Normen
AlVG 1977 §36 Abs3 litA idF 1996/411;
ASVG §5 Abs2 litc;
NotstandshilfeV §5 Abs2 idF 1996/240;
VwRallg;
AlVG 1977 §36 Abs3 litA idF 1996/411;
ASVG §5 Abs2 litc;
NotstandshilfeV §5 Abs2 idF 1996/240;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.680,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin bezog u.a. für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 30. September 1996 Notstandshilfe (zunächst als Pensionsvorschuss) in der Höhe von täglich S 178,80. In dem zugrunde liegenden Antrag vom 25. Juni 1996 (Formular ausgegeben am 24. Juni 1996) verneinte sie die Frage nach einem eigenen Einkommen. Als Beispiele für Einkommensarten waren im Antragsformular "z.B. Alterspension, Invaliditätspension, Rente aus der Kriegsopferversorgung oder aus der Opferfürsorge, Unterhaltsleistung, Alimente, Erziehungsbeitrag, Unfallrente, Einkommen aus freiberuflicher Tätigkeit, Vermietung oder Hausbesorgertätigkeit u.ä." angeführt.
Mit Schreiben vom 18. Juni 1996 hatte ein Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin seit dem Unfall vom 23. August 1992, seit dem sie arbeitslos sei, ihre frühere Tätigkeit nicht mehr ausüben könne. In einem Prozess beim Landesgericht Wels, dessen Aktenzahl in dem Schreiben angeführt war, seien "die Verdienstentgangsansprüche bis zum 30. Juni 1994 abgerechnet und erledigt" worden. Das Arbeitsmarktservice werde ersucht, "für die weiteren Zeiten bekannt zu geben, welche Barleistungen" die Beschwerdeführerin erhalten habe.
Mit der Beschwerdeführerin war daraufhin am 24. Juni 1996 folgende Niederschrift aufgenommen worden:
"Ich hatte im Jahre 1992 einen Motorradunfall. Aufgrund dieses Unfalls verlor ich meine Beschäftigung. Bei dem Verdienstentgang handelt es sich um Zahlungen, die von der gegnerischen Versicherung zu zahlen sind. Es handelt sich dabei um die Erste Allgemeine Versicherungsanstalt. Der Verdienstentgang wird folgend berechnet:
damaliger Verdienst minus Leistung aus der Arbeitslosenversicherung. Beim Verdienstentgang handelt es sich somit um eine reine Versicherungsangelegenheit. Mein Vertreter ... versucht noch den Verdienstentgang vom 1.7.94 bis 30.6.95 bei der Ersten Allgemeinen für mich zu fordern. Weitere Ansprüche werden derzeit nicht geltend gemacht."
Am 7. Oktober 1996 erfuhr die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice durch einen Anruf eines Mitarbeiters der im Schadenersatzprozess der Beschwerdeführerin mitbeklagten Versicherungsgesellschaft davon, dass die Beschwerdeführerin seit einiger Zeit eine "Haushaltsrente" beziehe, da sie aufgrund des Unfalls ihren Angaben zufolge nicht mehr alle Haushaltsarbeiten erledigen könne.
Am 25. Oktober 1996 sprach die Beschwerdeführerin - einer Ladung folgend - bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vor. Sie übergab die Fotokopie des Urteils des Oberlandesgerichtes Linz vom 12. März 1996 (beim Landesgericht Wels eingelangt am 12. April 1996), mit dem der Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 14. Juli 1995 in dem von der Beschwerdeführerin angestrengten Schadenersatzprozess nicht Folge gegeben worden war. Nach den Entscheidungsgründen des Urteils des Oberlandesgerichtes Linz wurde der Beschwerdeführerin schon vom Erstgericht u.a. eine Hausfrauenrente von S 2.500,-- monatlich ab 1. September 1994 zugesprochen. Den Berufungsargumenten gegen diesen Teil der erstinstanzlichen Entscheidung hielt das Oberlandesgericht Linz u. a. entgegen, die gemäß § 1325 ABGB im Falle einer Körperverletzung gebührende Hausfrauenrente sei Ersatz für die verminderte Erwerbsfähigkeit einer im Haushalt tätigen Frau, sie stehe auch dann zu, wenn tatsächlich keine Ersatzkraft eingestellt werde, und dem Erstgericht sei in der Anwendung des § 273 ZPO kein Fehler unterlaufen.
Mit Mitteilung des Arbeitsmarktservice vom 27. November 1996 wurde die Beschwerdeführerin darüber informiert, dass ihre Notstandshilfe u.a. für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 30. September 1996 mit S 96,80 (gemeint: neu) bemessen worden sei.
Mit Bescheid vom 2. Dezember 1996 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice aus, die der Beschwerdeführerin gewährte Notstandshilfe werde "für den nachstehend angeführten Zeitraum widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt" und die Beschwerdeführerin werde zur Rückzahlung unberechtigt empfangener Notstandshilfe "in dem nachstehend angeführten Gesamtbetrag" verpflichtet. Dem folgten im Spruch des Bescheides die Angabe eines Betrages ("Rückforderung S 7.544,--") und in der Begründung des Bescheides die Wendung, nach den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens habe die Beschwerdeführerin "durch ihre Nichtmeldung des Bezuges einer Haushaltsrente ... in der Zeit vom 1.7.96 bis 30.9.96 einen Überbezug in obiger Höhe herbeigeführt".
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid machte die Beschwerdeführerin - in teilweiser Übereinstimmung mit dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen - geltend, die Rente stelle einen Ersatz für Mehraufwand dar und stelle rein auf die Arbeitskraft ab, die im privaten Bereich aufgewendet werde. Das Zivilrecht sehe eine strikte Trennung zum rein beruflichen Bereich vor. Diese Trennung sei auch im Arbeitslosenversicherungsrecht aufrecht zu erhalten. Die Notstandshilfe beziehe sich rein auf den beruflichen Bereich. Auf die Minderung der Erwerbsfähigkeit werde bei ihrer Bemessung keine Rücksicht genommen. Durch den Abzug der Haushaltsrente von ihrer Notstandshilfe werde die Beschwerdeführerin gegenüber einer gesunden Person materiell benachteiligt, weshalb die Anrechnung der Rente unzulässig sei. Die Rückforderung sei darüber hinaus auch unzulässig, weil der Beschwerdeführerin aus näher dargestellten Gründen nicht vorgeworfen werden könne, sie habe es schuldhaft unterlassen, eine Änderung ihrer Einkommensverhältnisse anzuzeigen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung nicht statt. Sie sprach - den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides verdeutlichend - aus, die Bemessung der Notstandshilfe werde für den Zeitraum vom 1. Juli 1996 bis zum 30. September 1996 von täglich S 178,80 auf täglich S 96,80 berichtigt und der Beschwerdeführerin werde die während dieses Zeitraumes unberechtigt empfangene Notstandshilfe im Gesamtbetrag von S 7.544,-- zum Rückersatz vorgeschrieben.
In der Begründung ihrer Entscheidung stellte die belangte Behörde aus den von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice bei der Versicherung des Unfallgegners eingeholten Auskünften ergänzend fest, die Beschwerdeführerin habe aufgrund des zivilgerichtlichen Urteils u.a. am 3. Mai 1996 eine Nachzahlung von S 33.000,-- und ab 19. Juni 1996 eine vierteljährliche Zahlung von S 7.500,--, entsprechend einer monatlichen Rente von S 2.500,--, erhalten. Nach einer Wiedergabe des Berufungsvorbringens und des Inhalts anzuwendender Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde u.a. aus, die Anzeigepflicht des § 50 Abs. 1 AlVG beziehe sich auf jeden dem Arbeitsmarktservice noch nicht bekannt gewordenen Umstand, der für den Anspruch und die Höhe der Leistung von Belang sein könne, darunter jede Änderung der Einkommensverhältnisse, selbst wenn sie nach Ansicht des Arbeitslosen den Leistungsanspruch nicht zu beeinflussen vermöge. Die von der Beschwerdeführerin bezogene Rente sei gemäß § 2 Abs. 3 EStG eine sonstige Einkunft im Sinne des § 29 EStG und daher gemäß § 36 AlVG (gemeint wohl: § 36a AlVG) als eigenes Einkommen zur Gänze auf die Notstandshilfe anzurechnen. Die Überweisung vom 3. Mai 1996 habe u.a. die Rente für Juni 1996, die Überweisung vom 19. Juni 1996 die Rente für die Monate Juli bis September 1996 enthalten. Die Rente sei daher im Bescheidzeitraum als laufende Leistung anzurechnen gewesen. Die Beschwerdeführerin habe den Rentenbezug nicht bekannt gegeben und dadurch den Rückforderungstatbestand der Verschweigung maßgebender Tatsachen verwirklicht.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Bei der Überprüfung des angefochtenen Bescheides ist zeitraumbezogen von § 36 Abs. 3 lit. A AlVG in der Fassung des SRÄG 1996, BGBl. Nr. 411, auszugehen. Danach ist in den vom zuständigen Bundesminister zu erlassenden Richtlinien für die Gewährung von Notstandshilfe u.a. vorzusehen, dass ein Einkommen, das den im § 5 Abs. 2 lit. c ASVG angeführten Betrag nicht übersteigt, von der Anrechnung auf die Notstandshilfe (im jeweiligen Folgemonat) auszunehmen ist.
Nach § 5 Abs. 2 der zeitraumbezogen anzuwendenden Verordnung betreffend Richtlinien für die Gewährung der Notstandshilfe (Notstandshilfeverordnung), BGBl. Nr. 352/1973, in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 240/1996, ist "ein Einkommen, das den im § 5 Abs. 2 lit. c ASVG angeführten Betrag nicht übersteigt, ... auf die Notstandshilfe nicht anzurechnen".
Der im § 5 Abs. 2 lit. c ASVG angeführte Betrag hatte im Kalenderjahr 1996 die Höhe von S 3.600,-- monatlich (vgl. dazu die Kundmachung BGBl. Nr. 808/1995).
Der Ausschluss geringfügiger Einkommen von der Anrechnung auf die Notstandshilfe gilt nach dem klaren Wortlaut der angeführten Bestimmungen in der im vorliegenden Fall jeweils zeitraumbezogen anzuwendenden Fassung nicht nur für Einkommen, die aus einer Beschäftigung erzielt werden.
Das von der belangten Behörde angerechnete Einkommen betrug S 2.500,-- monatlich und lag daher unter der Geringfügigkeitsgrenze von S 3.600,--.
Der angefochtene Bescheid war schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Ein Anspruch auf den gesonderten Ersatz von Mehrwertsteuer aus dem Schriftsatzaufwand besteht danach nicht.
Wien, am 17. November 1999
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