VwGH 96/03/0277

VwGH96/03/027720.1.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Gall als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des W S in H, vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Goethestraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 15. Juli 1996, Zl. 1-0806/95/E3, betreffend Übertretung des Kraftfahrliniengesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

KflG 1952 §1 Abs2;
KflG 1952 §1 Abs3;
KflG 1952 §1 Abs2;
KflG 1952 §1 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit mündlich verkündetem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 20. Juni 1995 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe "die im oben genannten Schriftsatz näher beschriebenen Tat(en) begangen". In der Niederschrift heißt es im Vordruck, daß der Beschuldigte ein volles Geständnis abgelegt habe, "die in der Aufforderung zur Rechtfertigung, der Ladung bzw. der Anzeige dieses Aktes näher beschriebene(n) Tat(en) begangen zu haben". Dadurch habe er die Verwaltungsübertretung des § 16 iVm § 1 Abs 3 KflG 1952 verwirklicht, weshalb über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in Höhe von S 1.000,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Monaten verhängt wurde.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7. Juni 1995 war dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, als Obmann und somit als gemäß § 9 VStG verantwortliches Organ der Grün-Alternative-Liste (GAL) H dafür verantwortlich zu sein, daß von dieser am 24. und 25. März 1995 ein Kraftfahrlinienverkehr eingerichtet worden sei, "ohne daß Sie im Besitz der hiezu notwendigen Konzessionen waren".

Der gegen das Straferkenntnis vom 20. Juni 1995 erhobenen Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

In der Begründung des bekämpften Bescheides führt die belangte Behörde im wesentlichen aus, daß der Beschwerdeführer als Obmann der Grün-Alternative-Liste (GAL) H für den 24. März und 25. März 1995 einen Bus samt Fahrer gemietet habe. Dieser Bus habe an diesen Tagen zu bestimmten Zeiten auf einem vorher festgelegten Linienplan verkehrt, an vorher festgesetzten Haltestellen für die Öffentlichkeit angehalten, weshalb im weiteren davon auszugehen sei, daß die Beförderungen regelmäßig gemäß veröffentlichtem Fahrplan erfolgt seien. Die Vergütung der Kosten für die Beförderung durch den Personenkraftverkehrsunternehmer sei von der Grün-Alternative-Liste (GAL) H übernommen worden. Der im gegenständlichen Fall angebotene Verkehr habe alle Kriterien eines Kraftfahrlinienverkehrs erfüllt und sei sohin gemäß § 1 Abs. 3 KflG 1952 konzessioinspflichtig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Der Bundesminister für Wissenschaft, Verkehr und Kunst legte eine Stellungnahme vor und beantragte ebenfalls die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes 1952 - KflG1952, BGBl. Nr. 84 i.d.F.

BGBl. 819/1994, lauten:

"§ 1. (1) Kraftfahrlinienverkehr ist die regelmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen durch Personenkraftverkehrsunternehmer in einer bestimmten Verkehrsverbindung, wobei Fahrgäste an vorher festgesetzten Haltestellen aufgenommen oder abgesetzt werden können. Der Kraftfahrlinienverkehr ist ungeachtet einer etwaigen Verpflichtung zur Buchung für jedermann zugänglich.

(2) Im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt als

1. der Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers die Tätigkeit jedes Unternehmens, das eine der Öffentlichkeit oder bestimmten Benützergruppen angebotene Personenbeförderung gegen Vergütung durch die beförderte Person oder durch Dritte ausführt, und zwar regelmäßig mit Kraftfahrzeugen, welche nach ihrer Bauart und ihrer Ausstattung geeignet und dazu bestimmt sind, mehr als neun Personen - einschließlich Fahrer - zu befördern;

2. Unternehmen jede natürliche Person, jede juristische Person mit oder ohne Erwerbszweck, jede Vereinigung oder jeder Zusammenschluß von Personen ohne Rechtspersönlichkeit und mit oder ohne Erwerbszweck sowie jedes staatliche Organ, unabhängig davon, ob dieses eine eigene Rechtspersönlichkeit verfügt oder von einer Behörde mit Rechtspersönlichkeit abhängt.

(3) Der Kraftfahrlinienverkehr nach Abs. 1 bedarf einer Konzession, der Kraftfahrlinienverkehr mit Vertragsparteien des Europäischen Wirtschaftsraumes nach Abs. 1 bedarf einer dieser gleichzuhaltenden Genehmigung.

(4) ...

...

§ 16. (1) Übertretungen der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen werden von den Bezirksverwaltungsbehörden, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 30.000 S oder Arrest bis zu zwei Wochen bestraft. Bei erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden."

Der Beschwerdeführer rügt unter anderem unter Bezugnahme auf § 1 Abs. 2 KflG 1952, daß die Beförderung der Fahrgäste unentgeltlich vorgenommen worden sei. Aus § 1 Abs. 1 iVm § 1 Abs. 2 KflG 1952 ergebe sich, daß von einem der Konzessionspflicht unterliegenden Personenkraftverkehrsunternehmen nur gesprochen werden könne, wenn die angebotene Personenbeförderung gegen Vergütung durch die beförderte Person oder durch Dritte ausgeführt werde.

Schon mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Wie sich aus der nach dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides verwiesenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7. Juni 1995 ergibt, ging die belangte Behörde davon aus, daß als Adressat der Strafnorm die Grün-Alternative-Liste (GAL) H in Betracht käme, an deren Stelle der Beschwerdeführer als für sie zur Vertretung nach außen berufene natürliche Person getreten sei (zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit von Organwaltern juristischer Personen vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 769), die (sanktionierte) Unterlassungspflicht also (an sich) diese "wahlwerbende Vereinigung" getroffen habe. Auch aus der Anzeige und der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nichts Gegenteiliges.

Davon, daß der Grün-Alternative-Liste (GAL) H eine Vergütung durch die beförderten Personen bzw. durch Dritte zugekommen wäre, geht die belangte Behörde gar nicht aus. Darauf kam es aber in der Frage der Vergütung an und nicht darauf, daß die Kosten für die Beförderung durch einen Personenverkehrsunternehmer (die Fa. A-Reisen) - also durch einen Dritten - von der Grün-Alternative-Liste (GAL) H - also von ihr selbst - übernommen wurden, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides sowie der Bundesminister in seiner Stellungnahme ausführen.

Damit verkannte die belangte Behörde den Norminhalt des § 1 KflG 1952, der für das Vorliegen eines konzessionspflichtigen Kraftfahrlinienverkehrs fordert, daß die Tätigkeit des die angebotene Personenbeförderung ausführenden Unternehmens - diesem gegenüber - gegen Vergütung durch die beförderten Personen oder durch Dritte erfolgt (§ 1 Abs. 2 Z. 1 leg. cit.).

Schon aus diesem Grund belastete die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers

BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den für Umsatzsteuer geltend gemachten Betrag, weil diese in den pauschalierten Sätzen der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 20. Jänner 1999

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