Normen
AVG §60;
KFG 1967 §37 Abs2;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
AVG §60;
KFG 1967 §37 Abs2;
SHG Wr 1973 §10 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Antrag vom 16. Juni 1996 beantragte die Beschwerdeführerin die Verlängerung der ihr seit dem 1. April 1994 zuerkannten Mietbeihilfe. Sie gab durch Ankreuzen des von ihr benützten Formulars an, über ein Kraftfahrzeug zu verfügen.
Mit Schreiben vom 10. September 1996 gab der Magistrat der Stadt Wien der Beschwerdeführerin Folgendes bekannt:
"Gemäß § 45 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes - AVG 1950, wird ihnen folgendes Verfahrensergebnis zur Kenntnis gebracht:
Da in Ihrem Fall ein Kraftfahrzeug vorhanden ist, entstehen durch die Erhaltung und den Betrieb des Fahrzeuges Aufwendungen, die eine finanzielle Mehrbelastung sind. Diese Kosten können Sie offenbar aus ihrem Einkommen bestreiten. Es kann daher keine finanzielle Notlage bestehen, die für die Zuerkennung einer Mietbeihilfe Voraussetzung ist. Die Gewährung einer Mietbeihilfe seitens des Sozialamtes ist nicht möglich.
Sie haben Gelegenheit, dazu innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung diese Verständigung Stellung zu nehmen."
Die Beschwerdeführerin nahm zu dieser Verständigung mit Schreiben vom 1. Oktober 1996 wie folgt Stellung:
"Da mein Sohn keine polizeiliche Meldung, d.h. keinen ordentlichen Wohnsitz in Wien hat, ist es Ihm auch nicht möglich, ein KFZ unter seinem Namen anzumelden. Er hat sich im Vorjahr zwei Havarien gekauft, welche er in seiner Freizeit herrichtet. Beide Fahrzeuge laufen unter Wechselkennzeichen. (...). Ich versichere ihnen jedoch, dass ich mich weder an den Kosten des Kaufes (10 000,--) noch an laufenden Spesen beteiligt habe und es aus finanziellen Gründen auch nicht kann.
Sollte es ihr Wunsch sein, bin ich gerne bereit, Belege meiner monatlichen Gesamtausgaben sowie meiner Pension vorzulegen. Daraus wird ersichtlich sein, dass es für mich unmöglich ist, ein Fahrzeug finanziell zu erhalten. Es ist auch weiters belegbar, dass mein Sohn sämtliche Kosten trägt.
Mein Sohn ist auch gerne bereit, mit sämtlichen, von ihnen gewünschten Unterlagen bei ihrem Amte vorzusprechen, sollte dies von Nöten sein."
Mit Bescheid vom 8. Oktober 1996 lehnte der Magistrat der Stadt Wien die Zuerkennung einer Mietbeihilfe an die Beschwerdeführerin unter Heranziehung der oben zitierten Überlegungen ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung, der sie Kopien der Versicherungszahlscheine beilegte, aus welchen sich ergab, dass diese an die Adresse der Lebensgefährtin ihres Sohnes in Wien gesendet und von diesem bezahlt wurden. Die Beschwerdeführerin betonte, nicht im Stande zu sein, irgendeine Art von Kosten zu bestreiten.
Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und den angefochtenen Bescheid mit folgender Begründung bestätigt:
"... Als Vermögen im Sinne des § 10 Wiener Sozialhilfegesetz gilt jedenfalls ein Kraftfahrzeug.
Insoweit die Berufungswerberin anführt, dass sämtliche Kosten des Fahrzeuges von ihrem Sohn aufgewendet werden, so ist dem entgegenzuhalten, dass diese Angaben zwar in die Beweiswürdigung mit einbezogen wurden, doch geht die erkennende Behörde im Rahmen ihrer freien Beweiswürdigung davon aus, dass die Meldung des PKW auf die Berufungswerberin keine Scheinmeldung ist, sondern dieses auch tatsächlich in ihrem Gebrauch steht.
Denn einerseits könnte der Sohn der Berufungswerberin, P.Z., den PKW auf seinen Namen anmelden, falls er ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt braucht, da es ihm als Eigentümer einer Wohnung in der Grundsteingasse 43, 1160 Wien, jederzeit möglich wäre, einen Wohnsitz in Wien zu begründen, und andererseits ist für die Berufungsbehörde kein Umstand ersichtlich, weswegen das KFZ unbedingt in Wien angemeldet sein muss. Denn wenn der Sohn der Berufungswerberin seinen ordentlichen Wohnsitz in einem anderen österreichischen Bundesland begründet hat, kann er auch einen PKW bei der jeweiligen zuständigen Behörde anmelden, da es nicht notwendig erscheint, ein Fahrzeug unbedingt mit Wiener Kennzeichen zu fahren."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, diesen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem § 10 Abs. 1 Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG), LGBl. Nr. 11/1979 i.d.F. LGBl. Nr. 50/1993, ist Hilfe nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf zu sichern.
Unter Vermögen im Sinne dieser Gesetzesstelle sind alle beweglichen und unbeweglichen Sachen, sowie sonstige Werte, insbesondere Kraftfahrzeuge zu verstehen, jedoch kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nur insoweit zu berücksichtigen, als sie auch verwertbar sind, d.h. in Geld oder sonstige Leistungen umgesetzt werden können, mit denen der Hilfe Suchende seinen Bedarf (zumindest teilweise) decken kann (vgl. Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, 403 f).
Die Beschwerdeführerin hat im Verwaltungsverfahren wiederholt darauf hingewiesen, dass die von ihr im Antrag auf Verlängerung der Mietbeihilfe genannten Kraftfahrzeuge im (wirtschaftlichen) Eigentum und in Benützung ihres Sohnes stünden und von ihr daher nicht verwertet werden könnten. Sämtliche mit dem Betrieb dieser Kraftfahrzeuge verbundenen Kosten trage ihr Sohn.
Die belangte Behörde hat ohne Aufnahme der von der Beschwerdeführerin beantragten Beweise, insbesondere ohne Befragung ihres Sohnes als Zeugen, sowie ohne sonstige allenfalls gebotene amtswegige Ermittlungen im Sinn des § 39 Abs. 2 AVG "im Rahmen der freien Beweiswürdigung" festgestellt, dass "der PKW dem Vermögen der Berufungswerberin zuzuordnen ist".
Diese Feststellung ist nicht nachvollziehbar. Aus der Zulassung der Kraftfahrzeuge allein kann unter den vorliegenden Umständen keine schlüssige Zuordnung zu dem Vermögen der Beschwerdeführerin vorgenommen werden, weil derjenige, der eine Zulassung beantragt, nicht sein (wirtschaftliches) Eigentum am Kraftfahrzeug nachweisen, sondern gemäß § 37 Abs. 2 KFG lediglich glaubhaft machen muss, dass er rechtmäßiger Besitzer des Fahrzeugs ist oder das Fahrzeug auf Grund eines Abzahlungsgeschäfts im Namen des rechtmäßigen Besitzers inne hat.
Wenn aber die belangte Behörde mängelfrei davon hätte ausgehend dürfen, die Kraftfahrzeuge stünden im Eigentum der Beschwerdeführerin, so wären zwei Möglichkeiten offen gestanden. Hätte dann die belangte Behörde die Kraftfahrzeuge durch Veräußerung für verwertbar gehalten und die Verkaufssumme auf die Sozialhilfe anrechnen wollen, dann fehlten Feststellungen darüber, welcher Preis bei einem sofortigen Verkauf erzielbar wäre. Hätte die belangte Behörde aber die Auffassung vertreten, die Erhaltung von Kraftfahrzeugen erfordere Geldbeträge, die auf ein verschwiegenes Einkommen der Beschwerdeführerin hindeuten, so hätte sie diese Beträge und das Einkommen feststellen und schlüssig begründen müssen.
Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22. Dezember 1999
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