VwGH 96/21/0502

VwGH96/21/050215.10.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Rosenmayr, Dr. Pelant und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der F in Pottenbrunn, geboren am 18. März 1977, vertreten durch Dr. Werner Pennerstorfer, Dr. Hans-Jörg Haftner und Dr. Peter Schobel, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Herrengasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Mai 1996, Zl. Fr 1428/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §36 Abs2;
FrG 1993 §37;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Beschwerdeführerin, eine türkische Staatsangehörige, gemäß § 17 Abs. 1 unter Bedachtnahme auf § 19 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus. Weiters wies sie den Antrag auf Erteilung eines Durchsetzungsaufschubes zurück.

Die erstgenannte Maßnahme begründete sie wie folgt: Die Beschwerdeführerin sei am 11. Dezember 1995 mit einem am 5. Dezember 1995 von der österreichischen Botschaft in Ankara ausgestellten Touristensichtvermerk (mit Gültigkeitsdauer bis 9. Jänner 1996) in das Bundesgebiet eingereist. Ihr am 4. Jänner 1996 gestellter Asylantrag sei mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. Februar 1996 rechtskräftig abgewiesen worden. Seit 10. Jänner 1996 besitze sie weder nach dem Fremdengesetz (Sichtvermerk) noch nach dem Aufenthaltsgesetz (Aufenthaltsbewilligung) noch nach dem Asylgesetz eine Aufenthaltsberechtigung; sie halte sich sohin nicht rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Durch die Ausweisung finde ein "vorübergehender" Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin statt, weil sich ihr Ehegatte seit 1990 in Österreich aufhalte und hier beschäftigt sei. Ihre behauptete Schwangerschaft könne nicht zu ihren Gunsten gewertet werden, weil diese einerseits in einer Zeit eingeleitet worden sei, in der sich die Beschwerdeführerin rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten habe, andererseits durch diese Vorgangsweise die Behörden vor vollendete Tatsachen gestellt würden. Den für den Aufenthalt von Fremden in Österreich bestehenden Vorschriften komme im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Im Rahmen der ihr obliegenden Verpflichtung zur Abwägung der für und gegen eine Ausweisung sprechenden öffentlichen und privaten Interessen sei die belangte Behörde zur Ansicht gelangt, dass die Erlassung der Ausweisung zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass die Gültigkeitsdauer des ihr erteilten Sichtvermerks mit 9. Jänner 1996 abgelaufen sei, sie über keine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verfüge und ihr Asylantrag rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Gerichtshof hegt daher gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass sich die Beschwerdeführerin seit 10. Jänner 1996 unrechtmäßig im Inland aufhalte und der Tatbestand des § 17 Abs. 1 erster Halbsatz FrG erfüllt sei, keine Bedenken.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht die Beschwerdeführerin in einer unrichtigen Anwendung des § 19 FrG. Nach dieser Bestimmung ist, würde durch eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 oder ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, ein solcher Entzug der Aufenthaltsberechtigung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Die belangte Behörde nahm unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin im Inland mit ihrem seit 1990 in Österreich befindlichen Ehegatten zusammenlebt, zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in ihr Familienleben an. Sie wies aber ebenso zutreffend auf das öffentliche Interesse hin, das aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten zukommt (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 12. April 1999, Zl. 95/21/0927). Die Schlussfolgerung der belangten Behörde, dass dieses öffentliche Interesse höher zu bewerten sei als das gegenläufige private Interesse der Beschwerdeführerin an einem Verbleib in Österreich, kann nicht als rechtswidrig angesehen werden. Denn der zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erst ca. sechs Monate dauernde Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ist - selbst unter der Annahme eines daraus resultierenden relevanten Eingriffs in das Privatleben der Beschwerdeführerin - noch von einer so kurzen Dauer, dass von einer nennenswerten Integration nicht gesprochen werden kann. Weiters maß die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht der Schwangerschaft der Beschwerdeführerin keine die Ausweisung hindernde Bedeutung zu, denn eine Schwangerschaft kann zwar einen Grund für eine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinn des § 36 Abs. 2 FrG (nunmehr § 56 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997) darstellen, für sich allein den Ausspruch einer Ausweisung jedoch nicht hindern (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis Zl. 95/21/0927). Im Übrigen wurden keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die es als unmöglich oder unzumutbar erscheinen ließen, dass die Beschwerdeführerin ihr Familienleben im Ausland fortsetzen könnte.

Der Hinweis, es sei der Beschwerdeführerin sowohl aus religiösen als auch aus kulturellen Gründen nicht möglich, in ihr Heimatland zurückzukehren und sie sei als Kurdin "schon aus rituellen Gründen" nicht mehr berechtigt, zu ihrer Familie oder in ihr Dorf zurückzukehren, führt die Beschwerde - abgesehen davon, dass damit noch keine Gefährdung oder Bedrohung im Sinn des § 37 FrG dargelegt wird - nicht zum Erfolg, weil Gegenstand des angefochtenen Bescheides nicht die Frage der Zulässigkeit einer Abschiebung ist und mit diesem nicht darüber abgesprochen wurde, dass die Beschwerdeführerin in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass sie allenfalls abgeschoben werde (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1999, Zl. 95/21/1153).

Da nach dem Gesagten dem angefochtenen Bescheid - der inhaltlich nur in seinem Ausspruch über die Ausweisung der Beschwerdeführerin bekämpft wurde - die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Oktober 1999

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