VwGH 98/06/0032

VwGH98/06/003230.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des H in O, vertreten durch D und D, Rechtsanwälte in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 1. Dezember 1997, Zl. 03-12.10 F 48-97/5, betreffend Kostenvorauszahlung gemäß § 4 VVG, zu Recht erkannt:

Normen

VVG §2 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;
VVG §2 Abs1;
VVG §2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
VVG §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Feistritz bei Anger vom 17. Oktober 1994 wurde der Rechtvorgängerin des Beschwerdeführers die Verpflichtung zur Ableitung der auf der näher bezeichneten Liegenschaft anfallenden Abwässer in das öffentliche Kanalnetz der Gemeinde Feistritz bei Anger und zur Errichtung der Hauskanalanlage binnen einer Frist bis längstens 31. Dezember 1994 auferlegt.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Feistritz bei Anger vom 25. Juni 1996 als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 1996 als unbegründet abgewiesen.

In der Folge wurde dem Beschwerdeführer, da der im Titelbescheid ausgesprochenen Verpflichtung nicht nachgekommen wurde, von der Bezirkshauptmannschaft Weiz die Ersatzvornahme angedroht. Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer (persönlich) zugestellt. In der Folge wurden Kostenvoranschläge einer Bauunternehmung betreffend den Kanalanschluß des Beschwerdeführers eingeholt. Diese wurden dem Beschwerdeführer (abermals persönlich) zur Stellungnahme übermittelt. Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers erfolgte unbestritten nicht.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 24. Oktober 1997 wurde gegenüber dem Beschwerdeführer die Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von S 183.600,-- angeordnet.

Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen im wesentlichen damit begründet, daß nach der ständigen Judikatur eine allgemeine Bevollmächtigung zur Vertretung auch die Ermächtigung zur Empfangnahme von Schriftstücken im Sinne des § 9 Zustellgesetz beinhalte. Die Verpflichtung der Behörde, einem Bevollmächtigen zuzustellen, setze jedoch voraus, daß eine entsprechende Bevollmächtigung eines Vertreters gegenüber der Behörde auch tatsächlich erfolgt sei. Eine (auch die Zustellung von Schriftstücken umfassende) Bevollmächtigung beziehe sich nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte durch eine schriftliche Vollmacht ausgewiesen habe. Selbst die Erteilung einer "Generalvollmacht" für alle (anhängigen oder künftig anfallenden) Verfahren sei mangels gesetzlicher Grundlage nicht zulässig. Es müsse vielmehr in jedem Einzelfall auf das in einem anderen Verfahren bestehende Vertretungsverhältnis gesondert hingewiesen werden. Selbst wenn eine Partei in einem Verfahren anwaltlich vertreten gewesen sei und eine Art Generalvollmacht vorgelegt habe, bedeute das nicht, daß die Behörde auch in einem weiteren Verfahren automatisch davon ausgehen könne, daß die Partei wiederum durch diesen Anwalt vertreten werde. Eine derartige Schlußfolgerung wäre nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann zulässig, wenn die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmißverständlich zu erkennen gegeben habe. Die Tatsache, daß eine Vertretungsbefugnis im Anschlußverpflichtungsverfahren gegeben gewesen sei, habe die Behörde nicht zur Annahme veranlassen dürfen, daß auch im Vollstreckungsverfahren ein solches Vertretungsverhältnis bestehe. Dem Beschwerdeführer, dem sowohl die Androhung der Ersatzvornahme als auch das Ergebnis der Kostenschätzung persönlich zugestellt worden sei, wäre es ohne weiteres möglich gewesen, die Vollstreckungsbehörde durch einen Hinweis über das noch bestehende Vertretungsverhältnis in Kenntnis zu setzen. Da dies nach der Aktenlage nicht geschehen sei, sei die Androhung der Ersatzvornahme, das Ergebnis der Kostenschätzung und schließlich auch der erstinstanzliche Bescheid rechtswirksam zugestellt worden. Zu dem Eiwand des Beschwerdeführers, das Kostenanbot sei bei weitem überhöht und berücksichtige gewisse Eigenleistungen nicht, sei auszuführen, daß der Beschwerdeführer über das Ergebnis der Kostenschätzung in Kenntnis gesetzt worden sei, hiezu jedoch keine Stellungnahme abgegeben habe. Dem Verpflichteten stehe im Verwaltungsvollstreckungsverfahren kein Einfluß auf die Auswahl des Unternehmens zu, dessen sich die Behörde bei der Ersatzvornahme bediene. Der Verpflichtete habe es außerdem hinzunehmen, wenn die Kosten der für die Durchführung des baupolizeilichen Auftrages erforderlichen Arbeiten höher seien als sie bei Durchführung der Arbeiten ohne behördliches Dazwischentreten gewesen wären. Es seien daher durch den erstinstanzlichen Bescheid keine Rechte des Beschwerdeführers verletzt.

In der dagegen zunächst beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde, deren Behandlung von diesem gemäß Art. 144 Abs. 2 B-VG mit Beschluß vom 24. Februar 1998, B 117/98-3, abgelehnt, die in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde und die bereits ein entsprechendes Beschwerdevorbringen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof enthält, wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 4 Abs. 1 VVG kann, wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden. Gemäß § 4 Abs. 2 leg. cit. kann die Vollstreckungsbehörde in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar. Gemäß § 2 Abs. 1 VVG haben die Vollstreckungsbehörden bei der Handhabung der in diesem Bundesgesetz geregelten Zwangsbefugnisse an dem Grundsatz festzuhalten, daß jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden ist. Geldleistungen dürfen gemäß § 2 Abs. 2 leg. cit. nur insoweit zwangsweise eingebracht werden, als dadurch der notdürftige Unterhalt des Verpflichteten und der Personen, für die er nach dem Gesetz zu sorgen hat, nicht gefährdet wird.

Nach Auffassung des Beschwerdeführers hätte die belangte Behörde die Sicherung seines notdürftigen Unterhaltes und des Unterhaltes jener Personen, für die er unterhaltspflichtig sei, und seine wirtschaftliche Lage berücksichtigen müssen. Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers genügt es entgegenzuhalten, daß gemäß der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Slg. Nr. 12.942/A) bei Erlassung des Bescheides über die Kostenvorauszahlung gemäß § 4 Abs. 2 VVG, mit dem ein Exekutionstitel geschaffen wird, die Gefährdung des Unterhaltes des Verpflichteten nicht zu berücksichtigen ist. Dies ist erst bei der Vollstreckung des Vorauszahlungsauftrages gemäß § 2 Abs. 2 VVG zu prüfen. Es bestand daher auch keine Verpflichtung der belangten Behörde, diesbezüglich Erhebungen durchzuführen. Bei der Erlassung des Kostenvorauszahlungsbescheides gemäß § 4 Abs. 2 VVG ist aber auch nicht die wirtschaftliche Lage des Verpflichteten zu berücksichtigen. Auch dies hat erst bei Vollstreckung des Kostenvorauszahlungsauftrages zu geschehen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. November 1984, Zl. 84/07/0279, und vom 12. Februar 1986, Zl. 85/03/0145).

Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, daß vom Verpflichteten nur eine solche Kostenvorauszahlung verlangt werden dürfe, als es zur Bestreitung der Kosten der Ersatzvornahme erforderlich sei, sowie daß die Höhe der Kosten zwar geschätzt werden könnte, sie jedoch nicht unverhältnismäßig sein dürfte. Im Titelverfahren betreffend die Kanalanschlußpflicht sei festgestellt worden, daß der Abstand vom nächstgelegenen Kanalstrang lediglich 25 m betrage. Die Kosten der Schätzung seien daher schon deshalb unverhältnismäßig hoch, da somit die Kosten für den Anschluß und die Errichtung der Hauskanalanlage pro Meter bei ca. S 7.300,-- liegen würden.

Gemäß der hg. Judikatur (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Mai 1956, Slg. Nr. 4057/A, und vom 30. Mai 1996, Zl. 96/06/0081) kann gegen einen Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten einer Ersatzvornahme gestützt auf § 2 Abs. 1 VVG mit der Behauptung Berufung erhoben werden, daß die festgesetzten Kosten unverhältnismäßig hoch sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wäre verletzt, wenn ein höherer Kostenvorschuß verlangt würde, als zur Bestreitung der Kosten erforderlich wäre. Allerdings müssen konkrete Umstände angegeben werden, die nach Aufassung des Verpflichteten geeignet sind, die Unrichtigkeit der Annahme der Behörde über die Höhe der voraussichtlichen Kosten darzutun. Indem der Beschwerdeführer in der Berufung unbestritten nur allgemein gerügt hat, das eingeholte Kostenanbot der angeführten Baufirma sei bei weitem überhöht, hat er in dem dargelegten Sinn keine konkreten Umstände im Sinne der hg. Judikatur (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1996, Zl. 96/06/0081) ins Treffen geführt, um die Unrichtigkeit der Annahme der Behörde betreffend die Kostenschätzung nachzuweisen. Hinzu kommt, daß der Beschwerdeführer unbestritten zu der ihm im erstinstanzlichen Verfahren übermittelten Kostenschätzung keine Stellungnahme abgegeben hat.

Weiters meint der Beschwerdeführer, der Bescheid der belangten Behörde vom 18. Dezember 1996 betreffend die Anschlußverpflichtung sei an ihn ergangen. Es sei daher unrichtig, daß im Kanalanschlußverpflichtungsverfahren nur die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers rechtsfreundlich vertreten gewesen sei. Daraus ergebe sich jedoch auch, daß die erstinstanzliche Vollstreckungsbehörde sehr wohl Kenntnis von der rechtsfreundlichen Vertretung des Beschwerdeführers im Titelverfahren gehabt habe oder hätte haben müssen bzw. davon ausgehen hätte müssen.

Wenn dieses Vorbringen dahin zu verstehen ist, daß die Androhung der Ersatzvornahme an den Beschwerdeführer nicht wirksam erfolgt sei, da er auch im Vollstreckungsverfahren vertreten gewesen sei, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, daß die Behörde nach der hg. Judikatur nicht berechtigt ist, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machthabers vorgelegt hat, diesen im Verfahren über andere, bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, daß die Partei ihren Willen diesbezüglich unmißverständlich gegenüber der Behörde zu erkennen gegeben hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. September 1987, Zl. 85/01/0306, vom 22. Jänner 1988, Zl. 88/18/0003, vom 10. Oktober 1990, Zl. 90/03/0161, und vom 25. Oktober 1994, Zl. 92/08/0138). Allein das Vorliegen einer Generalvollmacht reicht dafür nicht aus. Der Beschwerdeführer führt nun selbst in seiner Beschwerde keine Umstände ins Treffen, daß die Behörde von der Vertretung des im Titelbescheidverfahren Ermächtigten auch für das weitere Verfahren auszugehen gehabt hätte. Aus dem Umstand, daß die Bezirkshauptmannschaft Weiz den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers von einem Begehungstermin betreffend die Kostenschätzung für die Ersatzvornahme informiert hat, läßt keinen Schluß auf eine derartige unmißverständliche Erklärung des Beschwerdeführers im beschriebenen Sinne zu, von der auf die Vertretung des Beschwerdeführers auch in weiteren Verfahren geschlossen werden könnte.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Eingehen auf den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Stichworte