VwGH 94/13/0167

VwGH94/13/016717.3.1999

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Repa, über die Beschwerde des Dr. M in P, vertreten durch Dr. Alfred Mohr, Rechtsanwalt in Wien XIII, Hietzinger Hauptstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 19. Mai 1994, Zl 6/5-5001/93-07, betreffend Einkommensteuer 1986 bis 1988, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;
BAO §21 Abs1;
EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, und seine Ehefrau schlossen im Jänner und März 1986 als Leasingnehmer Leasingverträge über zwei Segelyachten ab, welche in das Gebiet des ehemaligen Jugoslawien geliefert wurden. Die Laufzeit betrug 60 Monate, die monatliche Miete wurde mit S 22.895,-- und S 13.387,-- festgesetzt. Nach Auskunft des Beschwerdeführers war vereinbart, daß die Schiffe mit Zahlung der 60. Monatsrate automatisch in den Besitz der Leasingnehmer übergehen sollten. Im Jänner 1986 schlossen der Beschwerdeführer und seine Ehefrau eine schriftliche Vereinbarung mit einem Yachtklub in Österreich ab, wonach die Ehegatten die beiden Yachten diesem auf die Dauer von fünf Jahre leihweise zur Verfügung stellten. Der Yachtklub sollte die Schiffe an seine Mitglieder zur Benutzung auf See vermieten, wobei die Ehegatten 50 % der von den Klubmitgliedern bezahlten Chartergebühren erhalten sollten. Die restlichen 50 % sollten dem Yachtklub für die Finanzierung verschiedener Leistungen wie etwa "Kranen, Reinigung, Unterwasseranstrich, Servicearbeiten usw. sowie den Verwaltungsaufwand" verbleiben.

Der Beschwerdeführer erklärte für die Jahre 1986 bis 1988 (unter Berücksichtigung der Leasingraten) diesbezügliche Verluste in Höhe von S 410.210,-- (1986), S 368.777,-- (1987) und S 164.912,-- (1988).

Anläßlich einer abgabenbehördlichen Prüfung über die Jahre 1985 bis 1987 vertrat der Prüfer die Ansicht, beide Yachten seien im Hinblick auf den Umstand, daß die Leasingraten das verfügbare Nettoeinkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers überstiegen und unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Leasingvertrages dem Beschwerdeführer als Leasingnehmer zuzurechnen. Die Anschaffungskosten seien mit S 2,4 Mio plus Erstausstattung S 52.022,-- zu aktivieren. Als Betriebsausgaben seien neben Zinsen (1986: S 106.641,--, 1987: S 108.027,--) jeweils 1/20-stel der Anschaffungskosten (jährlich somit S 122.920,--) anzuerkennen. Die Leasingraten seien dagegen nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen. Davon ausgehend errechneten sich Verluste für 1986 und 1987 von S 97.599,-- und S 44.370,--. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ im Jahr 1989 für die Jahre 1986 und 1987 nach Wiederaufnahme der Einkommensteuerverfahren (vorläufige) Einkommensteuerbescheide sowie nach Einlangen der Einkommensteuererklärung für 1988 für dieses Jahr in Anlehnung an die Feststellungen des Prüfers einen vorläufigen Einkommensteuerbescheid, in welchem diesbezüglich negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von S 164.912,-- - Zinsen wurden in Höhe von S 82.719,-- anerkannt - festgesetzt wurden.

Im Jahr 1992 erließ das Finanzamt für die Jahre 1986 bis 1988 u. a. endgültige Einkommensteuerbescheide, in welchen die Einkünfte aus der Vercharterung der Segelyachten nicht als Einkunftsquelle anerkannt wurden.

In einer dagegen erhobenen Berufung meinte der Beschwerdeführer, daß die Schiffsvercharterung als Einkunftsquelle zu beurteilen sei, da - ausgehend von der Zurechnung der Schiffe an den Leasingnehmer - auf Grund der Entwicklung der Ertragslage in den Jahren 1986 und 1987 auf Dauer gesehen Gewinne hätten erwartet werden können. Die Einnahmen hätten 1986 S 307.088,-- und 1987 S 457.966,-- betragen und wären 1988 mit S 660.000,-- zu schätzen gewesen, wobei sich neben den vom Prüfer errechneten Verlusten für 1986 und 1987 bereits für 1988 ein Gewinn von rd S 76.000,-- errechnet hätte. Durch das Absinken der Zinsen wäre zusätzlich eine Verbesserung der Ertragssituation eingetreten.

Daß es im Jahr 1988 zu den erwarteten Ergebnissen nicht gekommen sei, sei allein auf den wirtschaftlichen Zusammenbruch des Yachtklubs im Jahr 1988 zurückzuführen. Durch diesen Konkurs im Jahr 1988 seien die Schiffe nur mehr wenige Wochen verchartert worden, sodaß nur Einnahmen von S 177.500,-- hätten erzielt werden können. Dieser Umstand sei nicht vorhersehbar gewesen und könne dem Beschwerdeführer nicht in der Weise zur Last gelegt werden, daß nunmehr Liebhaberei anzunehmen sei. Da im vorliegenden Fall mit einer positiven wirtschaftlichen Entwicklung auf Grund einer äußerst vorsichtig vorgenommenen Planungsrechnung ausgegangen werden konnte, handle es sich um Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb, auch wenn auf Grund des Konkurses des mit der Vercharterung beauftragten Unternehmens Schwierigkeiten aufgetreten seien, die den Beschwerdeführer dazu veranlaßt hätten, im Jahr 1989 die Tätigkeit als Schiffvercharterer zu beenden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Gehe man von der "ursprünglichen Planung" betreffend die Vercharterung der beiden Schiffe aus, müsse man in den Jahren 1986 und 1987 (wie in den Einkommensteuererklärungen für diese Jahre) einen Verlust von S 410.209,-- und S 368.777,-- und für 1988 selbst ausgehend von den prognostizierten Einnahmen von S 660.000,-- einen Verlust von S 48.384,-- zugrunde legen. Für die Jahre 1989 und 1990 hätten sich unter diesen Voraussetzungen die gleichen Verluste, somit in fünf Jahren unter den laut Berufung besten Voraussetzungen nur Verluste ergeben.

Doch auch in der vom Prüfer "geänderten Vorgangsweise" sei bis zur Einstellung des Betriebes (im Jahr 1989 wegen der damals beginnenden Krise im ehemaligen Jugoslawien) einen Gesamtverlust von rd S 260.000,-- erwirtschaftet worden. Der in der Berufung prognostizierte Gewinn für 1988 sei durch den tatsächlich erwirtschafteten Verlust bereits überholt gewesen. In der Vercharterung der Schiffe sei daher keine steuerlich beachtliche Einkunftsquelle zu erkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Juli 1996, 93/13/0171, ausgesprochen, daß die Einkunftsquelleneigenschaft einer Betätigung in erster Linie danach zu beurteilen ist, ob die geprüfte Tätigkeit in der betriebenen Weise objektiv Aussicht hat, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen wirtschaftlichen Gesamterfolg abzuwerfen. Nicht ein tatsächlicher erwirtschafteter Gesamterfolg, sondern die objektive Eignung der Tätigkeit zur Erwirtschaftung eines solchen, subsidiär das nach außen in Erscheinung tretende Streben des Tätigen nach einem solchen Erfolg, hat demnach als Tatbestandsvoraussetzung des Vorliegens von Einkünften zu gelten, wobei unvorhersehbare widrige Umstände unberücksichtigt zu lassen sind. Im zitierten Erkenntnis brachte der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck, aus den dort angeführten Gründen seine Rechtsanschauung über eine Begrenzung des "absehbaren Zeitraumes" mit 12 Jahren nicht mehr aufrecht erhalten zu können.

Im Beschwerdefall gelangte die belangte Behörde mittels zweier Begründungsvarianten zur Ansicht, daß eine Einkunftsquelle im Beschwerdefall nicht vorliege.

Einerseits ging sie - ungeachtet des Umstandes, daß diese Vorgangsweise schon vom Prüfer verworfen worden war - von den sich aus den Einkommensteuererklärungen ergebenden, durch den Ansatz der Leasingraten errechneten Ziffern unter Berücksichtigung der laut Berufung prognostizierten Einnahmen aus und gelangte dabei zur Ansicht, daß in fünf Jahren nur Verluste erwirtschaftet worden wären, ohne aber darzutun, aus welchen Erwägungen sie ihrer diesbezüglichen Beurteilung gerade einen Zeitraum von fünf Jahren zugrunde legte. Der Umstand, daß die Laufzeit des Leasingvertrages fünf Jahre betrug, konnte nur dann von Bedeutung sein, wenn die belangte Behörde festgestellt hätte, daß die Nutzungsdauer der Schiffe mit fünf Jahren begrenzt wäre oder dem Beschwerdeführer die Schiffe nach Ablauf des Leasingvertrages nicht mehr zur Verfügung stünden und die Tätigkeit des Beschwerdeführers aus einem dieser Gründe ihr vorgesehenes Ende gefunden hätte. Derartige Feststellungen enthält der angefochtene Bescheid jedoch nicht. Ganz im Gegenteil, dem angefochtenen Bescheid ist zu entnehmen, daß die Schiffe nach Ablauf des Leasingvertrages in das Eigentum des Leasingnehmers übergehen und nach unwidersprochen vom Prüfer vertretener Ansicht eine Nutzungsdauer von 20 Jahren hätten. Damit berücksichtigte die belangte Behörde aber bei ihrer Beurteilung gerade die Jahre nicht, welche bei aufrecht erhaltener Tätigkeit durch den Wegfall der Leasingraten allenfalls Gewinne versprochen hätten. Die diesbezügliche Begründungsvariante ist daher zur Verneinung der objektiven Möglichkeit, daß der Beschwerdeführer durch die entsprechende Tätigkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Gesamterfolg erwirtschaftet, nicht geeignet.

In einer zweiten Begründungsvariante ging die belangte Behörde der Vorgangsweise des Prüfers folgend - somit unter Berücksichtigung nicht der Leasingraten, sondern entsprechender AfA-Beträge - davon aus, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1986 bis 1989, somit bis zur Einstellung des Betriebes einen Gesamtverlust erwirtschaftete.

Nach der oben wiedergegebenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sind aber bei Beantwortung der Frage, ob eine Betätigung als Einkunftsquelle oder als Liebhaberei zu beurteilen ist, die objektiven Ertragsaussichten der Betätigung innerhalb eines absehbaren Zeitraumes unter Außerachtlassung unvorhersehbarer widriger Umstände zu prüfen. Da die belangte Behörde dies in Verkennung der Rechtslage jedoch nicht getan hat, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 17. März 1999

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