Normen
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §20 Abs1 Z2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 13.040 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer machte im Antrag auf Durchführung eines Jahresausgleiches für 1993 Aufwendungen für den Besuch von Vorbereitungskursen auf die Baumeisterprüfung als Werbungskosten geltend.
Das Finanzamt berücksichtigte die Aufwendungen im Jahresausgleichsbescheid nicht. Die Fachrichtung Baumeister entspreche nicht dem Berufserfordernis eines Bautechnikers, durch die Ausbildung zum Baumeister entstehe vielmehr ein völlig neues Berufsbild. Somit lägen steuerlich nicht abzugsfähige Kosten der Ausbildung vor.
In der Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, er habe von 1982 bis 1985 eine Maurerlehre absolviert und sei in der Folge bis 1989 als Maurer und Maurerpolier tätig gewesen. Von 1986 bis 1989 habe er in den Wintermonaten die Bauhandwerkschule in der HTL Salzburg besucht. Zur Erweiterung seines bautechnischen Wissens habe er von Mai 1989 bis August 1994 in einem Architekturbüro gearbeitet, und zwar vorwiegend als örtlicher Bauleiter. Im Frühjahr 1994 habe er die Baumeisterprüfung absolviert. Seit September 1994 sei er in der Wirtschaftskammer Salzburg als Baumeister für bauliche Aufgaben und Angelegenheiten beschäftigt. Die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Baumeisterprüfung seien als Fortbildungskosten anzusehen.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Aufwendungen zum Erlernen eines eigenständigen Berufes seien steuerlich nicht abzugsfähige Ausbildungskosten. Unter Bedachtnahme auf die Möglichkeiten, die sich durch die Ausbildung zum Baumeister ergeben, sei eine Berufsfortbildung im bereits ausgeübten Beruf nicht gegeben. Aus dem Berufsbild eines Bautechnikers sei kein solches Leistungsprofil abzuleiten, welches die Ausbildung zum Baumeister als Berufsfortbildung ansehen ließe.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Er brachte vor, er sei seit Mai 1989 als Bautechniker und selbständiger Bauleiter in einem Architekturbüro tätig gewesen. Sein Tätigkeitsfeld habe im wesentlichen die örtliche Bauleitung von Hochbauprojekten umfaßt. Daneben sei er aber auch mit Planungs- und Detailarbeiten befaßt gewesen. Seine Tätigkeit habe somit hauptsächlich baumeisterliche Arbeiten umfaßt. Ende 1992 habe der Dienstgeber den Wunsch geäußert, der Beschwerdeführer möge die Baumeisterprüfung ablegen, damit er künftig auch für Großprojekte universell einsetzbar wäre. Der Entschluß zur Ablegung der Baumeisterprüfung sei ausschließlich aus dem Grund gefaßt worden, im bestehenden Beruf eine Verbesserung zu erzielen. Nach Absolvierung der Baumeisterprüfung im Frühjahr 1994 sei der Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber bereits für Großbaustellen eingesetzt worden, was zu einem entsprechenden Gehaltssprung geführt habe. Erst im Spätsommer 1994 habe sich der Beschwerdeführer zum Wechsel des Dienstgebers entschlossen.
Aus einem dem Finanzamt vorgelegten Schreiben des seinerzeitigen Arbeitgebers, Architekt Mag. Arch. HR, ergibt sich, daß dieser seit 40 Jahren Baumeister in seinem Büro beschäftige, weil bei den Bauleitungen von Mittel- und Großbaustellen das Fachwissen eines geprüften Baumeisters von Vorteil sei. Der Beschwerdeführer sei mit dem durch die Baumeisterprüfung erworbenen Fachwissen vielseitig einsetzbar gewesen, und zwar vor allem in der Bauleitungstätigkeit von Großbaustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Der Beschwerdeführer habe durch die Ablegung der Baumeisterprüfung u.a. die wesentliche Grundlage für einen neuen Beruf, nämlich das Baumeistergewerbe geschaffen. Es lägen daher Ausbildungskosten vor. Dabei sei nicht entscheidend, ob der neue Beruf auch tatsächlich ausgeübt werde. Unerheblich sei auch, daß der seinerzeitige Arbeitgeber des Beschwerdeführers an der Ablegung der Baumeisterprüfung interessiert gewesen sei und sich für den Beschwerdeführer in der Folge bessere berufliche Chancen ergeben hätten. Der Kollektivvertrag für Angestellte der Baugewerbe und Bauindustrie vom 28. September 1948 fordere, daß für die Einstufung in die Beschäftigungsgruppe A 4 (Fachkräfte in gehobener Stellung) u.a. eine der folgenden Voraussetzungen gegeben sei:
abgeschlossenes Hochschulstudium, erfolgreich abgelegte Reifeprüfung oder erfolgreich abgelegte Baumeisterprüfung. Die beiden erstgenannten Schulabschlüsse seien unzweifelhaft als Ausbildungsmaßnahmen anzusehen. Gleiches müsse auch für die Baumeisterprüfung gelten. Da zwischen Bautechniker und Baumeister keine Berufsidentität gegeben sei, stellten die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Baumeisterprüfung Ausbildungskosten und damit nicht abzugsfähige Kosten der Lebensführung dar.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:
Während Aufwendungen des Steuerpflichtigen zur Erlangung eines Berufes (Ausbildungskosten) zu den nicht abzugsfähigen Ausgaben i. S.d. § 20 EStG 1988 zählen, bilden Berufsfortbildungskosten Werbungskosten. Berufsfortbildung liegt vor, wenn der Steuerpflichtige seine bisherigen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten verbessert, um seinen Beruf besser ausüben zu können. Fortbildungskosten dienen dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf auf dem Laufenden zu bleiben und den jeweiligen Anforderungen gerecht zu werden. Sie sind wegen ihres Zusammenhanges mit der bereits ausgeübten Tätigkeit und den hierauf beruhenden Einnahmen als Werbungskosten abzugsfähig (vgl. z.B. das hg Erkenntnis vom 29. November 1994, 90/14/0215 m.w.H.).
Entscheidend für die Unterscheidung zwischen Berufsausbildung und Berufsfortbildung ist die Beantwortung der Frage, ob bereits ein Beruf ausgeübt wird und ob die Bildungsmaßnahmen der Erlangung eines anderen Berufes dienen oder der Verbesserung der Fähigkeiten und Kenntnisse in der Ausübung des bisherigen Berufes, sei es auch in einer höher qualifizierten Stellung. Für die Klärung der damit wesentlichen Frage nach der Berufsidentität ist unter Bedachtnahme auf Berufszulassungsregeln und -gepflogenheiten das Berufsbild maßgebend, wie es sich nach der Verkehrsauffassung auf Grund des Leistungsprofils des betreffenden Berufes darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1997, 95/13/0238, 0239).
Der Beschwerdeführer ist als Bautechniker und selbständiger Bauleiter tätig gewesen. Der Vorbereitungskurs für die Baumeisterprüfung, den der Beschwerdeführer neben seiner Berufstätigkeit besuchte, umfaßte nach den im Verwaltungsakt befindlichen Unterlagen ausschließlich Fächer (Hoch- und Tiefbau, Statik, Mathematik, Darstellende Geometrie, Baubetriebslehre, Baumaschinenkunde, Betontechnologie, Vermessung), die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem vom Beschwerdeführer ausgeübten Beruf stehen. Der Kursbesuch stellt sich daher als Weiterbildung des Beschwerdeführers im erlernten Beruf dar, weil er der Verbesserung der bestehenden beruflichen Kenntnisse gedient hat. Wie die Ablegung der Meisterprüfung im erlernten Lehrberuf als Fortbildung zu qualifizieren ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 1990, 89/14/0227), darf auch bei der vom Beschwerdeführer ausgeübten beruflichen Tätigkeit im Architekturbüro der Besuch der Vorbereitungskurse für die Baumeisterprüfung noch nicht als eine Ausbildung zu einem anderen Beruf qualifiziert werden. Dem steht in keiner Weise entgegen, daß der Beschwerdeführer im Rahmen des für ihn geltenden Kollektivvertrages durch die Baumeisterprüfung als Fachkraft in gehobener Stellung eingestuft werden konnte.
Der angefochtene Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
Wien, am 17. Dezember 1998
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