VwGH 98/05/0138

VwGH98/05/01381.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Dr. Markus Sonnleithner in Wien, vertreten durch Dr. Bernhard Schatz, Rechtsanwalt in Mödling, Neusiedler Straße 52/24, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Juni 1998, Zl. BauR - 020354/1 - 1998/KA/Vi, betreffend Anordnung der Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlungsauftrag in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Landeshauptstadt Linz, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §10 Abs2;
VVG §4 Abs1;
VVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerde und dem beiliegenden angefochtenen Bescheid ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 10. Oktober 1996 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, den Dachraumausbau im Hofgebäude Rennerstraße 18a des Grundstückes Nr. 1502/3, KG Linz, für welchen keine Baubewilligung vorliegt, binnen acht Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides zu beseitigen. Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. November 1996 ebenso keine Folge gegeben wie der gegen den letztgenannten Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers mit Bescheid der O.Ö. Landesregierung vom 23. Jänner 1997. Mit hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 97/05/0065, wurde die Beschwerde gegen den Bescheid der O.Ö. Landesregierung vom 23. Jänner 1997 als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 24. November 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 4 VVG die Ersatzvornahme unter Setzung einer letztmaligen Frist von acht Wochen angedroht und in der Folge mit Bescheid vom 17. April 1998 neben der Anordnung der Ersatzvornahme die Verpflichtung auferlegt, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme einen Betrag von S 78.000,-- zu überweisen.

In der gegen den letztgenannten Bescheid erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, daß im Jahre 1945 ein Ausbau und im Jahre 1996 lediglich Adaptierungsarbeiten am gegenständlichen Objekt durchgeführt worden seien. Das Planungsamt werde im Juni 1998 voraussichtlich eine Bebauungsplanänderung im gegenständlichen Planungsgebiet durchführen. Die vorgeschriebene Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme sei von ihm noch nicht überprüft worden, erscheine ihm jedoch aufgrund einer telefonischen Rücksprache mit einem Sachverständigen als zu hoch bemessen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der O.Ö. Landesregierung vom 22. Juni 1998 wurde dieser Berufung des Beschwerdeführers im Grunde der §§ 4 und 10 Abs. 2 VVG sowie des § 66 Abs. 4 AVG keine Folge gegeben. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides lasse eine Trennung in zwei Punkten zu, nämlich in die Anordnung der Ersatzvornahme einerseits und dem gleichzeitigen Auftrag der Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme andererseits. Eine Berufung gegen die bescheidmäßig erfolgte Anordnung der Ersatzvornahme sei im Hinblick darauf, daß es sich hiebei um eine Vollstreckungsverfügung handle, nur unter den im § 10 Abs. 2 VVG genannten Voraussetzungen möglich. Der Auftrag zur Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme sei hingegen keine Vollstreckungsverfügung (Hinweis auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 6. Juni 1989, Zl. 84/05/0035), weshalb die zulässigen Berufungsgründe nicht auf jene des § 10 Abs. 2 VVG beschränkt seien. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer in seiner Berufung keine Gründe angeführt und seien auch solche nach der Aktenlage nicht hervorgekommen, welche § 10 Abs. 2 VVG entsprächen. Die vom Beschwerdeführer im Vollstreckungsverfahren vorgetragenen Einwände hätten Gegenstand einer Prüfung im gemeindebehördlichen Verfahren sein können. Im Wesen eines Vollstreckungsverfahrens liege es jedoch, daß Umstände, über die im Verfahren zur Erlangung eines Titelbescheides zu entscheiden sei, bei unverändert gebliebenem Sachverhalt im Vollstreckungsverfahren wegen Rechtskraft des Titelbescheides nicht mehr behandelt werden könnten. Die Kostenschätzung für die Ersatzvornahme sei dem Beschwerdeführer im Schreiben des Magistrates Linz vom 24. November 1997 zur Kenntnis gebracht worden; der Beschwerdeführer habe kein konkretes günstigeres Angebot vorgelegt und sei damit nicht seiner im Verfahren zu fordernden Mitwirkungspflicht nachgekommen. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 2 VVG) seitens der Vollstreckungsbehörde sei durchaus Rechnung getragen worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in dem ihm gesetzlich gewährleisteten Rechte, daß gegen ihn eine Ersatzvornahme gemäß § 10 VVG nicht angeordnet wird", verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er trägt in den Beschwerdegründen vor, die belangte Behörde habe übersehen, daß - wie vom Beschwerdeführer mehrmals ausgeführt - eine Änderung des derzeit noch rechtswirksamen Bebauungsplanes unmittelbar bevorstehe. Nach erfolgter Änderung des Bebauungsplanes könnten die- ursprünglich - ohne Baubewilligung erfolgten Renovierungsarbeiten im Dachraum des gegenständlichen Hofobjektes nachträglich baubehördlich bewilligt werden. Aufgrund dieses Umstandes hätten die Vollstreckungsbehörden mit ihrer Entscheidung bis zur Entscheidung der zuständigen Behörde betreffend die Änderung des Bebauungsplanes zuwarten müssen. Für die Entscheidung im gegenständlichen Verfahren sei die Frage nach der Änderung des Bebauungsplanes eine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG. Die Anordnung der Ersatzvornahme sei daher gemäß § 10 Abs. 2 Z . 1 VVG unzulässig. Der Umstand, daß die Vollstreckungsbehörde erster Instanz trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 38 AVG die Entscheidung über die Änderung des Bebauungsplanes nicht abgewartet habe, sei auch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften beachtlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerde richtet sich ausschließlich gegen die von den Vollstreckungsbehörden ausgesprochene Anordnung der Ersatzvornahme, nicht jedoch gegen den mit dem angefochtenen Bescheid verbundenen Kostenvorauszahlungsauftrag. Die von der belangten Behörde ausgesprochene und in Beschwerde gezogene Anordnung der Ersatzvornahme gemäß § 4 Abs. 1 VVG ist eine Vollstreckungsverfügung im Sinne des § 10 Abs. 1 VVG (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. April 1995, Zl. 95/05/0065, mit weiteren Nachweisen), gegen die gemäß § 10 Abs. 2 VVG eine Berufung nur ergriffen werden kann, wenn

  1. 1. die Vollstreckung unzulässig ist oder
  2. 2. die Vollstreckungsverfügung mit dem zu vollstreckenden Bescheid nicht übereinstimmt oder

    3. die angeordneten oder angewendeten Zwangsmittel im Gesetz nicht zugelassen sind oder mit § 2 im Widerspruch stehen.

    Der Beschwerdeführer meint, eine Vollstreckung sei im gegenständlichen Fall deshalb unzulässig, weil "eine Änderung des derzeit noch rechtswirksamen Bebauungsplanes unmittelbar bevorstehe" und nach erfolgter Änderung des Bebauungsplanes die ohne Baubewilligung erfolgten Renovierungsarbeiten im Dachraum des gegenständlichen Objektes, welche aufgrund des Titelbescheides zu beseitigen seien, nachträglich baubehördlich bewilligt werden könnten.

    Die Unzulässigkeit einer Vollstreckung kann zwar auch die Folge einer nach Erlassung des Titelbescheides eingetretenen wesentlichen Änderung des Sachverhaltes sein, dies erfordert jedoch, daß der neue Sachverhalt die Erlassung eines auf demselben Rechtsgrund beruhenden, mit dem Titelbescheid im Spruch gleichlautenden Bescheides ausschlösse (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 4. Dezember 1990, Zl. 90/11/0142, und vom 18. März 1994, Zl. 91/07/0162, u.a.). Das in der Beschwerde enthaltene Vorbringen enthält jedoch keine wesentliche Änderung des Sachverhaltes im Sinne dieser Rechtslage. Im hg. Erkenntnis vom 29. April 1997, Zl. 97/05/0065, hat der Verwaltungsgerichtshof auch schon näher begründet dargelegt, warum zukünftige Änderungen der Rechtslage keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG darstellen.

    Da somit der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.

    Im Hinblick auf die Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

    Wien, am 1. September 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte