VwGH 97/19/0326

VwGH97/19/03264.12.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde der 1971 geborenen ST in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Oktober 1995, Zl. 110.594/3-III/11/95, betreffend Abweisung eines Antrages auf Änderung des Aufenthaltszwecks, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 §6 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung mit Geltungsdauer vom 31. Dezember 1993 bis 26. November 1994 zum Zweck des privaten Aufenthaltes. Am 20. Juni 1994 stellte sie den Antrag auf Abänderung des Aufenthaltszweckes in dieser Aufenthaltsbewilligung auf "unselbständige Erwerbstätigkeit". Sie habe nunmehr Angebote von Unternehmen erhalten, aufgrund welcher sie als Raumpflegerin/Reinigungskraft beschäftigt werden könnte.

Über Anfrage der erstinstanzlichen Behörde vom 30. November 1994 teilte das Landesarbeitsamt Wien am 20. Dezember 1994 (bei der erstinstanzlichen Behörde eingelangt am 21. Dezember 1994) mit, daß die Unbedenklichkeit für die Berufsgruppe "H 28 Reinigungspersonal" nicht bestätigt werde.

Schon mit dem am 5. Dezember 1994 zugestellten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 30. November 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. Juni 1994 gemäß § 5 Abs. 2 AufG abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. Oktober 1995 wurde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 AufG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Beschwerdeführerin habe am 13. Oktober 1994 einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt. Diesem Antrag sei eine beabsichtigte Beschäftigung in Österreich zugrundegelegen. Die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice habe die Unbedenklichkeit für die von der Beschwerdeführerin angestrebte unselbständige Beschäftigung im Hinblick auf die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes nicht bestätigt, woraus sich für die belangte Behörde "der Umstand" ergeben habe, "aus diesem Grunde" den Antrag der Beschwerdeführerin abzulehnen.

Dies deshalb, weil die Beschwerdeführerin gemäß § 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) einer Berechtigung nach diesem Bundesgesetz zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit bedürfe. Da sie weder über eine gültige Sicherungsbescheinigung, Beschäftigungsbewilligung, Arbeitserlaubnis oder über einen Befreiungsschein verfüge, noch eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice im Sinne des § 5 Abs. 4 AufG vorliege, sei der von der Beschwerdeführerin beabsichtige Aufenthaltszweck aufgrund der tatsächlichen Arbeitsmarktsituation verfehlt. Somit stehe fest, daß die Beschwerdeführerin nicht berechtigt sei, sich zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in Österreich aufzuhalten.

Die Beurteilung der Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes sei von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice "mit ausreichender Determination und Nachvollziehbarkeit" vorgenommen worden; dabei sei ein ordnungsgemäßes Verfahren, welches das AuslBG dafür vorsehe, durchgeführt worden, "sodaß kein Zweifel an der Tatsache, daß der Arbeitsmarkt für Ihren angestrebten Beruf nicht aufnahmefähig" sei, bestehe.

Da die Beschwerdeführerin nicht zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit berechtigt sei, sei der Schluß, daß sie über keine ausreichenden eigenen Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes verfüge, "nicht unzulässig".

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. Oktober 1995 wurde der angefochtene Bescheid vom 9. Oktober 1995 dahingehend berichtigt, daß das Datum der Antragstellung der Beschwerdeführerin vom 13. Oktober 1994 auf 20. Juni 1994 korrigiert wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 30. September 1996, Zl. B 3568/95-3, abgetretene Beschwerde erwogen:

§ 6 Abs. 2 letzter Satz AufG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautete:

"§ 6. ...

(2) ... Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Vor Inkrafttreten dieser Novelle gab es keine ausdrückliche Regelung, die sich mit der "Änderung des Aufenthaltszwecks" befaßte.

§ 113 Abs. 6 und 7 FrG 1997 lautet:

"§ 113. ...

...

(6) Rechtskräftige Bescheide, mit denen die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung (§ 6 AufG) versagt wurde oder mit denen der Verlust einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 AufG) verfügt wurde, treten mit Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes außer Kraft, sofern der Betroffene sie beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof angefochten und dieser die Entscheidung noch nicht getroffen hat. In diesen Fällen ist die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren ohne vorherige Anhörung des Beschwerdeführers einzustellen. Mit dem Beschluß über die Gegenstandslosigkeit der Bescheide tritt auch der Bescheid erster Instanz außer Kraft.

(7) Als Bescheide nach Abs. 6, die unter den dort festgelegten Voraussetzungen außer Kraft getreten, gelten auch rechtskräftige Bescheide, mit denen auf Dauer niedergelassenen Fremden die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, die deshalb beantragt wurde, weil die Fremden entweder die Frist für den Antrag auf Verlängerung versäumt hatten oder trotz rechtmäßiger Niederlassung zuvor keiner Aufenthaltsbewilligung bedurften."

Die Beschwerdeführerin erachtet sich vor dem Verwaltungsgerichtshof in ihrem Recht auf "Erlassung eines ihren Antrag sachlich erledigenden Bescheides nach § 56 AVG" verletzt. Sie vertritt die Auffassung, die belangte Behörde habe über einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung entschieden, obwohl Gegenstand des Anbringens vom 20. Juni 1994 die Änderung des Aufenthaltszweckes der ihr erteilten Aufenthaltsbewilligung gewesen sei.

Der erkennbare Vorwurf, die belangte Behörde habe über einen von der Beschwerdeführerin gar nicht gestellten Antrag (vom 20. Juni 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung) meritorisch entschieden (und damit das Recht der Beschwerdeführerin auf Einhaltung der Zuständigkeitsordnung verletzt) erweist sich jedoch als unberechtigt:

Die erstinstanzliche Behörde hat nach dem eindeutigen Spruch des Bescheides vom 30. November 1994 über den Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. Juni 1994 auf Änderung des Aufenthaltszweckes der ihr bis 26. November 1994 erteilten Bewilligung abgesprochen. Indem die belangte Behörde die Berufung gegen diesen Bescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG abwies, hat sie nach dem insofern ebenfalls eindeutigen Spruch ihres Bescheides einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden Bescheid erlassen (vgl. die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 543, wiedergegebene Judikatur). Ein klarer Spruch eines Bescheides dürfte aus der Begründung desselben aber nicht umgedeutet oder ergänzt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1998, Zl. 96/19/1207).

Jedenfalls unter Berücksichtigung des Berichtigungsbescheides vom 16. Oktober 1995 (dieser blieb unbekämpft, es ist daher - so die ständige hg. Rechtsprechung - der Bescheid vom 9. Oktober 1995 in dieser berichtigten Fassung der Überprüfung zugrundezulegen) ergibt sich aber auch aus der Begründung mit hinreichender Deutlichkeit, daß die Abweisung den am 20. Juni 1994 gestellten Antrag auf Änderung des Aufenthaltszweckes der der Beschwerdeführerin erteilten Aufenthaltsbewilligung betrifft. Insoweit in der Begründung auch unter Berücksichtigung der Berichtigung noch immer von einem Antrag auf "Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung" die Rede ist, ist dieses Begründungselement im Zusammenhang mit dem Folgesatz dahin zu deuten, daß die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für einen anderen Zweck als bisher Gegenstand der vorliegenden Entscheidung sein sollte.

Der hier gestellte Antrag auf Änderung des Aufenthaltszwecks zielte seinem Inhalt nach auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung mit dem gegenüber einer Bewilligung für einen privaten Aufenthalt weiteren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/19/1837) Berechtigungsumfang einer Bewilligung zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit, jedoch nur für die Dauer der bisher erteilten Bewilligung, deren Zweck ja "geändert" werden soll, ab.

Bei dem sohin Gegenstand der Entscheidung der belangten Behörde bildenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 20. Juni 1994 handelte es sich nach dem Vorgesagten nicht um einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung im Sinne des § 113 Abs. 6 FrG 1997. Auch eine Fristversäumnis im Sinne des § 113 Abs. 7 leg. cit. liegt hier nicht vor. Der angefochtene Bescheid blieb daher vom Inkrafttreten des FrG 1997 unberührt.

Eine Verletzung der Beschwerdeführerin in dem von ihr erkennbar als verletzt gerügten Recht auf Einhaltung der Behördenzuständigkeit ist daher nicht erfolgt.

Es kann dahingestellt bleiben, ob von dem von der Beschwerdeführerin formulierten Beschwerdepunkt auch das Recht auf "Änderung des Aufenthaltszweckes", also auf Erteilung der beantragten Bewilligung in dem vom Antrag umschriebenen Rahmen, umfaßt war. In einem solchen Recht wurde die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid nämlich ebenfalls nicht verletzt, weil die Erteilung einer Bewilligung mit geändertem Berechtigungsumfang für die Restdauer einer zu einem anderen Zweck erteilten Bewilligung lediglich "ex nunc", nicht aber rückwirkend erteilt werden konnte. Da die "zu ändernde" Bewilligung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides aber bereits abgelaufen war, wurde die Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihres Antrages auch nicht in ihrem Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für einen geänderten Zweck verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Eine Kostenentscheidung hatte zu entfallen, weil die belangte Behörde keinen Kostenersatz beanspruchte.

Wien, am 4. Dezember 1998

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