VwGH 97/05/0259

VwGH97/05/025920.1.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Werner und der Patrizia Tosin, beide in St. Magdalen, vertreten durch Dr. Arnold Köchl und Mag. Christian Köchl, Rechtsanwälte in Villach, 10. Oktober Straße 17, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. August 1997, Zl. 8 B-BRM-64/1/1997, betreffend einen baubehördlichen Auftrag zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes (mitbeteiligte Partei: Stadt Villach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1992 §13 Abs1;
BauO Krnt 1992 §4 lita;
BauO Krnt 1996 §36 Abs1;
BauO Krnt 1996 §6;
BauO Krnt 1996 §7;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs5;
BauO Krnt 1992 §13 Abs1;
BauO Krnt 1992 §4 lita;
BauO Krnt 1996 §36 Abs1;
BauO Krnt 1996 §6;
BauO Krnt 1996 §7;
BauRallg;
GdPlanungsG Krnt 1995 §3 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind je zur Hälfte Eigentümer der Grundstücke Nr. 752/1 und .1072 je Baufläche der Liegenschaft EZ 1142, KG Villach.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. Februar 1996 wurde der Antrag der Tosin Gesellschaft mbH & Co KG vom 25. Juli 1995 auf Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Löwengeheges auf den vorgenannten Grundstücken gemäß § 13 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1992 abgewiesen, weil ein für die berufsmäßige Vorführung von Tiernummern allenfalls notwendiges Löwengehege im Bauland-Wohngebiet, in welchem die vorerwähnten Grundstücke der Beschwerdeführer liegen, nur unter der Voraussetzung denkbar wäre, daß es sich hiebei um ein Gebäude oder eine sonstige bauliche Anlage handelt, welches überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes diene und gleichzeitig unter Bedachtnahme auf die örtlichen Gegebenheiten und den Charakter des Wohngebietes gegenseitige Beeinträchtigungen auszuschließen wären. Die Errichtung eines Geheges zur Unterbringung eines zur Berufsausübung benötigten gefährlichen Tieres als persönlicher Bedarf eines im Wohngebiet lebenden Dompteurs könne jedoch nicht als eine bauliche Anlage angesehen werden, die überwiegend den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Einwohner des Wohngebietes diene.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. November 1996 wurde den Beschwerdeführern gemäß § 36 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62, aufgetragen, auf den eingangs beschriebenen Grundstücken der Beschwerdeführer

"den rechtmäßigen Zustand durch Abbruch des Löwengeheges im Ausmaß von 11 x 9,5 m, bestehend aus 3,7 m hohen Stehern mit dazwischengehängten Stahlgittern samt Löwenhöhle, gemauert aus Steinen, auf eine Höhe von ca. 1,40 m, innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides herzustellen."

Ein Alternativauftrag komme wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan nicht in Betracht. Im Zuge behördlicher Überwachungstätigkeiten hätten hiezu befugte Organe der Baupolizei am 31. Oktober 1996 trotz mehrfacher Hinweise an die Beschwerdeführer zur Beseitigung wiederholt festgestellt, daß das konsenslos errichtete Löwengehege noch immer bestehe, um eine Löwenhöhle erweitert worden sei und benützt werde.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 7. Mai 1997 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführer keine Folge gegeben.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. August 1997 wurde die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen. Den Beschwerdeführern sei das in einem Vermerk festgehaltene Ergebnis des am 31. Oktober 1996 durchgeführten Augenscheines vor Erlassung des Bescheides zwar nicht zur Kenntnis gebracht worden, habe jedoch im Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 19. November 1996 seinen Niederschlag gefunden. In der Berufung hätten die Beschwerdeführer die Verletzung eines Parteiengehörs nicht gerügt. Im übrigen werde ein allfälliger Mangel des Parteiengehörs im Verfahren erster Instanz durch die im Berufungsverfahren mit der Berufung gegebenen Möglichkeit der Stellungnahme saniert. Die im Akt enthaltenen Lichtbilder zeigten einwandfrei, daß ein Löwengehege errichtet worden sei und dieses bereits als solches benützt werde. Die Beschwerdeführer hätten auch nicht behauptet, daß das Löwengehege in der Zwischenzeit beseitigt worden wäre.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Nichterteilung eines Auftrages gemäß § 36 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1996 verletzt. Sie machen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen; die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 36 Abs. 1 der Kärntner Bauordnung 1996, LGBl. Nr. 62 (K-BO 1996), hat die Behörde im Falle der Feststellung, daß Vorhaben nach § 6 ohne Baubewilligung oder abweichend von der Baubewilligung ausgeführt werden oder vollendet wurden,

Die Beschwerdeführer verweisen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hiezu die bei Hauer, Kärntner Baurecht, 3. Auflage, Seite 231, dargestellte hg.

Rechtsprechung), wonach vorschriftswidrig im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle jedes Vorhaben ist, das zum Zeitpunkt des Auftrages (zum Abbruch) konsenslos errichtet ist. Ihren Einwand, daß zum Zeitpunkt des Abschlusses des Verfahrens erster Instanz gar kein konsenslos errichtetes und nach der Kärntner Bauordnung bewilligungspflichtiges Bauwerk mehr auf den gegenständlichen Grundstücken errichtet gewesen sei, habe jedoch weder die Berufungsbehörde noch die belangte Behörde beachtet. Sie seien selbstverständlich davon ausgegangen, daß die Situation im Zeitpunkt des Ortsaugenscheines am 30. Oktober 1996 und am 19. November 1996, also im Zeitpunkt des Schlusses des Verfahrens erster Instanz, identisch gewesen sei. Da die Beschwerdeführer aber tatsächlich vom Verfahren erster Instanz erst durch Zustellung des Bescheides Kenntnis erlangt hätten, sei es ihnen vorher nicht mehr möglich gewesen, die gesetzmäßige Situation darzutun. Diese Möglichkeit hätten sie erst mit der Berufung gehabt. Sie hätten die entsprechenden Beweismittel angeboten, diese hätte jedoch die Berufungsbehörde unbeachtet gelassen. Unter diesem Gesichtspunkt verstoße das Verfahren gegen den Grundsatz der materiellen Wahrheit. Die bauliche Situation auf den Grundstücken sei bereits vor Abschluß des Verfahrens erster Instanz gesetzmäßig gewesen. Dies hätte sich bei einem mängelfreien Verfahren unter Einbeziehung der angebotenen Beweismittel herausgestellt.

Aufgrund des Sachverhaltsvorbringens in der Berufung, auf dem Grundstück der Beschwerdeführer befänden sich neben einem Haus und einer Garage verschiedene Umzäunungen, welche ordnungsgemäß "baubewilligt" worden seien, bei den Umzäunungen handle es sich um ortsübliche Einfriedungen, die keiner besonderen Baubewilligung bedürften, hat die Berufungsbehörde in ihrem Bescheid vom 7. Mai 1997 festgestellt, daß dieses Vorbringen der Aktenlage widerspreche und der Verwendungszweck der darauf errichteten Anlage in dem von der Tosin Gesellschaft mbH & Co KG gestellten - mit Bescheid vom 13. Februar 1996 rechtskräftig abgewiesenen - Antrag auf Baubewilligung vom 25. Juli 1995 mit "Löwengehege" angegeben worden sei. Den im Akt erliegenden Fotos sei eindeutig zu entnehmen, daß innerhalb der gegenständlichen Umzäunung ein Löwe gehalten werde und es sich somit tatsächlich um ein Löwengehege handle, welches im Bescheid der Baubehörde erster Instanz auch detailliert beschrieben worden sei. Diese Feststellung wird in der Vorstellung nicht bestritten, vielmehr nur ausgeführt, daß der Teil des Akteninhaltes, welcher zu dieser Feststellung geführt habe, den Beschwerdeführern zu keiner Zeit mitgeteilt worden sei und sie daher in ihrem rechtlichen Gehör verletzt worden seien. Die von ihnen beantragten Beweismittel seien von der Berufungsbehörde nicht aufgenommen worden.

Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat anläßlich der Aktenvorlage und der Erstattung einer Gegenschrift im Rahmen eines Ortsaugenscheines am 27. Oktober 1997 Fotos anfertigen lassen, welche die Feststellungen der Baubehörde bezüglich der vom beschwerdegegenständlichen Auftrag gemäß § 36 K-BO 1996 umfaßten baulichen Anlage bestätigen.

Auch in der Beschwerde selbst werden die Feststellungen ausdrücklich nicht bestritten. Es wird auch nicht ausgeführt, daß die tatsächlichen Gegebenheiten auf den Grundstücken der Beschwerdeführer mit den festgestellten nicht übereinstimmten. Die Beschwerdeführer führen die Wesentlichkeit des von ihnen geltend gemachten Verfahrensmangels nicht näher aus. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat nämlich der Beschwerdeführer, der eine Verfahrensverletzung geltend macht, darzulegen, was er vorgetragen hätte, wenn das Parteiengehör gewahrt worden wäre. Erst angesichts eines solchen Vorbringens ist es dem Verwaltungsgerichtshof möglich, die Frage zu beurteilen, ob die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Im vorliegenden Fall kann somit der Verwaltungsgerichtshof keine Verfahrensverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG feststellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0232).

Insofern die Beschwerdeführer darlegen, daß die den gegenständlichen Auftrag bildende bauliche Anlage gar nicht konsenslos errichtet worden sei und nach der Kärntner Bauordnung kein bewilligungspflichtiges Bauwerk darstelle, ist zunächst auf den Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 13. Februar 1996 zu verweisen, mit welchem im Geltungsbereich der Kärntner Bauordnung 1992 ein Ansuchen um Genehmigung der Errichtung eines Löwengeheges wegen Widerspruches zum Flächenwidmungsplan rechtskräftig abgewiesen worden ist. Das hier zu beurteilende Löwengehege fällt schon im Hinblick auf seine Höhe und Ausgestaltung nicht unter die im § 7 K-BO 1996 genannten bewilligungsfreien Bauvorhaben, vielmehr bedarf es auch gemäß § 6 leg. cit. einer Baubewilligung.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag in der rechtlichen Beurteilung der belangten Behörde, die hier zu beurteilende bauliche Anlage widerspräche § 3 Abs. 5 des Gemeindeplanungsgesetzes und dürfe im Bauland-Wohngebiet nicht errichtet werden, keinen Rechtsirrtum zu erblicken. Die Baubehörden haben daher zu Recht unter Abstandnahme von der Gewährung einer Möglichkeit, nachträglich die Baubewilligung zu beantragen, den Auftrag gemäß § 36 Abs. 1 K-BO 1996 erteilt. Da dieser Auftrag auch hinreichend konkretisiert ist, erweist sich der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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