VwGH 95/05/0311

VwGH95/05/03119.11.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger, im Beisein der Schriftführerin Rätin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Manfred und der Ilse Peterka in Baden, vertreten durch Dr. Alfred Strommer, Dr. Johannes Reich-Rohrwig, Dr. Georg Karasek und Dr. Bernhard Hainz, Rechtsanwälte in Wien I, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. Mai 1995, Zl. R/1-V-95033/00, betreffend einen Bauauftrag (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde Baden, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §2 Z8;
BauO NÖ 1976 §21 Abs11;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4;
BauO NÖ 1976 §23 Abs1 Z2 lita;
BauO NÖ 1976 §23 Abs1 Z2 litb;
BauO NÖ 1976 §23 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1976 §23 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1976 §23;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z2;
BauRallg;
VwRallg;
BauO NÖ 1976 §113 Abs2 Z3 lita;
BauO NÖ 1976 §2 Z8;
BauO NÖ 1976 §21 Abs11;
BauO NÖ 1976 §21 Abs4;
BauO NÖ 1976 §23 Abs1 Z2 lita;
BauO NÖ 1976 §23 Abs1 Z2 litb;
BauO NÖ 1976 §23 Abs2 Z1;
BauO NÖ 1976 §23 Abs2 Z2;
BauO NÖ 1976 §23;
BauO NÖ 1976 §92 Abs1 Z2;
BauRallg;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer zusammen haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Stadtgemeinde in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde betreffend Vorlageaufwand wird abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeführern gehört das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück Nr. 658/34, EZ 2098, KG Rauhenstein, welches nordseitig an die Josef-Klieberstraße und südseitig an den Scharfeneckweg grenzt. Mit Ansuchen vom 5. Dezember 1992 begehrten sie die Baubewilligung für einen Zu- und Umbau am bestehenden Wohnhaus. An der Nordseite sollte das Objekt durch einen Zubau erweitert werden und eine Garage, Kellerräume und ein Wintergarten geschaffen werden. Im derzeitigen Garagenbereich sollte ein Fitnessraum und ein Dampfbad untergebracht werden. Im Erdgeschoß war die Ersetzung des bestehenden Balkons durch eine größere Terrasse und die Errichtung eines Schwimmbeckens über der Garage geplant. Die dem Ansuchen angeschlossene Flächenberechnung ergab, dass sich unter Einschluss des Zubaues eine verbaute Fläche von 307,40 m2 ergeben werde, sodass 29,96 % der Grundstücksfläche von 1026 m2 verbaut würden. Der Plan sah die oberirdische Freihaltung des Seitenabstandes zur östlichen Nachbargrenze im Ausmaß von 3,00 m vor; lediglich eine von der Grundstücksgrenze in Ost-Westrichtung ansteigende Böschung ist dem Schnitt E-F zu entnehmen.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 5. Oktober 1992 wurde den Beschwerdeführern antragsgemäß die Baubewilligung erteilt; dieser Bescheid wurde rechtskräftig.

Die Eigentümer des östlichen Nachbargrundstückes Dr. H.G. und Dr. W.G. wiesen in einem Schreiben an die Baubehörde vom 14. Oktober 1993 darauf hin, dass sie anlässlich der Bauverhandlung vom 30. Juni 1992 aufgrund des vorgelegten Planes die im Schnitt E-F ersichtliche Böschung zur Kenntnis genommen hätten. Nunmehr werde aber der Böschungsraum zur Ausführung einer massiven Freitreppenanlage genützt. Dieses Bauwerk sei in den Einreichplänen nicht dargestellt und wäre gemäß § 23 Nö BauO gar nicht zulässig. Durch diese Freitreppenanlage seien sie in ihren Anrainerrechten erheblich verletzt.

Mit ihrem "Ansuchen um Planwechsel" vom 29. Oktober 1993 legten die Beschwerdeführer Auswechslungspläne und eine neue Baubeschreibung betreffend Um- und Zubauarbeiten am bestehenden Wohnhaus vor. Bei der Verhandlung vom 16. März 1994 wurde u.a. festgestellt, dass im Kellergeschoß neben dem Schwimmbecken ein Filterraum angebaut wurde. Im östlichen Bauwich sei eine Stufenanlage mit Naturstützmauer errichtet worden, welche eine Breite von ca. 2,0 m, gemessen vom Böschungsfuß bis zur Terrassenkante, aufweise. Die Höhe dieser Treppenanlage betrage im vordersten Bereich an der Garagenkante ca. 4,0 m. Sie steige etwa von der Mitte des bestehenden Gebäudes bis auf das Terrassenniveau an.

Die anwesenden Eigentümer des östlichen Nachbargrundstückes sprachen sich gegen die Treppenanlage im seitlichen Bauwich aus und "bezweifelten" die Einhaltung der Bebauungsdichte durch die vorgenommenen bzw. geplanten Änderungen. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten dazu aus, dass der vorgelegte Auswechslungsplan im Bereich des östlichen Bauwiches eine Steinschlichtung in Form einer Stützmauer mit gepflasterten Stufenflächen zeige. Diese bauliche Anlage rage von der Gebäudeflucht, welche einen Abstand von 3,0 m zur östlichen Grundgrenze aufweise, ca 2,0 m in diesen Bauwich hinein. Die Steinwand sei nahezu senkrecht aufgestellt und weise an der höchsten Stelle 4,0 m auf. Eine derartige Freitreppenanlage sei nach seiner Auffassung nicht zulässig.

In der Folge teilte der von den Beschwerdeführern damit beauftragte Baumeister N. der Baubehörde mit, dass nach dem nunmehrigen Vorhaben die gesamte verbaute Hausfläche 312,23 m2, somit 30,43 % der Grundstücksfläche ausmachen würde. Mit Schreiben vom 20. Juli 1994 erklärten die Beschwerdeführer, dass sie ihr Ansuchen um Baugenehmigung vom 29. Oktober 1993 zurückziehen.

Am 19. August 1994 suchten die Beschwerdeführer neuerlich um die Bewilligung eines Planwechsels an; die Baubeschreibung enthält den Filterraum nicht mehr und im neu vorgelegten Plan ist an der östlichen Grundstücksgrenze die Stiegenanlage im Bereich der Garage nicht mehr enthalten. Vorgelegt wurde weiters eine neue Flächenberechnung, die auf eine Gesamtfläche von 302,51 m2, entsprechend 29,48 % der Grundstücksfläche, lautete.

Bei der Bauverhandlung vom 5. Oktober 1994 wurde festgestellt, dass im Bereich des Bauwiches zu den östlichen Anrainern eine Freitreppenanlage mit Steinmauern errichtet worden sei, die nunmehr konsenslos bestehe. Der Sachverständige bestätigte, dass die gesamte bebaute Fläche nach dem neuen Plan 302,51 m2 betrage. In dieser Verhandlung wurde in Aussicht gestellt, dass unabhängig vom Verfahren über die Auswechslungspläne gesondert ein Abbruchauftrag hinsichtlich der konsenslosen Bauten ergehen werde.

Mit Schreiben vom 29. Juli 1994 teilte die Baubehörde den Beschwerdeführern mit, dass die erforderlichen Abtragungsarbeiten, vorwiegend bei der Freistiege und auch im Bereich des Filterraumes unverzüglich zu beginnen und längstens bis 30. September 1994 vorzunehmen seien.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 28. Oktober 1994 wurde die Baubewilligung aufgrund der am 19. August 1994 eingereichten Pläne erteilt. Mit Bescheid vom selben Tag wurde den Beschwerdeführern gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a NÖ BauO aufgetragen, den konsenslosen Bestand einer Freitreppenanlage samt Steinmauer und des Filterraumes östlich des Garagenvorbaues bis längstens 31. Dezember 1994 abzubrechen und den östlichen Zwischengarten ausschließlich gemäß dem rechtskräftigen Baubewilligungsbescheid vom 5. Oktober 1992 zu gestalten. Die Verhandlungsschrift vom 16. März 1994 wurde zu einem wesentlichen Bestandteil der Entscheidungsgrundlagen erklärt. Die gegenständliche Freitreppenanlage könne wegen Widerspruches zu den Bestimmungen des § 23 der NÖ BauO nachträglich nicht genehmigt werden. Auch der Zubau des östlich des Schwimmbeckens oberhalb der Garage gelegenen Filterraumes sei nicht zulässig, da dadurch die Bebauungsdichte überschritten werde.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung. Die auf ihrem Grundstück ausgeführten baulichen Maßnahmen gründeten sich auf die Baubewilligung vom 5. Oktober 1992. Im Bereich der so genannten Freitreppe sei eine Böschung bewilligt, welche wegen der zur Zeit noch fehlenden Stütz- bzw. Sockelmauer an der Nachbargrundgrenze noch nicht geschüttet worden sei. Bis zur Herstellung dieser bewilligten Bauteile seien nicht fundierte Natursteinmauern errichtet worden, welche ein Abrutschen der bisherigen Schüttung verhindern sollen. Nach Fertigstellung des Vorhabens werde die so genannte Treppenanlage im Verlauf der bewilligten Böschung bzw. unter dem genehmigten Niveau liegen.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde gab dieser Berufung mit dem Bescheid vom 14. Dezember 1994 keine Folge, änderte den bekämpften Bescheid aus Anlass der Berufung jedoch dahingehend ab, dass eine längere Ausführungsfrist festgesetzt wurde. Weder in den mit Baubewilligungsbescheid vom 5. Oktober 1992 genehmigten Planunterlagen noch in den mit dem Bewilligungsbescheid vom 28. Oktober 1994 bewilligten Plänen sei der im bekämpften Bescheid angesprochene Filterraum und die Freitreppenanlage enthalten. Diese Bauteile fänden sich lediglich in jenen Einreichplänen, um deren Genehmigung mit Schreiben vom 29. Oktober 1993 angesucht worden sei. Diese Bauteile seien konsenslos. Bei der gegenständlichen Stiegenanlage handle es sich um eine Freitreppe, welche im seitlichen Bauwich situiert sei. Aus § 23 Abs. 2 Z. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 2 Z. 2 der NÖ BauO ergebe sich, dass Freitreppen im seitlichen Bauwich nicht zulässig seien und damit eine nachträgliche baubehördliche Bewilligung nicht erteilt werden dürfe. Der Filterraum sei über dem gewachsenen Gelände gelegen und somit gemäß § 2 Z. 9 der NÖ BauO der bebauten Fläche zuzurechnen.

In ihrer dagegen erhobenen Vorstellung verwiesen die Beschwerdeführer neuerlich darauf, dass Gegenstand der Baubewilligung vom 5. Oktober 1992 auch eine in den Plänen eingezeichnete Geländeböschung im Seitenabstand sei, welche den Übergang vom Terrassenniveau auf das herzustellende Niveau im Bereich der ebenfalls genehmigten Stützmauer darstelle. Diese Niveauänderung habe bisher noch nicht hergestellt werden können; eine Befestigung dieser Anschüttung mit Natursteinen sei vorgesehen gewesen und auch den genehmigten Plänen eindeutig zu entnehmen. Die beanstandete so genannte Freitreppenanlage bilde nach Fertigstellung des Bauvorhabens lediglich eine (nicht bewilligungspflichtige) "Einkerbung" in das bewilligte Gelände. Wenn vor Fertigstellung der gesamten Anlage die Verbindungsstufen mit später durch die Böschung verdeckten Unterbauten abgesichert seien, stelle dies eine baulich erforderliche Zwischenlösung, jedoch kein bewilligungspflichtiges Vorhaben dar.

Der so genannte "Filterraum" sei eine Abmauerung unter der genehmigten Terrasse und weise eine lichte Höhe von 1,40 m auf. Dieser Bauteil sei daher lediglich ein Schacht, welcher zur Unterbringung der Filteranlage genutzt werde. Andernfalls wäre der unterhalb der genehmigten Terrasse liegende Teil des Grundstückes ohne Ausnutzung abzumauern bzw. zuzuschütten. Dieser Filterschacht sei eine unterirdische Anlage, die nicht als Gebäude zu werten und daher nicht genehmigungspflichtig sei. Nach den mit dem Ansuchen vom 19. August 1994 überreichten und rechtskräftig bewilligten Plänen betrage die Bebauungsdichte der genehmigten Anlage bloß 29,48 %. Daher sei eine zusätzliche Bebauung von 5,33 m2 möglich; die Größe des Filterschachtes sei geringer.

Erstmals in dieser Vorstellung verwiesen die Beschwerdeführer darauf, dass sie Eigentümer eines Teilstückes des Grundstückes Nr. 658/46 im Ausmaß von 39 m2 seien. Diese Teilfläche sei ein nicht selbständig bebaubares Restgrundstück, welches mit dem Grundstück der Beschwerdeführer in der Natur bereits eine Einheit bilde. Ein diesbezüglicher Teilungsplan sei vom Vorbesitzer eingereicht und von der Baubehörde mit Bescheid vom 29. Mai 1973 genehmigt worden. Die Beschwerdeführer seien dabei, die notwendigen Schritte zur grundbücherlichen Erledigung dieser Teilung nachzuholen. Auch wenn der Filterraum bewilligungspflichtig sei, sei eine nachträgliche Genehmigung aufgrund der vorhandenen, grundbücherlich "noch nachzuholenden Grundstücksgröße" möglich.

Aus einem von der Baubehörde aus Anlass der Vorstellung der Vorstellungsbehörde übermittelten Grundbuchsauszug vom 23. Jänner 1995 ergibt sich, dass Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 658/46, mit einer Fläche von 76 m2, die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien ist.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung keine Folge. Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Z. 2 der NÖ BauO sei eine Freitreppenanlage im seitlichen Bauwich nicht zulässig. Auch durch die Vorschriften über die Bebauungsdichte würden subjektiv-öffentliche Nachbarrechte begründet. Zur bebauten Fläche im Sinne des § 2 Z. 9 der NÖ BauO zähle jedenfalls auch der unter der auskragenden Terrasse befindliche Filterraum. In der Natur betrage die bebaute Fläche insgesamt 312,23 m2, bei einer Grundstücksgrösse von 1026 m2 sohin 30,43 %; damit werde die im Bebauungsplan mit 30 % festgelegte Bebauungsdichte überschritten. Den Beschwerdeführern sei darin zuzustimmen, dass die grundbücherliche Durchführung einer Grundstücksvereinigung und damit Vergrößerung der Grundstücksfläche allenfalls die Unzulässigkeit der Vollstreckung des baupolizeilichen Auftrages hinsichtlich des Filterraumes zur Folge hätte und dieser dann Gegenstand eines neuerlichen Bewilligungsverfahrens sein könne. Da diese Grundstücksvereinigung aber noch nicht erfolgt sei, könne der Berufungsbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ihre Entscheidung auf die überschrittene Bebauungsdichte gestützt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte - nach Durchführung eines Vorverfahrens - die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 26. September 1995, B 1844/95, ab, und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Die Beschwerdeführer erachten sich in der (ergänzten) Beschwerde in ihren gesetzlich gewährleisteten Rechten auf Nichterlassung eines Abbruchbescheides im Sinne des § 113 Abs. 2 Z. 3 NÖ BauO betreffend eine Baulichkeit, für die eine baubehördliche Bewilligung zumindest nachträglich erteilt werden könnte, verletzt, weiters in ihrem Recht auf ein gesetzliches Verfahren sowie in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums. Sie beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Stadtgemeinde, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a der NÖ BauO 1976 in der Fassung der Novelle LGBl. 8200-9 (BO) hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine baubehördliche Bewilligung vorliegt und die fehlende Bewilligung nicht erteilt werden darf, weil das Bauvorhaben nicht zulässig ist.

Unstrittig ist nach dem Beschwerdevorbringen, dass weder für die tatsächlich ausgeführte Stiegenanlage noch für den in der Beschwerde nunmehr als "Filterschacht" bezeichneten Gebäudeteil (im Auswechslungsplan, der der Verhandlung vom 16. März 1994 zugrunde lag, wurde die Bezeichnung "Filterr." verwendet) eine Bewilligung vorliegt. Es ist daher zu prüfen, ob diese beiden baulichen Maßnahmen bewilligungsfähig sind, weil in einem solchen Falle gemäß § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. b BO der Eigentümer aufgefordert werden müsste, binnen einer zu bestimmenden Frist um die Genehmigung anzusuchen.

Zum "Filterraum":

Nach Auffassung der Beschwerdeführer werde die im Bebauungsplan festgelegte Bebauungsdichte von 30 % deshalb nicht überschritten, weil der Grundstücksgröße von 1026 m2 noch eine von den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführer im Jahre 1974 gekaufte Fläche im Ausmaß von 39 m2 hinzuzurechnen sei.

Der Filterraum weist gemäß dem Bauansuchen vom 29. Oktober 1993 bei einer Raumhöhe von 1,65 m ein Dach und vier Wände auf und ist offenbar dazu bestimmt, Sachen zu schützen; er stellt eine Vergrößerung des bestehenden Gebäudes in waagrechter Richtung dar und ist daher gemäß § 92 Abs. 1 Z. 1 BO ein bewilligungspflichtiger Zubau zu einem Gebäude.

Gemäß § 2 Z. 10 BO gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bebauungsdichte das Verhältnis der bebauten Fläche zur Fläche des Bauplatzes; bebaute Fläche ist gemäß § 2 Z. 9 BO jener Grundstücksteil, welcher von den äußersten Begrenzungen des Grundrisses eines über das Gelände hinausragenden Bauwerks verdeckt wird. Als Bauplatz gilt gemäß § 2 Z. 7 BO ein Grundstück im Bauland, das nach § 12 hiezu erklärt wurde oder durch eine vor dem 1. Jänner 1989 bewilligte Grundabteilung geschaffen wurde und nach den damals geltenden Vorschriften Bauplatzeigenschaft besaß oder am 1. Jänner 1989 mit einem baubehördlich bewilligten Gebäude bebaut ist.

Während nach der zuletzt genannten Legaldefinition in der Fassung LGBl. 8200-1 noch ein Grundstück mit einem an einer oder mehreren Seiten angrenzenden Grundstück zusammen als Bauplatz galt, ist nach der geltenden Definition seit der Novelle LGBl. 8200-6 jeweils nur ein Grundstück (an der Widmungsgrenze ausnahmsweise auch nur ein Teil eines solchen) als Bauplatz zu behandeln (Hauer-Zausinger, NÖ BauO4, 65). Dementsprechend beziehen sich sowohl die Baubewilligungen vom 5. Oktober 1992 wie auch die Baubewilligung vom 28. Oktober 1994 auf den Bauplatz Parzelle Nr. 658/34, EZ 2098. Solange das Grundstück Nr. 658/46, EZ 2009, selbständig besteht, kann es nicht Bestandteil des Bauplatzes Grundstück Nr. 658/34 sein. Die Baubehörde hatte daher das Ausmaß des zuletzt genannten Grundstückes zur Bestimmung der Bebauungsdichte heranzuziehen.

Was unter "bebauter Fläche" zu verstehen ist, ist durch § 2 Z. 9 BO geklärt; es bedarf daher keiner Bezugnahme darauf, was die Ö-Norm B 1800 unter einer "Nettogrundrissfläche" versteht. Abgesehen davon erwähnen die Erläuterungen zu § 2 Z. 9 BO Punkt 3 bzw. Punkt 3.1. der Ö-Norm B 1800, Ausgabe 1992/10, und nicht die von den Beschwerdeführern relevierten Untergliederungen des Punktes 1 der Ö-Norm B 1800, Ausgabe März 1955. Auf die Frage, was die letztgenannte Ö-Norm unter einer bebauten Fläche versteht, war daher nicht näher einzugehen und konnte somit auch die neuerliche Flächenberechnung des Baumeisters N. vom 19. August 1994, die auf der von den Beschwerdeführern herangezogenen Ö-Norm beruht, und überdies die Fläche des Filterraumes (F 8) in Abzug bringt, nicht herangezogen werden.

Mit einer bebauten Fläche von insgesamt 312,23 m2 wird bei der Größe des Bauplatzes von 1026 m2 die höchstzulässige Bebauungsdichte von 30 % überschritten. Aus diesem Grunde ist der errichtete Filterraum als Zubau unzulässig.

Zur Stiegenanlage:

Gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BO bedarf die Errichtung anderer Bauwerke und Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen entstehen oder das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, einer Bewilligung der Baubehörde. In Bezug auf eine Betonstiege samt Stahlrohrgeländer sprach der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 19. Jänner 1999, Zl. 95/05/0047, aus, dass die Kriterien einer möglichen Gefahr für Personen und Sachen und einer möglichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes gegeben seien; daraus ergebe sich eine Bewilligungspflicht für ein solches Bauvorhaben auch nach § 92 Abs. 1 Z. 2 BO. Diese Kriterien treffen auch auf die gegenständliche Stiege (Steinschlichtung in Form einer Stützmauer bis zu 4,0 m Höhe mit gepflasterten Stufenflächen) zu, weshalb auch diese Stiege gemäß § 92 Abs. 1 Z. 2 BO bewilligungspflichtig ist.

Der hier vorliegende Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der mitbeteiligten Stadtgemeinde legt für das Baugrundstück die offene Bebauung fest. Gemäß § 21 Abs. 4 erster Satz BO beträgt der Bauwich, wenn im Bebauungsplan nicht durch eine Baufluchtlinie ein größerer seitlicher oder hinterer Bauwich festgelegt ist und der hintere Bauwich auch nicht gemäß § 5 Abs. 7 BO aufgehoben ist, jeweils die Hälfte der Gebäudehöhe, mindestens aber 3 m. Gemäß § 2 Z. 8 BO gilt im Sinne dieses Gesetzes als Bauwich der dem Gesetz entsprechende Mindestabstand eines Gebäudes zu den seitlichen und hinteren Grundstücksgrenzen.

§ 21 Abs. 4 erster Satz BO betrifft daher nur Gebäude (hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 93/05/0143), wobei "kleine Vorbauten" im Sinne des § 23 BO als Bestandteile von Gebäuden anzusehen sind, zumal die zuletzt genannte Bestimmung Überschreitungen von Baufluchtlinien, aber auch des Bauwiches, durch derartige Vorbauten ermöglicht.

§ 23 Abs. 2 BO erlaubt in seiner Z. 1 folgende Vorbauten, die über die seitlichen Baufluchtlinien und die hintere Baufluchtlinie bzw. in den Bauwich bewilligt werden können: Erker, Balkone, Dachvorsprünge, Schutzdächer über Eingängen, seitlich offene oder verglaste Türvorbauten mit und ohne Stufen auf den halben Bauwich, jedoch höchstens bis 2 m. Nach der Z. 2 dieses Absatzes dürfen über die hintere Baufluchtlinie zusätzlich Veranden, Freitreppen, Terrassen, Torvorbauten und Stiegenhäuser bis zu 3 m bewilligt werden, wobei jedoch ein Mindestabstand von 3 m von der Grundstücksgrenze einzuhalten ist. "Freitreppen" werden auch im Abs. 1 Z. 2 lit. a des § 23 BO genannt, und zwar als jene Vorbauten, die über die vordere Baufluchtlinie bewilligt werden dürfen; Gleiches gilt nach lit. b der zuletzt genannten Ziffer für gedeckte, seitlich offene oder verglaste Eingänge bis zur Straßenfluchtlinie.

Daraus ergibt sich eindeutig, dass der Gesetzgeber "Freitreppen" eben nur an der Vorder- oder Hinterseite eines Gebäudes zulassen wollte, nicht aber an den Seiten, soweit Baufluchtlinien bzw. der Bauwich beeinträchtigt werden. Nur offene oder verglaste Türvorbauten mit oder ohne Stufen dürfen auch im seitlichen Bauwich errichtet werden. Diese eindeutige Differenzierung im Gesetz schließt es aus, Freitreppen wie die bei den Türvorbauten genannten Stufen zu behandeln; begünstigt ist nach § 23 Abs. 2 Z. 1 der Türvorbau, der - als seinen Bestandteil - Stufen enthalten kann. Das hat mit einer Freitreppe nichts zu tun.

Unter einer "Freitreppe" wird eine an einem Gebäude außen angeordnete Treppe, z.B. Vortreppe, Terrassentreppe, verstanden (Frommhold-Gareiß, Bauwörterbuch, Begriffsbestimmungen aus dem Bauwesen, 108); eine Freitreppe ist eine nicht überdachte Treppe an der Außenseite eines Bauwerkes oder ein Treppenweg als Verbindung zwischen zwei Terrassen (Koepf, Bildwörterbuch der Architektur2, 158). Die gegenständliche Stiegenanlage ist eine nicht überdachte Treppe an der Außenseite eines Gebäudes, also eine Freitreppe im Sinne des § 23 BO. Da ein solcher kleiner Vorbau den Bauwich nicht beeinträchtigen darf, war die Errichtung dieser Stiegenanlage unzulässig im Sinne des § 113 Abs. 2 Z. 3 lit. a BO.

Hier gegenständlich ist allein der von der Behörde auf diese Gesetzesstelle gestützte Auftrag; ob an einer anderen Stelle des Baugrundstückes eine vergleichbare Anlage errichtet wurde, die nicht den Gegenstand einer baubehördlichen Maßnahme nach § 113 BO bildet, ist hier nicht zu prüfen.

§ 21 BO regelt die Anordnung von Bauwerken auf dem Bauplatz; in seinem Abs. 11 ist angeordnet, dass unter bestimmten Voraussetzungen Kleinbauten sowie unterirdische Bauwerke, Brunnen, Schwimmbecken und Schächte außerhalb der Baufluchtlinien errichtet werden dürfen. Da sich diese Ausnahmebestimmung im § 21 BO befindet, ergibt sich zwangsläufig, dass "Kleinbauten" nur selbständige Gebäude oder bauliche Anlagen sein können, keinesfalls aber die in § 23 BO gesondert geregelten "Vorbauten". Es kann dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass er einerseits im § 23 BO detailliert gewisse Fluchtlinien für einzeln beschriebene Vorbauten regelt, wenn andererseits diese Vorbauten ohne weiteres der Ausnahmebestimmung des § 21 Abs. 11 BO unterstellt werden könnten.

Soweit die Beschwerdeführer schließlich darauf hinweisen, dass die verlegten Stufen "nicht über die bewilligte Böschung hinausragen", ist ihnen entgegenzuhalten, dass seinerzeit allenfalls eine Böschung, nicht aber eine Freitreppe bewilligt wurde. Im Übrigen ergibt sich aus dem eingangs genannten Schnitt E-F, dass eine Böschung in Ost-West-Richtung, also von der Grundgrenze zum Gebäude hin ansteigend, nicht aber eine Böschung in Süd-Nord-Richtung, von der Gebäudemitte zur Höhe der Terrasse ansteigend, bewilligt worden war.

Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Stadtgemeinde hinsichtlich des Vorlageaufwandes war abzuweisen, da gemäß § 48 Abs. 3 VwGG ein derartiger Kostenersatz nicht vorgesehen ist.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Wien, am 9. November 1999

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