VwGH 97/21/0592

VwGH97/21/05921.7.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, in der Beschwerdesache des SL in Mürzsteg, geboren am 31. Oktober 1965, vertreten durch Dr. Johannes Sammer, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Königsbrunngasse 11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 27. März 1997, Zl. Fr 704/1996, betreffend Ausweisung, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 1997 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1997 §29;
FrG 1997 §33 Abs1;
VertriebenenV Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner 1999/II/133 §2;
VwGG §33 Abs1;
AsylG 1997 §19;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1997 §29;
FrG 1997 §33 Abs1;
VertriebenenV Aufenthaltsrecht Kosovo-Albaner 1999/II/133 §2;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) vom 27. März 1997 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, unter Bedachtnahme auf § 19 leg. cit. ausgewiesen. Das Tatbestandsmerkmal des unrechtmäßigen Aufenthalts im Inland sah die belangte Behörde dabei u. a. deshalb als erfüllt an, weil dem Beschwerdeführer "seinerzeit vom Bundesasylamt Graz, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1991 keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gewährt wurde".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Mit Verfügung vom 5. Mai 1999 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, dass er vorläufig davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer im Sinn der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehöre, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sei und infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in seine Heimat zurückkehren könne. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob der Beschwerdeführer anderweitig Schutz vor Verfolgung finden könne; dieser wurde weiters aufgefordert, anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.

Der Beschwerdeführer bestätigte in seiner Äußerung die eben beschriebene vorläufige Annahme des Verwaltungsgerichtshofes. Es liege jedoch weder eine Klaglosstellung noch eine Gegenstandslosigkeit der Beschwerde vor, weil die Verordnung BGBl. II Nr. 133/1999 ein Aufenthaltsrecht lediglich bis 31. Dezember 1999 gewähre. Er habe somit keinen rechtlichen Anspruch auf ein dauerndes Aufenthaltsrecht, sodass er auf einer erkenntnismäßigen Erledigung seines Antrages bestehen könne. Er sei in seinen subjektiven Rechten insofern verletzt, als die Abschiebung in die Bundesrepublik Jugoslawien als zulässig erkannt worden und ihm gegenüber nicht festgestellt worden sei, dass er in dem von ihm bezeichneten Staat durch Verfolgung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Auch die belangte Behörde stellte in ihrer Äußerung das Vorliegen der vom Verwaltungsgerichtshof vorläufig angenommenen Voraussetzungen nicht in Abrede; sie verwies allerdings darauf, dass dem Beschwerdeführer ein anderweitiges Aufenthaltsrecht zukomme, weil ihm laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag "die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gem. § 19 Asylgesetz 1997, bis 26.8.1999 verlängert wurde".

Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, erlassenen Verordnung der Bundesregierung, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, kommt Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.

Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens lassen keinen Zweifel daran erkennen, dass der Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 2 erster Satz der genannten Verordnung erfülle. Die belangte Behörde verneint ein dem Beschwerdeführer auf Grund der Verordnung zukommendes Aufenthaltsrecht lediglich im Hinblick auf den zweiten Satz dieser Bestimmung, weil er eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 besitze.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird. In diesem Fall kann die Ausweisung auf Grund des inzwischen rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr vollzogen werden. Sollte der Aufenthalt des Fremden zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) unrechtmäßig werden, so könnte er nicht in Vollziehung der ursprünglichen, auf Grund eines früheren illegalen Aufenthaltes erlassenen Ausweisung beendet werden, sondern müsste die Frage, ob sich der Fremde neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhält, in einem weiteren Verfahren nach § 17 FrG (nunmehr § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997) geklärt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 23. Oktober 1997, Zl. 95/18/1306). Wodurch die nachträgliche Legalisierung bewirkt wird, spielt keine Rolle; sowohl im Fall der Einräumung eines vorübergehenden Aufenthaltsrechts gemäß einer auf Grund § 29 des Fremdengesetzes 1997 erlassenen Verordnung als auch im Fall der Zuerkennung einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach § 19 Asylgesetz 1997 kommt einer Entscheidung über eine Beschwerde gegen eine vor Eintritt dieser Umstände erlassene Ausweisung nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu (vgl. sinngemäß zu den genannten Fällen den vorzitierten hg. Beschluss vom 23. Oktober 1997 und den hg. Beschluss vom 27. November 1998, Zl. 95/21/0983).

Davon ausgehend kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, auf welchem Sachverhalt die nachträgliche Legalisierung des Aufenthalts des Beschwerdeführers beruht. Maßgeblich ist allein, dass - nach dem Vorgesagten unzweifelhaft - eine derartige nachträgliche Legalisierung eingetreten ist, was wegen des dadurch bewirkten nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses dazu führen muss, dass die Beschwerde - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen ist. Der dagegen erhobene Einwand des Beschwerdeführers, die gegenständliche Verordnung gewähre ihm keinen Anspruch auf ein dauerndes Aufenthaltsrecht, geht nach dem oben Gesagten ins Leere. Soweit er eine weiter wirkende Rechtsverletzung darin zu erblicken vermeint, dass nicht festgestellt worden sei, dass er in der Bundesrepublik Jugoslawien gem. § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei, vermengt er in unzulässiger Weise die Sache des hier gegenständlichen Ausweisungsverfahrens mit jener des Verfahrens nach § 54 FrG.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde das Vorliegen einer die Rechtmäßigkeit des inländischen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides begründenden vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 lediglich im Hinblick darauf verneint, dass ihm vom Bundesasylamt Graz keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung "gewährt wurde". Damit hat die belangte Behörde verkannt, dass eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 7 Asylgesetz 1991 bei Vorliegen der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen ex lege eintritt. Im Hinblick auf das im Asylverfahren (in der Berufung gegen den negativen Bescheid des Bundesasylamtes) erstattete Vorbringen des über Ungarn in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführers, er habe in Ungarn keinen Asylantrag gestellt, weil die ungarische Polizei üblicherweise Kosovo-Albaner ohne Befragungen sofort nach Jugoslawien zurückschicken würde, wäre sie - zumal sie auf die ihr übermittelten Unterlagen aus dem Asylverfahren selbst Bezug genommen hat - zu einer näheren Prüfung des Vorliegens/Nichtvorliegens dieser Voraussetzungen verpflichtet gewesen. Da sie dies unterlassen hat, wäre der angefochtene Bescheid - falls die Beschwerde nicht gegenstandslos geworden wäre - aufzuheben gewesen.

Gemäß §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994 hat der Bund dem Beschwerdeführer daher Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- zu ersetzen.

Wien, am 1. Juli 1999

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