Normen
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs1;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z1 lita;
UStG 1994 §10 Abs2 Z1 litd idF 1996/756;
UStGNov 1996/756 Art1 Z32;
VwGG §34 Abs1;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art6 Abs1;
61994CJ0231 Faaborg-Gelting Linien A/S VORAB;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
UStG 1994 §10 Abs2 Z1 lita;
UStG 1994 §10 Abs2 Z1 litd idF 1996/756;
UStGNov 1996/756 Art1 Z32;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Restaurant.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Umsatzsteuervorauszahlung für August 1997 festgesetzt. Dabei wichen die Abgabenbehörden von der Umsatzsteuervoranmeldung, in welcher der Beschwerdeführer die gesamten Restaurationsumsätze dem ermäßigten Steuersatz von 10 % unterworfen hatte, insofern ab, als sie die im Rahmen der Restaurationsumsätze abgegebenen und nicht in der Anlage zu § 10 Abs. 2 UStG 1974 angeführten Getränke in Höhe von S 119.466,66 (Bier, Wein, Spirituosen, Limo) mit dem Normalsteuersatz versteuerten.
In der Begründung ihres Bescheides führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1994 seien Lieferungen der in der Anlage genannten Nahrungsmittel, Nahrungsmittelzubereitungen und Getränke dem ermäßigten Steuersatz unterlegen. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Mai 1996, Rechtssache C-231/94 , Faaborg-Gelting Linien A/S, seien Restaurationsumsätze als Dienstleistungen und nicht als Lieferungen anzusehen. Um zu vermeiden, daß die Abgabe von Speisen und Getränken im Rahmen von Restaurationsumsätzen dem Normalsteuersatz unterliege, sei durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 756/1996 rückwirkend ab 1. Jänner 1995 dem § 10 Abs. 2 Z. 1 UStG 1994 eine lit. d angefügt worden, in der die bisherige Besteuerung beibehalten und die Abgabe von in der Anlage genannten Speisen und Getränken im Rahmen einer sonstigen Leistung (Restaurationsumsätze) dem ermäßigten Steuersatz unterzogen worden sei.
Darüber, ob es zulässig sei, für die Abgabe von Speisen und Getränken verschiedene Steuersätze anzuwenden, finde sich im zitierten Urteil des Europäischen Gerichtshofes keine Aussage.
Unselbständige Nebenleistungen hätten das Schicksal der Hauptleistung. Würde es sich bei der Abgabe der Getränke, wie der Beschwerdeführer behaupte, um eine Nebenleistung handeln, würde dies bedeuten, daß sie das umsatzsteuerliche Schicksal der Hauptleistung (Dienstleistung) teilen würden und mit dem Normalsteuersatz zu versteuern wären. Die 6. EG-Richtlinie sehe für Gaststättenumsätze keine Steuerermäßigungen vor. In der Übergangsbestimmung des Art. 28 Abs. 2 lit. d der Richtlinie sei Mitgliedstaaten, die am 1. Jänner 1991 auf Umsätze u.a. im Gaststättengewerbe einen ermäßigten Steuersatz angewendet hätten, gestattet worden, diesen Satz weiter anzuwenden.
Im Beitrittsvertrag sei Österreich ermächtigt worden, bei der Anwendung des Art. 28 Abs. 2 lit. d der Richtlinie einen ermäßigten Steuersatz auf die Umsätze im Gaststättengewerbe anzuwenden. Das bedeute, daß Österreich auf Umsätze im Gaststättengewerbe, wenn es auf diese bisher einen ermäßigten Steuersatz angewendet habe, diesen weiterhin anwenden könne. Die Aufspaltung der Umsätze in einen ermäßigten und einen nicht ermäßigten Teil entspreche demnach auch dem Willen der Vertragsteile bei Abschluß des Beitrittsvertrages.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Der Beschwerdeführer vertritt - wie bereits im Verwaltungsverfahren - den Standpunkt, im oben genannten Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Mai 1996 seien Restaurationsumsätze als Dienstleistungen qualifiziert worden. Dies unter Hinweis auf ein als Einheit zu betrachtendes Leistungsbündel, in dem nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen überwögen. Sämtliche Restaurationsumsätze seien daher als einheitliche sonstige Leistungen anzusehen und grundsätzlich einem einzigen Steuersatz zu unterwerfen. An diesen aus der Richtlinie im Zusammenhang mit der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ableitbaren Grundsatz sei der nationale Gesetzgeber gebunden. Aufgrund der Beitrittsakte sei die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes zulässig. Dabei sei zu beurteilen, welche Leistung nach der Verkehrsauffassung die Hauptleistung und welche die Nebenleistung sei. Bei einem Abendrestaurant, wie es vom Beschwerdeführer betrieben werde, stelle die Verabreichung von Speisen - dies mache beim Beschwerdeführer 67 % des gesamten Umsatzes aus - die Hauptleistung dar. Die Verabreichung von Getränken - diese machten 33 % des Gesamtumsatzes aus - und die damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen seien als unselbständige Nebenleistungen zu betrachten. Daraus folge, daß dann, wenn die ermäßigten sonstigen Leistungen Hauptleistung seien, die gesamte sonstige Leistung "Restaurationsumsatz" mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sei, während dann, wenn die nicht ermäßigte Leistung (im wesentlichen die Getränke) Hauptleistung sei, grundsätzlich der Normalsteuersatz anzuwenden sei. Im Beschwerdefall seien Getränke ausschließlich im Zusammenhang mit Speisen verabreicht worden, sodaß sämtliche Umsätze dem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen gewesen wären.
Nach § 10 Abs. 2 Z. 1 lit. a UStG 1994 (in der Stammfassung BGBl. Nr. 663/1994) ermäßigte sich die Steuer für die Lieferungen, den Eigenverbrauch und die Einfuhr der in der Anlage Z. 1 bis Z. 43 aufgezählten Gegenstände auf 10 %. Zu diesen Gegenständen zählten insbesondere näher bezeichnete Nahrungsmittel und Nahrungsmittelzubereitungen sowie bestimmte Getränke (insbesondere Wasser, Milch, Kaffee, Tee).
Im oben zitierten Urteil vom 2. Mai 1996 sprach der Europäische Gerichtshof aus, daß Restaurationsumsätze nicht als Lieferungen, sondern als Dienstleistungen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der 6. Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage - (im folgenden: 6. EG-RL genannt) anzusehen seien. Der Europäische Gerichtshof begründete diese Auffassung im wesentlichen damit, daß der Restaurationsumsatz durch eine Reihe von Vorgängen gekennzeichnet sei, von denen nur ein Teil in der Lieferung von Nahrungsmitteln bestehe, während die Dienstleistungen bei weitem überwögen. Zur Frage, ob bei gemeinsamer Abgabe von Speisen und Getränken eine einheitliche Leistung oder mehrere selbständige Leistungen vorliegen, enthält dieses Urteil keine Aussage.
Als Reaktion auf dieses Urteil änderte der österreichische Gesetzgeber durch die Umsatzsteuer-Novelle 1996 BGBl. Nr. 756 (rückwirkend ab 1. Jänner 1995) das UStG 1994 insofern, als § 10 Abs. 2 Z. 1 dieses Gesetzes die folgende lit. d angefügt wurde:
"d) Die Abgabe von in der Anlage genannten Speisen und Getränken im Rahmen einer sonstigen Leistung (Restaurationsumsätze);"
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Umsatzsteuer-Novelle 1996 (396 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen XX. GP, S. 14) wird zu dieser Bestimmung ausgeführt, daß durch die Neufassung nunmehr weiterhin die als sonstige Leistungen zu beurteilenden Restaurationsumsätze, soweit dabei in der Anlage genannte Speisen und Getränke abgegeben würden, in den ermäßigten Steuersatz aufgenommen würden. Die Gesetzesmaterialien machen somit deutlich, daß mit dieser neuen Bestimmung keine Änderung in der Besteuerung der Restaurationsumsätze bewirkt werden sollte. Es sollte bloß auf die vom Europäischen Gerichtshof vorgenommene Subsumtion dieser Umsätze unter den Begriff der Dienstleistungen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der 6. EG-RL - dieser Begriff entspricht dem der sonstigen Leistungen im Sinne des UStG 1994 - Bedacht genommen und verhindert werden, daß alle Restaurationsumsätze dem Normalsteuersatz unterliegen.
Die Frage, ob bei gemeinsamer Abgabe von Speisen und Getränken im Rahmen eines Restaurationsumsatzes eine einheitliche Leistung oder verschiedene Leistungen vorliegen, wurde bisher in der Rechtsprechung nicht beantwortet. Gegen die Auffassung des Beschwerdeführers, die jeweils geringerwertige Leistung - in seinem Fall die Getränke - gingen als unselbständige Nebenleistung in der höherwertigen Leistung - in seinem Fall in den Speisen - auf, könnte ins Treffen geführt werden, daß jede der beiden Leistungen auch unabhängig voneinander bestellt und erbracht werden kann und zudem auch bei gemeinsamer Erbringung das nach Auffassung des Beschwerdeführers maßgebliche Wertverhältnis von den jeweiligen individuellen Eß- und Trinkgewohnheiten des Leistungsempfängers abhängt, sodaß der unselbständige Charakter der einen oder der anderen Leistung nicht ohne weiteres zu erkennen ist.
Einer abschließenden Beurteilung dieser Frage sowie der Frage, wie die (in Pkt. IX, Anhang XV, der Beitrittsakte enthaltene) Übergangsbestimmung betreffend Umsätze im Gaststättengewerbe auszulegen ist - allenfalls im Wege einer Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 177 EG-Vertrag -, bedarf es aber nicht, weil selbst, wenn die Auffassung des Beschwerdeführers zuträfe, daß es sich um eine einheitliche Leistung handle, die - trotz der unterschiedlichen Steuersätze im Zeitpunkt des Beitrittsvertrages - einem einheitlichen Steuersatz unterliegen sollte, für seine Beschwerde nichts gewonnen wäre. Einer Bescheidbeschwerde kann gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG nur dann Erfolg beschieden sein, wenn der Beschwerdeführer in einem materiellen subjektiven öffentlichen Recht verletzt wurde. Ein subjektives Recht auf begünstigte Besteuerung von Restaurationsumsätzen räumt die 6. EG-RL oder eine andere gemeinschaftsrechtliche Norm nicht ein, sodaß der Beschwerdeführer sein subjektives Recht nicht auf eine gemeinschaftsrechtliche Norm stützen kann. Die inländische Norm (§ 10 Abs. 2 Z. 1 lit. d UStG 1994 idF BGBl. Nr. 756/1996) läßt aber im Hinblick auf ihren insoweit klaren Inhalt, der seine Bestätigung in der Entstehungsgeschichte und in den Materialien findet, eine Auslegung dahingehend, die Abgabe von nicht in der Anlage genannten Getränken unterliege (als unselbständige Nebenleistung zur Abgabe von Speisen) ebenfalls dem ermäßigten Steuersatz, nicht zu.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. November 1998
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)