Normen
DO Wr 1994 §18;
DO Wr 1994 §5 Abs1;
DO Wr 1994 §94 Abs1;
DO Wr 1994 §18;
DO Wr 1994 §5 Abs1;
DO Wr 1994 §94 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Senatsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Er war bis zu seiner Suspendierung vom Dienst als Leiter des magistratischen Bezirksamtes für den 15. Bezirk tätig.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 30. April 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 90 Z. 1 Dienstordnung 1994 als unbegründet abgewiesen und damit die mit Bescheid der Disziplinarkommission vom 4. Februar 1997 verfügte Suspendierung des Beschwerdeführers bestätigt.
Zur Begründung führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer stehe im Verdacht, er habe
"1. die ihm übertragenen Geschäfte nicht unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit besorgt und im Dienst und außer Dienst nicht alles vermieden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnten, indem er
a) die Anweisung des magistratischen Bezirksamtes für den
15. Bezirk vom 14. Oktober 1996 betreffend die Dienstleistung des OSR Dipl.Ing. F unterfertigte, in welcher bestätigt wurde, daß dieser am 12. Oktober 1996 von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr und am 13. Oktober 1996 von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr und am 14. Oktober 1996 von 0.00 Uhr bis 2.00 Uhr Dienst versehen habe, obwohl dieser am 12. Oktober 1996 und am 14. Oktober 1996 keinen Dienst verstehen und am 13. Oktober 1996 lediglich zwischen 10.00 Uhr und 22.30 Uhr Dienst geleistet habe,
b) die Anweisung des magistratischen Bezirksamtes für den
15. Bezirk vom 14. Oktober 1996 betreffend die Dienstleistung des KK G (ohne Überprüfung) unterfertigte, in welcher bestätigt wurde, daß dieser am 12. Oktober 1996, 13. Oktober 1996 und 14. Oktober 1996 Dienst versehen habe, obwohl dieser keinen Dienst versah,
c) die in lit. b) genannte Anweisung unterfertigte, obwohl ihm bekannt gewesen sei, dass KK G keinen Dienst verstehen habe,
d) die Auszahlungsliste des magistratischen Bezirksamtes für den 15. Bezirk betreffend die Aufenthaltskostenbeiträge und Wahldienstentschädigungen aufgrund der Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahl bzw. EU-Wahl 1996 unterfertigte und die Stadthauptkassa zur Auszahlung der in dieser Liste genannten Geldbeträge veranlaßte, obwohl der unter laufender Nummer 8 genannte Betrag für OSR Dipl.Ing. F wie oben in lit. a) beschrieben, unrichtig war, und der unter laufender Nummer 9 genannte Betrag für KK G, wie oben in lit. d) beschrieben, unrichtig gewesen, und ihm diese Unrichtigkeit wie oben in lit. c) dargestellt, bekannt gewesen sei,
e) von dem aufgrund der in lit. d) genannten Auszahlungsliste unrichtig ausbezahlten Betrag von S 6.927,-- den Betrag von
S 4.500,-- an sich genommen und den restlichen Betrag dem Mitarbeiter P überlassen habe.
2. Weiters habe er es zugelassen, daß seine Tochter, R, am 13. Oktober 1996 im magistratischen Bezirksamt für den 15. Bezirk tätig wurde, obwohl er dieser gegenüber als Vorgesetzter befangen gewesen sei und Verwandte in gerader Linie nicht derart eingestellt werden dürften, daß der eine dem anderen dienstlich unmittelbar ungeordnet wird oder dessen unmittelbarer Kontrolle unterliegt."
Nach Darlegung des Verfahrensverlaufes und der maßgebenden Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, auch wenn nur ein Teilgeständnis des Beschwerdeführers vorliege, bestehe ein massiver Verdacht einer finanziellen Unregelmäßigkeit eines leitenden Beamten der Stadt Wien. Die langjährige Unbescholtenheit in der Funktion als Bezirksamtsleiter könne die Tragweite der Dienstverfehlung nicht lindern, da an einen Dienststellenleiter als Vertrauensperson ein besonders hoher Maßstab hinsichtlich seiner moralischen Vorbildfunktion anzulegen sei. Das Schadenausmaß in materieller Hinsicht sei als "nicht besonders hoch" zu bezeichnen, der damit verbundene Vertrauensmissbrauch sei jedoch besonders gravierend. Die inkriminierten Handlungen seien in der Funktion als Dienststellenleiter im Rahmen des Dienstbetriebes gegangen worden. Der Bezirksamtsleiter sei in der Praxis neben dem Bezirksvorsteher erster Ansprechpartner für Probleme der Bevölkerung, sodass diese mit der Person des Beschwerdeführers ein hohes Maß an Integrität, Autorität, Verantwortungsbewusstsein und Gerechtigkeitsempfinden verbinde. Alle diese Wertvorstellungen und Erwartungen seien im Bezug auf eine sachliche und korrekte Arbeitsweise in Frage gestellt. Die Suspendierung des Beschwerdeführers sei als dienstrechtliche Maßnahme zur Aufrechterhaltung des Vertrauens der Öffentlichkeit und der übrigen Mitarbeiter in das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung unabdingbar. Sein Verschulden bzw. seine Motivation sei in diesem Verfahrensstadium nicht näher zu prüfen. Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers, situationsbedingte Umstände hätten eine Kontrolle der Schriftstücke nicht zugelassen, könne daher nicht gewürdigt werden. Bei Beachtung seiner Verantwortlichkeit und der ihm zumutbaren Aufsichtsmöglichkeiten hätte dem Beschwerdeführer zumindest bei Genehmigung der Anweisungen für einzelne Personen die totale Nichtanwesenheit wenigstens einer Person (KK G) auffallen müssen. Aus dem vorliegenden Beweismaterial ergebe sich ein Sachverhalt, welcher unabhängig von der subjektiven Tatseite die pflichtwidrige Ausführung der Amtsgeschäfte wahrscheinlich und glaubhaft mache, sodass eine Verletzung der im § 18 Abs. 1 und Abs. 2 iVm § 5 Abs. 1 Dienstordnung 1994 und der im § 17 Abs. 1 Geschäftsordnung für den Magistrat der Stadt Wien (GOM) normierten allgemeinen Dienstpflichten anzunehmen sei. Es sei auch eine mögliche Verdunklungsgefahr nicht ganz von der Hand zu weisen, da der Beschwerdeführer mehrfach versucht habe, mit einem dienstlichen Unterstellten (KK P) Kontakt aufzunehmen. Die Suspendierung des Beschwerdeführers sei auch gerechtfertigt, um diesen von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten. Eine Weiterbelassung des Beschwerdeführers im Dienst würde das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes gefährden sowie das Betriebsklima beeinträchtigen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, dass "der von mir eingebrachten Berufung keine Folge gegeben wurde". Nach dem Inhalt seiner gesamten Beschwerde ist diese Bezeichnung des Beschwerdepunktes wohl auch dahingehend zu verstehen, dass sich der Beschwerdeführer in dem Recht verletzt erachtet, nicht suspendiert zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid "zur Gänze aufzuheben und der belangten Behörde den Ersatz der Aufwendungen in der beantragten Höhe aufzulegen".
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren (bestehend aus Personalakt und Suspendierungsakt) vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dienstordnung 1994 (DO 1994) in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung lauten:
" Suspendierung
§ 94. (1) Würden durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung (en) das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet, so hat der Magistrat die vorläufige Suspendierung zu verfügen. Gegen die vorläufige Suspendierung ist kein Rechtsmittel zulässig.
(2) Jede vorläufige Suspendierung ist unverzüglich der Disziplinarkommission und dem Disziplinaranwalt mitzuteilen. Bis zur Entscheidung der Disziplinarkommission kann der Magistrat die vorläufige Suspendierung wegen Wegfalls der Umstände, durch die sie veranlaßt worden ist, aufheben. Gegen diese Aufhebung ist kein Rechtsmittel zulässig. Wurde die vorläufige Suspendierung nicht bereits vom Magistrat aufgehoben, hat die Disziplinarkommission zu entscheiden, ob sie aufzuheben oder ob die Suspendierung zu verfügen ist. Mit der Suspendierung endet die vorläufige Suspendierung.
Allgemeine Dienstpflichten
§ 18. (1) Der Beamte hat die ihm übertragenen Geschäfte unter Beachtung der bestehenden Rechtsvorschriften mit Sorgfalt, Fleiß und Unparteilichkeit zu besorgen. Er hat sich hiebei von den Grundsätzen größtmöglicher Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis leiten zu lassen.
(2) Der Beamte hat gegenüber den Vorgesetzten, den Mitarbeitern, den Parteien und Kunden ein höfliches und hilfsbereites Verhalten an den Tag zu leben. Er hat im Dienst und außer Dienst alles zu vermeiden, was die Achtung und das Vertrauen, die seiner Stellung entgegengebracht werden, untergraben könnte.
Anstellungshindernisse
§ 5. (1) Verwandte in gerader Linie und Seitenverwandte bis einschließlich Onkel und Neffe, im gleichen Grad verschwägerte sowie Personen, die ihm durch Adoption begründeten Verhältnis der Wahlverwandtschaft stehen, dürfen nicht derart angestellt werden, daß der eine dem anderen dienstlich unmittelbar untergeordnet wird oder dessen unmittelbarer Kontrolle unterliegt."
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/09/0006, und die darin angegebene Judikatur) ist die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt. Es braucht daher nicht nachgewiesen zu werden, dass der Beamte die ihm zur Last gelegte Dienstpflichtverletzung tatsächlich begangen hat. Diese Aufgabe kommt vielmehr erst den Disziplinarbehörden in Disziplinarverfahren zu. Es genügt demnach, wenn gegen den Beschuldigten ein Verdacht besteht. Dies ist dann der Fall, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Berechtigung zur Verfügung der Suspendierung liegt allein in dem Bedürfnis, noch vor der Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung in der abschließenden Entscheidung über die angemessene Disziplinarstrafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Die Suspendierung eines Beamten gehört demnach in die Reihe jener vorläufigen Maßnahmen, die in zahlreichen Verfahrensgesetzen vorgesehen sind, um einen Zustand vorübergehend zu ordnen, der endgültig erst aufgrund des im Allgemeinen einen längeren Zeitraum beanspruchenden förmlichen Verfahrens geregelt wird, um dadurch Nachteile und Gefahren - insbesondere für das allgemeine Wohl - abzuwehren oder zu verhindern. Kommt nach der Lage des Einzelfalles die Möglichkeit der Verfügung einer Suspendierung in Betracht, gebieten die Rechtsgüter, zu deren Sicherung die Suspendierung vorgesehen ist, eine rasche Entscheidung darüber, ob die Voraussetzungen für ihre Verhängung gegeben sind oder nicht. Im Hinblick auf diese Funktion der Suspendierung können an die in der Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides darzulegenden Tatsachen, die den Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründen, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Ähnlich wie beim Einleitungsbeschluss (an den ebenfalls Rechtsfolgen geknüpft sind) muss das dem Beamten im Suspendierungsbescheid zur Last gelegte Verhalten, dass es Dienstpflichtverletzung erachtet wurde, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht bestimmt, d.h. in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten beschrieben werden. In der Begründung des Suspendierungsbescheides ist darzulegen, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer die Suspendierung rechtfertigenden Dienstpflichtverletzung ergibt.
Diesen Anforderungen wird (nicht nur der erstinstanzliche Bescheid sondern auch) der angefochtene Berufungsbescheid der belangten Behörde hinreichend gerecht, ergeben sich doch aus dem im vorgelegten Suspendierungsakt befindlichen Beweismitteln genügend Anhaltspunkte gegen den Beschwerdeführer für die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von Dienstpflichtverletzungen. Der Beschwerdeführer hat in seiner Stellungnahme vom 10. Jänner 1997 (Parteiengehör im Suspendierungsverfahren) wohl einzelne gegen ihn erhobene Vorwürfe bestritten, aber insgesamt betrachtet damit den gegen ihn bestehenden begründeten Verdacht nicht zu entkräften vermocht.
Die gegen den angefochtenen Bescheid erhobene Beschwerde beschränkt sich darauf den Inhalt der Berufung (nahezu wörtlich) zu wiederholen (vgl. die Seiten 35 bis 42 des vorgelegten Personalaktes). Die in der Beschwerde enthaltenen Ausführungen zur "vorläufigen Suspendierung" sind offenbar auf ein Redaktionsversehens bzw. eine unterbliebene Anpassung des Berufungsschriftsatzes zurückzuführen.
Wie bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend dargelegt hat, ist die in der Berufung bzw. der Beschwerde dargelegte Rechtfertigung des Beschwerdeführers und die von ihm damit in Frage gestellte subjektive Tatseite der im Verdachtsbereich vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen im dafür vorgesehenen Disziplinarverfahren zu prüfen. Insoweit der Beschwerdeführer den Inhalt seiner Berufung nunmehr als Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wiederholt, wird allein damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Auch vor dem Verwaltungsgerichtshof erweist sich dieses Vorbringen der Beschwerde nur als unerhebliche, die Verteidigung des Beschuldigten im Disziplinarverfahren vorwegnehmende "Themenverfehlung" des Suspendierungsverfahrens. Eine bloße Gegendarstellung, wie dies in der Berufung bzw. der Beschwerde vorgenommen wird, erscheint auch nicht ausreichend, den gegen den Beschwerdeführer bestehenden Verdacht zu erschüttern bzw. die Rechtswidrigkeit des im Verdachtsbereich ergangenen angefochtenen Bescheides über die Suspendierung darzutun (vgl. insoweit sinngemäß etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, Zl. 97/09/0180). Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid auch nachvollziehbar dargelegt, aus welchen zutreffenden Erwägungen im vorliegenden Fall die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen die Maßnahme seiner Suspendierung vom Dienst erforderten.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 7. Juli 1999
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