Normen
EO §74 Abs1;
EO §78;
GEG §2 Abs1 idF 1984/501;
GEG §3;
ZPO §54;
EO §74 Abs1;
EO §78;
GEG §2 Abs1 idF 1984/501;
GEG §3;
ZPO §54;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Justiz) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-
binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. März 1994 wurde der Beschwerdeführerin wider die verpflichtete Partei BS aufgrund eines näher bezeichneten vollstreckbaren Versäumungsurteiles zur Hereinbringung einer näher bezifferten Forderung einschließlich Nebengebühren und der gerichtlich bestimmten Kosten des Antrages selbst die Exekution unter anderem durch Pfändung, Verwahrung und Verkauf der in der Gewahrsame der verpflichteten Partei, in deren Wohnung oder sonst wo immer befindlichen beweglichen Sachen jeder Art sowie die Pfändung und Überweisung der in § 296 EO angeführten Papiere, sowie die Taschenpfändung bewilligt. Die Kosten des Exekutionsantrages wurden in diesem Beschluß antragsgemäß mit S 4.749,78 bestimmt.
Die Zustellung dieses Beschlusses an die verpflichtete Partei erfolgte am 1. April 1994. Der Beschluß erwuchs in Rechtskraft. Über Antrag der Beschwerdeführerin fand in diesem Verfahren am 28. Dezember 1995 ein Vollzugstermin unter Beiziehung eines Schlossers statt. Für seine Tätigkeit stellte letzterer S 1.100,-- in Rechnung.
Mit Zahlungsauftrag des Kostenbeamten des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 14. Juli 1997 wurden der Beschwerdeführerin die in Rede stehenden Schlosserkosten einschließlich einer Einhebungsgebühr von S 100,--, insgesamt sohin S 1.200,--, vorgeschrieben.
Gegen diese Vorschreibung richtete sich ein Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin, in welchem diese im wesentlichen die Rechtsauffassung vertrat, sie sei zum Ersatz der Schlosserkosten nicht heranzuziehen, weil der Vollstrecker und der Schlosser nicht pünktlich zu dem unter Intervention anberaumten Vollzugstermin erschienen seien. Nach Zuwarten von 30 Minuten habe der Kanzleiangestellte des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin den Vollzugsort verlassen. Erst knapp danach sei der Gerichtsvollzieher mit dem beigezogenen Schlosser erschienen. Ein Entgeltsanspruch des Schlossereiunternehmens bestehe daher nicht.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 12. November 1997 gab die belangte Behörde dem Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin nicht Folge. Begründend führte sie aus, gemäß § 1 Z. 5 des Gerichtlichen Einbringungsgesetzes 1962, BGBl. Nr. 288/1962 (im folgenden: GEG) habe das Gericht in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, von Amts wegen einzubringen, sofern sie von einer Partei zu ersetzen seien. Gemäß § 2 Abs. 1 GEG seien die Kosten dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet sei. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei § 40 Abs. 1 ZPO die "bestehende Vorschrift", nach der gemäß § 2 Abs. 1 GEG die Parteien in Zivilprozessen die Kosten zu ersetzen hätten. Entsprechend den Bestimmungen des § 40 Abs. 1 ZPO habe jede Partei die durch ihre Prozeßhandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. § 78 EO normiere, daß - insoweit in diesem Gesetz nicht anderes angeordnet sei - auch im Exekutionsverfahren die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung zur Anwendung zu kommen hätten. Daraus folge, daß die Kosten für die Beiziehung eines Schlossers zum Vollzug weitere Exekutionskosten darstellten, die zunächst vom betreibenden Gläubiger zu tragen seien. Das verspätete Erscheinen des Schlossers (und des Vollstreckers) hindere den Entgeltanspruch nicht, zumal das Schlossereiunternehmen den Auftrag durch das Aufsperren der Wohnungstüre erfüllt habe. Auch habe der Umstand, daß sich der mit der Intervention beauftragte Kanzleiangestellte des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin bereits wieder entfernt habe, die Durchführung des Vollzuges nicht unzulässig gemacht.
Die Zustellung dieses Bescheides an die Beschwerdeführerin erfolgte am 24. November 1997. Zu diesem Zeitpunkt war das mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. März 1994 bewilligte Exekutionsverfahren noch anhängig.
Gegen den Bescheid vom 12. November 1997 richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem subjektiven Recht auf Unterlassung eines unrechtmäßigen Zahlungsauftrages sowie in ihrem Recht auf Durchführung eines gesetzmäßigen Verfahrens verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben. Zur Begründung der Beschwerde wird im wesentlichen der schon im Berichtigungsantrag der Beschwerdeführerin eingenommene Rechtsstandpunkt wiederholt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 1 Z. 5 und § 2 Abs. 1 GEG lauten auszugsweise:
"§ 1. Das Gericht hat nachstehende Beträge von Amts wegen einzubringen:
...
5. in bürgerlichen Rechtssachen alle Kosten, die aus Amtsgeldern berichtigt wurden, sofern sie von einer Partei zu ersetzen sind. Solche Kosten sind insbesondere:
...
§ 2. (1) Die im § 1 Z 5 genannten Kosten sind, sofern hiefür kein Kostenvorschuß (§ 3) erlegt wurde oder keine andere Regelung getroffen ist, aus Amtsgeldern zu berichtigen; diese und die im § 1 Z 7 genannten Kosten sind dem Bund von der Partei zu ersetzen, die nach den bestehenden Vorschriften hiezu verpflichtet ist. Hiebei ist, wenn über die Kostenersatzpflicht der Parteien schon rechtskräftig entschieden worden ist, von dieser Entscheidung auszugehen. Mangels einer Vorschrift oder Entscheidung sind diese Beträge von denjenigen Beteiligten zu ersetzen, die sie veranlaßt haben oder in deren Interesse die Amtshandlung vorgenommen wurde. Mehrere Personen, die zum Ersatz desselben Betrages verpflichtet sind, haften zur ungeteilten Hand."
Der zweite Satz des § 2 Abs. 1 GEG wurde durch die Novelle BGBl. Nr. 501/1984 in den § 2 leg. cit. aufgenommen. Vor der genannten Novelle war durch § 3 Abs. 2 GEG idF BGBl. Nr. 135/1983 ausschließlich für den durch diese Novelle geschaffenen gerichtlichen Grundsatzbeschluß eine Bedachtnahme auf eine rechtskräftige Entscheidung über die Kostenersatzpflicht der Parteien angeordnet.
Der letztgenannten Bestimmung lagen, wie den Erläuterungen zur Regierungsvorlage, zu Art. X, Nr. 669 BlgNR 15. GP, zu entnehmen ist, folgende Überlegungen zugrunde:
"Für Kostenbeamte bietet es immer wieder große Schwierigkeiten zu entscheiden, von wem nach § 2 Kosten, die aus Amtsgeldern auferlegt worden sind, einzubringen sind. Es wird deshalb ein richterlicher Grundsatzbeschluß über diese Frage vorgesehen.
Um die 'Kreditierung' solcher Beträge durch den Bund nicht zu lange auszudehnen, soll diese Grundlage für die Einbringung möglichst rasch geschaffen werden.
Die Einbringung soll sich grundsätzlich an den Beweisführer richten. Der manchmal unklare Begriff des Beweisführers soll bei dieser Gelegenheit durch die Rezeption des § 40 ZPO, der Bestimmung über die vorläufige Kostentragungspflicht, präzisiert werden.
Nur dann, wenn zu diesem Zeitpunkt bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Kostentragungspflicht nach den §§ 41 ff ZPO vorliegt, soll diese maßgebend sein. Die Einbringung der Kosten beim Beweisführer wäre zu diesem Zeitpunkt nur mit überflüssigem Aufwand verbunden, da er dann wieder nach § 54 ZPO den Zuspruch dieser Kosten begehren müßte. Abgesehen davon erscheint es nicht angemessen, ihn noch zur Zahlung des Betrages zu verhalten, auf dessen Ersatz er ohnedies bereits sicheren Anspruch hat."
§ 40 Abs. 1 ZPO lautet:
"§ 40. (1) Jede Partei hat die durch ihre Prozeßhandlungen verursachten Kosten zunächst selbst zu bestreiten. Die Kosten solcher gerichtlichen Handlungen, welche von beiden Parteien gemeinschaftlich veranlaßt oder vom Gerichte im Interesse beider Parteien auf Antrag oder von Amts wegen vorgenommen werden, sind von beiden Parteien gemeinschaftlich zu bestreiten."
§ 74 Abs. 1 und § 78 EO lauten auszugsweise:
"§ 74. (1) Sofern nicht für einzelne Fälle etwas anderes angeordnet ist, hat der Verpflichtete dem betreibenden Gläubiger auf dessen Verlangen alle ihm verursachten, zur Rechtsverwirklichung notwendigen Kosten des Exekutionsverfahrens zu erstatten; ...
§ 78. Soweit in diesem Gesetze nicht anderes angeordnet ist, haben auch in Exekutionsverfahren die allgemeinen Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Parteien, das Verfahren und die mündliche Verhandlung, über den Beweis, die Beweisaufnahme und über die einzelnen Beweismittel, über richterliche Beschlüsse und über das Rechtsmittel des Rekurses zur Anwendung zu kommen."
Durch die Novelle BGBl. Nr. 501/1984 wurde die ursprünglich nur an das Gericht gerichtete Vorschrift, bei der Erlassung des Grundsatzbeschlusses über die Ersatzpflicht amtswegig vorgestreckter Kosten auf eine zwischen den Streitteilen ergangene rechtskräftige Kostenentscheidung Rücksicht zu nehmen, auch auf jene Fälle übertragen, in denen - wie hier - diese Entscheidung vom Betrag der bevorschußten Kosten her dem Kostenbeamten zusteht. Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 GEG in der hier anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. Nr. 501/1984 richtet sich somit an das jeweils zur Entscheidung über die Ersatzpflicht amtswegig bevorschußter Kosten dem Grunde nach berufene Organ. Dieses hat im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu prüfen, ob eine rechtskräftige Kostenentscheidung zwischen den Streitteilen ergangen ist und dieses gesetzliche Kriterium seiner Entscheidung über die Ersatzpflicht gegenüber dem Bund zugrundezulegen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. September 1995, Zl. 93/17/0298, und vom 22. März 1996, Zl. 95/17/0178).
Nach den oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien dient die Vorschrift des § 2 Abs. 1 zweiter Satz GEG dem Zweck, zu vermeiden, daß einer Partei, die aufgrund einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren in Ansehung der Prozeßkosten im Verhältnis zur Gegenpartei obsiegte, der Ersatz von Gerichtskosten gegenüber dem Bund vorgeschrieben wird, deren Rückersatz gegenüber dem unterlegenen Prozeßgegner sie diesfalls seinerseits nach den Bestimmungen des Kostenersatzrechtes zwischen den Parteien beantragen müßte. Damit hat der Gesetzgeber dieser Novelle das Risiko der Uneinbringlichkeit derartiger, nicht durch einen Kostenvorschuß im Sinne des § 3 GEG abgedeckter Kosten bei der kostenmäßig unterlegenen Prozeßpartei von der kostenmäßig obsiegenden Prozeßpartei auf den Bund überwälzt.
Aus dem Vorgesagten folgt, daß eine rechtskräftige Entscheidung über die Kostenersatzpflicht im Sinne des § 2 Abs. 1 zweiter Satz GEG nicht etwa voraussetzt, daß einer Partei jene Kosten zugesprochen wurden, deren Vorschreibung gemäß § 2 Abs. 1 GEG in Rede steht. Gerade in Ansehung dieser Kosten soll ja durch die Vorschreibung an die kostenmäßig unterlegene Partei eine ergänzende gerichtliche Kostenentscheidung zwischen den Streitteilen vermieden werden. Eine rechtskräftige Entscheidung über die Kostenersatzpflicht im Sinne des § 2 Abs. 1 zweiter Satz GEG liegt vielmehr bereits dann vor, wenn das Gericht (im Zusammenhang mit der materiellen Entscheidung über den Rechtsschutzantrag einer Partei) eine Entscheidung über die den Parteien bis dahin aufgelaufenen Kosten (unter Ausschluß jener Gerichtskosten, deren Ersatz gegenüber dem Bund in Rede steht) traf und dabei dem Grunde nach von einer gänzlichen oder teilweisen Kostentragungspflicht einer Partei ausging.
Eine solche rechtskräftige Kostenentscheidung wurde vorliegendenfalls aber durch das Bezirksgericht Innere Stadt Wien mit Beschluß vom 18. März 1994 getroffen. Dabei wurde der Beschwerdeführerin Kostenersatz in voller Höhe zugesprochen. Das Exekutionsgericht ging dabei in Einklang mit § 74 Abs. 1 erster Satz EO davon aus, daß der Beschwerdeführerin als betreibender Partei aufgrund ihres berechtigten Exekutionsantrages gegenüber der verpflichteten Partei BS dem Grunde nach der volle Ersatz der Kosten des Exekutionsverfahrens zustand.
Von dieser rechtskräftigen Entscheidung über die Kostenersatzpflicht zwischen den Parteien wäre bei Vorschreibung des Ersatzes der hier in Rede stehenden Gerichtskosten dergestalt auszugehen gewesen, daß der Zahlungsauftrag nicht an die betreibende Partei, sondern nur - allenfalls - an die verpflichtete Partei zu richten gewesen wäre.
Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne daß es einer Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Berichtigungsantrag gegen den Zahlungsauftrag bedurfte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Kosten aus dem Titel der Umsatzsteuer können neben dem Pauschalbetrag für den Ersatz des Schriftsatzaufwandes nicht zugesprochen werden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 687, wiedergegebene Judikatur).
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