverteidiger bildende Regelung im Beschwerdefall nicht mehr anzuwenden war. Auch Art. 140 Abs. 7 B-VG bzw. § 87 Abs. 2 VfGG bilden aber keine Grundlage dafür, auf den zu beurteilenden Sachverhalt ein Gesetz anzuwenden, dessen zeitlicher Bedingungsbereich erst nach der Verwirklichung des Sachverhaltes beginnt. Auch unter diesem Gesichtspunkt könnte der Beschwerdeführer im geltend gemachten Recht nicht verletzt sein.

Wien, am 15. Februar 1999

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