VwGH 98/01/0313

VwGH98/01/031324.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des R in L, geboren am 12. September 1968, vertreten durch Mag. Gerda Ferch, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Goethestraße 11, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 25. März 1998, Zl. 202.247/0-III/09/98, betreffend Zurückweisung eines Asylantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §4 Abs2;
AVG §60;
AsylG 1997 §4 Abs2;
AVG §60;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Jugoslawien, stellte am 2. März 1998 einen Antrag auf Gewährung von Asyl. In der vom Bundesasylamt durchgeführten Ersteinvernahme am 10. März 1998 wurde ihm vorgehalten, Asylwerber seien während des Verfahrens in Ungarn zum Aufenthalt berechtigt, dies nach Art. 14 bis 16 des neuen Asylgesetzes Nr. CXXXIX/1997.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 11. März 1998 wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 1 des Asylgesetzes 1997 (AsylG) als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde u. a. ausgeführt, nach den Vorhaltungen während der Ersteinvernahme des Beschwerdeführers, darunter auch zur Rechtslage in Ungarn, sei davon auszugehen, daß "Asylwerber während des Verfahrens in Ungarn zum Aufenthalt berechtigt" seien.

Die dagegen erhobene Berufung wurde vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 25. März 1998 gemäß § 4 Abs. 1 AsylG abgewiesen. Der unabhängige Bundesasylsenat begründete seine Entscheidung im wesentlichen damit, daß der über Ungarn in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer dort Schutz vor Verfolgung finden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt § 4 Abs. 2 AsylG für die Zurückweisung eines Asylantrages wegen Drittstaatsicherheit voraus, daß die Asylbehörden im Einzelfall zunächst die Rechtslage im potentiellen Drittstaat ermitteln (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 98/01/0284).

Weiters gilt für die Berufungsbehörde nach dem gemäß § 67 AVG auch von ihr anzuwendenden § 60 leg. cit., daß in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützt die Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen ist. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung der Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugänglichen Weise dargelegt werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1989), 1044 wiedergegebene ständige hg. Rechtsprechung).

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, daß die Berufungsbehörde die ungarische Rechtslage festzustellen und darzulegen gehabt hätte, auf Grund welcher Überlegungen sie zu dem Ergebnis gelangte, daß die von ihr ermittelte ungarische Rechtslage derart beschaffen sei, daß rechtlich gemäß § 4 Abs. 2 AsylG zu folgern sei, Asylwerber seien während des Asylverfahrens in Ungarn "zum Aufenthalt berechtigt". Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid jedoch nicht gerecht. Die belangte Behörde begnügt sich im entscheidenden Punkt ihrer Begründung, nach der Feststellung, seit dem 1. März 1998 stehe in Ungarn das Gesetz Nr. CXXXIX/1997 in Geltung, das die einschlägigen Fragen des Flüchtlingsrechts regle, mit dem Satz:

"Des weiteren sind Asylwerber während des Verfahrens in Ungarn zum Aufenthalt berechtigt (vgl. Art. 14 bis 16 des obgenannten Gesetzes):"

Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus der weiteren Bescheidbegründung wird allerdings der genaue Inhalt der zitierten Gesetzesbestimmungen deutlich. Wie die belangte Behörde zu ihrer rechtlichen Beurteilung gelangte, die - von ihr im einzelnen gar nicht dargestellte - ungarische Rechtslage sei so beschaffen, daß Asylwerber während des Verfahrens in Ungarn im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG "zum Aufenthalt berechtigt" seien, entzieht sich daher einer Nachprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof.

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 24. März 1999

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