Normen
AVG §46;
WWSGG §1;
WWSGG §6;
WWSLG Tir 1952 §1;
WWSLG Tir 1952 §7 Abs1;
AVG §46;
WWSGG §1;
WWSGG §6;
WWSLG Tir 1952 §1;
WWSLG Tir 1952 §7 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gemäß dem mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 26. August 1976 im Grunde der §§ 38 Abs. 2 und 50 Abs. 2 und 3 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952, (WWSG) erlassenen Vertretungsstatutes wurden die Nutzungsberechtigten auf den in der Servitutenregulierungsurkunde vom 27. April 1873, Nr. 7448 Servitut/397, näher beschriebenen Grundstücken der Liegenschaft EZ 142 II, KG S, welche im Eigentum der erstmitbeteiligten Partei steht, zur Alpinteressentschaft O (Beschwerdeführerin) zusammengefasst. In der vorgenannten Servitutenregulierungsurkunde werden die Grenzen des zusammenhängenden Weidegebietes der O wie folgt beschrieben:
"gegen Norden:
der Gleierschbach in der Ausmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach;
gegen Osten:
die Abgrenzung mittelst Marksteinen von Gleierschbach über den Gaukenkopf bis zum Kreuzjöchl und Mitterkeil;
gegen Süden:
die Seefelder Gemeindewälder von Mitterkeil zum Gießenbach, dann eine Strecke der Gießenbach selbst bis zum Zäunelgraben;
gegen Westen:
der Zäunelgraben durch den Reichsforst Gießenbach bis zum Zäunelkopf und vom Zäunelkopf bis zum Gleierschbach der Scharnitzer Gemeindewälder Hochwald genannt mittelst vermarkter Linie;"
In der Servitutenregulierungsurkunde Nr. 4010/215 vom 27. März 1874, welche das Weidegebiet der zweitmitbeteiligten Gemeinde R reguliert und vom Gleierschbach bis zum Mitterkeil an das vorgenannte Weidegebiet der Beschwerdeführerin grenzt, wird die Grenze des Weidegebietes wie folgt beschrieben:
"gegen Norden:
an den Grat, welcher vom Kreuzjöchlkopf über die Weingartböden
und den Gauggenkopf bis zum Gleierschbach geht;
...
gegen Westen:
bilden die Grenzen, die zwischen dem Fleischbankkopf und Kreuzjöchlkopf sich hinziehenden Gebirgsgräte."
Mit Eingabe vom 2. September 1991 beantragte die erstmitbeteiligte Partei unter gleichzeitiger Vorlage eines Auszuges aus der bundesforstlichen Wirtschaftskarte die
" Feststellung des belasteten Gebietes im Sinne des § 9 (1) lit. a und b durch die Agrarbehörde ...".
Hiezu führte die Antragstellerin aus, dass bereits seit längerer Zeit eine Diskrepanz im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin getätigte Weideausübung insofern gegeben sei, als das von ihr faktisch beweidete bundesforsteigene Waldgebiet mit der in der Servitutenregulierungsurkunde für die O beschriebenen Weidegrenze nicht übereinstimme; die Beweidung erfolge über diese Grenze hinaus und zwar im Bereich des Grenzabschnittes gegenüber dem den Weideberechtigten der Wengertalalpe (Gemeinde R) urkundlich zuerkannten Weidegebiet.
Die Beschwerdeführerin gab hiezu eine Stellungnahme vom 17. Oktober 1991 ab, in welcher sie ausführte, dass eindeutige Grenzsteine vom Steilhang in östlicher Richtung abfallend zur Gleierschbachklamm vorhanden seien. Die österreichischen Bundesforste hätten vor ca. 20 bis 25 Jahren entlang der Grenze zum Wengertal vom Gleierschbach bis zum Kreuzjöchl einen Stacheldrahtzaun errichtet, damit kein Weidevieh von der O zum Wengertal gelange. Reste des Zauns seien teilweise noch gut sichtbar. Almbauern könnten diese Grenze eindeutig bestätigen. Die Beschwerdeführerin sei auch im Besitz einer Karte aus den dreißiger Jahren, welche ihre Behauptung eindeutig bestätige.
Diese in der Folge von der Beschwerdeführerin vorgelegte Urkunde ist ein Blatt Papier, welches die Kopie einer offensichtlich umfangreicheren Urkunde ist, mit der Überschrift "Grenzbeschreibung O" und einer Seitenbezeichnung "- 7 -" und beschreibt offenbar eine angenommene Grenze des in der Überschrift bezeichneten Gebietes. Die Herkunft dieser Urkunde ist nicht geklärt.
In der mündlichen Verhandlung vom 2. Juni 1992 wurde sowohl von der Antragstellerin als auch von der Beschwerdeführerin der jeweils behauptete Grenzverlauf an Ort und Stelle näher dargelegt. Der Vertreter der zweitmitbeteiligten Gemeinde konnte zum Grenzverlauf im strittigen Bereich keine Angaben machen.
Im Gutachten des von der AB beigezogenen Sachverständigen Dipl. Ing. R. vom 2. Oktober 1992 wird ausgeführt, dass in beiden obgenannten Servitutenregulierungsurkunden keine planliche Darstellung der O zu finden sei und erst in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts eine Karte im Maßstab 1 : 10.000 als Beilage zum Almbuch erstellt worden sei, in der die Weidegrenzen teilweise als "beiläufige Weidegrenze nach der Urkunde" bezeichnet seien. Strittig sei die Weidegrenze im Bereich vom Unteren Gauggenkopf (ab Stein Nr. 10/K) bis zum Gleierschbach. Nicht strittig sei der übrige Grenzverlauf. Nach Ansicht der österreichischen Bundesforste verlaufe die Grenze zum Stein 10/K über einen versteinten Rücken bis zur Einmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach (Stein 17/K = 6/M).
Beim ersten Lokalaugenschein am 2. Juni 1992 habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass die Grenze vom Stein 10/K in gerader Linie über den Stein 11/L zum Gleierschbach verlaufe; diese Linie verlaufe südlich eines markanten Grabens und sei nicht versteint. Der Stein 11/L liege auf der horizontalen Ausscheidungslinie zwischen dem tieferliegenden Wirtschaftswald und dem höherliegenden Schutzwald. Wenige Tage nach dieser Verhandlung sei dem Sachverständigen vom Obmann der Beschwerdeführerin jedoch mitgeteilt worden, dass der behauptete Grenzverlauf über den Stein 11/L nicht richtig sei, vielmehr die richtige, vermarkte Grenze von ihm mittlerweile gefunden worden sei. Im darauf am 30. Juni 1992 durchgeführten zweiten Lokalaugenschein habe der Obmann der Beschwerdeführerin die Grenze vom Stein 10/K über den Stein 10/L bis zum Stein 1/H (= 3/5=8/J) angegeben. Zwischen den Steinen 10/L und 1/H vorhandene Grenzsteine seien besichtigt worden; zwischen den Steinen 10/K und 10/L existiere keine Vermarkung.
Die österreichischen Bundesforste hätten eine Kopie der ältesten Wirtschaftskarte von Anfang des Jahres 1896 und eine Wirtschaftskarte nach dem Stand Anfang 1979 zur Verfügung gestellt; beide Pläne zeigten die Vermarkung im Bereich der O.
Zur Erstellung des Gutachtens seien folgende urkundlichen Darstellungen herangezogen worden:
- a) die urkundlichen Gebiets- und Grenzbeschreibungen
- b) die Kartendarstellungen.
Folgende urkundliche Beschreibungen seien in der Natur eindeutig zuordenbar:
Die Einmündung des Iserbaches in den Gleierschbach beim Stein 17/K (= 6/M); (heutige Schreibweise: Isertalbach-Gleirschbach); der Gauggenkopf und das Kreuzjöchl; unter dem Mitterkeil sei heute die
2.174 m hohe Kahlspitz zu verstehen; die Grenzen im strittigen Gebiet seien seit Erstellung der Urkunde nicht geändert worden; in den Wirtschaftskarten der österreichischen Bundesforste aus den Jahren 1896 und 1979 seien dieselben auch heute in der Natur vorhandenen Grenzsteine (Abteilungsgrenzen) dargestellt. Bei Betrachtung beider Wirtschaftskarten falle eine durchgehende Vermarkungslinie vom Gleierschbach bis zum Kreuzjöchl auf.
Bei Beurteilung der von der Beschwerdeführerin am 30. Juni 1992 angegebenen Grenze (10/K bis .../H) ergäben sich folgende Abweichungen zu den urkundlichen Beschreibungen: In der Servitutenregulierungsurkunde sei der Punkt, an dem die beschriebene Grenze den Gleierschbach erreiche, mit der Ausmündung des Isertalbaches beschrieben. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin hingegen erreiche die Grenze den Gleierschbach an der Ausmündung des Wengertalbaches. Eine Verwechslung dieser beiden Bacheinmündungen zum Zeitpunkt der Urkundenerstellung sei unwahrscheinlich. Darüber hinaus spreche die Urkunde von einer durchgehend vermarkten Grenze vom Gleierschbach bis zum Kreuzjöchlkopf. Vom Punkt 1/H an der Einmündung des Wengertalbaches in den Gleierschbach existiere auch entsprechend den Wirtschaftskarten der österreichischen Bundesforste eine Vermarkung nur bis zum Stein 10/L und von hier der Schichtenlinie folgend zum Stein 11/L.
In den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts sei eine Karte als Beilage zum Almbuch erstellt worden, in der die Weidegrenze im strittigen Gebiet als "beiläufige Weidegrenze nach der Urkunde" eingezeichnet sei. Diese Grenze verlaufe in gerader Linie vom Gauggenkopf zum Gleierschbach. Sie treffe den Gleierschbach ca. in der Hälfte der Strecke zwischen den Einmündungen des Isertalbaches und des Wengertalbaches. Diese Karte könne aus folgenden Gründen keinen Hinweis auf die strittige Grenze geben und sei demnach für deren Bestimmung unbrauchbar: Die Linie sei in der Karte ausdrücklich als "beiläufige Grenze", d.h. als ungefähr angenommene Grenze bezeichnet. Sie ende beim Gleierschbach weder eindeutig im Einmündungsbereich des Isertalbaches noch eindeutig im Einmündungsbereich des Wengertalbaches. Von der Abteilung Fotogrammmetrie sei einerseits die Grenze nach dieser Urkunde andererseits der Grenzverlauf nach Ansicht der österreichischen Bundesforste unter Heranziehung der Wirtschaftskammer in ein Luftbild übertragen und gegenübergestellt worden. Ein Vergleich beider Grenzverläufe ergebe eine teilweise beträchtliche Abweichung der Almbuchkarte vom in der Natur eindeutig bestimmbaren (vorhandene Grenzsteine) unbestrittenen Grenzverlauf. Die Wirtschaftskarten der österreichischen Bundesforste stellten die seit der ersten Vermarkung unverändert gebliebenen Grenzen dar. Die urkundlich vorhandenen Grenzsteine seien auch noch heute in der Natur auffindbar.
Aufgrund dieses Befundes ging der Sachverständige in seinem Gutachten davon aus, dass die strittige Grenze vom Stein 10/K entlang der durchgehend vermarkten Grenze bis zum Stein 17/K, der an der Einmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach liege, verlaufe. Diese Grenzlinie sei im - von ihm herangezogenen - Lageplan grün dargestellt. Eine wesentliche Grundlage für dieses Gutachten sei die Beschreibung der Grenze in der Servitutenregulierungsurkunde Nr. 7448/397 vom 27. April 1873, in welcher ausdrücklich auf die Einmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach hingewiesen werde. Es wäre sinnwidrig, diesen Punkt am Gleierschbach zu beschreiben, wenn hier nicht tatsächlich die Grenze den Gleierschbach verlassen würde. Eine Verwechslung des Isertalbaches mit dem Wengertalbach sei unwahrscheinlich. Ein weiteres Indiz biete der urkundliche Hinweis auf die Vermarkung mittels Grenzsteinen, die ohne Unterbrechung auch tatsächlich vom Gleierschbach bei Stein 17/K bis zum Stein 10/K und in weiterer Folge bis zum Kreuzjöchl verlaufe. Auf die Widersprüche bei Betrachtung der von der Beschwerdeführerin angegebenen Grenze (gelbe Linie im Lageplan) sei bereits hingewiesen worden. Ergänzend zur Grenzbeschreibung sei die Gesamtfläche des urkundlich angeführten Servitutsgebietes (ca. 796 Joch) der sich unter Berücksichtigung des unbestrittenen Grenzverlaufes heute planimetrisch ermittelten Fläche gegenüberzustellen. Die urkundliche Gesamtfläche entspreche einer Fläche von ca. 462 ha (ein Joch sei 0,58 ha). Die graphische Ermittlung der Fläche auf dem von der Abteilung Fotogrammmetrie zur Verfügung gestellten Plan ergebe unter Berücksichtigung des unbestrittenen Grenzverlaufes und der von Stein 10/K bis Stein 17/K verlaufenden Grenze eine graphisch ermittelte Gesamtfläche von ca. 492 ha. Auch unter Berücksichtigung der Ungenauigkeit der Flächen (vermessungstechnische Möglichkeiten im Jahre 1873, graphische Flächenermittlung heute) könne ausgesagt werden, dass der Beschwerdeführerin das urkundlich angegebene Flächenausmaß auch tatsächlich zur Ausübung ihrer Weiderechte zur Verfügung stehe.
Mit Bescheid der AB vom 7. Oktober 1992 wurde aufgrund des Antrages der erstbeschwerdeführenden Partei vom 2. November 1991 gemäß § 38 Abs. 2 WWSG die strittige Grenze wie folgt festgesetzt:
"Die Weidegrenze verläuft vom Stein 10/K beim Unteren Gauggenkopf zum Stein 17/K bei der Einmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach (die Steinbezeichnungen beziehen sich auf die Wirtschaftskarte der österreichischen Bundesforste), wie sie im beigeschlossenen, einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Lageplan IIId 3 - 3458/3 vom 2.10.1992 grün dargestellt ist."
Die AB stützte sich in ihrer Begründung auf das oben wiedergegebene Amtssachverständigengutachten des Dipl. Ing. R. Aus § 7 Abs. 1 WWSG sei abzuleiten, dass im Servitutenverfahren, wenn mit einer Partei ein Übereinkommen nicht erzielt werde, dem Urkundenbeweis der Vorrang vor anderen Beweismitteln zukomme. Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf eine behauptete jahrzehntelange unbeanstandete Nutzung gehe ins Leere. Aufgrund urkundlicher Grenzbeschreibungen der Almen O und Wengertal und des vorliegenden Sachverständigengutachtens, das sich auf einen ausführlichen Befund stütze, könne die Weidegrenze zwischen den beiden genannten Almen zweifelsfrei in ihrem Verlauf festgestellt werden. Eine Überlappung zwischen den beiden Weidegebieten bestehe nicht; vielmehr liege eine klare Trennung vor.
Als Anlage des Bescheides wurden der Lageplan, die Stellungnahme des Sachverständigen und die Wirtschaftskarten aus den Jahren 1896 und 1979 angeführt.
In ihrer dagegen erhobenen Berufung beantragte die Beschwerdeführerin, die Grenze wie im Lageplan vom 2. Oktober 1992 gelb eingetragen zur Südgrenze des Weidegebietes festzustellen.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren eine "agrartechnische Stellungnahme" des Dipl. Ing. H.Cz. ein, in welcher dieser darauf hinwies, dass weder im Bescheid der AB noch in der Berufung der Beschwerdeführerin auf einen bestehenden Weidezaun im Bereich der bescheidmäßig festgelegten Weidegrenze Bezug genommen worden sei; dieser Zaun sei von ihm anlässlich eines Lokalaugenscheines "entdeckt" worden und stelle sich in der Natur als ortsüblicher, aber abgelegter Weidezaun in der Form dar, dass in regelmäßigen Abständen Zaunpflöcke zu erkennen seien, der dazugehörige Draht sowie die Befestigungsklammern an geeigneter Stelle entlang des Zaunverlaufes an den Bäumen (aufgerollt) deponiert seien. Die österreichischen Bundesforste hätten mit Schreiben vom 11. November 1997 hiezu ausgeführt, dass der Zaun im Jahre 1983 von ihnen errichtet und bis einschließlich 1989 in Stand gehalten worden sei, um das Vieh der O am Übergang zum derzeit weidefreien Gebiet der Wengertal-Alpe zu hindern. 1990 habe der Obmann der Beschwerdeführerin erklärt, der Zaun sei nicht mehr nötig, da das Vieh ohnehin nicht an dieser Grenze weide. Seither seien wieder Übergriffe festzustellen gewesen. Der Zaun sei im damaligen guten Einvernehmen so angelegt worden, dass er im oberen Teil noch Weideböden der Wengertalalpe südlich der Abteilungsgrenze für das Vieh von O zugänglich ließ. Von Stein 8 bis 12 hingegen grenze er an frische Forstkulturen von der Weide aus. Der Verlauf von Stein 12 in Richtung Gleierschbach sei eine provisorische Kompromisslösung gewesen.
Zusammenfassend kam der Sachverständige der belangten Behörde in seinem Gutachten zum Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung des vorerwähnten Weidezaunes die Ausführungen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung nicht geeignet seien, Zweifel an der Übereinstimmung der bescheidmäßig festgelegten Grenze mit der urkundlichen Gebietsbeschreibung zu wecken; es liege kein Beweis vor, dass die Grenze so wie von der Beschwerdeführerin behauptet verlaufen könnte. Die urkundliche Gebietsbeschreibung sei eindeutig, insbesondere sei im strittigen Bereich die Ausmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach sowie der Gauggenkopf eindeutig bestimmbar und in der Natur bekannte Landmarken, die eine andere als im erstinstanzlichen Bescheid festgelegte Grenze nicht zuließen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin könne durch keine glaubhaften Argumente untermauert werden und es erscheine daher die Berufung als nicht gerechtfertigt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung wurde die Berufung der Beschwerdeführerin im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 38 Abs. 2 WWSG abgewiesen. Die belangte Behörde pflichtete der AB unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 WWSG bei, dass dem Urkundsbeweis der Vorrang vor anderen Beweismitteln im beschwerdegegenständlichen Verfahren zukomme. Eine Einigung über den Grenzverlauf habe nicht erzielt werden können. Die Beschwerdeführerin gestehe selbst zu, dass es im gegebenen Zusammenhang keine Ersitzung gebe, woraus folge, dass eine allfällige jahrzehntelange ungestörte Weideausübung, auch wenn diese wie in der Berufung behauptet wird, durch Zeugenaussagen belegt werden könnte, urkundliche Nachweise nicht zu entkräften vermöge. Das von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren mit der Überschrift "Grenzbeschreibung O" vorgelegte undatierte Schriftstück sei offenbar Teil eines größeren Ganzen, weil es mit der Seiten-Nummerierung "7" versehen sei. Der Stempelaufdruck "Deutsches Reich-Staatsministerium" deute darauf hin, dass dieses Schriftstück in der NS-Zeit verfasst worden sei. Die im Schriftstück enthaltene Grenzbeschreibung weiche von der der Servitutenregulierungsurkunde ab. Gemäß Spruchpunkt 3. des Bescheides der AB vom 26. August 1976 seien jedoch die "übrigen Bestimmungen" dieser Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1873 unverändert aufrecht. Zu diesen "übrigen Bestimmungen" gehöre auch die Grenzbeschreibung. Daraus folge, dass eine Grenzbeschreibung aus der NS-Zeit, wie sie durch das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Schriftstück belegt werden soll, nicht maßgebend sei, sondern ungeachtet dieses Schriftstückes die Weidegrenzen nach Maßgabe der Servitutenregulierungsurkunde vom 27. April 1873 verbindlich geblieben seien. Die belangte Behörde vermöge sich auch der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die Grenzbeschreibung in der Servitutenregulierungsurkunde mehr als eigenartig sei, nicht anzuschließen. Mit der Grenzbeschreibung in dieser Servitutenregulierungsurkunde korrespondiere die Beschreibung des Weidegebietes der an die O angrenzenden Wengertal-Alpe laut Servitutenregulierungsurkunde vom 27. März 1874. Diese Grenzbeschreibungen seien nachvollziehbar und in die Natur übertragbar. Dass sich Ortsbezeichnungen geändert hätten (Isertalbach statt Iserbach, Wengertal-Alpe statt Alpe Weingarttal) oder in verschiedener Schreibweise verwendet würden (Gleierschbach oder Gleiersbach, Gauckenkopf oder Gauggenkopf) sei nicht ungewöhnlich. Wenn die Beschwerdeführerin die Beschreibungen "gegen Norden" bzw. "gegen Westen" als eigenartig (an anderer Stelle als sehr unklar und zweifelhaft) bezeichne, sei ihr entgegenzuhalten, dass mit der Angabe der Himmelsrichtungen lediglich eine Orientierung gegeben werde, dass aber der weit höhere Wert der Grenzbeschreibungen in den Urkunden in der Erwähnung unverwechselbarer natürlicher Grenzmarken (Iserbach, Gauggenkopf, Mitterkeil) liege. Im angefochtenen Bescheid würden die urkundlichen Grenzbeschreibungen so interpretiert, dass die Grenze vom Unteren Gauggenkopf (letzter unbestrittener Stein 10/K) entlang des auch heute noch ununterbrochen (und fortlaufend) vermarkten Grenzzuges zum Stein 17/K am Isertalbach (=Isarbach) verlaufe, während die Beschwerdeführerin vorbringe, dass die Weidegrenze ausgehend vom Stein 10/K über den Stein 10/L zum Stein 1/H an der Einmündung des Wengertalbaches in den Gleierschbach = gelbe Linie im Lageplan) verlaufen solle. Urkundlich werde jedoch die Grenze an der Ausmündung des Iserbaches und nicht des Wengertalbaches in den Gleierschbach festgelegt. Die korrespondierenden Grenzbeschreibungen bewiesen, dass eine Überlappung der beiden Weidegebiete nicht bestehe, vielmehr eine klare Trennung gegeben sei. Der von der Beschwerdeführerin begrenzte Grenzverlauf würde das Weidegebiet der Wengertal-Alpe verkleinern. Die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Interpretation der urkundlichen Grenzbeschreibung im strittigen Abschnitt seien insgesamt gesehen nicht geeignet, Zweifel an der Übereinstimmung der im angefochtenen Bescheid festgestellten Grenze mit der urkundlichen Gebietsbeschreibung zu wecken, und lieferten auch keinen Hinweis darauf, dass die Grenze wie in der Berufung behauptet vom Stein 10/K am Unteren Gauggenkopf über den Stein 10/L zum Stein 1/H verlaufen könnte. Die urkundliche Gebietsbeschreibung sei eindeutig; insbesondere seien im strittigen Bereich die Ausmündung des Iserbaches (= Isertalbach) in den Gleierschbach sowie der Gauggenkopf eindeutig bestimmbare und in der Natur bekannte Landmarken, die eine andere als die im erstinstanzlichen Bescheid vorgenommene Grenzfeststellung nicht zuließen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, wonach die Grenze (gelbe Linie im Lageplan) nicht vom Unteren Gauggenkopf zur Einmündung des Isertalbaches in den Gleierschbach sondern zur Einmündung des Wengertalbaches in den Gleierschbach führen müsse, habe durch keine glaubhaften Argumente untermauert werden können.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Ausübung ihrer durch die Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1873 in der Fassung des Bescheides der AB vom 26. August 1976 festgelegten Nutzungsrechte verletzt. Der Grenzverlauf sei von den Agrarbehörden nicht richtig festgesetzt worden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes, LGBl. Nr. 21/1952, bezeichnet dieses Gesetz als Nutzungsrechte:
a) alle wie immer benannten Rechte, in oder aus einem fremden Wald Holz oder sonstige Forstprodukte zu beziehen;
- b) Weiderechte auf fremdem Grund und Boden;
- c) alle anderen Felddienstbarkeiten auf Wald oder Waldkultur gewidmetem Boden mit Ausnahme der Wegerechte.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen können solche Nutzungsrechte nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geregelt, abgelöst und gesichert werden.
Gemäß § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes können derartige Nutzungsrechte nicht ersessen werden. Eine bereits am 14. Juli 1953 vollendete Ersitzung wird dadurch nicht berührt.
Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen findet eine Verjährung durch Nichtausübung derselben nicht statt.
Gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. bildet das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der zustehenden Nutzungsrechte und Gegenleistungen die Grundlage für die Regulierung, Neuregulierung, Ablösung und Sicherung von Nutzungsrechten.
Nach § 38 Abs. 2 leg. cit. entscheiden die Agrarbehörden, ob und inwieweit eine Ablösung oder Regulierung stattfindet. Sie entscheiden auch außerhalb eines Regulierungs- oder Ablösungsverfahrens mit Ausschluss des Rechtsweges über Bestand und Umfang von Nutzungsrechten, über die Frage, welche Liegenschaften berechtigt und welche verpflichtet sind, sowie über Streitigkeiten hinsichtlich der Ausübung von Nutzungsrechten, insbesondere auch über Einwendungen gegen einen Nutzungsplan für belastete Grundstücke nach § 33, und über Beschwerden wegen Nichteinhaltung derselben.
Gemäß § 48 Abs. 1 leg. cit. sind Parteien die Eigentümer der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften.
Im Hinblick auf die Anordnungen des § 38 Abs. 2 zweiter Satz und § 48 Abs. 1 WWSG hat somit die erstmitbeteiligte Partei als Eigentümerin der verpflichteten Liegenschaft zulässigerweise einen Antrag auf Feststellung des Umfanges des aus der Servitutenregulierungsurkunde aus dem Jahre 1873 im Zusammenhang mit dem Bescheid der AB vom 26. August 1976 abgeleiteten Nutzungsrechtes der Beschwerdeführerin gestellt.
Die Entscheidung der Agrarbehörden über diesen Antrag ist frei von Rechtsirrtum. Bei Anwendung des § 7 Abs. 1 WWSG ist den Behörden keine Rechtswidrigkeit unterlaufen, wenn sie bei Feststellung des Ausmaßes des der Beschwerdeführerin zustehenden Nutzungsrechtes durch Festsetzung der Grenze wie im Spruch des Bescheides der AB vom 7. Oktober 1992 umschrieben die maßgeblichen Servitutenregulierungsurkunden und die Wirtschaftskarten der erstmitbeteiligten Partei aus den Jahren 1896 und 1979 ihren Entscheidungen zugrunde gelegt haben. Der Beschwerdeführerin ist zwar darin zu folgen, dass aus § 7 Abs. 1 WWSG grundsätzlich kein Vorrang des Urkundenbeweises vor den übrigen Beweismitteln herauszulesen ist. Auch nach § 7 Abs. 1 WWSG kommt wie nach § 46 AVG für die Feststellung des Ausmaßes und Umfanges der Nutzungsrechte nach § 1 WWSG in einem Verfahren zur Sicherung dieser Nutzungsrechte alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist.
Enthalten aber die Servitutenregulierungsurkunden Festlegungen für das Ausmaß bzw. den Umfang der Nutzungsrechte, sind diese Urkunden zunächst jedenfalls für die Ausübung dieser Rechte maßgebend, weil sie die Rechtsgrundlage für das Nutzungsrecht selbst bilden. Nur insoweit diese Servitutenregulierungsurkunden mangels hinreichender Bestimmtheit auslegungsbedürftig sind, können andere Beweismittel - soweit vorhanden - zur Feststellung des Ausmaßes und Umfanges der begründeten Nutzungsrechte herangezogen werden.
Im Beschwerdefall haben sich die Agrarbehörden eingehend mit den vorliegenden Beweismitteln auseinander gesetzt und sind in einer für den Verwaltungsgerichtshof nicht als unschlüssig zu erkennenden Weise zu dem im erstinstanzlichen Bescheid wiedergegebenen Grenzverlauf des Weidegebietes der Beschwerdeführerin gelangt. Mit ihren - durch kein als tauglich zu bezeichnendes Beweismittel belegten - Beschwerdeausführungen vermag die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof Bedenken an den Feststellungen im angefochtenen Bescheid und der Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht zu erzeugen. Auch mit der von der Beschwerdeführerin behaupteten jahrezehntelangen unbeanstandeten Weidenutzung hat sich die belangte Behörde sowohl durch Einholung eines Gutachtens als auch durch entsprechende Würdigung im angefochtenen Bescheid eingehend auseinander gesetzt. Insbesondere ist im Berufungsverfahren auch geklärt worden, dass die entgegen den Servitutenregulierungsurkunden tatsächlich geübte Weidenutzung durch einen von der erstmitbeteiligten Partei errichteten Zaun im Jahre 1983 mit Zustimmung aller Beteiligten beeinflusst worden ist. Rechte der Beschwerdeführerin konnten dadurch aber weder begründet noch eingeschränkt werden.
Die Beschwerdeführerin selbst vermag auch in der Beschwerde nicht plausibel zu erklären, warum ihre Nutzungsrechte nicht aus der Servitutenregulierungsurkunde ableitbar sein sollen. Die von ihr vorgelegte Urkunde mit der Überschrift "Grenzbeschreibung O" ist für die Grenzfestsetzung völlig ungeeignet. Diese Urkunde ist, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt, bedenklich, weil sie offensichtlich einem umfangreicheren Schriftstück entnommen worden ist, nicht zu ersehen ist, woher und von wem diese Urkunde stammt, und warum die darin enthaltene Grenzbeschreibung - sofern sie dasselbe Gebiet betreffen sollte - von der Servitutenregulierungsurkunde abweicht.
Die Beschwerdeausführungen sind sohin insgesamt nicht geeignet, die eingehende Begründung im angefochtenen Bescheid als bedenklich erscheinen zu lassen.
Weitere Rechtswidrigkeiten werden in der Beschwerde nicht aufgezeigt und sind vom Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. November 1999
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