Normen
AVG §52;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
AVG §52;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 25. März 1998 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage an einem näher bezeichneten Standort durch Umbau am bestehenden Gebäude und Errichtung einer Bar mit Musikanlage entsprechend der Projektsunterlagen und der dem Bescheid beigegebenen Betriebsbeschreibung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verfahrensganges ausgeführt, auf Grund des in der Augenscheinsverhandlung vom 20. November 1996 abgegebenen Gutachtens des lärmtechnischen Amtssachverständigen unter Zugrundelegung des Gutachtens der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt stehe fest, daß die derzeit geltenden Grenzwerte für Lärm während der Nachtzeit vor den Fenstern der nächstgelegenen Anrainer, insbesondere auch jenen der Beschwerdeführer nicht überschritten würden, wobei dieser Grenzwert die Grenze der Zumutbarkeit nach ÖAL-Richtlinien darstelle. Auf Grund des Vorbringens in der Berufung sei von der belangten Behörde noch ein zusätzliches amtsärztliches Gutachten eingeholt worden, in dem der medizinische Sachverständige unter der Voraussetzung, daß die Lärmimmissionen ausschließlich durch Gäste aus bzw. durch die Betriebsanlage bewirkt würden, festgestellt habe, eine Beeinträchtigung des Wohlbefindens oder der Gesundheit eines gesunden, normal empfindenden Erwachsenen bzw. Kindes könne nicht erwartet werden. Das von den Beschwerdeführern befürchtete Verhalten der Gäste auf dem öffentlichen Parkplatz vor der Betriebsanlage sei im Hinblick auf die Bestimmung des § 74 Abs. 3 GewO 1994 nicht in die Betrachtung einzubeziehen. Zur Forderung der Beschwerdeführer, Lärmmessungen in Ansehung des Objektes in der Wiener Straße 3 vorzunehmen, werde festgehalten, daß es sich bei den Messungen durch die Niederösterreichische Umweltschutzanstalt um die Festhaltung der Umgebungslärmsituation gehandelt habe. Im übrigen enthalte dieses Gutachten bloß Berechnungen der zu erwartenden Immissionen für vier Wohnnachbarschaftspunkte. Die auf öffentlichem Gut (Straße, Gehsteig bzw. Parkplatz) hervorgerufenen Geräusche der Lokalgäste und Fahrzeuge seien dabei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem subjektiven Recht auf Untersagung der Genehmigung der Änderung einer bestehenden Betriebsanlage wegen unzumutbarer Belästigungen und gesundheitsschädlicher Auswirkungen durch Lärm aus dem geänderten Gastgewerbebetrieb und durch Gästeverhalten auf dem Parkplatz vor der Betriebsanlage verletzt. In Ausführung des so bezeichneten Beschwerdepunktes bringen sie vor, im amtsärztlichen Lärmgutachten werde (u.a.) ausgeführt, daß eine positive Beurteilung der Auswirkungen der Lärmimmissionen bei ganzheitlicher Betrachtung, d.h. der sowohl durch die Betriebsanlage und durch die Gäste in der Betriebsanlage als auch die durch die Gäste vor der Betriebsanlage (Unterhalten sowie Autozu- und -abfahrten, Türenzuschlagen, Belästigungen von Radiogeräuschen aus den Autos etc.) hervorgerufenen Immissionen aus umwelthygienischer Sicht nicht möglich sei. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien Immissionen durch den Zu- und Abfahrtsverkehr der Betriebsanlage in dem Ausmaß zuzurechnen, als sie sich beim Ein- und Abbiegevorgang in den Zufahrtsweg ereigneten. Überdies sei nach dieser Rechtsprechung eine Gesundheitsgefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 durch die Betriebsanlage schon dann gegeben, wenn die Betriebsanlage konkret geeignet sei, die erwähnten, bezeichneten negativen Auswirkungen hervorzurufen, wobei es nach der Judikatur bereits genüge, daß solche negativen Auswirkungen nicht auszuschließen seien. Nunmehr ergebe sich aus dem amtsärztlichen Lärmgutachten, daß solche negativen Auswirkungen nicht gänzlich auszuschließen seien. Dort werde nämlich ausgeführt, es könne lediglich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, daß erhebliche Belästigungen mit Störungen des Wohlbefindens mit einer daraus möglicherweise resultierenden Gesundheitsgefährdung bzw. -schädigung durch die ausschließlich auf die Betriebsanlage und durch die in der Betriebsanlage verweilenden Gäste verursachten Lärmimmissionen bei einem Durchschnittsmenschen nicht auftreten würden, wenn die vom lärmtechnischen Amtssachverständigen vorgeschriebenen Auflagen tatsächlich eingehalten würden. Ein gänzlicher Ausschluß der negativen Auswirkungen werde durch das vorgenannte Gutachten nicht erwiesen. Weiters sei zu berücksichtigen, daß das amtsärztliche Lärmgutachten vom 3. Juni 1997 auch auf dem schalltechnischen Gutachten der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt vom 13. November 1996 aufbaue. Dieses schalltechnische Gutachten habe als Beilage 1 einen Lageplan angeschlossen, in dem auch der Meßpunkt, nämlich das Wohnhaus der Familie S., W-Straße 7, eingezeichnet sei. Weitere planliche Unterlagen, wo weitere Meßpunkte eingezeichnet seien, fehlten. Dieses schalltechnische Gutachten nenne zwar immer wieder Punkte (u.a. P2 auf S 18). Wo dabei allenfalls gemessen wurde, sei jedoch nicht ersichtlich. In diesem Gutachten werde der Punkt P2 immer als W-Straße 5, S. S bezeichnet. Dabei sei jedoch offensichtlich das Objekt W-Straße 5 mit dem Objekt W-Straße 5a verwechselt worden. Richtigerweise müßte der Punkt P2 W-Straße 5a lauten. Zumindest seien die diesbezüglichen Berechnungen nach dem Wissen der Beschwerdeführer immer auf das Objekt W-Straße 5a bezogen worden. Eine objektive verläßliche Prüfung sei jedoch nicht möglich, da u.a. der Punkt P2 nirgends eingezeichnet und planlich festgehalten sei. Dieser Mangel sei umso gravierender, als das Objekt W-Straße 5 der gegenständlichen Betriebsanlage bzw. der geplanten Bar mit Musikanlage am nächsten gelegen sei, weshalb die größte Lärmbeeinträchtigung bei diesem Objekt auftreten müßte. Wenn daher bereits beim Objekt W-Straße 2 nach den Ausführungen des amtsärztlichen Lärmgutachtens die Grenze der Zumutbarkeit erreicht sei, so müsse dies umso mehr für das Objekt W-Straße 5 (und nicht 5a) gelten. Daraus folge weiters zwingend, daß bei den Beschwerdeführern im Objekt Wiener Straße 5 die Grenze der Zumutbarkeit jedenfalls überschritten sein müsse. Die Unterlassung der Messung beim Objekt W-Straße 5 sei daher von unumgänglicher Relevanz zur Überprüfung der Schlüssigkeit der Sachverständigengutachten, da sich bei ordnungsgemäßer Lärmmessung ergeben hätte, daß zumindest betreffend das Objekt W-Straße 5 von unzumutbaren Belästigungen durch Lärm und Gesundheitsschädigungen auszugehen sei.
Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeiternehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden;
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen. ...
Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle besteht die Genehmigungspflicht auch dann, wenn die Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiligen Einwirkungen nicht durch den Inhaber der Anlage oder seine Erfüllungsgehilfen, sondern durch Personen in der Betriebsanlage bewirkt werden können, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen.
Gemäß § 77 Abs. 1 leg. cit. ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, daß überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.
Nach § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen.
Die Beschwerdeführer verwechseln mit ihrem Vorbringen, eine Gesundheitsgefährdung, Belästigung, Beeinträchtigung oder Einwirkung im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 durch die Betriebsanlage sei schon dann gegeben, wenn negative Auswirkungen nicht auszuschließen seien, die Regelung des § 74 Abs. 2 leg. cit. über die Genehmigungspflicht und jene des § 77 Abs. 1 leg. cit. über die Genehmigungsvoraussetzungen. Letztere stellen nach dem diesbezüglich eindeutigen Wortlaut des Gesetzes auf die Erwartung ab, daß die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden. Diese Tatbestandsvoraussetzung ist jedenfalls erfüllt, wenn der Ausschluß einer solchen Gefährdung bzw. die Vermeidung solcher Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteiliger Einwirkungen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.
Auch mit dem Hinweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über die Einbeziehung des durch Kunden der Betriebsanlage in ihrem unmittelbar davor liegenden Bereich verursachten Geschehens in die Beurteilung vermögen die Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides deshalb nicht darzutun, weil diese Aussage des Verwaltungsgerichtshofes durch die Neufassung des § 74 Abs. 3 GewO 1973 durch die Gewerberechtsnovelle 1988 dahingehend eine Einschränkung erfuhr, daß zu diesen Vorgängen nicht mehr jene zählen, die von Personen herrühren, die die Anlage der Art des Betriebes gemäß in Anspruch nehmen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 12. Juli 1994, Zlen. 92/04/0067, 0068). Nach der seither gegebenen Rechtslage ist daher das Verhalten der Kunden außerhalb der Betriebsanlage, selbst in deren unmittelbarer Nähe, nicht mehr der Betriebsanlage zuzurechnen. Es bedeutet daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, wenn die belangte Behörde in Übereinstimmung mit den Ausführungen im amtsärztlichen Gutachten vom 3. Juni 1997 ohne Rücksicht auf die vom unmittelbaren Nahebereich der Betriebsanlage ausgehenden Lärmereignisse die Genehmigungsvoraussetzungen des § 77 Abs. 1 i.V.m. § 81 Abs. 1 GewO 1994 als gegebenen erachtete.
Als aktenwidrig erweisen sich schließlich die Ausführungen der Beschwerde über die angeblich im Gutachten der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt unterlaufene Verwechslung zwischen den Objekten W-Straße 5 und W-Straße 5a. In dem diesem Gutachten als Beilage Nr. 1 angeschlossenen Lageplan sind zunächst die in den verbalen Ausführungen des Gutachtens genannten Punkte P1 bis P4 eingezeichnet und mit grüner Farbe hervorgehoben. Es ist daraus ferner ersichtlich, daß der Punkt P2 vor dem in der mit der Beschwerde vorgelegten, als "Übersicht" bezeichneten Lageskizze als "W-Straße 5, altes Wohnhaus", benannten Haus und zwar genau an jenem Punkt liegt, der in dieser Übersicht als der wünschenswerte Bezugspunkt bezeichnet wird. Die Beschwerdeführer verkennen in diesem Zusammenhang ferner, daß aus der Natur des Verfahrens nach § 81 GewO 1994 als eines Projektsverfahrens (sofern das Projekt - rechtswidrigerweise - noch nicht tatsächlich verwirklicht ist) die von der geänderten Betriebsanlage zu erwartenden Immissionen nicht gemessen, sondern lediglich berechnet werden können. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn in dem Gutachten der Niederösterreichischen Umweltschutzanstalt lediglich vor dem Wohnhaus Nr. 7 die Umgebungsgeräuschsituation gemessen, im übrigen aber der Beurteilungspegel der zu erwartenden Betriebsgeräusche an den Punkten P1 bis P4 im Wege der Berechnung ermittelt wurde.
Da sich somit die Beschwerde zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 9. September 1998
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