VwGH 98/03/0272

VwGH98/03/027217.2.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des R L in E, vertreten durch Schreiner - Lackner Rechtsanwälte OEG in 7000 Eisenstadt, Hauptstraße 1, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 24. Juli 1998, Zl. 4a-A-B8591/3-1998, betreffend Festsetzung des Abschussplanes, zu Recht erkannt:

Normen

JagdG Bgld 1988 §88 Abs10;
JagdG Bgld 1988 §88;
JagdG Bgld 1988 §90;
MRK Art6 Abs1;
JagdG Bgld 1988 §88 Abs10;
JagdG Bgld 1988 §88;
JagdG Bgld 1988 §90;
MRK Art6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Jagdausübungsberechtigter in dem zum Hegering III gehörigen Eigenjagdgebiet "Esterhazy'sche Privatstiftung Schloß Eisenstadt, Revier Joachimskapelle-West" im Ausmaß von 560 ha, davon 552 ha Wald. Mit Bescheid vom 20. April 1998 ordnete die Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung gemäß § 90 Abs. 1 i.V.m. § 88 Abs. 9 Bgld. Jagdgesetz 1988, LGBl. Nr. 11, (JG) "den Jagdausübungsberechtigten der nachstehend bezeichneten Jagdgebiete die Durchführung folgender Abschüsse unter Einhaltung der unter Pkt. 5 enthaltenen Auflagen" an:

"...

2. Angeordnete Abschüsse im HEGERING III:

Rotwild:

Für alle Reviere des Hegeringes wird der Abschuß von insgesamt 1 Hirsch der Klasse I, 2 Hirschen der Klasse II und 5 Hirschen der Klasse III angeordnet.

...

5. Auflagen:

Bei der Durchführung der angeordneten Abschüsse sind folgende Auflagen einzuhalten:

5.1. Der Erleger eines Wildstückes hat den Jagdpächter (Jagdleiter der Jagdgesellschaft) des betreffenden Jagdgebietes und dieser den Hegeringleiter jeweils sofort zu verständigen.

5.2. Der Hegeringleiter hat unverzüglich nach Bekanntwerden des jeweiligen Abschusses alle Revierpächter zu verständigen, ob und wenn ja, welche Abschüsse noch frei sind bzw. dass kein Abschuß mehr getätigt werden darf."

Diese Maßnahme wurde mit dem Auftreten großer Wildschäden in den Waldgebieten begründet.

Der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 AVG i.V.m. § 88 Abs. 9 und 10 JG keine Folge gegeben. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das von ihr als schlüssig angesehene Gutachten eines jagdfachlichen Amtssachverständigen. Dieser habe im wesentlichen ausgeführt, dass das Ziel der Rotwildhege die Ernte von reifen Hirschen (Zielalter: 12 Jahre) sowie das Erreichen eines Geschlechterverhältnisses von etwa 1:1 sei. Die Umsetzung dieser Ziele sei allerdings nur im Rahmen einer großräumigen Wildbewirtschaftung, wobei der Hegering das unterste Ausmaß darstelle, möglich. Auf Grund des großen Aktionsradius und der damit im Gegensatz zum Rehwild fehlenden Standorttreue beim Rotwild könne nur eine großflächige, revierübergreifende Bewirtschaftung zum gewünschten Erfolg führen. Kleinflächiges Revierdenken stünde im krassen Gegensatz zu den wildbiologischen Grundsätzen. Aus dem angeführten Gutachten ergebe sich - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - vor allem, dass sich die Erfüllung der Abschüsse bei Bedachtnahme auf die Wildstandsmeldungen und die Abschussfreigaben äußerst ungünstig entwickelt hätten. Der Gutachter habe diese Entwicklung ausführlich dokumentiert und abschließend vermeint, dass ein Abgehen von der bisherigen Vorgangsweise der revierweisen Bewilligung von Hirschabschüssen notwendig und erforderlich sei.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 88 Abs. 1 erster Satz JG ist der Abschuss von Schalenwild (mit Ausnahme des Schwarzwildes) sowie von Auer-, Birk-, Hasel- und Trapphahnen nur auf Grund eines von der Bezirksverwaltungsbehörde genehmigten Abschussplanes oder einer Abschussverfügung gemäß § 108 zulässig.

Die Abs. 7 bis 10 des § 88 JG lauten:

"(7) Läßt der Abschußplan im Aufbau der Altersklassen und des Geschlechtsverhältnisses einen qualitativ guten, der Größe und den Äsungsverhältnissen des Jagdgebietes angepaßten und den Interessen der Land- und Forstwirtschaft nicht widersprechenden Wildstand erwarten, so ist er zu genehmigen.

(8) Wird der Abschußplan nicht rechtzeitig oder mangelhaft verfaßt vorgelegt, oder widersprechen seine Angaben den Zielsetzungen des Abs. 7, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Abschußplan unter Bedachtnahme auf Abs. 7 zu verfügen.

(9) In Gebieten, in denen eine Hege des abschußplanpflichtigen Schalenwildes im Hinblick auf die Interessen der Land- und Forstwirtschaft nicht vertretbar ist, hat die Bezirksverwaltungsbehörde über Antrag oder von Amts wegen ohne Rücksicht auf den Wildstand Abschüsse in jenem Ausmaß zu genehmigen oder zu verfügen, die eine Ausbreitung oder Vermehrung der betreffenden Wildart hintanhalten oder eine wirksame Verminderung des Wildbestandes ermöglichen.

(10) Für Gebiete gemäß Abs. 9 sowie für Jagdgebiete, die wegen ihres geringen Flächenausmaßes bei Schalenwild einen biologisch richtigen Altersklassenaufbau und die Regulierung eines ausgewogenen Geschlechterverhältnisses nicht zulassen, kann der Abschuß bestimmter Wildstücke für mehrere aneinandergrenzende Jagdgebiete mit der Auflage bewilligt oder verfügt werden, daß die Erfüllung des Abschusses in einem dieser Jagdgebiete den Abschuß in den anderen Jagdgebieten ausschließt."

Gemäß § 90 Abs. 1 erster Satz JG hat der Jagdausübungsberechtigte den bewilligten oder verfügten Abschussplan in Zahl und Gliederung einzuhalten.

Der Beschwerdeführer trägt zunächst im wesentlichen vor, dass es die Intention des burgenländischen Jagdrechtes sei, "dem Jagdausübungsberechtigten den Abschussplan zu genehmigen und nicht den Abschuss von Rotwild durch Bescheid für den ganzen Hegering festzusetzen". Die Freigabe des Abschusses für den gesamten Hegering hätte die willkürliche Bevorzugung des Jagdausübungsberechtigten zur Folge, "in dessen Revier zu Beginn der Schußzeit die Hirsche ihren Einstandsplatz haben". Dieser könne binnen kurzer Zeit den Abschussplan für den gesamten Hegering zur Gänze ausschöpfen und den anderen Jagdausübungsberechtigten im Hegering die Möglichkeit des Abschusses von Rotwild nehmen. Eine gleichmäßige Verteilung der Möglichkeit zum Abschuss sei nur dann gewährleistet, wenn der Abschuss im "Rotationsprinzip" erfolge.

Mit diesen Ausführungen macht der Beschwerdeführer der Sache nach Bedenken gegen die Sachlichkeit und damit gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 88 Abs. 10 JG geltend. Diese werden vom Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht geteilt. Die angeführte Regelung, die sich in ähnlicher Form auch in anderen Jagdgesetzen findet (vgl. etwa § 81 Abs. 6 NÖ. Jagdgesetz 1974, § 37 Abs. 9 lit. b Tiroler Jagdgesetz 1983 und § 57 Abs. 5 Kärntner Jagdgesetz 1978), dient unter Berücksichtigung des ausgedehnten Lebensraumes verschiedener Wildarten (insbesondere des Rotwildes) der zur Erreichung der Zielsetzungen des § 88 Abs. 7 JG notwendigen großräumigen Jagdbewirtschaftung und erfährt daraus ihre sachliche Rechtfertigung (vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 20. März 1980, Slg. Nr. 8802, ergangen zu § 36 Abs. 2 Tiroler Jagdgesetz 1969). Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht zu einer Antragstellung nach Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlaßt.

Wenn der Beschwerdeführer einwendet, dass die "Bewilligung von Abschüssen für ein gesamtes Gebiet" dem Gesetz widerspreche, weil dieses nur eine Genehmigung des Abschussplanes für den einzelnen Jagdausübungsberechtigten (ad personam) ermögliche, so übersieht er, dass im Spruch des mit dem angefochtenen Bescheid übernommenen erstinstanzlichen Bescheides ohnedies die "Jagdausübungsberechtigten der nachstehend bezeichneten Jagdgebiete" als Bescheidadressaten angeführt wurden.

Dem Beschwerdeführer kann auch nicht beigetreten werden, wenn er eine Widersprüchlichkeit des dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten jagdfachlichen Gutachtens darin zu erblicken vermeint, dass "zunächst von einer hegeringweisen Freigabe gesprochen und letztlich ausgeführt wird, dass Konsequenzen für den Jagdausübungsberechtigten grundsätzlich zu überdenken seien". Nach Auffassung des Beschwerdeführers erfolge hiedurch "eine unzulässige Vermengung von Bewilligungen für Jagdausübungsberechtigte mit solchen von Gebieten, wo beides strikt zu trennen ist". Diese Überlegung ist für den Verwaltungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, bieten doch die Ausführungen im Sachverständigengutachten nicht den geringsten Anhaltspunkt für die dem Beschwerdeführer offenbar vorschwebende Annahme, dass der Sachverständige - entgegen § 90 Abs. 1 erster Satz JG - nicht davon ausgegangen sei, dass - auch - ein gemäß § 88 Abs. 10 JG bewilligter oder verfügter Abschuss von den Jagdausübungsberechtigten der sie betreffenden Jagdgebiete (innerhalb ihrer Jagdgebiete) zu erfüllen ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann auch keine Rede davon sein, dass der Sachverständige den Bereich der Tatsachen überschritten und Rechtsfragen beantwortet hätte. Gegen die Schlüssigkeit des Sachverständigen-Gutachtens bestehen vielmehr keine Bedenken, sodass die belangte Behörde dieses dem angefochtenen Bescheid zugrunde legen durfte.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass bei der Abschussplanbesprechung vom 8. April 1998 keine "bindende" Entscheidung über die weidgerechte Ausübung der Jagd und die Jagdbewirtschaftung im Sinne des § 145 Abs. 3 JG gefaßt worden sei, geht ins Leere, weil die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung ohnedies nicht vom Vorliegen eines derartigen Beschlusses ausgegangen ist.

Wenn der Beschwerdeführer schließlich die Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Art. 6 MRK rügt, ist ihm zu entgegnen, dass es sich bei der Festsetzung des Abschussplanes um einen hoheitlichen Eingriff im öffentlichen Interesse und nicht um eine zivilrechtliche Angelegenheit im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK handelt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Oktober 1987, Slg. Nr. 11.500). Im übrigen zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, inwieweit die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. Februar 1999

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