Normen
BAO §299;
BAO §93 Abs3 lita;
BAO §299;
BAO §93 Abs3 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde das Erkenntnis des Hauptzollamtes Wien vom 7. August 1997, Zl. 82.569/7/96 - Str. V /Mü, gemäß § 170 Abs. 2 FinStrG i.V.m.
§ 299 Abs. 1 lit. b BAO in Anwendung des Aufsichtsrechtes auf. Dies mit der Begründung, die Beschwerdeführerin sei mit diesem in Rechtskraft erwachsenen Erkenntnis der Verzollungsumgehung nach § 36 Abs. 1 FinStrG schuldig erkannt worden, am 26. August 1996 anläßlich
ihrer Einreise über das Zollamt Klingenbach fahrlässig eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich
2 goldene 18-karätige Ohrringe 3,6 g
1 goldene Halskette 22,3 g
1 goldenen 18-karätiger Anhänger,
Sternzeichen Waage 2,4 g
1 goldenen Damenring 3,7 g
1 goldenen Anhänger
Monatszeichen Waage 1,2 g
1 goldene Armkette, Panzermuster 7,1 g und
1 Halskette aus Granaten, 3-reihig
vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Gemeinschaften verbracht zu haben. Gemäß § 36 Abs. 3 FinStrG sei über sie eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt worden. Nach den durch die Eingabe des Rechtsvertreters angeregten Ermittlungen der zur Dienst- und Fachaufsicht über die Zollämter berufenen Finanzlandesdirektion sei festzustellen, daß die oben angeführten Schmuckwaren anläßlich der am 26. August 1996 beim Zollamt Klingenbach abgeführten Amtshandlung nicht in vollem Umfang in Gewahrsam der Zollverwaltung gelangt seien, weshalb dem Begehren auf Herausgabe einer fehlenden Position (1 goldener Anhänger) nicht entsprochen werden könne. Es sei mit Gewißheit davon auszugehen, daß diesem nicht vorhandenen goldenen Anhänger die Eigenschaft eines Tatgegenstandes nicht zuerkannt werden könne, weshalb als erwiesen angenommen werden müsse, daß das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz bei der Durchführung des Finanzstrafverfahrens von einem unrichtigen Umfang der Tatgegenstände ausgegangen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Grund des gegebenen Sachverhaltes nicht in ein weiteres bzw. fortgesetztes Finanzstrafverfahren gezogen zu werden, verletzt.
In der Beschwerdebegründung brachte die Beschwerdeführerin vor, es sei von ihr unbestritten und durch die Beschlagnahmequittung bewiesen, daß am 26. August 1996 die acht im Straferkenntnis des Hauptzollamtes Wien vom 7. August 1997 angeführten Schmuckgegenstände Tatgegenstände gewesen seien. Es sei keine Rede davon, daß sie nur sieben Schmuckgegenstände nach Österreich rückeingeführt habe. Die Annahme, es seien irrtümlich zwei goldfarbene Anhänger in der Beschlagnahmequittung angeführt worden, sei unzutreffend und insbesondere durch die zur Ausfuhrbescheinigung gehörige Rechnung zusätzlich widerlegt. Bei den Nachforschungen der Beschwerdeführerin habe sich gezeigt, daß auf dem im Akt des Hauptzollamtes Wien liegenden Exemplar der Beschlagnahmequittung vom 26. August 1996 die dritte Position (ein goldfarbener Anhänger 2,4 g) mit der Anmerkung: "Wurde irrtümlich doppelt angeführt" gestrichen worden sei. Dieser Anhänger sei aber keineswegs "irrtümlich doppelt angeführt." Es gebe nämlich zwei goldene Anhänger. Der unter der Rubrik "besondere Merkmale" mit "2,4 g" bezeichnete Anhänger sei am 3. Dezember 1997 ausgefolgt worden und der zweite goldene Anhänger mit dem Merkmal "Monatszeichen Waage" habe gefehlt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 170 Abs. 2 erster Satz FinStrG gelten für die Aufhebung von Entscheidungen in Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Oberbehörde die Bestimmungen der BAO sinngemäß.
Gemäß § 299 Abs. 1 lit. b BAO kann in Ausübung des Aufsichtsrechtes ein Bescheid von der Oberbehörde aufgehoben werden, wenn der dem Bescheid zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde.
Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung auf die Feststellung: "Es ist mit Gewißheit davon auszugehen, daß diesem nicht vorhandenen goldenen Anhänger die Eigenschaft eines Tatgegenstandes nicht zuerkannt werden kann, weshalb als erwiesen angenommen werden muß, daß das Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz bei der Durchführung des gegenständlichen Finanzstrafverfahrens von einem unrichtigen Umfang der Tatgegenstände ausgegangen ist".
Anläßlich der Wiedereinreise der Beschwerdeführerin aus Ungarn wurden zuvor in Österreich erworbene und nach der durch das Austrittszollamt erfolgten Bestätigung eines "U 34" ausgeführte Schmuckgegenstände dem Eintrittszollamt nicht gestellt und erklärt. Aus diesem Grund wurden diese Schmuckgegenstände wegen des Tatverdachtes des Schmuggels gemäß "§ 89 FinStrG - 25 Abs. 3 ZollG" beschlagnahmt.
In der der Beschwerdeführerin nach der Beschlagnahme ausgehändigten und von ihr unterfertigten Beschlagnahmequittung sowie auch in dem im Quittungsblock verbliebenen "Exemplar 1" der Quittung sind alle acht festgehaltenen Schmuckgegenstände aufgelistet. Nur im "Exemplar 3", der für den Akt bestimmten Quittung, ist ein Stück "goldfarbener Anhänger 2,4 g" gestrichen und dazu angemerkt: "Wurde irrtümlich doppelt angeführt". Der zweite in der Quittung aufscheinende goldfarbene Anhänger mit dem "Monatszeichen" Waage verblieb in der Auflistung der beschlagnahmten und von der Behörde verwahrten Schmuckgegenstände.
Nach rechtskräftiger Bestrafung wegen des Finanzvergehens der Verzollungsumgehung hinsichtlich aller acht Schmuckstücke konnte der nicht für verfallen erklärte "goldfarbene Anhänger "Monatszeichen" Waage" nicht rückausgefolgt werden, weil er nach den Feststellungen der Behörde nicht vorhanden war. Interne Erhebungen der Behörde haben ergeben, welches Organ die Streichung auf dem "Exemplar 3" der Quittung und den Vermerk auf der im Akt verbliebenen Quittung angebracht hat. Beweisergebnisse darüber, ob das fehlende Schmuckstück tatsächlich nicht Tatgegenstand war, liegen überhaupt nicht vor. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin mit den in Österreich erworbenen und bestätigt ausgeführten Schmuckgegenständen nicht über das ungarische Zollamt nach Ungarn, sondern bereits 30 Minuten nach der Ausreise über das österreichische Zollamt bei diesem wieder nach Österreich einreiste, läßt sogar eher darauf schließen, daß sie all die im "U 34" angeführten Schmuckgegenstände noch bei sich hatte. Es ist nun weiters keineswegs geklärt, ob die Fehler bei der Beschlagnahme durch Abschreiben der Schmuckgegenstände aus dem "U 34" und der vorgelegten Rechnung, ohne alle Schmuckgegenstände auch körperlich übernommen zu haben, oder beim Transport zur Verwahrungsstelle bzw. in der Verwahrungsstelle aufgetreten sind. Die Streichung eines Schmuckgegenstandes bloß in der im Akt verbliebenen Quittung ist mit keinem Datum versehen und betrifft überdies einen Schmuckgegenstand, der ohnehin nach der Beschlagnahme auch körperlich in Verwahrung genommen und laut der bei den Akten des Verwaltungsverfahrens erliegenden Ausfolgeanordnung am 3. Dezember 1997 wieder ausgefolgt wurde. Der nicht ausgefolgte Schmuckgegenstand jedoch wurde im "Exemplar 3" der Beschlagnahmequittung nicht gestrichen und befand sich auch nach diesem Beleg in Verwahrung der Zollbehörde.
Daraus ergibt sich, daß der für eine Aufhebung im Aufsichtsweg erforderliche Sachverhalt keineswegs geklärt ist und die von der belangten Behörde getroffene Feststellung, es sei mit "Gewißheit" davon auszugehen, der fehlende Schmuckgegenstand sei nicht Tatgegenstand gewesen, durch die Aktenlage nicht nachvollziehbar ist.
Die Oberbehörde muß in der Bescheidbegründung das Vorliegen der den Behebungstatbeständen des § 299 BAO entsprechenden Voraussetzungen darlegen (vgl. hg. Erkenntnis vom 25. März 1981, Zlen. 16/0747/79, 16/0749/79).
Die Begründung des angefochtenen Bescheides legt in keiner Weise schlüssig und nachvollziehbar dar, daß der dem Erkenntnis des Hauptzollamtes Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz zugrundeliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen worden ist. Damit ist der im Aufsichtsweg ergangene Aufhebungsbescheid der mit einem wesentlichen Begründungsmangel behaftet.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. a und c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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